Entscheidungsdatum
25.11.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
G304 2220900-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX,
Staatsangehörigkeit: Albanien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2019, Zl. XXXX, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Dauer des Einreiseverbotes auf ein (1) Jahr herabgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 03.06.2019 wurde der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen die BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gegen die BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
2. Gegen die Spruchpunkte IV. und V. dieses Bescheides wurde Beschwerde erhoben.
Dabei wurde beantragt, das Einreiseverbot zu beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes entsprechend herabzusetzen, und festzustellen, dass der BF eine Frist zur freiwilligen Ausreise hätte gewährt werden müssen.
3. Die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 05.07.2019 vorgelegt.
4. Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 05.08.2019 wurde der Beschwerde die vom BFA aberkannte aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Über die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des im Spruch angeführten Bescheides wurde somit bereits entschieden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BF ist Staatsangehörige von Albanien.
1.2. Sie weist im Bundesgebiet keine ordentliche Wohnsitzmeldung auf, sondern war in Österreich nur für die Zeit ihrer Schubhaft vom 03.06.2019 bis 17.06.2019 aufrecht gemeldet.
1.3. Fest steht, dass die BF am 01.06.2019 mit dem Flugzeug von Istanbul nach Österreich eingereist ist und tags darauf - am 02.06.2019 - mit gefälschten italienischen Dokumenten vom Flughafen Wien Schwechat aus nach DUBLIN reisen wollte.
Die bei ihr vorgefundenen Dokumente - italienische Carta D¿Identita, italienischer Führerschein, italienische Versicherungskarte - wurden wegen Bedenklichkeit einer Echtheitsprüfung unterzogen. Das Ergebnis war
-
hinsichtlich der italienischen Carta D¿Identita: "gefahndetes Blankodokument im SIS ausgeschrieben",
-
eine Totalfälschung des italienischen Führerscheins und ebenso
-
eine Totalfälschung der italienischen Versicherungskarte.
Die BF gab diesbezüglich gegenüber der Polizei - zur Rechtfertigung - Folgendes an:
"Mein Freund und ich wollten nach Irland, um dort um Asyl anzusuchen, da wir in Albanien keine Zukunft haben. Dafür haben wir uns italienische Dokumente besorgt."
Nach behördlicher Anordnung wurde die BF am 02.06.2019 festgenommen und am 03.06.2019 der belangten Behörde vorgeführt und vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.
1.4. Die BF hat in Albanien noch ihre Mutter und zwei Brüder, in Griechenland noch Geschwister ihres Ehegatten (dessen Bruder und Schwester) und in England einen Onkel, demgegenüber im Bundesgebiet keine Familienangehörigen.
1.5. Die BF hatte zum Zeitpunkt ihrer Festnahme laut ihrer glaubhaften Angabe vor dem BFA am 03.06.2019 zusammen mit ihrem angeblichen Ehegatten - ein Nachweis über eine zwischen ihnen bestehende Ehe wurde nicht vorgelegt - "über EUR 1000,", von welchem Geldbetrag Strafen bezahlt worden seien, keine Kredit-, Bankomatkarte und auch keine sonstige Möglichkeit, um auf legale Weise zu Geld zu gelangen.
Die BF arbeitete in ihrem Herkunftsstaat ein halbes Jahr lang - von Oktober 2016 bis März 2017 - als Kindergärtnerin, war ab diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr erwerbstätig und wurde von ihrer Familie unterstützt. Sie ist arbeitsfähig und arbeitswillig.
1.6. Die BF gab im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 03.06.2019 zu, nur wenig Deutschkenntnisse zu haben und diese während eines Aufenthaltes in der Schweiz erworben zu haben. Bindungen der BF zu Österreich in sozialer, sprachlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Hinsicht waren nicht feststellbar.
1.7. Die BF kehrte am 17.06.2019 unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe gemeinsam mit dem albanischen Staatsbürger, der mit ihr zusammen am Flughafen Wien am 02.06.2019 im Besitz gefälschter Identitätsdokumente aufgegriffen wurde, freiwillig in ihren Herkunftsstaat zurück.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang beruht auf dem diesbezüglichen Akteninhalt.
2.2. Zu den unter Punkt II. getroffenen Feststellungen:
2.2.1. Die Feststellung zur Identität und Staatsangehörigkeit der BF ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.
2.2.2. Dass die BF am 02.06.2019 am Flughafen Wien im Besitz gefälschter italienischer Identitätsdokumente festgenommen wurde, ergab sich aus einem polizeilichen Amtsvermerk vom 02.06.2019 (AS 53f). Die BF gab bezüglich der bei ihr vorgefundenen gefälschten Identitätsdokumente gegenüber der Polizei - zur Rechtfertigung - Folgendes an:
"Mein Freund und ich wollten nach Irland, um dort um Asyl anzusuchen, da wir in Albanien keine Zukunft haben. Dafür haben wir uns italienische Dokumente besorgt." (AS 49).
Dass die BF und ihr Freund in Irland um Asyl ansuchen wollten, ist nicht glaubhaft. Glaubhaft ist jedoch, dass die BF und ihr Freund in Erwartung besserer Zukunftsperspektiven woanders aus wirtschaftlichen Gründen ihr Herkunftsland verlassen haben und sich auf illegale Weise über gefälschte italienische Reise- bzw. Identitätsdokumente unter Vortäuschung einer EWR-Bürgerschaft eine Durchreise durch Schengen-Staaten ermöglichen und zunächst ein Aufenthaltsrecht in Irland verschaffen wollten.
2.2.3. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen der BF im Bundesgebiet ergaben sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben in ihrer Einvernahme vor dem BFA (AS 83). Die Feststellungen zu den sonstigen familiären Anknüpfungspunkten innerhalb des Schengen-Raums beruhen auf ihrem diesbezüglich glaubhaften Beschwerdevorbringen.
Da kein Nachweis für eine bestehende Ehe zwischen der BF und dem von ihr als Ehegatten bezeichneten albanischen Staatsbürger, dessen Beschwerdeverfahren vor dem BVwG zu Zl. G304 2220767-1, geführt wird, vorliegt, konnte auch keine solche festgestellt werden. Aufgrund ihres gemeinsamen Aufgriffs am Flughafen Wien am 02.06.2019 im Besitz gefälschter italienischer Identitätsdokumente, offenbar in der Absicht, sich längerfristig illegal im Schengen-Raum aufzuhalten, war jedoch jedenfalls eine nähere Beziehung zwischen ihnen feststellbar.
2.2.4. Die Feststellung, dass die BF im Bundesgebiet nicht über eine Kredit- und Bankomatkarte oder eine sonstige Möglichkeit verfügte, um auf legale Weise zu Geld zu gelangen, ergab sich aus ihrem eigenen diesbezüglich glaubhaften Vorbringen vor dem BFA, ebenso wie die Feststellungen, dass die BF arbeitsfähig und -willig ist, in ihrem Herkunftsstaat bereits einer Beschäftigung als Kindergärtnerin nachgegangen ist und nach Beendigung dieser Beschäftigung mithilfe ihrer Familie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnte (AS 81).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
3.1. Zum Einreiseverbot:
Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
(...);
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
(....);."
3.1.1. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren und die Feststellungen ergaben Folgendes:
Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Bei der Bemessung der Einreiseverbotsdauer ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).
Fest steht, dass die BF am 02.06.2019 am Flughafen Wien im Besitz gefälschter Reise- bzw. Identitätsdokumente, ohne Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung und ohne Kredit-, Bankomatkarte oder eine sonstige Möglichkeit, auf legale Weise zu Geld zu gelangen, aufgegriffen, festgenommen und am 03.06.2019 dem BFA zur Einvernahme vorgeführt wurde.
Daraufhin wurde mit gegenständlich angefochtenem Spruchpunkt IV. des im Spruch angeführten Bescheides gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht:
"Im Gegensatz zur Ansicht der Behörde ist der Tatbestand der Mittellosigkeit im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Bei der Beurteilung der Mittellosigkeit ist auf den beabsichtigten Aufenthaltszweck und die beabsichtigte Aufenthaltsdauer abzustellen. Nachdem der BF erfolglos versucht hatte, über den Flughafen Wien nach Dublin weiter zu reisen, zeigte er sich in der Einvernahme am 03.06.2019 geständig und wirkte durch wahrheitsgemäße Beantwortung aller Fragen an der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes mit. Am Ende der Einvernahme gab der BF an, in die Abschiebung nach Albanien einzuwilligen. Der BF gab unwidersprochen an, bei der Einreise über Barmittel in der Höhe von ca. EUR 1.000,-
verfügt zu haben. Nach Bezahlung einer Verwaltungsstrafe verblieben dem BF immer noch ca. EUR 600,-. Diese Summe hätte ausgereicht, dass sich die BF die Ausreise nach Albanien und gegebenenfalls den Aufenthalt für einige Tage bis zur Ausreise selbst finanzieren hätte können. Somit wäre der BF sehr wohl in der Lage gewesen, selbstständig auszureisen. Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist daher aus den von der belangten Behörde genannten Umständen nicht ersichtlich. (...)."
Der Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG ist erfüllt, wenn die BF ihre Mittel für ihren Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.
Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12).
Entgegen der Auffassung der BF in ihrer Beschwerde ist somit nicht entscheidend, ob die BF einen kurzzeitigen Aufenthalt samt Ausreise finanzieren könnte, sondern ist der beabsichtigte Aufenthaltszweck und die beabsichtigte Aufenthaltsdauer relevant.
Die BF beabsichtigte offenbar zusammen mit einem albanischen Staatsbürger, ihrem angeblichen Ehegatten, sich längere Zeit ohne Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung mit gefälschten italienischen Reise- bzw. Identitätsdokumenten unter Vortäuschung einer EWR-Bürgerschaft illegal im Bundesgebiet bzw. im Schengen-Raum aufzuhalten, womit die Gefahr der illegalen Erwirtschaftung des Lebensunterhaltes einhergeht.
Die BF war im Bundesgebiet zum Aufgriffs- und Festnahmezeitpunkt nicht im Besitz einer Kredit- oder Bankomatkarte und ohne Möglichkeit, auf legale Weise zu Geld zu gelangen.
Daraus, dass die BF gefälschte italienische Reise- bzw. Identitätsdokumente mit sich führte, um sich unter Vortäuschung einer EWR-Bürgerschaft auf illegale Weise die Möglichkeit zur Durchreise durch Schengen-Staaten und, wie aus den mit sich geführten verschiedenartigen italienischen Identitätsdokumenten (italienischer Carte D¿Identita, italienischen Führerschein und italienischer Versicherungskarte) hervorgehend, eine längerfristige Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung innerhalb des Schengen-Raums zu verschaffen, ist ersichtlich, dass sie zu jeglicher illegalen Vorgehensweise bereit ist, nur um sich einen Vorteil zu verschaffen.
Die BF konnte nach beendetem Beschäftigungsverhältnis in ihrem Herkunftsstaat mithilfe ihrer Familie ihren Lebensunterhalt bestreiten und ist offenbar auch nicht abgeneigt davor, einen längerfristig beabsichtigten Aufenthalt bzw. Unterhalt im Bundesgebiet und übrigen Schengen-Raum mithilfe illegalen Einkommenserwerbs durch ihren angeblichen Ehegatten, der vor dem BFA am 03.06.2019 eine in Griechenland nachgegangene Schwarzarbeit zugegeben hat und demnach offenbar jederzeit zu illegalem Einkommenserwerb bereit ist, zu finanzieren.
Festzuhalten ist zudem, dass die BF durch ihre illegale Vorgehensweise, auf ihrer Durchreise über Österreich im Besitz gefälschter italienischer Identitätsdokumente gewesen zu sein, gegen folgende Einreisebestimmungen nach Artikel 6 der Verordnung (EU) DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) verstoßen hat:
"Artikel 6
(1) Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:
a) Er muss im Besitz eines gültigen Reisedokuments sein, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Grenze berechtigt und folgende Anforderungen erfüllt:
i) (...)
ii) (...)
c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.
(...)
e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein."
Die BF beging folgende Verletzungen der genannten Einreisebestimmungen:
-
Durch ihre Reise über Österreich mit gefälschten italienischen Reise- bzw. Identitätsdokumenten verletzte die BF Art. 6 Abs. 1 lit. a besagter VO.
-
Da die BF offenbar beabsichtigte, sich unter Vortäuschung einer EWR-Bürgerschaft ohne Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung längerfristig im Schengen-Raum aufzuhalten, konnte sie mit ihrem Bargeldbesitz zum Zeitpunkt ihres Aufgriffs im Bundesgebiet in Höhe von EUR 1.000,-, nicht ausreichende Mittel zur Bestreitung eines von ihr offenbar längerfristig beabsichtigten Aufenthaltes im Schengen-Raum nachweisen, zumal sie auch nicht im Besitz einer Kredit-, Bankomatkarte oder einer sonstigen Möglichkeit, um auf legale Weise zu Geld zu gelangen, war. Die BF hat damit nicht die Einreisebestimmung nach Art. 6 Abs. 1 lit. c. oben angeführter Verordnung, sondern den innerstaatlichen Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt, vermochte die BF doch nicht hinreichende Mittel für ihren, wie aus den mit sich geführten verschiedenartigen gefälschten italienischen Identitätsdokumenten (italienischer Carta D¿Identita, italienischen Führerscheins und italienischer Versicherungskarte) hervorgehend, unter Vortäuschung einer EWR-Bürgerschaft offenbar längerfristig beabsichtigten Aufenthalt im Bundesgebiet und übrigen Schengen-Raum nachzuweisen.
Dass die BF am Flughafen Wien, als sie auf dem Weg nach Irland, somit in Richtung eines Nicht-Schengen-Staates, unterwegs war, aufgegriffen wurde, ist nicht entscheidend, wurde sie doch im Bundesgebiet mit gefälschten italienischen Reise- bzw. Identitätsdokumenten in der Absicht, sich durch Vortäuschung der EWR-Bürgerschaft eine Durchreisemöglichkeit durch Schengen-Staaten und, wie aus ihren verschiedenartigen ungültigen bzw. gefälschten italienischen Identitätsdokumenten - italienischer Carta D¿ Identita, italienischen Führerscheins und italienischer Versicherungskarte - hervorgehend, eine längerfristige Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung nicht (nur) für Irland, sondern (offenbar vor allem) für den Schengen-Raum zu verschaffen, aufgegriffen.
In Gesamtbetrachtung aller individuellen Umstände, besonders aufgrund der offenbaren jederzeitigen Bereitschaft der BF zu illegaler Vorgehensweise und ihrer offenbar gehegten Absicht, sich längerfristig illegal im Schengen-Raum aufzuhalten, worauf vor allem ihr Aufgriff im Bundesgebiet im Besitz von verschiedenartigen ungültigen bzw. gefälschten italienischen Dokumenten - italienischer Identitätskarte, italienischen Führerscheins und italienischer Versicherungskarte - hindeutet, ist nicht von einer positiven Zukunftsprognose, sondern einer von der BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nach § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG im Bundesgebiet und nach Art. 6 Abs. 1 lit. e der oben angeführten EU-VO iVm § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG im gesamten Schengen-Raum ausgehenden Gefahr auszugehen.
Das vom BFA gegen die BF erlassene Einreiseverbot besteht demnach dem Grunde nach zu Recht.
Die BF hat keine Familienangehörigen oder sonstige private oder sonstige Bindungen im Bundesgebiet. Ihre Familie lebt in Albanien.
Im gegenständlichen Fall wird eine Einreiseverbotsdauer von einem Jahr für hoch genug gehalten, um die BF, die sich während ihrer Einvernahme vor dem BFA geständig zeigte und sich nicht der behördlich beabsichtigten Außerlandesbringung widersetzte, sondern am 17.06.2019 zusammen mit ihrem angeblichen Ehegatten unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe freiwillig nach Albanien zurückkehrte, zu einem Gesinnungswandel bewegen zu können.
Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben und die Einreiseverbotsdauer auf die Dauer von einem Jahr herabzusetzen.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Einreiseverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Milderungsgründe,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2220900.1.01Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020