TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/20 G304 2220955-1

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Veröffentlicht am 20.11.2019
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Entscheidungsdatum

20.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §67

Spruch

G304 2220955-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX,

Staatsangehörigkeit: Nordmazedonien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2019, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene

Bescheid dahingehend abgeändert, dass in Spruchpunkt V. die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf zwei (2) Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben wird und mit Spruchpunkt II. eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 2 FPG statt gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 24.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nonrdmazedonien zulässig ist, mit Spruchpunkt IV. einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt, mit Spruchpunkt V. gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, und mit Spruchpunkt VI. eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt.

2. Der BF erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und beantragte, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot aufzuheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes heranzusetzen, sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 08.07.2019 vorgelegt.

4. Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 05.08.2019 wurde der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien. Seine Muttersprache ist Albanisch.

1.2. Festgestellt wird, dass der BF zuletzt am 16.02.2019 in den Schengen-Raum und das österreichische Bundesgebiet eingereist ist.

1.3. Der BF wurde im Bundesgebiet am 19.06.2019 von der Finanzpolizei in Ausübung einer illegalen Beschäftigung bei einer Firma betreten, wofür er keine Beschäftigungsbewilligung besaß. Gegenüber der Finanzpolizei hat er sich mit einem totalgefälschten slowenischen Personalausweis ausgewiesen, jedoch seine mazedonische (nunmehr: nordmazedonische) Staatsangehörigkeit mitgeteilt.

1.3.1. Der BF wurde bereits am 25.05.2018 bei der Firma, bei welcher er am 19.06.2019 von der Finanzpolizei betreten wurde, angemeldet. Er half dort immer wieder aus und reiste zu diesem Zweck mehrmals ein- und aus. Der BF reiste vor Antritt seiner Beschäftigung am 25.05.2018 am 24.08.2018 ein, woraufhin am 10.09.2018 eine Aus-, am 06.10.2018 eine Ein-, darauf am 19.10.2018 eine Aus-, am 17.01.2019 erneut eine Ein- und am 21.01.2019 wieder eine Ausreise erfolgte, bevor er zuletzt am 16.02.2019 in den Schengen-Raum und das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, mit der Absicht, sich mit einem totalgefälschten Personalausweis und ohne im Besitz einer Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung zu sein, längerfristig im Bundesgebiet aufzuhalten und bei der besagten Firma zu arbeiten.

1.4. Folglich wurde am 19.06.2019 gegen den BF ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet und der BF über die gegen ihn beabsichtigte Schubhaftverhängung niederschriftlich einvernommen.

1.5. Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 19.06.2019 wurde über den BF zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Der BF wurde folglich in Schubhaft verbracht.

1.6. Mit Bescheid des BFA vom 24.06.2019, dem BF in Schubhaft zugestellt am 24.06.2019, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Rückkehrentscheidung ist mit Teilerkenntnis des BVwG vom 05.08.2019, womit der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die mit BFA-Bescheid aberkannte aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde, durchsetzbar geworden.

1.7. Der BF, der am 19.06.2019 in Schubhaft verbracht worden ist, wurde folglich am 14.08.2019 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

1.8. Fest steht, dass der BF in Österreich keine berücksichtigungswürdige familiäre, soziale oder berufliche Verankerung aufweist. Die Familie des BF lebt in Nordmazedonien.

Der BF hatte zudem in Österreich nie einen ordentlichen Wohnsitz, sondern wies nur für die Schubhaftdauer bis 13.08.2019 eine aufrechte Hauptwohnsitzmeldung auf.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen

2.2.1. Die Feststellungen zur wahren Identität und Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf dem vorliegenden bis 23.08.2022 gültigen nordmazedonischen Reisepass (AS 73).

2.2.2. Dass der BF zuletzt am 16.02.2019 in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ergab sich aus seinem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen vor der Finanzpolizei am 19.06.2019 in Zusammenschau mit einer dies bescheinigenden Reisepasskopie (AS 76).

2.2.3. Dass der BF weder familiär, noch sozial, noch beruflich im Bundesgebiet verankert ist, ergab sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt. Nach Einvernahme des BF wurde vom BFA am 19.06.2019 schriftlich festgehalten, dass der BF angeblich zwei Tanten in Österreich hat, zu diesen jedoch keine näheren Angaben machen wollte, und zudem angeblich auch zwei Tanten in der Schweiz hat, wozu auch nichts Näheres bekannt gegeben wurde (AS 11).

In der gegenständlichen Beschwerde wurde unter anderem bemängelt, dass das BFA sich nicht näher mit diesen familiären Anknüpfungspunkten auseinandergesetzt habe. Vorgebracht wurde:

"Die vorgenommene Beweiswürdigung der Behörde, dass sich keine Hinweise darauf ergeben hätten, dass der BF weitere Verwandte, Bekannte oder sonstige soziale, berufliche oder kulturelle Anknüpfungspunkte in Österreich habe, ist nicht richtig. Während der Einvernahme am 19.06.2019 hat er angegeben, dass zwei Tanten schon eine lange Zeit mit ihren Familien in Österreich, in Wien und Linz, leben."

Da der BF vor dem BFA keine näheren Angaben zu seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet machen wollte, konnte bereits im Vorhinein eine berücksichtigungswürdige Beziehung zu seinen beiden Tanten in Österreich und mangels näherer Angaben zu seinen angeblichen beiden Tanten in der Schweiz auch diesbezüglich eine berücksichtigungswürdige Beziehung ausgeschlossen werden.

2.2.4. Die Feststellungen rund um die bei einer Firma in Österreich illegal ausgeübte Beschäftigung des BF ergaben sich aus den diesbezüglichen Polizeiberichten im Akt, darunter die Feststellung, dass sich der BF gegenüber der Finanzpolizei mit einem totalgefälschten slowenischen Personalausweis ausgewiesen hat, auf Nachfrage dieser gegenüber jedoch angegeben hat, mazedonischer (nunmehr: nordmazedonischer) Staatsangehöriger zu sein, ebenso, dass vom Landeskriminalamt folglich eine Totalfälschung des vom BF vorgelegten slowenischen Personalausweises festgestellt wurde. Der diesbezügliche der Staatsanwaltschaft übermittelte polizeiliche Abschlussbericht langte am 20.08.2019 beim BVwG ein.

2.2.4.1. Dass der BF bereits am 25.05.2018 bei der Firma, bei welcher er am 19.06.2019 im Zuge illegaler Beschäftigung betreten wurde, angemeldet worden ist, ergab sich aus seinen diesbezüglichen Angaben vor der Finanzpolizei und einem AJ WEB Auskunftsverfahrensauszug. Dass der BF ab 25.05.2018 immer wieder in dieser Firma mitgearbeitet hat, ergab sich aus seinen diesbezüglichen Angaben im Zuge seiner Einvernahme zur möglichen Schubhaftverhängung am 19.06.2019 in Zusammenschau mit Reisepasskopien, auf welchen Ein- und Ausreisestempeln vom 24.08.2018, 10.09.2018, 06.10.2018, 19.10.2018, 17.01.2019, 21.01.2019, und - seine letzte Einreise betreffend - vom 16.02.2019 aufscheinen (AS 76f).

2.2.5. Dass der BF nach durchsetzbar gewordener Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot am 14.08.2019 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben wurde, ergab sich aus einem aktuellen Fremdenregisterauszug.

2.2.6. Dass der BF in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz hat, sondern im Bundesgebiet nur für die Schubhaftdauer bis 13.08.2019 eine Hauptwohnsitzmeldung hatte, ergab sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Der BF war demnach während seiner ab 25.05.2018 immer wieder bei der Firma, wo er im Zuge illegaler Arbeiten betreten wurde, nachgegangenen Beschäftigung offenbar stets bei irgendwelchen Bekannten in Österreich aufhältig, ohne dort behördlich gemeldet gewesen zu sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Eingangs wird darauf hingewiesen, dass der BF bereits am 14.08.2019 aus dem Bundesgebiet ausgereist ist und deshalb nicht über einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG abzusprechen ist. Spruchpunkt I. wird daher ersatzlos behoben.

3.2. Der mit "Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betitelte § 10 AsylG 2005 lautet in seinem Absatz 2 wie folgt:

"§ 10. (...)

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden."

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren

binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(...)

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(...)."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idgF lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(...)."

3.2.1. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich Folgendes:

Nach Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II der VO EU 2018/1806 (EU-Visum-VO) vom 18.12.2018 sind Staatsangehörige von Nordmazedonien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Im gegenständlichen Fall hielt sich der BF ab Einreise am 16.02.2019 und damit ab 16.05.2019 nach Ablauf der für die Sichtvermerkbefreiung dreimonatigen Frist nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Zur Sicherung der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und seiner Abschiebung am 19.06.2019 wurde er in Schubhaft genommen. Daraufhin konnte mit gegenständlich angefochtenem Bescheid gegen den BF eine Rückkehrentscheidung samt befristetes Einreiseverbot erlassen werden. Der Beschwerde gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahme wurde mit Teilerkenntnis des BVwG vom 05.08.2019 die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt, womit die Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot durchsetzbar geworden ist. Am 14.08.2019 erfolgte die Abschiebung des BF nach Nordmazedonien.

Fest steht, dass der BF in Österreich keine Familienangehörigen hat, weshalb im Bundesgebiet kein Familienleben iSv Art. 8 EMRK besteht.

Der BF reiste am 16.02.2019 in das österreichische Bundesgebiet ein und wurde am 19.06.2019 von der Finanzpolizei in Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten, verfügte der BF doch über keine Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung.

Fest steht, dass dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens kein bei der Interessensabwägung berücksichtigungswürdiges privates Interesse des BF entgegengehalten werden kann, ist der BF doch im Bundesgebiet nicht familiär, sozial oder legal beruflich verankert. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war somit gerechtfertigt, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung durchsetzbar ist, sind gemäß § 46 Abs. 1 FPG von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn die Überwachung der Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint, sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder dies aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist oder Fremde einem Einreise- oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Aus dem gesamten Akteninhalt ging kein Abschiebungshindernis vor. Ein solches wurde auch mit der gegenständlichen Beschwerde nicht dargelegt und geht auch aus den amtsbekannten Länderberichten zum sicheren Herkunftsstaat "Nordmazedonien" nicht hervor. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. war daher abzuweisen.

3.4. Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Über die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt wurde bereits mit Teilerkenntnis vom 05.08.2019 entschieden.

3.5. Zum Einreiseverbot:

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

(....).

3.5.1. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren und der festgestellte Sachverhalt ergab Folgendes:

Mit Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen - gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 FPG.

Gemäß § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslbG nicht ausüben hätte dürfen, (...).

Die Erfüllung des von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG indiziert jedenfalls das Vorliegen einer Gefahr für die Öffentlichkeit.

Der bloße Vorwurf, ein Drittstaatsangehöriger sei einer Beschäftigung nachgegangen, obwohl ihm der dafür erforderliche Aufenthaltstitel bzw. die erforderliche Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt worden sei, erfüllt § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG nicht. Der Tatbestand setzt voraus, dass der Drittstaatsangehörige - wenn auch im Gegensatz zur Rechtslage vor dem FrÄG 2011 nicht mehr unbedingt durch bestimmte Organe der Abgabenbehörde, des Arbeitsmarktservice oder des öffentlichen Sicherheitsdienstes - bei einer Beschäftigung "betreten" wird, die er nach dem AuslbG nicht hätte ausüben dürfen. Es bedarf daher zumindest der Feststellung der nach dem AuslbG nicht zulässigen Beschäftigung aufgrund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden (vgl. VwGH 25.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Im gegenständlichen Fall wurde der BF am 19.06.2019 von der Finanzpolizei in Ausübung einer Beschäftigung, ohne im Besitz einer Beschäftigung dafür zu sein, betreten.

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Bei der Bemessung der Einreiseverbotsdauer ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Bei Betretung in Ausübung einer illegalen Beschäftigung wies sich der BF gegenüber der Finanzpolizei mit einem slowenischen Personalausweis aus, gab dieser gegenüber jedoch seine mazedonische (nunmehr: nordmazedonische) Staatsangehörigkeit an. Folglich konnte vom Landeskriminalamt die Totalfälschung des vom BF vorgezeigten slowenischen Personalausweises festgestellt werden.

Das infolge Betretung im Zuge einer illegalen Beschäftigung am 19.06.2019 hervorgegangene Verhalten des BF, am 16.02.2019 ohne Aufenthaltsbewilligung und Beschäftigungsbewilligung in der Absicht nach Österreich gekommen zu sein, sich im Bundesgebiet mit einem gefälschten Personalausweis längerfristig aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, ist dem BF besonders negativ anzulasten. Der BF hat sich gegenüber der Finanzpolizei zunächst - in Täuschungsabsicht - mit einem totalgefälschten slowenischen Personalausweis ausgewiesen, dieser gegenüber jedoch dann zugegeben, nordmazedonischer Staatsangehöriger zu sein. Neben der Totalfälschung seines Personalausweises und seiner ohne Beschäftigungsbewilligung im Bundesgebiet bei einer Firma nachgegangenen Beschäftigung, nicht nur nach Einreise am 16.02.2019, sondern auch davor ab seiner Anmeldung bei der Firma am 25.05.2018 immer wieder, wiegt auch der Umstand, dass der BF in Österreich nie einen ordentlichen Wohnsitz hatte und seine Meldepflicht verletzt hat, zu seinen Ungunsten.

Auf die Betretung des BF, der in Österreich nie einen ordentlichen Wohnsitz hatte und keine berücksichtigungswürdige familiäre, soziale, berufliche oder sonstige Verankerung im Bundesgebiet besitzt, folgte mit BFA-Bescheid vom 19.06.2019 die Verhängung der Schubhaft über den BF - zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung, mit der Begründung, es bestehe aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation und aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Daraufhin wurde der gegenständlich angefochtene Bescheid mit Rückkehrentscheidung und befristetem Einreiseverbot erlassen. Nachdem mit Teilerkenntnis des BVwG vom 05.08.2019 die vom BFA aberkannte aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht zuerkannt worden war, wurde der BF am 14.08.2019 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

Das gesamte Fehlverhalten des BF, ohne Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung und mit einem totalgefälschten slowenischen Personalausweis sich ab Einreise am 16.02.2019 bis zur Betretung durch die Finanzpolizei am 19.06.2019 ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet aufgehalten und gearbeitet zu haben, konnte nur zu einer negativen Zukunftsprognose führen.

Es ist von einer vom BF im Bundesgebiet für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSv. § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG auszugehen.

Das vom BFA erlassene Einreiseverbot ist daher dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die in Österreich zu bestimmten Bezugspersonen, bei welchen er während seiner Beschäftigung im Bundesgebiet ab Anmeldung bei der besagten Firma am 25.05.2018, auch nach letzter Einreise am 16.02.2019, Unterkunft genommen hat, vorhandenen Bindungen konnten eine Herabsetzung des vom BFA auf die Dauer von fünf Jahren befristet ausgesprochenen Einreiseverbotes auf die Dauer von zwei Jahren bewirken. Eine weitere Herabsetzung des Einreiseverbots war nicht erforderlich, bestehen doch keine dafürsprechenden berücksichtigungswürdigen privaten Interessen des BF, und hat der BF vor dem BFA am 19.06.2019 keine näheren Angaben zu seinen angeblichen beiden in Österreich lebenden und zu seinen beiden in der Schweiz lebenden Tanten gemacht bzw. machen wollen, weshalb bereits deswegen eine nähere Beziehung zu diesen ausgeschlossen werden konnte. Der BF kann während aufrechter Einreiseverbotsdauer zudem den Kontakt zu in Österreich und der Schweiz aufhältigen Verwandten über moderne Kommunikationsmittel aufrecht halten. Eine weitere Herabsetzung war jedenfalls nicht möglich, wird doch eine zweijährige Einreiseverbotsdauer unbedingt für notwendig gehalten, um beim BF einen positiven Gesinnungswandel zu bewirken.

Der Beschwerde war daher spruchgemäß teilweise stattzugeben.

3.6. Über die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides, womit einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, wurde bereits mit Teilerkenntnis des BVwG vom 05.08.2019 entschieden.

Da nach § 55 Abs. 4 FPG das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen hat, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde, und mit Teilerkenntnis des BVwG der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die vom BFA aberkannte aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde, war die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt VI. abzuweisen.

3.7. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

3.8. Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Resozialisierung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2220955.1.01

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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