TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/26 G313 2218848-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.2019
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Entscheidungsdatum

26.11.2019

Norm

BFA-VG §18
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67
FPG §70

Spruch

G313 2218848-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Schweiz, vertreten durch Mag. BISCHOF, Mag. LEPSCHI gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2019, Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Mit Schreiben an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.08.2018 regte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer (BF) an. XXXX.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 Z 3 FPG aufgrund des Berichtes des BVT begründet. XXXX. Der BF habe sich bisher nicht nachweislich in Österreich aufgehalten und lebe in der Schweiz. In Österreich bestehe kein Familienleben und auch kein schützenswertes Privatleben. Der BF sei in keinster Form integriert, weder sprachlich, noch beruflich, noch familiär. In Österreich wurde der BF bislang noch nicht strafgerichtlich verurteilt und seien keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremden und Einwanderungsrechts evident.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den BF einzuvernehmen, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Sache zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Zusammengefasst wird vorgebracht, dass das BFA keine umfangreichen Ermittlungen durchgeführt habe.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo diese am 16.5.2019 einlangten.

Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich der BF jemals im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Der BF weist in Österreich keine strafgerichtlichen Verurteilungen auf und war im Bundesgebiet auch noch nie erwerbstätig.

Familiäre oder soziale Bindungen des BF in Österreich können nicht festgestellt werden, ebenso wenig eine berufliche oder gesellschaftliche Integration.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche bestehen nicht.

Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf den Angaben im angefochtenen Bescheid, denen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Es gibt keine Beweisergebnisse, dass sich der BF jemals im Bundesgebiet aufgehalten hat. Laut ZMR liegen keine Daten über den BF vor.

Dass der BF in Österreich noch nie strafgerichtlich verurteilt wurde, ergibt sich aus der Einsicht in das Strafregister.

Zusätzlich wurde das Zentrale Fremdenregister eingesehen sowie der Sozialversicherungsdatenauszug.

Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte für eine Integration oder Anbindung des BF in Österreich ergeben.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

§ 41 FPG lautet:

"(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Fremde, die versuchen, nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einzureisen, an der Einreise zu hindern.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Fremde, die versuchen, in das Bundesgebiet einzureisen oder die eingereist sind, bei Landgrenzübergangsstellen anlässlich der Grenzkontrolle sowie auf Flugplätzen, in Häfen und im Zugsverkehr innerhalb des Grenzkontrollbereiches an der Einreise oder Weiterreise zu hindern (Zurückweisung), wenn

1. deren Einreise nicht rechtmäßig ist;

2. gegen sie ein gültiges Einreiseverbot oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot besteht und ihnen kein Visum zur Wiedereinreise (§ 26a) oder keine Wiedereinreisebewilligung (§ 27a) erteilt wurde;

3. ein Vertragsstaat mitgeteilt hat, dass ihr Aufenthalt im Gebiet der Vertragsstaaten die öffentliche Ordnung oder nationale Sicherheit gefährden würde, es sei denn, sie hätten einen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates oder einen von Österreich erteilten Einreisetitel;

4. sie zwar zur rechtmäßigen Einreise berechtigt sind, aber bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

a) ihr Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit oder die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat gefährden würden;

b) sie ohne die hierfür erforderlichen Bewilligungen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;

c) sie im Bundesgebiet Schlepperei begehen oder an ihr mitwirken werden;

5. sie keinen Wohnsitz im Inland haben und nicht über die Mittel zur Bestreitung der Kosten ihres Aufenthaltes und ihrer Wiederausreise verfügen;

6. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, sie wollten den Aufenthalt im Bundesgebiet zur vorsätzlichen Begehung von Finanzvergehen, mit Ausnahme von Finanzordnungswidrigkeiten, oder zu vorsätzlichen Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften benützen.

(3) Über die Zulässigkeit der Einreise ist nach Befragen des Fremden auf Grund des von diesem glaubhaft gemachten oder sonst bekannten Sachverhaltes zu entscheiden. Die Zurückweisung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Verwaltungsgericht des Landes festgestellt worden ist."

§ 41a FPG lautet:

"(1) Die Zurückweisung eines EWR-Bürgers, Schweizer Bürgers oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ist zulässig, wenn

1. Zweifel an seiner Identität besteht oder er der Pass- und gegebenenfalls der Visumpflicht auch nach Einräumung einer angemessenen Frist und unter Verfügungstellung angemessener Möglichkeiten zur Einholung der dazu erforderlichen Dokumente nicht genügt,

2. gegen ihn ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot besteht und kein Visum zur Wiedereinreise (§ 26a) oder keine Bewilligung zur Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes (§ 27a) erteilt wurde,

3. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, er werde im Bundesgebiet Schlepperei begehen,

4. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, er wolle den Aufenthalt im Bundesgebiet zur vorsätzlichen Begehung von Finanzvergehen, mit Ausnahme von Finanzordnungswidrigkeiten, oder zu vorsätzlichen Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften benützen, oder

5. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet.

(2) Die Zurückweisung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen ist ferner dann zulässig, wenn ein Vertragsstaat mitgeteilt hat, dass sein Aufenthalt im Gebiet der Vertragsstaaten die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, es sei denn, er hätte einen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates oder einen von Österreich erteilten Einreisetitel.

§ 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."

Art. 27 RL2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) lautet:

"(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen.

Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

(3) Um festzustellen, ob der Betroffene eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, kann der Aufnahmemitgliedstaat bei der Ausstellung der Anmeldebescheinigung oder - wenn es kein Anmeldesystem gibt - spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt der Einreise des Betroffenen in das Hoheitsgebiet oder nach dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet gemäß Artikel 5 Absatz 5 gemeldet hat, oder bei Ausstellung der Aufenthaltskarte den Herkunftsmitgliedstaat und erforderlichenfalls andere Mitgliedstaaten um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn er dies für unerlässlich hält. Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat muss seine Antwort binnen zwei Monaten erteilen.

(4) Der Mitgliedstaat, der den Reisepass oder Personalausweis ausgestellt hat, lässt den Inhaber des Dokuments, der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aus einem anderen Mitgliedstaat ausgewiesen wurde, ohne jegliche Formalitäten wieder einreisen, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird."

Art. 28 RL2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) lautet:

(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.

(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie

a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder

b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist."

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die belangte Behörde hat die Zulässigkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes gegen den BF damit begründet, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG auch gegen Fremde die sich niemals im Bundesgebiet aufgehalten haben oder sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten zulässig sei. Diese Bestimmung knüpfe nämlich nicht, wie etwas § 52 Abs. 1 FPG, an einen zumindest einmaligen Aufenthalt im Bundesgebiet an, sondern nur an eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

Die Bestimmung des § 67 FPG dient der Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/38/AG. Die Freizügigkeitsrichtlinie, welche unter anderem mit den §§ 66 ff FPG in nationales Recht umgesetzt wurde, bezieht sich aber nur auf Sachverhalte, die sich bei Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts durch einen Unionsbürger ergeben. Daher kann ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG nur nach Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts verhängt werden, zumal es sich bei einem Aufenthaltsverbot gerade um eine Einschränkung dieses aus der Freizügigkeitsrichtlinie ergebenden Freizügigkeitsrechts handelt und der betreffende Unionsbürger andernfalls nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie und damit, implizit im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation, des § 67 FPG fällt (vgl. EuGH 05.05.2011, Rs C-434/9 [RZ 35-37]; VwGH 12.12.2012, 2012/18/0160).

Für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist es demnach Voraussetzung, dass sich der Fremde im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten haben muss. Dies ergibt sich auch daraus, dass aus dem abgestuften System der Gefährdungsprognosen, wonach auf die Aufenthaltsdauer Bezug genommen wird. Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG verlangt ebenso, dass vor Verfügung einer Ausweisung insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen zu berücksichtigen ist.

Für diese Interpretation spricht schließlich auch der Wortlaut § 67 Abs. 4 zweiter Satz FPG, wonach die Frist des Aufenthaltsverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise beginnt.

Auch eine Ausweisungsentscheidung gemäß § 66 FPG setzt zwingend einen Inlandsaufenthalt voraus (vgl VwGH vom 25.01.2018, Ra 2017/21/0237). In Sinne einer richtlinienkonformen sowie verfassungskonformen Interpretation ist eine Anwendung eines weniger strengen Maßstabes für ein Aufenthaltsverbot im Vergleich zu einer Ausweisung nicht gerechtfertigt (vgl VwGH vom 12.03.2013, 2012/18/0228). Daraus ergibt sich im Sinne eines Größenschlusses, dass der von einem Aufenthaltsverbot Betroffene sich zumindest einmal im Bundesgebiet aufgehalten haben muss (auch wenn er sich zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht mehr im Bundesgebiet aufhält).

Auch wenn § 67 FPG - entgegen § 52 FPG - nicht ausdrücklich einen Aufenthalt des Betroffenen im Bundesgebiet als (eine) Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes normiert, so ergibt sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aus den obigen Ausführungen insgesamt, dass ein solcher Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist.

Im Umstand, dass bei Drittstaatsangehörigen Voraussetzung für die Erlassung eines Einreiseverbotes die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist und diese aber wiederum ex lege voraussetzt, dass sich der Betroffene zumindest einmal im Bundesgebiet aufgehalten hat, könnte bei Annahme der Zulässigkeit eines "präventiven" Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger, Schweizer-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen, der sich noch nie im Bundesgebiet aufgehalten hat, auch eine unsachliche Benachteiligung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten darstellen.

Im Ergebnis kommt die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG ohne Inlandsaufenthalt nicht in Betracht.

Gegebenenfalls kann der betreffende EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige gemäß § 41a Abs. 1 Z 5 FPG zurückgewiesen werden, sollte der Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden. Nur wenn er sich schon im Bundesgebiet befindet, kann er mit einer Ausweisung nach § 66 FPG oder einem Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG belegt werden (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151).

Die Schweiz hat die Richtlinie 2004/38/EG zwar nicht in das Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz (Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, ABl.Nr. L114 vom 30.04.2002 S. 6) übernommen. Da § 67 FPG aber auch Schweizer-Bürger umfasst, sind die für die Auslegung dieser Bestimmung gewonnenen Überlegungen auch auf den BF anzuwenden.

Es liegen keine objektivierten Beweise vor, dass sich der BF jemals im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Mit Entscheidung des VWGH vom 19.09.2019, Zl. Ro 2019/21/0011-4 wurde zu einem gleichartigen Sachverhalt folgendes entschieden.

Entscheidungsgründe:

Der Mitbeteiligte ist ein XXXX Staatsangehöriger der Schweiz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erließ gegen ihn mit Bescheid vom 21. März 2019 gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. Es erteilte ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub und erkannte einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab.

Unter der Überschrift "Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige" werden im 4. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG in § 66 die Ausweisung und in § 67 das Aufenthaltsverbot geregelt. Diese Bestimmungen lauten (auszugsweise) wie folgt: "Ausweisung

§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt."

"Aufenthaltsverbot

§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

[...]

auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder (4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."

Die Bestimmung des § 67 FPG erfasst gemäß ihrem Abs. 1 zunächst "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger". Unter "unionsrechtlichem Aufenthaltsrecht" ist nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 Z 15 FPG im gegebenen Zusammenhang das auf Grund der Freizügigkeits-RL [= Richtlinie 2004/38/EG; auch: Unionsbürger-RL] gewährte Recht eines EWR-Bürgers, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, zu verstehen. In der ab 1. Jänner 2006 geltenden Stammfassung der inhaltlich entsprechenden Vorgängerregelung des § 67 FPG, nämlich § 86 FPG, war zwar noch der Begriff "freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger" verwendet worden. Zu dieser missverständlichen Formulierung hatte aber schon der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfGH 13.10.2007, B 1462/06, VfSlg. 18.269, in Punkt III.1.2. der Entscheidungsgründe festgehalten, es werde darauf abgestellt, ob der EWR-Bürger einen grenzüberschreitenden Freizügigkeitssachverhalt im Sinne der Art. 18 und 39 ff EG in Österreich verwirklicht habe. Vor diesem Hintergrund wurde dann § 86 Abs. 1 FPG in der ab 1. Jänner 2010 geltenden Fassung des FrÄG 2009 dahin geändert, dass nach dieser Bestimmung ein Aufenthaltsverbot (unter anderem) gegen "gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger" erlassen werden kann. Dem entspricht der seit 1. Juli 2011 die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot (unter anderem) gegen "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger" umschreibende § 67 FPG.

Die im 4. Hauptstück des NAG enthaltenen Bestimmungen der §§ 51 bis 56 NAG regeln (unter anderem) das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern von mehr als drei Monaten und deren Daueraufenthaltsrecht. Diese Normen finden gemäß § 57 NAG auch auf Schweizer Bürger Anwendung, die das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG - Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben. Die demzufolge im NAG im Wege des § 57 vorgenommene Gleichbehandlung von in Österreich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern mit in Österreich auf Grund des

Freizügigkeitsabkommens EG - Schweiz aufenthaltsberechtigten Schweizer Bürgern findet vice versa auch bei den im FPG für diesen Personenkreis vorgesehenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ihren Niederschlag. Daher ist - analog zum "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger" - unter dem Begriff "Schweizer Bürger" in § 67 Abs. 1 und 3 Z 3 FPG ein "in Österreich auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG - Schweiz aufenthaltsberechtigter Schweizer Bürger" zu verstehen (vgl. in diesem Sinne auch die ErläutRV zum FrÄG 2009, 330 BlgNR 24. GP 27 f, betreffend die Begriffsbestimmungen des § 2 Z 15 sowie Z 18 und Z 19 FPG, aus denen sich ergibt, dass die Freizügigkeits-RL und das Freizügigkeitsabkommen EG - Schweiz die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für das "gemeinschaftsrechtliche" - nunmehr:

"unionsrechtliche" - Aufenthaltsrecht der EWR-Bürger bzw. der Schweizer Bürger darstellen).

Allerdings ist die Anknüpfung an ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in der Überschrift zum 4. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG schon deshalb zu eng, weil die in § 66 FPG geregelte Ausweisung gerade zur Voraussetzung hat, dass das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt. Aber auch ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG kann gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige erlassen werden, wenn ihnen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht (mehr) zukommt (vgl. etwa nur VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, Rn 15). Insoweit ist auch der Wortlaut des § 67 FPG zu eng. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich der EWR-Bürger oder Schweizer Bürger unter potentieller Inanspruchnahme seines unionsrechtliches Freizügigkeitsrechtes in Österreich aufhält oder aufgehalten hat (vgl. in diesem Sinn schon die in Rn. 7 erwähnte Deutung des ursprünglich verwendeten Begriffs des "freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgers" durch den Verfassungsgerichtshof).

Das erzielte Ergebnis bestätigt sich auch bei einem Blick auf die Freizügigkeits-RL. Deren Art. 27 und 28 wurden nämlich mit den §§ 66 und 67 FPG in nationales Recht umgesetzt (vgl. etwa VwGH 12.3.2013, 2012/18/0228), weshalb die genannten Bestimmungen vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Freizügigkeits-RL zu verstehen sind (siehe aus der ständigen Rechtsprechung beispielsweise VwGH 22.1.2014, 2013/21/0135). Nach Art. 3 Abs. 1 der Freizügigkeits-RL gilt diese Richtlinie für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält. Ein Fall, in dem sich der Unionsbürger nicht im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Freizügigkeits-RL in einen anderen Mitgliedstaat begeben oder sich dort aufgehalten hat, unterliegt somit nicht dieser Richtlinie (vgl. VwGH 12.12.2012, 2012/18/0160). Darauf hat schon das BVwG unter Bezugnahme auch auf EuGH 5.5.2011, C-434/09, Mc Carthy, zutreffend hingewiesen. In diesem Urteil hielt der EuGH in Rz. 39 nämlich zusammenfassend fest, auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe und sich stets in dem Mitgliedstaat aufgehalten habe, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, sei die Freizügigkeits-RL nicht anwendbar. Entgegen der insoweit nicht näher begründeten Meinung in der Revision bestehen keine Anhaltspunkte, dass der nationale Gesetzgeber darüber hinausgehen wollte. Demnach unterfallen auch dem § 67 FPG nur EWR-Bürger, die auf Basis der Freizügigkeits-RL ihr Freizügigkeitsrecht potentiell ausüben oder ausgeübt haben und sich dem entsprechend im österreichischen Bundesgebiet aufhalten oder aufgehalten haben. Das gilt sinngemäß für Schweizer Bürger in Bezug auf das Freizügigkeitsabkommen EG - Schweiz.

Die Ansicht, der Gesetzgeber habe bei der Normierung der Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot nur Fälle vor Augen gehabt, in denen sich Unionsbürger bzw. Schweizer Bürger auf Basis der jeweiligen unionsrechtlichen Grundlage in Österreich aufhalten oder aufgehalten haben, wird auch durch § 67 Abs. 4 zweiter Satz FPG untermauert, wonach die Frist des Aufenthaltsverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise beginnt. Auch damit hat das BVwG zutreffend argumentiert. In die gleiche Richtung, nämlich einen Aufenthalt in Österreich bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes unterstellend, deutet auch § 70 Abs. 1 und 3 FPG. Demnach haben Unionsbürger bzw. Schweizer Bürger unmittelbar nach Eintritt der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes auszureisen, wobei ihnen jedoch von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen ist, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Bezeichnender Weise ist auch das BFA in seinem Bescheid vom 21. März 2019 - entgegen seinen Feststellungen - von einem Inlandsaufenthalt des Mitbeteiligten ausgegangen, indem es die Notwendigkeit seiner sofortigen Ausreise aus Österreich unterstellend keinen Durchsetzungsaufschub erteilte und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannte.

Im Übrigen hat der Gerichtshof in seinem bereits erwähnten Beschluss VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, in Rn. 15, festgehalten, bei Vorliegen einer Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des Art. 27 der Freizügigkeits-RL könne ein EWR-Bürger bzw. Schweizer Bürger gemäß § 41a Abs. 1 Z 5 FPG zurückgewiesen oder, wenn er sich schon im Bundesgebiet befindet, mit einer Ausweisung nach § 66 FPG oder einem Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG belegt werden. Implizit wurde damit schon zum Ausdruck gebracht, erst nach der Einreise des Fremden nach Österreich komme die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Betracht. Bei einer Ausweisung nach § 66 FPG war das Vorliegen eines Inlandsaufenthalts als Voraussetzung für deren Erlassung ohnehin nie strittig (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2017/21/0237, Rn. 12, mwN). Vor diesem Hintergrund ist im gegebenen Zusammenhang überdies bedeutsam, dass ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG auch eine Ausweisungsentscheidung im

Sinne der Freizügigkeits-RL beinhaltet (vgl. etwa VwGH 2.8.2013, 2013/21/0066, mwN; siehe auch VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0349, Rn. 8), was ebenfalls für das hier erzielte Ergebnis spricht.

Auf das Erkenntnis Ra 2017/21/0237 verweist zwar auch noch die Amtsrevision. Daraus ist aber für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen; im Gegenteil: Der Verwaltungsgerichtshof führte dort (in Rn. 15) nämlich aus, Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen "tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet." Mit dieser Formulierung sollte aber - entgegen der Meinung des BFA - keinesfalls und noch dazu im Widerspruch zu VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, zum Ausdruck gebracht werden, Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG könnten auch dann erlassen werden, wenn sich der Fremde überhaupt noch nie in Österreich aufgehalten hatte.

Da die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen den BF im Ergebnis nicht vorliegen, ist der angefochtene Bescheid in Stattgebung der Beschwerde aufzuheben.

Dementsprechend erübrigen sich auch weitere Ausführungen zur Nichtgewährung des Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, kann eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G313.2218848.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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