TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/19 W165 2224910-1

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Veröffentlicht am 19.11.2019
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Entscheidungsdatum

19.11.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W165 2224910-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX XXXX , StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2019, Zl. 1244154303-190890253-BMI-EAST-Ost, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF

als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Gambias, gelangte aus seinem Herkunftsstaat über den Senegal auf dem Luftweg über Spanien in das österreichische Bundesgebiet, wo dieser am 30.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Zur Person des BF liegen keine EURODAC-Treffermeldungen vor. Der Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage hat keinen Treffer ergeben.

In seiner polizeilichen Erstbefragung am 31.08.2019 gab der BF an, dass er keine die Einvernahme hindernden oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigenden Beschwerden oder Krankheiten habe. Er habe seinen Wohnort am 27.08.2019 mit einem PKW in den Senegal und weiter mit dem Flugzeug nach Spanien/Madrid verlassen. Er sei legal mit einem gambischen Reisepass ausgereist, den ihm ein Schlepper in Österreich abgenommen habe. Er habe ein schwedisches Visum in seinem Pass gehabt, welches er bei der schwedischen Botschaft in Mali drei Monate vor seiner Ausreise besorgt habe. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat habe er niemanden mehr, seine Mutter sei verstorben und sein Vater lebe in Österreich.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 06.09.2019 ein Informationsersuchen gemäß Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Informationsersuchen an Spanien. Ebenso richtete das BFA am selben Tag ein auf Art. 34 Dublin III-VO gestütztes Informationsersuchen an Schweden.

Mit per E-Mail übermitteltem Schreiben vom 17.09.2019, teilte die schwedische Dublin-Behörde dem BFA mit, dass der BF am 14.03.2019 in Schweden um eine Arbeitserlaubnis angesucht habe. Der BF habe am 21.03.2019 eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Arbeitsaufnahme für den Gültigkeitszeitraum 20.07.2019 bis 31.10.2019 erhalten.

Mit Schreiben vom 20.09.2019 richtete das BFA unter Bezugnahme auf die Beantwortung des Informationsgesuches durch Schweden vom 17.09.2019 ein auf Art. 12 Abs. 1 oder 3 Dublin III-VO (gültige Aufenthaltsberechtigung) gestütztes Aufnahmeersuchen an Schweden.

Mit per E-Mail übermitteltem Schreiben vom 30.09.2019 stimmte Schweden dem Aufnahmeersuchen auf der Grundlage des Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 08.10.2019 erfolgte eine Einvernahme des BF vor dem BFA. Er fühle sich psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Nach Beweismitteln und Dokumenten befragt, erklärte der BF, dass er nur einen ärztlichen Befund habe. Befragt, unter welcher Erkrankung er leide, gab der BF an, dass er gesund sei und nur wegen Zahnschmerzen beim Zahnarzt gewesen sei. Sein Vater lebe in Österreich. Sein Vater sei hier gewesen, als er nach Österreich gekommen sei. Nach einem allfälligen Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Vater befragt, gab der BF an, "dass es ganz normal sei". Sein Vater gebe ihm ein bisschen Taschengeld. Er habe ihm 20 Euro gegeben. Er lebe mit keiner sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er wohne im Camp. Er arbeite hier als Gärtner. Der BF wurde über das Vorliegen der Zustimmung der schwedischen Behörden zu seiner Übernahme in Kenntnis gesetzt und brachte dazu vor, dass er noch nie in Schweden gewesen sei. Er sei hier, um seinen Vater zu sehen. Einer Ausweisung nach Schweden stünde entgegen, dass er noch nie in Schweden gewesen sei. Der BF lehnte eine Einsichtnahme in die Länderfeststellungen zu Schweden mit der Begründung ab, dass er nicht nach Schweden wolle und nichts von Schweden wolle. Auf Frage, ob er nun bei seinem Vater in Österreich bleiben dürfe, wurde der BF darauf hingewiesen, dass er bereits volljährig sei. Der BF entgegnete, dass er nun bei seinem Vater bleiben wolle und diesen seit seiner Geburt nicht mehr gesehen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Schweden für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 1 oder 3 (gültiger Aufenthaltstitel) Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Schweden gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Schweden wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt zusammengefasst (unkorrigiert):

Allgemeines zu Vorbringen von Asylwerbern in Dublin Verfahren:

Die Asylbehörden haben nicht nachzuprüfen, ob ein Mitgliedstaat generell sicher ist. Nur wenn sich im Einzelfall ergeben sollte, dass Grundrechte des Asylwerbers z.B. durch Kettenabschiebung bedroht sind, so wäre aus innerstaatlichen, verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben.

(VfGH 17.6.2005, B 336/05, UBAS zu 268.445/3-X/47/06 vom 14.03.2006)

Es ist nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörde, hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen. Auch aus dem Umstand, dass Anerkennungsquoten im Asylverfahren relativ gering seien, kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt wird.

(VwGH, 31.5.2005, Zl. 2002/20/0095)

Die höchstgerichtliche Judikatur ist gerade bei Anträgen ab 01.01.2006 aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 von besonderer Bedeutung.

Zu Schweden werden folgende Feststellungen getroffen:

(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom Februar 2018).

? ALLGEMEINES ZUM ASYLVERFAHREN

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (Migrationsverket o.D.; vgl. AIDA 3.2017, USDOS 2.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

-

Migrationsverket (o.D.): Protection and asylum in Sweden, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden.html, Zugriff 16.2.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Sweden,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018

? DUBLIN-RÜCKKEHRER

Dublin-Rückkehrer in Schweden haben Zugang zum Asylverfahren laut Dublin-III-VO. Auch haben sie Zugang zu Versorgung wie andere Asylwerber auch. Eine Ausnahme bilden hierbei lediglich Rückkehrer mit bereits vorhandener abschließend negativer Entscheidung bis zur Effektuierung dieser Entscheidung (Migrationsverket 19.9.2016).

Wenn ein Dublin-Rückkehrer nach Schweden kommt, werden neue Asylanträge auf jeden Fall entgegengenommen. Wenn eine frühere Entscheidung in der Zwischenzeit rechtskräftig geworden ist, werden entsprechende Maßnahmen gesetzt (EASO 24.10.2017).

Wen das Asylverfahren eines Dublin-Rückkehrers in Schweden noch läuft, wird er entsprechend untergebracht und das Verfahren beschleunigten geführt. Dublin-Rückkehrer mit einer rechtskräftig negativen Entscheidung in Schweden können zur Außerlandesbringung geschlossen untergebracht werden (AIDA 3.2017).

Wenn ein Dublin-Rückkehrer mit negativer Asylentscheidung gemäß ärztlichem Attest gesundheitlich nicht für die Außerlandesbringung geeignet ist, wird diese ausgesetzt. Solange der Betreffende bei der Asylbehörde registriert ist, hat er das Recht auf Unterbringung. Im Falle einer Nicht-Registrierung bei der Asylbehörde, ist die Gemeinde, in welcher der Antragssteller seinen Wohnsitz hat, für die Unterbringung zuständig (Migrationsverket 3.1.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

-

Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail

-

Migrationsverket (19.9.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail

? NON-REFOULEMENT

In Übereinstimmung mit EU-Recht verweigert Schweden Personen Asyl, welche bereits in einem anderen EU-Land oder einem Staat mit dem ein entsprechendes Abkommen existiert, registriert wurden. Eine Ausnahme stellt Griechenland dar (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Sweden,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018

? VERSORGUNG

Asylwerber haben in Schweden generell Zugang zu Versorgung. Im Falle von Folgeanträgen besteht jedoch nur ein eingeschränktes Recht darauf. Wenn Antragssteller über eigene finanzielle Mittel verfügen, müssen sie diese zuerst aufbrauchen. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine, die deutlich niedriger ist als die Sozialhilfe für schwedische Staatsangehörige. Das monatliche Taschengeld für Asylwerber beträgt in einem Unterbringungszentrum mit Verpflegung zwischen 60 und 76,50 Euro. Im Falle einer privaten Unterkunft liegt es zwischen 194 und 225 Euro. Für besondere Ausgaben (z.B. Winterkleidung, Brillen, teilweise auch zur Deckung medizinischer Kosten) kann eine Sonderzulage beantragt werden. Asylwerber haben nach Erfüllung bestimmter Kriterien Zugang zum Arbeitsmarkt, ohne dass es für sie eine Arbeitsgenehmigung erforderlich wäre (AIDA 3.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

a. Unterbringung

Die schwedische Asylbehörde bietet bei Bedarf kostenlose Unterbringungsmöglichkeiten während des Asylverfahrens an. Auch private Unterbringung bei Freunden oder Verwandten ist möglich. Individuelle Bedürfnisse werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Familien werden immer getrennt von anderen Asylwerbern und in eigenen Zimmern untergebracht (AIDA 3.2017).

Die schwedische Asylbehörde verfügt in 290 Gemeinden über diverse Unterbringungsmöglichkeiten, in denen Ende 2016 63.063 Asylwerber beherbergt wurden. Dabei handelt es sich meist um angemietete Privathäuser und -wohnungen. 35.449 Asylwerber haben 2016 eine private Unterkunft gehabt und 24.196 Personen befanden sich aufgrund ihrer Schutzbedürftigkeit oder aus anderen Gründen in speziellen Unterbringungszentren (AIDA 3.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

b. Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Nothilfe, sowie unaufschiebbare medizinische und zahnmedizinische Versorgung (Migrationsverket 14.12.2017). Weiters schreibt das Gesetz über die medizinische Versorgung von Ausländern ohne Aufenthaltsberechtigung vor, dass das schwedische Gesundheitssystem für alle Personen, unabhängig von deren Aufenthaltstitel, eine medizinische Versorgung in folgenden Fällen zur Verfügung zu stellen hat: unaufschiebbare Behandlung, Gesundheitsfürsorge für Mütter, Abtreibung und Nachbehandlung, Verhütungsberatung, Verschreibung von Medikamenten in den aufgezählten Fällen und ärztliche Untersuchung (Migrationsverket 5.1.2018).

Alle Asylwerber erhalten auch die Möglichkeit einer Gesundenuntersuchung. Wer nicht Schwedisch spricht, hat das Recht auf einen Übersetzer. Für bestimmte medizinische Leistungen und Rezepte ist je nach Art eine gewisse Gebühr zu bezahlen (Migrationsverket 14.12.2017; vgl. AIDA 3.2017). Diese Gebühren werden für Personen über 18 Jahren staatlich subventioniert. Wenn innerhalb von sechs Monaten Medikamentenkosten von 400 SEK überschritten werden, besteht die Möglichkeit eine Kostenrückerstattung für den überschreitenden Betrag zu beantragen. Kinder unter 18 Jahren sind in der medizinischen Versorgung mit schwedischen Staatsbürgern gleichgestellt (5.1.2018).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.216).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

-

Migrationsverket (14.12.2017): Health care for asylum seekers, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Health-care.html, Zugriff 16.2.2018

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Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail

-

MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):

Auskunft MedCOI, per E-Mail

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Identität des BF nicht feststehe. Der BF sei aufgrund von Zahnschmerzen beim Zahnarzt gewesen. Es könne nicht festgestellt werden, dass schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestünden. Der Vater des BF lebe in Österreich. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF in Österreich Verwandte habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestünde. Der BF lebe mit keiner sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Dass mit dem Vater des BF ein gemeinsamer Wohnsitz bestünde oder ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegen würde, sei nicht dargetan worden. Der BF habe lediglich einmal 20 Euro von seinem Vater erhalten. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des BF nach Schweden ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien weder schützenswerte familiäre noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.

Gegen den Bescheid richtet sich die am 28.10.2019 fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Begründend wurde vorgebracht, dass der BF seine gegen eine Rückkehr nach Schweden sprechenden Gründe bereits in der Einvernahme dargelegt habe und diese auch für die Beschwerdebegründung aufrechterhalte. Der Vater des BF sei in Österreich rechtmäßig aufhältig und der BF wolle bei seinem Vater bleiben. Der BF sei mit einem schwedischen Visum nach Österreich gereist, um hier mit seinem Vater in Österreich zusammen zu leben und füreinander sorgen zu können. Der Vater gehe einen Beruf nach und könne den BF in jeder Hinsicht unterstützen. Die Behörde habe es unterlassen, die individuelle unmittelbare Familiensituation zu prüfen. Eine Überstellung wäre eine reale Gefahr für das Familienleben des BF. Eine Abschiebung nach Schweden würde im Sinne des Art. 8 EMRK einen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben bedeuten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF, ein Staatsangehöriger Gambias, gelangte aus seinem Herkunftsstaat unter Nutzung eines schwedischen Aufenthaltstitels (Arbeitserlaubnis), Gültigkeit: 20.07.2019 bis 31.10.2019, auf dem Luftweg über Spanien in das österreichische Bundesgebiet und suchte hier am 30.08.2019 um internationalen Schutz an.

Das BFA richtete am 06.09.2019 auf Art. 34 Dublin III-VO gestützte Informationsersuchen an Spanien und Schweden.

Die schwedische Dublin-Behörde teilte dem BFA mit Schreiben vom 17.09.2019 mit, dass dem BF auf Antrag vom 14.03.2019 am 21.03.2019 eine von 20.07.2019 bis 31.10.2019 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei.

Unter Bezugnahme des Antwortschreibens Schwedens vom 17.09.2019 richtete das BFA ein auf Art. 12 Abs. 1 oder 3 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an Schweden, welchem Schweden auf der Grundlage des Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO mit Schreiben vom 30.09.2019 ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Schweden an.

Der BF ist laut eigener Angabe gesund und hat sich lediglich wegen Zahnschmerzen in zahnärztlicher Behandlung befunden.

Ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen im österreichischen Bundesgebiet sind nicht vorhanden.

Im Bundesgebiet lebt der Vater des BF. Ein Abhängigkeitsverhältnis des BF zu seinem Vater ist nicht gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise des BF in das Bundesgebiet und zur Reiseroute ergeben sich aus dem Verfahrensakt einschließlich den Angaben des BF im Rahmen seiner Einvernahme.

Die Feststellung, dass dem BF ein schwedischer Aufenthaltstitel (Arbeitserlaubnis) für den Gültigkeitszeitraum 20.07.2019 bis 31.10.2019 ausgestellt wurde, ergibt sich aus dem Antwortschreiben Schwedens vom 17.09.2019 auf das gemäß Art. 34 ergangene Informationsersuchen Österreichs vom 06.09.2019.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme des BF seitens Schwedens stützt sich auf das durchgeführte Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein - zwischen der österreichischen und der schwedischen Dublin-Behörde.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Soweit in den Länderfeststellungen auf Quellenangaben älteren Datums verwiesen wird, ist davon auszugehen, dass insofern keine Änderung der Situation zu Lasten der Asylwerber eingetreten ist. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Schweden auch Feststellungen zur Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Eine den BF konkret betreffende Bedrohungssituation in Schweden wurde nicht dargetan. Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das schwedische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Schweden, den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen in Schweden hat der BF nicht substantiiert vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinen eigenen Angaben.

Die Feststellung des Nichtvorliegens besonderer privater, familiärer oder beruflicher Bindungen des BF in Österreich beruht auf seinen eigenen Angaben.

Die Feststellung, dass zum in Österreich aufhältigen Vater des BF kein Abhängigkeitsverhältnis besteht, ergibt sich aus den eigenen Angaben des BF.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Art. 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 21

Aufnahmeverfahren

lautet auszugsweise:

(1) Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen.

Abweichend von Unterabsatz 1 wird im Fall einer Eurodac-Treffermeldung im Zusammenhang mit Daten gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 dieses Gesuch innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung gemäß Artikel 15 Absatz 2 jener Verordnung gestellt.

Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Unterabsätzen 1 und 2 niedergelegten Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig.

(2) Der ersuchende Mitgliedstaat kann in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, nachdem die Einreise oder der Verbleib verweigert wurde, der Betreffende wegen illegalen Aufenthalts festgenommen wurde oder eine Abschiebungsanordnung zugestellt oder vollstreckt wurde, eine dringende Antwort anfordern.

In dem Gesuch werden die Gründe genannt, die eine dringende Antwort rechtfertigen, und es wird angegeben, innerhalb welcher Frist eine Antwort erwartet wird. Diese Frist beträgt mindestens eine Woche.

Art. 22

Antwort auf ein Aufnahmegesuch

lautet auszugsweise:

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.

...

(6) Beruft sich der ersuchende Mitgliedstaat auf das Dringlichkeitsverfahren gemäß Artikel 21 Absatz 2, so unternimmt der ersuchte Mitgliedstaat alle Anstrengungen, um die vorgegebene Frist einzuhalten. In Ausnahmefällen, in denen nachgewiesen werden kann, dass die Prüfung eines Gesuchs um Aufnahme eines Antragstellers besonders kompliziert ist, kann der ersuchte Mitgliedstaat seine Antwort nach Ablauf der vorgegebenen Frist erteilen, auf jeden Fall ist die Antwort jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. In derartigen Fällen muss der ersuchte Mitgliedstaat seine Entscheidung, die Antwort zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilen, dem ersuchenden Mitgliedstaat innerhalb der ursprünglich gesetzten Frist mitteilen.

...

(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw. der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Schwedens zur Prüfung des Asylantrages des BF in Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der BF zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung in Österreich im Besitz eines gültigen schwedischen Aufenthaltstitels (Arbeitserlaubnis) war. Schweden hat mit seiner ausdrücklichen Zustimmung zum Aufnahmegesuch Österreichs seine Verantwortlichkeit zur Prüfung des Antrages des BF bekundet. Anhaltspunkte, dass die Zuständigkeit Schwedens zwischenzeitig erloschen sein könnte, sind nicht vorhanden.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des BF (siehe hiezu unten).

Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;

5.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;

25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre.

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeut

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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