Entscheidungsdatum
25.11.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W205 2158857-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Skopje vom 14.04.2017, Zl. KONS/1401/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA: Kosovo, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Skopje vom 15.02.2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 31.01.2017 bei der Österreichischen Botschaft Skopje (In der Folge: ÖB) einen Antrag auf Ausstellung eines Visums der Kategorie D. Sie beantragte ein Visum für die mehrfache Einreise mit dem geplanten Ankunftsdatum 31.01.2017, ein geplantes Ausreisedatum gab die Beschwerdeführerin nicht an. Der Zweck der Reise wurde ebenso wie die derzeitige berufliche Tätigkeit nicht ausgefüllt. Weiteres gab die Beschwerdeführerin an, verheiratet zu sein.
Als einladende Person wurde der angebliche Ehegatte, XXXX , geb. XXXX , StA Österreich, genannt, der in Österreich lebt. Die Reisekosten und die Lebenshaltungskosten während des Aufenthalts würden von anderer Seite getragen werden.
Die Beschwerdeführerin legte folgende Unterlagen vor:
Sowohl den Einlader als auch die Beschwerdeführerin betreffend:
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Heiratsurkunde
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Wohnbestätigung vom 25.01.2017
Den Einlader betreffend:
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Reisepasskopie
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Teilauszug gem. § 58 PSTG 2013 vom 26.01.2016
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Geburtsurkunde
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Staatsbürgerschaftsnachweis
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Abrechnungsbeleg Oktober 2016, Auszahlungsbetrag: 3062,50 EUR,
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Abrechnungsbeleg November 2016, Auszahlungsbetrag: 1498,00 EUR
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Abrechnungsbeleg Dezember 2016, Auszahlungsbetrag: 1884,50 EUR
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Kreditauskunft vom 23.01.2017 aus der hervorgeht, dass der Einlader einen Abstattungskredit in der Höhe von 409,00 EURO monatlich ab 30.11.2016 mit einer Laufzeit von 36 Monate
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Kreditauskunft den Vater und die Mutter des Einladers betreffend, bei ihnen liegt keine Eintragung vor
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Meldebestätigung
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Kaufvertrag über eine Liegenschaft
Am 27.01.2017, und somit vor Antragstellung, teilte der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin mit E-Mail mit, dass die Beschwerdeführerin die Mutter einer am XXXX 2016 geborenen österreichischen Staatsbürgerin ist. Das Kind solle zu ihrem österreichischen Vater reisen und in Österreich gemeinsam mit ihren Eltern aufwachsen. Gem. Art 20 AEUV und der ständigen Rechtsprechung des EuGH (Rechtssache Zambrano C34/09 vom 08.03.2011) dürfen Drittstaatsangehörige aus dem Bundesgebiet nicht ausgewiesen werden, wenn Unionsbürger faktisch gezwungen wären, diesen zu folgen und somit auf die Wirksamkeit ihrer Unionsbürgerschaft zu verzichten. Dies impliziere, dass dem österreichischen Staatsbürger die Möglichkeit, im Sinne der unionsrechtlich anerkannten positiven Pflichten, eingeräumt werden müsse, nach Österreich zu reisen und hier mit der Mutter, zu der ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe, zu leben. Daher werde um Ausstellung des Visums D ersucht.
Mit der "Aufforderung zur Stellungnahme" vom 07.02.2017, wurde der Beschwerdeführerin seitens der ÖB Parteiengehör eingeräumt und mitgeteilt, dass sie den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthaltes nicht ausreichend begründet habe. Es würden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben bestehen. Die Wiederausreise in den Heimatstaat erscheine nicht gesichert, es würden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben bestehen. Als nähere Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin gehe keiner Berufstätigkeit nach und habe kein Einkommen und keine Familie im Heimatstaat. Ihr Ehemann lebe in Österreich. Die Beschwerdeführerin habe die Altersgrenze zur Beantragung eines Aufenthaltstitels nicht erreicht. Die Botschaft stelle also fest, dass die Beschwerdeführerin weder über wirtschaftliche noch über familiäre Bindungen zum Heimatstaat verfüge, weswegen ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Republik Österreich auszureisen, nicht festgestellt werden habe können.
In der Stellungnahme vom 13.02.2017 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer minderjährigen Tochter, die österreichische Staatsbürgerin sei, zusammenlebe. Es sei beabsichtigt, dass die Tochter mit ihrer Mutter und dem Vater in Österreich aufwachse. Zu beachten sei, dass es für die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Alters nicht möglich sei, im Wege einer Familienzusammenführung nach Österreich zu kommen. Insofern habe die Beantragung des Einreisevisums nach Österreich und die darauffolgende Beantragung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 55 AsylG die einzige Möglichkeit dargestellt, einen legalen Aufenthaltsstatus in Österreich zu erhalten. Die Behörde werde an die ständige Rechtsprechung des EuGH zu Art. 20 AEUV (EuGH 08.03.2011, Rs C- 34/09, Zambrano) verwiesen, in dem Art. Art 20 AEUV den drittstaatsangehörigen Familienmitgliedern eines Staatsbürgers der EU ein Aufenthaltsrecht verleihe, sollten diese abgeschoben werden und der Unionsbürger dann dazu verpflichtet wäre, ihnen zu folgen und faktisch auf die Rechte seiner Unionsbürgerschaft zu verzichten. Dieser Fall lasse sich darunter subsumieren. Die minderjährige Tochter sei österreichische Staatsbürgerin und ihr bleibe es faktisch verwehrt, nach Österreich einzureisen, da sie von ihrer Mutter abhängig sei und diese keine Möglichkeit habe, einen legalen Aufenthaltsstatus in Österreich zu erlangen. Es dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der EuGH den Rechten des AEUV positive Gewährleistungspflichten zugesprochen habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.02.2017 verweigerte die ÖB die Erteilung des beantragten Visums mit der Begründung, dass die Wiederausreise in den Heimatstaat nicht gesichert erscheine. Die in der Aufforderung zur Stellungnahme dargelegten Bedenken hätten nicht entkräftet werden können.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Sie führte aus, dass beabsichtigt sei, dass ihre minderjährige Tochter gemeinsam mit ihr und dem Vater in Österreich aufwachse. Ein Aufenthaltstitel nach dem NAG sei allerdings nicht möglich, da sie das erforderliche Mindestalter noch nicht erreicht habe. Die Tatsache, dass ihr die Einreise nach Österreich verweigert werde, habe zur Folge, dass ihre Tochter trotz ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft nicht nach Österreich reisen dürfe. Die einzige Möglichkeit, um eine Einreise nach Österreich zu ermöglichen, sei die Erteilung des Visums der Kategorie D und in der Folge die Beantragung des Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 55 AsylG. Es drohe ihr zwar keine Abschiebung, trotzdem könne die Rechtssache Zambrano analog angewendet werden. Die Verweigerung ihrer Einreise nach Österreich führe weiterhin zum Verstoß gegen Art. 4, 6 erster Fall StGG und Art. 3 Abs. 2 4.ZP EMRK. Das daraus resultierende Freizügigkeits- und Einreiserecht ihrer Tochter werde unverhältnismäßig verletzt, da der Beschwerdeführerin die Einreise in das österreichische Staatsgebiet verweigert werde. Die alleinige Reise ihrer Tochter nach Österreich komme nicht in Frage, da sie von der Geburt an bei ihr lebe und emotional an sie gebunden sei. Nicht zu vergessen sei, dass nach Art. 24 GRC das Kindeswohl stets beachtet werden müsse.
Mit Verbesserungsauftrag vom 28.02.2017 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, die Geburtsurkunde und den Strafregisterauszug übersetzen zu lassen. Die Übersetzungen langten am 03.03.2017 bei der ÖB ein.
Am 14.04.2017 erließ die ÖB eine Beschwerdevorentscheidung und wies die Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Es wurde angeführt, dass der Zweck der Reise zwar nicht angegeben, jedoch mit Schreiben der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden sei, dass die Beschwerdeführerin die Mutter einer minderjährigen Österreicherin sei und dass die Beschwerdeführerin und ihre Tochter nach Österreich zum Ehemann reisen und in Österreich leben wollen würden. Die Beschwerdeführerin sei mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet. Aufgrund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin unter 21 Jahre alt sei, könne kein Antrag auf Aufenthaltstitel eingebracht werden. Da die Beschwerdeführerin im Heimatstaat keiner Beschäftigung nachgehe, keine Ausbildung mache und kein Einkommen habe, sowie auch der Ehemann in Österreich lebe, stellte die belangte Behörde fest, dass weder wirtschaftliche noch familiäre Bindungen zum Heimatstaat bestehen würden und somit Zweifel an der Wiederausreisewilligkeit aufkommen würden.
Bezüglich der Zambrano-Entscheidung des EuGH sei auszuführen, dass es sich in diesem Fall um eine Abschiebung handle, die bekämpft worden sei. Die Beschwerdeführerin und ihre minderjährige Tochter würden sich nicht in Österreich befinden und es würde der minderjährigen Tochter auch bei Einreise keine Abschiebung drohen. Der Vorwurf, dass mit Ablehnung des Visumantrages der Beschwerdeführerin der minderjährigen Tochter die Einreise in die EU verwehrt werden würde, gehe ins Leere, da die minderjährige österreichische Staatsbürgerin auch die kosovarische Staatsbürgerschaft habe und somit in ihrem Heimatstaat geboren worden sei und auch dort leben könne. Des Weiteren lebe der Vater der Minderjährigen in Österreich und es stehe ihm jederzeit frei, seine Tochter zu sich zu nehmen. Die aus dem Akt hervorgekommenen Lebensumstände des Ehemannes der Beschwerdeführerin würden dies sogar begünstigen, da der Vater mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt lebe. Eine Versorgung des Kindes sei gewährt, weswegen der dauerhafte Aufenthalt der Mutter dafür nicht notwendig sei. Dass keine Wiederausreise geplant sei, räume die Beschwerdeführerin selbst in der Stellungnahme und in der Beschwerde ein, da sie einen Antrag gem. § 55 AsylG einbringen wolle. Gem. letzter Rechtsprechung (EuGH 07.03.2017, Rechtssache C-638/16 PPU) habe der EuGH erkannt, dass Mitgliedstaaten nicht verpflichtet seien, Personen, die Asyl beantragen wollen, ein Visum auszustellen. Zuletzt aufgrund dieser Entscheidung müsse der Antrag der Beschwerdeführerin versagt werden.
Am 25.04.2017 wurde ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 22.05.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 24.05.2017, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin, eine kosovarische Staatsbürgerin, stellte am 31.01.2017 bei der ÖB einen Antrag auf Ausstellung eines nationalen Visums D mit einem geplanten Ankunftsdatum vom 31.01.2017. Ein geplantes Ausreisedatum gab die Beschwerdeführerin nicht an. Der Zweck der Reise wurde ebenso wie die derzeitige berufliche Tätigkeit nicht ausgefüllt. Weiteres gab die Beschwerdeführerin an, verheiratet zu sein.
Als einladende Person wurde der angebliche Ehegatte, XXXX , geb. XXXX , StA Österreich, genannt, der in Österreich lebt. Die Reisekosten und die Lebenshaltungskosten während des Aufenthalts würden von anderer Seite getragen werden.
Die Beschwerdeführerin war bei Antragstellung siebzehn Jahre. Sie ist verheiratet, geht keiner beruflichen Tätigkeit und ist weder sozial noch wirtschaftlich oder beruflich in ihrer Heimat verwurzelt. Die Absicht der Beschwerdeführerin, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten der ÖB Skopje, insbesondere aus den schriftlichen Eingaben der Beschwerdeführerin sowie den übrigen in Vorlage gebrachten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idF BGBl. I Nr. 122/2013, lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Beschwerdevorentscheidung
§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Vorlageantrag
§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
§ 16 [ ... ]
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Bestimmungen zur Visumpflicht
Form und Wirkung der Visa D
§ 20. (1) Visa D werden erteilt als
1. Visum für den längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet;
2. Visum aus humanitären Gründen;
3. Visum zu Erwerbszwecken;
4. Visum zum Zweck der Arbeitssuche;
5. Visum zur Erteilung eines Aufenthaltstitels;
6. Visum zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005;
7. Visum zur Wiedereinreise.
(2) Visa gemäß Abs. 1 berechtigen zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet von mehr als drei Monaten, längstens jedoch sechs Monaten und werden für die ein- oder mehrmalige Einreise ausgestellt. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur in den Fällen des § 24 zulässig.
(3) Visa gemäß Abs. 1 sind befristet zu erteilen. Ihre Gültigkeitsdauer darf jene des Reisedokumentes nicht übersteigen. Die Gültigkeitsdauer des Reisedokumentes hat, ausgenommen in begründeten Notfällen, jene eines Visums um mindestens drei Monate zu übersteigen. Eine von der erlaubten Aufenthaltsdauer abweichende Gültigkeitsdauer der Visa ist unzulässig.
(4) Das Visum ist im Reisedokument des Fremden durch Anbringen ersichtlich zu machen.
(5) Die nähere Gestaltung sowie die Form der Anbringung der Visa D im Reisedokument wird durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt.
(6) Visa gemäß Abs. 1 Z 1 sowie gemäß des Visakodex können unter den Voraussetzungen, unter denen für österreichische Staatsbürger österreichische Dienstpässe ausgestellt werden, als Dienstvisa gekennzeichnet werden.
Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung von Visa D
§ 21. (1) Visa gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und 3 bis 5 können einem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn
1. dieser ein gültiges Reisedokument besitzt;
2. kein Versagungsgrund (Abs. 2) vorliegt und
3. die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint.
In den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 4 und 5 hat die Vertretungsbehörde von der Voraussetzung der Z 3 abzusehen.
(2) Die Erteilung eines Visums ist zu versagen, wenn
1. der Fremde den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;
2. begründete Zweifel im Verfahren zur Erteilung eines Visums an der wahren Identität oder der Staatsangehörigkeit des Fremden, an der Echtheit der vorgelegten Dokumente oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhaltes oder am Vorliegen weiterer Erteilungsvoraussetzungen bestehen;
3. der Fremde nicht über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder er im Gesundheitszeugnis gemäß § 23 eine schwerwiegende Erkrankung aufweist;
4. der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7 für die Wiederausreise verfügt;
5. der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs;
6. der Fremde im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
7. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
8. gegen den Fremden ein rechtskräftiges Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, außer im Fall des § 26a (Visa zur Wiedereinreise) oder des § 27a (Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes);
9. der Aufenthalt des Fremden die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat beeinträchtigen würde;
10. Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde außer in den Fällen des § 24 eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;
11. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB), eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
12. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
13. der Fremde öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 2 Z 3, 4 oder 5 ein Visum erteilen, wenn auf Grund einer im öffentlichen Interesse eingegangenen Verpflichtung eines Rechtsträgers im Sinn des § 1 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz - AHG, BGBl. Nr. 20/1949, oder auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten gesichert erscheint, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten.
(4) Wird einer Aufforderung zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 99 Abs. 1 Z 7 und Abs. 4 nicht Folge geleistet, ist der Antrag auf Erteilung eines Visums zurückzuweisen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Visums der Kategorie D mit der Begründung abgewiesen, dass die Wiederausreise der Beschwerdeführerin in den Herkunftsstaat nicht gesichert erscheint.
Der Gesichtspunkt "Wiederausreiseabsicht" ist in einem Verfahren betreffend Verweigerung eines Visums unter dem Blickwinkel des § 21 Abs. 1 Z 3 FPG zu betrachten. Mit diesem Kriterium hat sich der Verwaltungsgerichtshof grundlegend in der Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, auseinandergesetzt. Als wesentlich festzuhalten ist, dass nicht ohne weiteres ("generell") unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin in Österreich unrechtmäßig aufhältig bleiben werden. Es bedarf vielmehr konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung, und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde (vgl. VwGH vom 19.03.2014, Zl. 2013/21/0189). Dem Umstand, dass einem Fremden schon einmal ein Visum erteilt wurde und er rechtzeitig vor dessen Ablauf wieder ausreiste, kommt bei der Beurteilung des Risikos einer rechtswidrigen Einwanderung maßgebliche Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 23.05.2018, Ra 2018/22/0061; m.H. auf VwGH vom 14.11.2013, Zl. 2013/21/0137 sowie vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, wonach es für die Beurteilung der Wiederausreiseabsicht entscheidend darauf ankommt, ob dem Fremden ein in der Vergangenheit liegendes fremdenrechtliches Fehlverhalten anzulasten ist). Ferner hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, fest, dass das Kriterium "Wiederausreise" nunmehr als positive Voraussetzung zur Visumserteilung konzipiert ist und sich sohin ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus als unwahrscheinlich erweisen muss. Zweifel gehen daher zu Lasten des Fremden.
Eine besondere soziale, wirtschaftliche oder berufliche Verwurzelung der Beschwerdeführerin in ihrem Heimatstaat kam nicht hervor und wurde dies auch nicht vorgebracht. So gab die Beschwerdeführerin an, mit einem Österreicher verheiratet zu sein, Angaben zu ihrem Beruf machte sie keine. Auch legte sie keine Bankkontoauszüge oder andere Dokumente vor, aus denen eine Verwurzelung in ihrem Heimatstaat abgeleitet werden hätte können.
Da die Beschwerdeführerin selbst im ganzen Verfahren durchgehend angab, gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Österreich leben zu wollen, bestehen begründete Zweifel am Vorhandensein eines Ausreisewillens.
In Übereinstimmung mit der ÖB kam das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage war, die diesbezüglichen Bedenken zu zerstreuen, da sie keine geeigneten Beweismittel in Vorlage brachte, welche eine bestehende Wiederausreiseabsicht bestätigt hätten.
Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung erkennbar auf aus dem Akt hervorgehende Tatsachen. So geht aus der Stellungnahme und der Beschwerde hervor, dass der Aufenthaltszweck der Beschwerdeführerin nicht im Rahmen eines Visums, sondern mittels Antrags auf Aufenthaltsbewilligung nach dem NAG zu erledigen ist.
Nach § 2 Abs. 2 Z 9 NAG ist ein Familienangehöriger u.a. ein Ehegatte. Dieser muss allerdings das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet habe. Unbestrittenermaßen war die Beschwerdeführerin bei Antragstellung siebzehn Jahre alt und hat somit die Voraussetzung des NAG nicht erfüllt.
Der Vollständigkeitshalber ist noch zu erwähnen, dass die Beschwerdeführerin in der Zwischenzeit das 21. Lebensjahr vollendet hat und es ihr somit frei steht einen Antrag gem. NAG zu stellen.
Anzumerken ist zudem, dass der Sachverhalt auch nicht (analog) mit dem vom EuGH in der Rechtssache Ruiz Zambrano, Urteil vom 08.03.2011, C-34/09, entschiedenen Sachverhalt vergleichbar ist, da es im konkreten Fall nicht um eine Abschiebung geht und das Kind der Beschwerdeführerin nicht praktisch gezwungen wäre, als Unionsbürger die Union zu verlassen, weil das Kind ohnehin österreichischer Staatsbürger ist.
Im Ergebnis ist der Botschaft zu folgen, wenn diese aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes zu dem Schluss gelangte, dass die Erteilung eines Visums zu versagen ist.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen und dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Ausreisewilligkeit, begründete Zweifel, Ehe, Einreisetitel,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W205.2158857.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020