Entscheidungsdatum
28.11.2019Norm
BBG §40Spruch
W207 2225000-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 19.07.2019, OB: XXXX nach Beschwerdevorentscheidung vom 18.10.2019, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang Der Beschwerdeführer stellte am 03.01.2019 beim Sozialministeriumsservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis für Menschen mit Behinderungen), der entsprechend dem vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular für den - auf den Beschwerdeführer zutreffenden - Fall, dass er nicht über einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in diesem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt. Diesem Antrag legte der Beschwerdeführer medizinische Unterlagen und ein Schreiben der SVA betreffend die Verständigung über die Leistungshöhe von Jänner 2018 bei.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 24.04.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.02.2019, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:
"...
Anamnese:
1995 MCI, ischämische CMP
2009 HTX
paVK: ca 7 oder 8 Interventionen, PTA und Stent
Z.n. Lungenembolie und TVT
Derzeitige Beschwerden:
"Habe schon viel mitgemacht, Krampf in der linken Wade beim Gehen, der Schmerz geht in beide Vorfüße und bis hinauf in die Wirbelsäule. Eine neuerliche Intervention wird nur mehr bei Ruheschmerzen gemacht, die letzte war 2018. "
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Myfortic 360 mg, Prednisolon 5 mg, Prograf, TASS, Amlodipin 5 mg, Atacand 8 mg, CAL DE VIT, Colofac 135 mg, Crestor 20 mg, Eliquis 5 mg, Magnesium Verla, Nexium 40 mg, Oleovit D3, Procoralan 5 mg
Sozialanamnese:
geschieden, 3 Kinder
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befundbericht Dr. S. FA Innere Medizin vom 28.12.2018: Z. n. HTX wegen
ischämischer CMP 2009
Hypercholesterinämie, Hypertonie
PAVK 2b mit Z. n. mehreren PTA's und aktuell seriellen Stenosen der AFS und A.popl.
Z. n. Pulmonalembolie 2017 nach 3-Etagen Beinvenenthrombose
Chron. Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention Nierencysten - Seronegative Polyarthritis
Diskusprotrusionen L4-S1 mit Nervenwurzeltangierung L5 li
Neuroforamenstenose L4/L5
Chronische Gastritis
nachgereicht:
RÖ 10.7.2018: Polyarthrotische Vorfußveränderungen,
CT LWS 9.2.2015: leichtgradige Einengung beider Neuroforamina
CT Becken Bein Angio 1.9.2017: massive Gefäßverkalkungen, höhergradige Stenose AICS und Femoralisbif bds sowie Afs, PTA am 18.10.2017, ein neuerlicher Befund ist nicht vorliegend
Labor 4.12.2018: Kreatinin 1,6mg/dl
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
normal
Größe: 189,00 cm Gewicht: 84,00 kg Blutdruck: 150/100
Klinischer Status - Fachstatus:
HNAP frei, keine Lippenzyanose
Hals: keine Struma, keine pathologischen Lymphknoten palpabel
Thorax: Narbe bland, symmetrisch Pulmo: VA, SKS
Herztöne: rein, rhythmisch, normofrequent
Abdomen: Leber und Milz nicht palpabel, keine Druckpunkte, keine Resistenzen, Darmgeräusche lebhaft
UE: keine Ödeme, Links: Adp und Atp nicht palpabel, rechts palpabel
Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbständiges An- und Ausziehen
Gesamtmobilität - Gangbild:
unauffällig, keine Hilfsmittel
Status Psychicus:
allseits orientiert, Ductus kohärent
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
periphere arterielle Verschlußkrankheit eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Zustand nach mehrfachen Interventionen bei ausreichend kompensierten Durchblutungsverhältnissen
05.03.02
30
2
g.z. Zustand nach Herztransplantation unterer Rahmensatz, da medikamentös kompensiert
05.02.01
30
3
Generalisierte, degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates oberer Rahmensatz, da geringe funktionelle Einschränkungen
02.02.01
20
4
Zustand nach tiefer Venenthrombose eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Blutverdünnung mitberücksichtigt
05.08.01
20
5
chronische Niereninsuffizienz eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, bei geringfügiger funktioneller Beeinträchtigung, arterielle Hypertonie mitberücksichtigt
05.04.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden 1 wird von Leiden 2 wegen maßgeblicher Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht, Leiden 3,4 und 5 erhöhen den GdB nicht weiter, da kein relevantes ungünstiges Zusammenwirken besteht.
[X] Dauerzustand
Herr H. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
[X] JA
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es besteht eine periphere arterielle Verschlußkrankheit mit Zustand nach mehrfachen Interventionen, nach den vorliegenden Befunden zuletzt 2017, bei der hierorts durchgeführten Begutachtung besteht klinisch jedoch ein ausreichend kompensierter Zustand. Ebenso ergibt sich kein Hinweis auf kardiale Dekompensation und daher ist, bei unauffälligem Gangbild, eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken oder bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein. Es besteht ein Zustand nach Herztransplantation mit der dafür üblichen Dauermedikation, die zu einer mäßig erhöhten Infektanfälligkeit führt, welche jedoch einer schweren Erkrankung des Immunsystems, mit rezidivierenden außergewöhnlichen Infektionen, nicht gleichzusetzen ist.
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Kranken-diätverpflegung liegen vor, wegen:
[X] JA Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit
GdB: 20 v.H.
..."
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 25.04.2019 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, das eingeholte Gutachten vom 24.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer mit diesem Schreiben übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.
Am 06.05.2019 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme des Beschwerdeführers folgenden Inhalts, hier in anonymisierter Form wiedergegeben, ein:
"...
Leider entspricht das Ergebnis der durchgeführten ärztlichen Untersuchung nicht meinen Bedürfnissen. Ich wurde nur hinsichtlich Herz u. Lunge kurz untersucht. Auf den Bewegungsapparat hat sich die Ärztin jedoch kaum konzentriert. Ihr Ergebnis resultiert aus flüchtig durchgesehenen Befunden. Eine Erklärung über den kausalen Zusammenhang war mir nicht möglich. Einige Deformationen und Schwellungen kann jedoch sogar ein Laie eindeutig erkennen.
Ich leide an einer stark verkürzten Gehstrecke (unter 200m, bergauf max. 50m), sowie starken Schmerzen beim Gehen u. Stehen. Unterwegs muss ich mich alle paar Minuten hinsetzen, was jedoch nicht immer möglich ist. Dies resultiert aus Gelenks- u. Wirbelsäulenschädigungen sowie einer arteriellen Verschlusskrankheit. Aufgrund extrem deformierter Finger an beiden Händen ist auch das Tragen des tägl. Einkaufs nur unter Schmerzen möglich.
Neu vorzulegende Befunde (Bildgebung mit Kontrastmittel) können bei mir aufgrund einer angespannten Nierenfunktion nur mit größeren Abständen durchgeführt werden. Außerdem werde ich mich ab 22. Mai im Klinikum XXX zur Schmerz- u. Bewegungstherapie befinden.
Anmerken möchte ich noch, dass mir von den Transplantmedizinern im XXX (Herztransplantiert seit 12/2009) die Verwendung von geeigneten nonsteroidalen Schmerzmitteln ausdrücklich untersagt wurde. Somit verbleiben mir kaum Möglichkeiten meine Mobilität zu verbessern.
Ich ersuche daher um eine Fristverlängerung von 2-3 Monaten, und werde mich bemühen neue Befunde ehestmöglich vorzulegen.
MfG Name des Beschwerdeführers"
Am 20.05.2019 reichte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde neue medizinische Unterlagen nach.
Aufgrund des Inhaltes der Stellungnahme bzw. aufgrund der nachgereichten medizinischen Unterlage holte die belangte Behörde eine ergänzende Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin, welche das Gutachten vom 24.04.2019 erstellt hatte, vom 19.07.2019 ein. In dieser Stellungnahme wird - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:
"...
Gegen das am 28.2.2019 durchgeführte Gutachten, in welchem ein GdB 40 vH festgelegt wurde, wird im Rahmen des Parteiengehörs Einspruch erhoben. Angeführt wird eine verkürzte Wegstrecke, Schwierigkeiten beim Tragen sowie, dass auf Grund der eingeschränkten Nierenfunktion nur manche Schmerzmittel möglich sind. An Befunden wird ein Lungenbefund Dr. H. vom 17.5.2019 mit der Diagnose mildes Emphysem nachgereicht. Zusätzlich ein CT Befund vom 10.5.2019 der Becken Bein Gefäße, welcher mehrfachen Stenosen beschreibt, sowie ein CT Befund der LWS: breitbasige Protrusion L4/L5 und L5/S1 mit Einengung der Foramen intervertebralis.
Die vorgelegten Befunde zeigen einerseits, ein mildes Lungenemphysem lungenfunktionell ohne wesentliche Einschränkung, sowie die, bereits im Gutachten berücksichtigte, periphere arterielle Verschlußkrankheit und die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, jedoch sind die klinisch, relevanten Durchblutungsverhältnisse und eine eventuell daraus folgende, eingeschränkte Gehstrecke dadurch nicht ausreichend dokumentiert und daher auch nicht geeignet eine Änderung des Begutachtungsergebnisses zu bewirken."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.07.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 03.01.2019 ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v. H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 24.04.2019 bzw. der eingeholten Stellungnahme vom 19.07.2019, die einen Bestandteil der Begründung bilden, zu entnehmen. Die Stellungnahme vom 19.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.
Ein bescheidmäßiger Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht.
Der Beschwerdeführer brachte am 01.08.2019 fristgerecht eine Beschwerde folgenden Inhalts gegen den Bescheid vom 19.07.2019 ein:
"...
Ich erhebe hiermit Beschwerde gegen den mir zugestellten Bescheid. Trotz neu vorgelegter Befunde (die nur unter Inkaufnahme gesundheitlicher Risiken erstellt werden konnten) blieb es beim Ergebnis der Erstbegutachtung. Auch wurden Teile der Befunde nicht gewürdigt (siehe Tangierung der Nervenwurzeln b. LWS etc.). Tatsache ist, dass ich an einer extrem verkürzten Gehstrecke leide, und auch auf kurzen Strecken nur unter Schmerzen unterwegs bin.
Aus diesem Grund habe ich ein Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen erstellen lassen, welches meinen körperlichen Zustand dokumentiert.
Ich ersuche daher das Ergebnis noch einmal zu überdenken bzw. wenn dies nicht möglich ist um Weiterleitung zur Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht.
Name des Beschwerdeführers"
Der Beschwerde legte der Beschwerdeführer ein Privatgutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 29.07.2019 bei.
Aufgrund des Inhaltes der Beschwerde bzw. des vorgelegten Privatgutachtens holte die belangte Behörde eine weitere ergänzende Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin, welche das Gutachten vom 24.04.2019 bzw. die Stellungnahme vom 19.07.2019 erstellt hatte, vom 17.10.2019 ein. In dieser Stellungnahme führt die medizinische Sachverständige Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - aus:
"...
Gegen das Gutachten vom 28.2.2019 sowie die Stellungnahme vom 19.7.2019 wird neuerliche Einspruch erhoben. Gefordert wird die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel." Als neuer Befund wird ein Privatgutachten vom 1.8.2019 eingebracht, in welchem die Zusatzeintragung befürwortend beurteilt wird. Angeführt wird unter anderem, daß der Antragssteller wegen pAVK, Wirbelsäulen-und Gelenksproblemen, sowie einer höheren Infektionsgefahr, öffentliche Verkehrsmittel nicht benützen könne.
Abweichend zu diesen Feststellungen des Privatgutachters, Dr. M., konnte im eigenen, internistisch-fachärztlichen Gutachten, ein guter Allgemein-und Ernährungszustand, und ein unauffälliges Gangbild, ohne sonstige, relevante Bewegungseinschränkungen, beobachtet werden. Darüber hinaus sind auch hinsichtlich der paVK aktuelle Untersuchungsbefunde, welche aktuell vorhandene, höhergradige Gefäßverschlüße, mit kompatibler Gehstreckenlimitierung, ausreichend belegen könnten, nicht vorhanden, und ist auch das, im Privatgutachten wiedergegebene, undatierte Oszillogramm, (u.a. Knöchel-Arm-Index<0,9), dafür kein hinreichender Beleg. Bezüglich der weiters ins Treffen geführten höhergradigen Infektionsgefährdung wird zwar, bei Zustand nach Herztransplantation, eine medikamentöse Dauerabstoßungsprophylaxe eingenommen, was jedoch kein Immundefizit, welches einer schweren Immunmangelerkrankung gleichkäme, bewirkt, und sind auch wiederholte, außergewöhnliche Infektionserkrankungen, nicht befundbelegt.
Zusammenfassend sind daher auch die neuerlich vorgebrachten Argumente, unter Berücksichtigung des oben angeführten Privatgutachtens, nicht geeignet, das eigene
Begutachtungsergebnis zu entkräften, welches daher auch weiterhin aufrechterhalten wird."
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 18.10.2019 wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 19.07.2019 abgewiesen und begründend ausgeführt, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 24.04.2019 bzw. den eingeholten Stellungnahmen vom 19.07.2019 und 17.10.2019, die einen Bestandteil der Begründung bilden, zu entnehmen. Die Stellungnahme vom 17.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.
Mit E-Mail vom 29.10.2019 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG folgenden Inhalts gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 18.10.2019 ein:
"VORLAGEANTRAG zu OB: XXXX
Da ich unabhängig von den Stellungnahmen der begutachtenden Ärztin eine drastisch reduzierte Gehstrecke habe, und auch kurze Strecken nicht schmerzfrei bewältigen kann, ersuche ich um Vorlage beim Bundesverwaltungsgericht.
Anmerken möchte ich noch, dass Befunde nicht ausreichend im Zusammenhang gewürdigt wurden, bzw. teilweise sogar in abgeänderter Form zitiert wurden.
Name des Beschwerdeführers"
Dem Vorlageantrag wurden keine medizinischen Unterlagen beigelegt.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt am 31.10.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 03.01.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:
1. Periphere arterielle Verschlusskrankheit; Zustand nach mehrfachen Interventionen bei ausreichend kompensierten Durchblutungsverhältnissen
2. Zustand nach Herztransplantation; medikamentös kompensiert
3. Generalisierte, degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates; geringe funktionelle Einschränkungen
4. Zustand nach tiefer Venenthrombose; Blutverdünnung mitberücksichtigt
5. Chronische Niereninsuffizienz; geringfügige funktionelle Beeinträchtigung, arterielle Hypertonie mitberücksichtigt
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v.H.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 24.04.2019 bzw. in den ergänzend eingeholten sachverständigen Stellungnahmen vom 19.07.2019 und 17.10.2019 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 24.04.2019 bzw. auf deren ergänzende Stellungnahmen vom 19.07.2019 und 17.10.2019.
In diesem medizinischen Sachverständigengutachten bzw. in den ergänzenden Stellungnahmen wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung sämtlicher vom Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen.
Mit dem Beschwerdevorbringen bzw. im Vorlageantrag wird keine Rechtswidrigkeit der von der medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend konkret behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Die getroffenen Einschätzungen nach den gewählten Positionsnummern der Anlage der Einschätzungsverordnung entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Aufgrund der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen - insbesondere auch unter Berücksichtigung des internistischen Privatgutachtens vom 29.07.2019 - und nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers konnte gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 40 v.H. objektiviert werden.
In seiner Stellungnahme, in der Beschwerde und auch im Vorlageantrag bringt der Beschwerdeführer vor, dass er aufgrund der bei ihm vorliegenden Leiden nur eine sehr kurze Strecke - und diese nur unter Schmerzen - gehen könne. Insoweit der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen auf die Ausstellung eines Ausweises gemäß § § 29 b StVO - wie von ihm beantragt - abzielt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde über die Ausstellung eines Ausweises gemäß § § 29 b StVO nicht bescheidmäßig abgesprochen hat, weshalb diese Frage mangels Vorliegens eines diesbezüglich anfechtbaren Bescheides nicht unmittelbar Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist. Da mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. kein Rechtsanspruch auf die Ausstellung eines Behindertenpasses besteht, sind auch die Vornahme allfälliger Zusatzeintragungen (wie z.B. "Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel") und in der Folge die Ausstellung eines Ausweises gemäß § § 29 b StVO (Parkausweis) rechtlich nicht zulässig.
Insofern der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 03.05.2019 im Ergebnis rügt, dass er von der beigezogenen Fachärztin für Innere Medizin nicht ausreichend untersucht worden sei - die Ärztin habe sich kaum auf seinen Bewegungsapparat konzentriert und die vorgelegten Befunde nur flüchtig durchgesehen -, ist festzuhalten, dass sich dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen lassen, dass die beigezogene Gutachterin keine sachgerechte Untersuchung des Beschwerdeführers vorgenommen hätte und ergibt sich eine solche Annahme auch nicht aus dem nicht ausreichend substantiierten Vorbringen des Beschwerdeführers. Dasselbe gilt für das nicht näher konkretisierte Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde und im Vorlageantrag, dass - nicht näher angeführte - Befunde von der beigezogenen Gutachterin nicht ausreichend gewürdigt worden seien bzw. dass diese in abgeänderter Form zitiert worden seien. Es haben sich im Verfahren keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass die medizinische Sachverständige pflichtwidrig die vorgelegten Befunde in abgeänderter, nicht sinnentsprechender Form zitiert hätte bzw. dass sie diese nicht ausreichend gewürdigt hätte. Vielmehr ging die beigezogene Gutachterin detailliert auf die vom Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens vorgelegten medizinischen Unterlagen ein. So führt sie u. a. in ihrer Stellungnahme vom 17.10.2019 zum vom Beschwerdeführer vorgelegten Privatgutachten vom 29.07.2019 aus, dass von ihr, abweichend zu den Feststellungen des Privatgutachters, im Rahmen der Statuserhebung ein guter Allgemein- und Ernährungszustand und ein unauffälliges Gangbild ohne sonstige relevante Bewegungseinschränkungen, beobachtet werden habe können.
Der Beschwerde bzw. dem Vorlageantrag wurden daher keine Befunde beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder die diesen entgegenstehen würden. Dies gilt auch für das vom Beschwerdeführer vorgelegten internistische Privatgutachten vom 29.07.2019; dieses steht im Ergebnis nicht in entscheidungserheblichem Widerspruch zu den von der dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen Fachärztin für Innere Medizin vorgenommenen Einstufungen der einzelnen Funktionseinschränkungen unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage der Einschätzungsverordnung, zumal - insoweit in diesem internistischen Privatgutachten auch diverse Röntgenbefunde des Bewegungsapparates zitiert werden und (im Rahmen der Anamnese, also ausschließlich beruhend auf den subjektiven Angaben des Patienten) von einer lediglich "subjektiv unzulänglichen Gehstrecke" von weniger als 200 m, bei der es zu einer typischen Claudicatio intermittens Symptomatik komme, die Rede ist - bei der persönlichen Untersuchung am 28.02.2019 im Rahmen der Statuserhebung (auch bei Berücksichtigung von in bildgebenden Verfahren aufscheinenden Abnützungserscheinungen) diesbezüglich keine über die ansonsten festgestellten Funktionseinschränkungen hinausgehenden, sich tatsächlich auswirkenden maßgeblichen Funktionsbeeinträchtigungen objektiviert werden konnten, sondern vielmehr ein unauffälliges Gangbild ohne sonstige relevante Bewegungseinschränkungen festgestellt wurde.
Der Beschwerdeführer ist daher dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten bzw. den eingeholten Stellungnahmen in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, die im Auftrag der Behörde erstellten Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Innere Medizin vom 24.04.2019 und ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 19.07.2019 und 17.10.2019. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung das eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 24.04.2019 und ihre ergänzenden medizinischen Stellungnahmen vom 19.07.2019 und vom 17.10.2019 zu Grunde gelegt. In Zusammenschau ergibt sich aus diesen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers unter Anwendung der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung zum Entscheidungszeitpunkt 40 v.H. beträgt. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und er hat auch sonst im Rahmen des Verfahrens keine Unterlagen vorgelegt, die ein zusätzliches Dauerleiden belegen würden oder aber Hinweise auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leidenszuständen ergeben würden. Das im Rahmen der Beschwerde vorgelegte Privatgutachten vom 29.07.2019 steht, wie bereits erwähnt, im Ergebnis nicht in entscheidungserheblichem Widerspruch zu den im eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vorgenommenen Einstufungen nach der Anlage der Einschätzungsverordnung.
Das medizinische Sachverständigengutachten vom 24.04.2019 ist auch nicht zu beanstanden, wenn es gemäß § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung von Leiden 1 und Leiden 2 im Sinne einer Erhöhung um eine Stufe von 30 v.H. auf 40 v.H. gegeben sieht.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.
Was schließlich den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde über den Antrag auf Ausstellung eines § 29 b StVO-Parkausweises nicht bescheidmäßig abgesprochen hat, so ist - wie bereits erwähnt - darauf hinzuweisen, dass diese Frage mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W207.2225000.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020