TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/19 W264 2214518-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2019
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Entscheidungsdatum

19.11.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W264 2214518-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , vertreten durch den Verein Chronisch Krank, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 27.12.2018, Zahl: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Dem Antrag von XXXX auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 8.10.2018 wird stattgegeben. Der Grad der Behinderung von XXXX beträgt ab dem Antragszeitpunkt fünfzig (50) von Hundert (vH).

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch als "BF" bezeichnet) übermittelte der belangten Behörde einen Antrag auf "Ausstellung eines Behindertenausweises" unter Verwendung des Formulars in der Version 07/2018.

Seinem Antrag legte er einen Entlassungsbrief des Landesklinikums XXXX vom 28.4.2017 und einen Befund der Kardiologie XXXX vom 25.11.2014 bei.

2. In dem von der belangten Behörde eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX , einer Fachärztin für Innere Medizin, vom 5.11.2018 wurde nach Untersuchung des BF unter Berücksichtigung der vom BF als im damaligen Zeitpunkt von dem BF wahrgenommenen Beschwerden und unter Berücksichtigung der vom BF vorgelegten medizinischen Beweismittel der Grad der Behinderung des beim BF vorhandenen Leidens festgestellt und als Gesamtgrad der Behinderung "40 vH" als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung festgehalten. Es wurde Dauerzustand attestiert.

Unter "Anamnese" wird festgehalten:

"Koronare Herzerkrankung - gutes Interventionsergebnis nach LAD-Stenting 2014 bei St.p. Vorderwandinfarkt, nicht wirksame proximale RCA-Stenose, ischämische Kardiomyophatie, arterielle Hypertonie, Prädiabetes, Adipositas, Raucher.

Im Rahmen einer Kontrollangiographie 4/2017 wurde bei Entlassung die Durchführung einer Echokardiographiekontrolle sowie ein Besuch beim Lungenfacharzt empfohlen bzw. vereinbart - diese Kontrollen erfolgten lt. Patient nicht. Stationäre Aufenthalte seit Kontrollangiographie waren nicht erforderlich. ..."

Der BF äußerte bei der persönlichen Untersuchung am 5.11.2018 an folgenden Beschwerden zu leiden:

"Beim Stiegensteigen, Tragen von Sachen oder jeglicher Tätigkeit keine Luft- derzeit noch ca. 5 Zig. Täglich angegeben - bereits weniger als früher - Einschlafen der Hände, Kribbeln in den Fingerspitzen - tritt immer verschieden auf, dann wieder Schmerzen im rechten Handgelenk oder in der rechten Schulter - Handschlag wegen Schmerzen manchmal unmöglich."

Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wird festgehalten:

"Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes

Pos.Nr.

Gdb %

1

Koronare Herzkrankheit Oberer Rahmensatz bei Zustand nach Vorderwandinfarkt und gutem Interventionsergebnis nach LAD-Stenting, stabul unter etablierter Medikation, arterielle Hypertonie, Prädiabetes und Adipositas mitberücksichtigt"

05.05.02

40

Als Gesamtgrad

der Behinder hielt die Sachverständige 40 v.H. fest.

3. Im Zuge des Parteiengehörs legte der BF einen ärztlichen Befundbericht seiner Fachärztin für Innere Medizin vom 20.11.2018 vor. Dazu führte der BF, vertreten durch den Verein Chronisch Krank, in einem Schreiben vom 10.12.2018 aus, dass dieser Befundbericht eine Einstufung des Leidens unter die Positionsnummer 05.05.03 rechtfertige.

4. Die bereits von der belangten Behörde befasste Fachärztin für Innere Medizin Dr. XXXX kam in ihrem weiteren Gutachten, nunmehr basierend auf der Aktenlage, vom 18.12.2018 unter Berücksichtigung des neuen Befundes zu keinem geänderten Ergebnis. Sie begründete dies damit, dass eine Änderung der getroffenen Einschätzung unter alleiniger Vorlage der nach wenigen Minuten bei Trainingsmangel abgebrochenen (und auch complianceabhängigen) Belastungsuntersuchung - ohne pathologische Auslenkung bis zum Abbruch - eine akute Verschlechterung - bei auch gegebener weiterer Therapiereserve - gegenüber der Begutachtung am 5.11.2018 nicht nachvollziehbar sei und daher nicht vorgeschlagen werde.

5. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 27.12.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des BF vom 8.10.2018 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten einen Grad der Behinderung von 40 % ergeben habe und seien damit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt.

In der Beilage wurde das zuletzt eingeholte Sachverständigengutachten vom 18.12.2018 übermittelt.

6. Gegen den nunmehr bekämpften Bescheid brachte der BF mit E-Mail vom 11.2.2019 das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Darin brachte er vor, dass für eine höhere Einstufung unter 05.05.03 eine mäßig bis mittelgradige Einschränkung der Linksventrikelfunktion mit einer maximalen NYHA III Klassifikation, klinische bereits Zeichen der Herzinsuffizienz sowie einer deutlich eingeschränkten Belastbarkeit vorausgesetzt werde. Laut dem vorgelegten ärztlichen Befundbericht liege beim BF eine schwere ischämische Kardiomyopathie mit Herzinsuffizienz NYHA III vor. Bei der Belastungsuntersuchung sei eine Zielleistung von nur 24 % erreicht worden und habe infolge Beinschwäche und Atemnot abgebrochen werden müssen. Es würden damit die Voraussetzungen für eine Einstufung von zumindest 50 % vorliegen.

7. Mit Beschwerdevorlage vom 14.2.2019 wurde die Beschwerde samt Fremdakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

8. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde Dr. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, mit Erledigung vom 15.7.2019 um Erstellung eines ergänzenden medizinischen Sachverständigenbeweises - basierend auf der Aktenlage - beauftragt. Sie wurde um Stellungnahme dazu ersucht, ob aufgrund des vorgelegten Befundberichtes vom 20.11.2018 die Funktionseinschränkung der koronaren Herzkrankheit, insbesondere aufgrund der NYHA III-IV Klassifikation, nicht eher der Position 05.05.03 zuzuordnen wäre und um entsprechende Begründung ersucht, falls an der Zuordnung zur Position 05.05.02 festgehalten werden müsse.

9. In dem Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 20.7.2019, basierend auf der Aktenlage, bezeichnete die Fachärztin für Innere Medizin und Rheuamtologie aus die Gesundheitsschädigung des BF als "schwere ischiämische Cardiomyopathie (Herzmuskelschwäche) - trotz intensiver Therapie, NYHA III-IV" und ordnete diese der Positionsnummer 05.05.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu. Den Grad der Behinderung schätzte sie entsprechend dieser Positionsnummer mit dem unteren Rahmensatz mit 50 v.H. ein und begründete dies mit einer eingeschränkten Linksventrikelfunktion mit einem NYHA Stadium III-IV. Die Belastbarkeit sei deutlich eingeschränkt (Ergometrie Belastung mit 55 Watt möglich, dies entspreche 24% der Zielleistung), so die fachärztliche Sachverständige in ihrem Gutachten vom 20.7.2019. Unter "Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten" führte die Sachverständige aus:

"Im Vergleich zum Vorgutachten wird dem Befund von Dr. Martina Demuth entsprechende Bedeutung beigemessen und anhand der angeführten Diagnose und der eingeschränkten beschriebenen Leistung von 55 Watt (24 % der Zielleistung) die entsprechende Positionsnummer abgeändert und der Behinderungsgrad mit 50% festgesetzt."

10. Mit Schreiben vom 3.9.2019 wurde beiden Parteien im Wege des Parteiengehörs die Möglichkeit eingeräumt zu dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ergänzend eingeholten medizinischen Beweismittel binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen und langte bis dato eine Stellungnahme weder vom BF, noch von der belangten Behörde hg. ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht einverstanden erklärt hat, war die Beschwerde zu prüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist am 3.3.1967 geboren und hat den Wohnsitz im Inland inne.

1.2. Der Beschwerdeführer begehrte mit seinem Antrag, welcher am 8.10.2018 bei der belangten Behörde Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, einlangte, die Ausstellung eines Behindertenpasses.

1.3. Beim Beschwerdeführer liegt folgende dauernde Funktionseinschränkung vor:

1. schwere ischämische Cardiomyopathie (Herzmuskelschwäche) - trotz intensiver Therapie, NYHA III-IV

1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 v.H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zur Örtlichkeit des Wohnsitzes des Beschwerdeführers sowie zum Geburtsdatum ergibt sich aus der unbedenklichen Auskunft aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellung des Datums des Einlangens des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdakts.

2.2. Die Feststellungen zu der beim Beschwerdeführer vorliegenden dauernden Funktionseinschränkung sowie zum Grad der Behinderung, beruht auf dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 20.7.2019.

Die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie berücksichtigte in ihrem Gutachten vom 20.7.2019 den vom BF zuletzt vorlegten Befundbericht seiner Internistin vom 20.11.2018, wonach beim BF eine schwere ischämische CMP mit HI NYHA III bestehe. Des Weiteren sei seine Leistung auf 55 Watt (24 % der Zielleistung) eingeschränkt, wobei ein Abbruch der Ergometrie aufgrund von Beinschwäche und Atemnot erfolgte.

Als Gesundheitsschädigung hielt sie eine "schwere ischämische Cardiomyopathie (Herzmuskelschwäche) - trotz intensiver Therapie, NYHA III-IV" fest und ordnete dieses Leiden der Positionsnummer 05.05.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 (Einschränkung der Herzleistung mäßigen Grades abgelaufener Myocardinfarkt bei resistenter Herzkranzgefässverengung), für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmensatz von 50 % bis 70 % vorsieht. Die Wahl des Rahmensatzes mit 50 % begründete die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie in ihrem Gutachten vom 20.7.2019 damit, dass eine eingeschränkte Linksventrikelfunktion mit einem NYHA Stadium III-IV die Belastbarkeit deutlich einschränke. Laut dem Ergometriebefund sei eine Belastung nur mit 55 Watt möglich, was einer Zielleistung von 24 % entspreche.

Die damit übereinstimmenden Parameter der Einschätzungsverordung lauten: "Mäßig bis mittelgradige Einschränkung der Linksventrikelfunktion (maximal NYHA III) Klinisch bereits Zeichen der Herzinsuffizienz; Belastbarkeit deutlich eingeschränkt", weshalb die sachverständige Einschätzung im Gutachten vom 20.7.2019 als schlüssig gewertet wird.

Dem von der Verwaltungsbehörde eingeholten Sachverständigengutachten, welches ebenfalls von einer Fachärztin für Innere Medizin erstellt wurde und demnach der Gesamtgrad der Behinderung des BF 40 % betrage, konnte der gegenständlichen Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, da in diesem Gutachten eine Zuordnung zur Positionsnummer 05.05.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung erfolgte. Die Parameter der Einschätzungsverordnung lauteten dazu, dass die Linksventrikelfunktion bei einer NYHA-Klassifikation von maximal II erhalten und die Belastbarkeit lediglich geringfügig eingeschränkt ist. Damit im Widerspruch steht der vom BF vorgelegte ärztliche Befundbericht seiner Fachärztin für Innere Medizin vom 20.11.2018.

Weder die belangte Behörde, noch der BF traten dem zuletzt eingeholten Gutachten Dris. XXXX vom 20.7.2019 entgegen und erhoben im Rahmen des ihnen gewährten Parteiengehörs keine Einwendungen.

Das zuletzt eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 20.7.2019 stammt aus der Feder einer Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie und wird vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach stRsp des VwGH nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist.

Die vorliegenden Beweismittel und der vorgelegte Fremdakt der belangten Behörde - in welchem die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel einliegen - ermöglichen dem erkennenden Gericht, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs. 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte - insbesondere der zitierten Entscheidungen - ist das zitierte medizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 20.7.2019 schlüssig, nachvollziehbar, weist keine Widersprüche auf und erfüllt dieses - die Grundlage der Einschätzung des Grades der Behinderung bildende eingeholte Gutachten - die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt das verwaltungsgerichtlich eingeholte fachärztliche Sachverständigengutachten auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die maßgeblichen formalrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) und jene des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs. 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grad der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor, sodass entsprechend dem § 45 Abs. 4 BBG ein Vertreter der Interessensvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen war.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind - soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist - auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A) - Entscheidung in der Sache:

Die maßgeblichen materiellrechtlichen Bestimmungen sind jene des Bundesbehindertengesetzes (BBG).

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter "Behinderung" iSd BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, welche geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40 Abs. 1 BBG normiert, dass behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen ist, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl 22/1970, angehören.

Behinderten Menschen, welche nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs. 2 BBG).

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sieht vor, dass die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit

(Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen sind. Eine solche zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967,

BGBl 376.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Der Behindertenpass ist gemäß § 42 Abs. 2 BBG unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen (§ 43 Abs. 1 BBG).

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im gegenständlichen Fall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einzuschätzen war und blieb dies in der Beschwerde auch unbestritten.

Betreffend das beim Beschwerdeführer sachverständig festgestellte vorliegende Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF

BGBl II 251/2012 Folgendes zu entnehmen:

Leiden 1 betreffend:

"05.05 Koronare Herzkrankheit

05.05.03 Einschränkung der Herzleistung mäßigen Grades abgelaufener Myocardinfarkt bei resistenter Herzkranzgefässverengung 50 - 70 %

Mäßig bis mittelgradige Einschränkung der Linksventrikelfunktion (maximal NYHA III)

Klinisch bereits Zeichen der Herzinsuffizienz

Belastbarkeit deutlich eingeschränkt"

Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014,

Ro 2014/11/0023).

Die im Verfahren beigezogene medizinischen Sachverständig hat bei der Festsetzung des Grades der Behinderung der Funktionsbeeinträchtigung den Rahmensatz der Positionsnummern der Einschätzungsverordnung angewendet. Die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene medizinische Sachverständige aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin und Rheumatologie berücksichtigte in ihrem Gutachten vom 20.7.2019 die vom BF im Verfahren vorgelegten Befunde, insbesondere den zuletzt vorgelegten ärztlichen Befundbericht seiner Internistin vom 20.11.2018, und kam in ihrem Gutachten zum Ergebnis, dass die Funktionseinschränkung des BF nach der Einschätzungsverordnung mit 50 % einzuschätzen ist und der Gesamtgrad der Behinderung damit 50 % beträgt.

Der Grad der Behinderung wurde von der fachärztlichen Sachverständigen Dr. XXXX auf der Basis der Einschätzungsverordnung festgestellt und das Ergebnis der Einschätzung des Rahmensatzes entsprechend dem § 2 Abs. 3 der Einschätzungsverordnung begründet.

Unter Beachtung der oben dargetanen Position aus der Einschätzungsverordnung samt deren Rahmensatz und den Vorgaben der Einschätzungsverordnung in den §§ 2 und 3 wurde somit der Gesamtgrad der Behinderung des BF in dem medizinischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX unter Zugrundelegung der Einschätzungsverordnung mit 50 v.H. korrekt eingeschätzt.

Beim BF liegt demnach zum Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H., und zwar genau 50 v.H., vor. Dem BF ist daher ein Behindertenpass auszustellen.

Der Beschwerde war aus den dargelegten Gründen stattzugeben und der angefochtene Bescheid in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung aufzuheben, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (§ 24 Abs. 2 VwGVG).

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG 2014 kommt ein Entfall der Verhandlung dann nicht in Betracht, wenn Art 6 MRK und Art 47 GRC die Durchführung einer solchen gebieten. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um 'civil rights' oder 'strafrechtliche Anklagen' iSd Art. 6 MRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049).

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10.5.2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3.5.2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).

Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom 18.7.2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).

Aus Art 47 Abs. 2 GRC kann ein absoluter Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht abgeleitet werden, so der VfGH in seiner Entscheidung vom 9.10.2018, E 3817/2018, worin dieser auf die Judikatur des EGMR verweist und ausspricht, dass dieser folgend laut VfGH-Judikatur eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn die Tatfrage unumstritten oder nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (siehe VfSlg 18994/2010, 19.632/2012).

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 Abs. 1 VwGVG lautet aber auch, dass das Verwaltungsgericht (selbst bei anwaltlich Vertretenen) auch ohne Antrag von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat, wenn das Verwaltungsgericht eine solche für erforderlich hält, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne Parteiantrag nicht im Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichts steht (VwGH 18.10.2016, 2015/03/0029 mwH). Dies ist nach der Rechtsprechung etwa dann anzunehmen, wenn die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde substantiiert bekämpft oder ein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet wird.

Es überlasst das Gesetz (kann-Bestimmung im § 24 Abs. 4 VwGVG) die Beurteilung der Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung dem Einzelrichter bzw. dem Senat, sodass es dem Gericht obliegt zu beurteilen, ob die Aktenlage für die Entscheidung ausreicht oder es zur weiteren Klärung der Rechtssache einer mündlichen Erörterung bedarf.

Expressis verbis des § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Verhandlung durchzuführen, wenn eine solche beantragt wird. Weder im Beschwerdeschriftsatz noch in der Beschwerdevorlage wurde die Durchführung einer Verhandlung beantragt.

Soweit nicht in einem Bundes- oder einem Landesgesetz anderes bestimmt ist, kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG die Verhandlung entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010 S. 389 entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

Es muss einem Senat des Bundesverwaltungsgerichts zugebilligt werden, dass sich dieser darüber ein Urteil zu bilden vermag, ob die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Im vorliegenden Fall wurde durch Ermessen des erkennenden Gerichts die Durchführung einer

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ohnedies nicht beantragten - Verhandlung nicht als erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde keine Sachverhalts- sondern lediglich rechtliche Fragen zu klären waren und wurde daher die Beschwerdesache in einer nichtöffentlichen Sitzung erledigt. Der Verfassungsgerichtshof hat jüngst judiziert, dass der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kein absoluter ist (siehe dazu VfGH 9.6.2017, 1162/2017): Demnach ist der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kein absoluter: "Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und

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ihm folgend - des Verfassungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. VfSlg. 18.994/2010, 19.632/2012). Angesichts der vom Verwaltungsgericht zu beurteilenden Sach- und Rechtsfragen ist es vertretbar, wenn es im Einklang mit dieser Rechtsprechung von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen hat."

Gemäß VwGH 1.3.2016, Ra 2015/11/0120, ist bei einer Abweisung der Beschwerde jedenfalls - ungeachtet eines fehlenden Antrags des Beschwerdeführers - dann eine mündliche Verhandlung geboten, wenn dem Verwaltungsgericht divergierende Beweisergebnisse vorliegen. In diesem Falle erweist sich eine mündliche Verhandlung als erforderlich iSd § 24 Abs. 1 VwGVG 2014. In casu mündete das Beweisergebnis jedoch nicht darin, dass die Beschwerde abzuweisen gewesen wäre.

Im gegenständlichen Fall wurden die Auswirkungen der vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung medizinisch sachverständig nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 beurteilt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Entscheidung das Gutachten einer fachärztlichen Sachverständigen zugrunde gelegt und sich so eine Überzeugung vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt gebildet. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des eingeholten oben näher behandelten und vom BF oder der belangten Behörde nicht substantiell bestrittenen medizinischen Sachverständigengutachten geklärt.

Wie oben ausgeführt, wurde das eingeholte Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig sowie der maßgeblichen Rechtsgrundlage Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 als entsprechend erachtet.

Nach Aktenstudium und Lektüre des Beschwerdeschreibens ergaben sich für das Gericht weder an die Parteien des Verfahrens, noch an die im Verfahren befassten Sachverständigen ergänzende Fragen. Nach Aktenstudium und Lektüre des Beschwerdeschreibens ist für das Gericht nicht zu Tage gekommen, dass zum Zwecke der Entscheidungsfindung zusätzlich zu den vorliegenden Beweismitteln es überdies auf die Gewinnung des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers ankäme und beschränkt sich das Bundesverwaltungsgericht in der gegenständlichen Entscheidung nicht auf eine bloße Zitierung von Beweisergebnissen und die Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens.

Daher wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W264.2214518.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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