TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/3 W272 2223003-2

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Veröffentlicht am 03.12.2019
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Entscheidungsdatum

03.12.2019

Norm

BFA-VG §22a
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
VwGVG §35

Spruch

W272 2223003-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Verein für Menschenrechte Österreich gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers seit 06.09.2019, in Schubhaft, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.12.2019 zur Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird abgewiesen und festgestellt, dass die Anhaltung in Schubhaft seit 06.09.2019 rechtmäßig ist.

II. Es wird weiters festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat gem. § 35 VwGVG dem Bund (Bundesministerium für Inneres) den Verfahrensaufwand in der Höhe von 887, 20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen der russischen Föderation, wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 20.10.2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 Asyl gewährt.

Mit Bescheid vom 28.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 aufgrund mehrerer strafgerichtlicher Verurteilungen aberkannt. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm nicht zuerkannt und es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen. Dieser Bescheid erwuchs mit Ablauf des 2.12.2016 in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 29.05.2017 erließ das Bundesamt eine weitere Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer, die es mit einem zehnjährigen Einreiseverbot und einem Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation verband. Weiters wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach §§ 55 und 57 AsylG erteilt. Das BVwG wies eine diesbezügliche Beschwerde mit Erkenntnis vom 21.6.2017, W 147 2161427-1/3E als unbegründet ab. Der Verwaltungsgerichtshof wies eine dagegen erhobene Parteirevision mit Beschluss vom 31.8.2017, Ra 2017/21/0127-7, zurück.

Am 11.12.2017 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 26.05.2019 Zl: 751532008-171373023 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 11.12.2017 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Der Fremde stellte einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG, diesbezüglich wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für 29.08.2019 zur Einvernahme geladen.

Am 21.08.2019 wurde der Beschwerdeführer in Klagenfurt von der Polizei ohne Dokumente aufgegriffen, aufgrund einer Festnahmeanordnung des Bundesamts festgenommen und zum Zwecke der Prüfung von allfälligen Sicherungsmaßnahmen einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde dem BF vorgehalten, dass die russischen Behörden ihn identifiziert hätten und ein Zustimmungsschreiben für die Abschiebung vorliege, daher alle Voraussetzungen für die Erlangung eines HRZ gegeben sind und eine Abschiebung vorhersehbar ist. Der BF gab an Österreich zu verlassen, aber nicht nach Russland zu gehen. Der BF bat um Überstellung ins PAZ Rossauer Lände. Nach dieser Einvernahme flüchtete der Beschwerdeführer aus dem Anhalteraum der Polizeiinspektion durch ein Fenster.

Am 22.08.2019 wurde der Beschwerdeführer abermals in Klagenfurt von der Polizei aufgegriffen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt.

Mit gegenständlichem Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 22.08.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG, zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung, angeordnet. Begründet wurde dies im Wesentlichen mit der Flucht aus der Polizeiinspektion und den geringen beruflichen Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet in Zusammenschau mit der mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts der genannten Umstände nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft aufgrund der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig, zumal der Beschwerdeführer in Österreich mehrfach strafrechtlich verurteilt worden sei.

Am 30.08.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde ein. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer durch eine Abschiebung in die Russische Föderation aufgrund des Nachfluchtgrundes seiner bis dato nicht vorgebrachten Bisexualität asylrelevante Verfolgung drohe. Der Beschwerdeführer habe für seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, nach Aberkennung seines Asylstatus sämtliche Unterlagen persönlich dem Bundesamt übergeben. Er sei in Wien offiziell bei seiner Lebenspartnerin gemeldet und war nur in Kärnten, um eine gemeinsame Wohnung für sich und sie zu suchen. Es liegen daher keine Fluchtgründe vor. Deshalb habe der Beschwerdeführer aufgrund der verständlichen Stress- und Angstsituation nach seiner Einvernahme versucht die Polizeistation so schnell wie möglich zu verlassen. Beantragt werde daher ua. den Schubhaftbescheid zu beheben und die Freilassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft zu veranlassen. Die Einbringung der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde erfolgte im Postweg beim Bundesamt ohne Nachweis über die Bevollmächtigung des Vertreters. Mit Verfahrensanordnung des BVwG vom 30.08.2019 wurde der Beschwerdeführer und sein vermeintlicher Vertreter aufgefordert, einen Nachweis über die Bevollmächtigung nachzureichen. Dieser Nachweis wurde am 03.09.2019 persönlich vom Vertreter beim BVwG eingebracht. Am 30.08.2019 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einer Stellungnahme verwies das Bundesamt im Wesentlichen auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers, insbesondere auf die bereits erfolgte Flucht des Beschwerdeführers nach seiner Einvernahme. Ein HRZ Verfahren wurde bereits eingeleitet. In diesem speziellen Fall sei trotz aufrechter Meldung und familiärer Anbindung im Bundesgebiet Fluchtgefahr gegeben und auch verhältnismäßig.

Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

Mit Erkenntnis vom 05.09.2019 entschied das BVwG mit Zahl W278 2223003-1/10E, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 22.08.2019 für rechtmäßig erklärt wird (Spruchpunkt I). Weiters wurde festgestellt, dass gem. § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG, zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Antrag auf aufschiebende Wirkung wurde zurückgewiesen. Das BVwG begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der BF mit einer überaus hohen Wahrscheinlichkeit neuerlich den Behörden entziehen wird und seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzen wird. Gegen den BF bestehe eine aufrechte Rückkehrentscheidung und einem zehnjährigen Einreiseverbot. Er gelte als insgesamt nicht vertrauenswürdig. Dies insbesondere dadurch, da der BF bereits einmalig erfolgreich aus dem Polizeigewahrsam geflohen sei, wiederholt straffällig wurde und somit die österreichische Rechtsordnung wiederholt missachtete. Der BF gehe keiner legalen Beschäftigung nach und kann somit seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem finanzieren. Auch seine familiären Anknüpfungspunkte hinderten ihn nicht aus dem Polizeigewahrsam zu flüchten. Der BF gab auch in der Einvernahme an nicht nach Russland ausreisen zu wollen. Das Verfahren zur Erlangung eines HRZ wurde bereits eingeleitet. Die Abschiebung stehe absehbar bevor.

Mit Schreiben vom 27.11.2019 brachte der BF Beschwerde gem. §22a BFA-VG gegen die fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft seit 06.09.2019 ein. Begründet wurde die Beschwerde damit, dass der BF aufrecht in Österreich gemeldet sei und ein kurzfristiger Aufenthalt in einem anderen Bundesland nichts daran ändern könne. Der BF sei willig gewesen aus Österreich auszureisen und habe, wie auch in der Einvernahme vorgebracht, dargelegt, dass er eventuell freiwillig ausreisen möchte und mit dem VMÖ darüber sprechen wolle. Die Flucht des BF von der Polizei sei lediglich eine Kurzschlusshandlung gewesen. Es besteht keine Fluchtgefahr, da zwar gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, doch die nichterfolgte freiwillige Ausreise stelle keinen Fluchtgrund dar. Auch habe der BF sonst nichts gegen weitere Maßnahmen unternommen und an der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitgewirkt. Der BF sei rund 15 Jahre im Bundesgebiet, verfüge über ein großes soziales und familiäres Netzwerk und eine gesicherte Unterkunft an die er sich nach Entlassung aus der Schubhaft sofort begeben könne. Seine Lebensgefährtin könnte bis zur Ausreise sein Leben finanzieren. Seine strafbaren Handlungen darf nicht als Fluchtgefahr herangezogen werden, sondern allenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Auch hätte man ein gelinderes Mittel anwenden können, so zB. eine periodische Meldeverpflichtung oder die Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten. Weiters wird eine mündliche Verhandlung beantragt und Ersatz von Kosten inkl. Dolmetschgebühren.

Der BF wurde am 02.12.2019 von der geplanten Abschiebung in die Russische Föderation informiert.

Mit Beschwerdevorlage wiederholte, dass BFA die Gründe für die Inschubhaftnahme und Aufrechterhaltung der Anhaltung, weiter wurde mitgeteilt, dass nunmehr 12.12.2019 12:45 die Abschiebung in die Russische Föderation geplant ist. Eine Anordnung von gelinderen Mitteln sei aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF nicht möglich und würde dazu führen, dass der BF der Abschiebung entziehe. Weiters wurde Ersatz für Vorlage- und Schriftsatzaufwand in der Höhe von €

57,49 und € 368,80 beantragt.

Am 02.12.2019 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung durch.

Am 03.12.2019 wurde dem BVwG die bereits in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Unterlagen der Zustimmung der russischen Behörde auf Rücknahme des BF.

Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und gehört der tschetschenischen Volksgruppe an. Er lebte mit seinen Eltern und Geschwistern als anerkannter Flüchtling in Österreich und besuchte hier die Schule. Mit Bescheid vom 28.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten aufgrund mehrerer strafgerichtlicher Verurteilungen aberkannt. Mit Bescheid vom 29.05.2017 erließ das Bundesamt eine weitere Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer, die es mit einem zehnjährigen Einreiseverbot und einem Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation verband und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach §§ 57 und 55 AsylG. Das BVwG wies eine diesbezügliche Beschwerde mit Erkenntnis vom 21.06.2017 (rechtskräftig mit 22.06.2017), W147 2161427-1/3E als unbegründet ab. Der Verwaltungsgerichtshof wies eine dagegen erhobene Revision mit Beschluss vom 31.08.2017, Ra 2017/21/0127-7, zurück. Der Beschwerdeführer geht derzeit keiner legalen Beschäftigung nach. Er ist nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments.

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 22.08.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG, zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung, angeordnet. Mit Erkenntnis vom 05.09.2019 entschied das BVwG mit Zahl W278 2223003-1/10E, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 22.08.2019 für rechtmäßig erklärt wird (Spruchpunkt I). Weiters wurde festgestellt, dass gem. § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG, zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Antrag auf aufschiebende Wirkung wurde zurückgewiesen. Die Entscheidung wurde am 06.09.2019 zugestellt.

Mit Schreiben vom 27.11.2019 brachte der BF Beschwerde gem. §22a BFA-VG gegen die fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft seit 06.09.2019 ein.

Mit Schreiben vom 02.12.2019 wurde dem BF, zugestellt am 02.12.2019 im PAZ, mitgeteilt, dass seine Abschiebung mit 12.12.2019 geplant ist.

1.2. Im Bundesgebiet beging der Beschwerdeführer wiederholt Straftaten:

Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt 13 HV 87/2008B vom 07.04.2009 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Monaten verurteilt, welche unter Setzung einer Probezeit im Ausmaß von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Das Landesgericht Klagenfurt 16 HV 106/2009W verurteilte den Beschwerdeführer erneut am 26.09.2011 gemäß § 223 Abs. 2, § 224 und § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Monaten, welche unter Setzung einer Probezeit im Ausmaß von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt 016 HV 77/2011h vom 08.10.2013 wurde der BF gemäß § 218 Abs. 1 Z 1 StGB und § 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwölf Monaten verurteilt, wovon ein Teil von neun Monaten unter Setzung einer Probezeit im Ausmaß von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe wurde mit LG f Strafsachen Wien 042 HV 21/2016p vom 04.05.2016 widerrufen.

Schließlich verurteilte das Landesgericht für Strafsachen Wien 042 HV 21/2016p den Beschwerdeführer am 04.05.2016 wegen des Verbrechens gemäß § 15 iVm §§ 127, 131 erster Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die er auch verbüßte.

Der BF war seit 23.03.2016 bis 28.12.2018 durchgehend in Justizanstalten untergebracht.

1.3. Der Beschwerdeführer wurde am 28.12.2018 aus der Strafhaft entlassen und ist seit 07.01.2019 aufrecht an der Wohnadresse seiner Lebensgefährtin gemeldet, mit der er nach islamischen Recht verheiratet ist.

1.4. Am 11.12.2017 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid des Bundesamts vom 26.05.2019 wurde der Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer ist nicht Asylwerber, die unter Pkt. 1.1 festgestellte rechtskräftige Rückkehrentscheidung ist somit durchsetzbar.

1.5. Am 21.08.2019 wurde der Beschwerdeführer festgenommen und vom Bundesamt aufgrund des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet zur Prüfung von Sicherungsmaßnahmen einvernommen. Im Rahmen der Einvernahme wurde ihm dargelegt, dass eine Abschiebung in die Russische Föderation unmittelbar bevorstehe. Bei einer Unterbrechung der Einvernahme kletterte der BF um 18:55 aus einem Fenster des Anhalteraumes und flüchtete durch Überklettern einer Mauer, eines Baustellengitters und eines Zaunes vom Grundstück der PI. Eine von der Polizei eingeleitete Sofortfahndung nach dem Beschwerdeführer blieb am Tag der Flucht ergebnislos.

1.6. Am 22.08.2019, um 13:00 Uhr wurde der Beschwerdeführer von der Polizei festgenommen und in weiterer Folge vom Bundesamt die Schubhaft angeordnet, er befindet sich seit 22.08.2019 durchgehend in Schubhaft.

1.7. Privat- und Familienleben bzw. Fluchtgefahr:

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über eine aufrechte Meldeadresse, war jedoch in den letzten 3 1/2 Jahren fast 3 Jahre in einer Justizanstalt untergebracht.

Er verfügt über familiäre Kontakte in Österreich, so leben seine Eltern, zwei Brüder und eine Schwester und seine Lebensgefährtin in Wien. Er geht keiner Beschäftigung nach, verfügt kaum über Barmittel und besitzt keine Ausreisedokumente. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig. Die familiären Kontakte sind nicht so intensiv, dass der BF davon abgehalten wird, die Abschiebung zu verhindern oder zu verzögern. Es besteht eine überaus hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschwerdeführer neuerlich den Behörden entzieht und seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzt. Er hat sich insgesamt als nicht vertrauenswürdig erwiesen.

1.8. Der Beschwerdeführer ist war seit der Anhaltung in Schubhaft grundsätzlich gesund und haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.

Der BF ist seit 22.08.2019 in Schubhaft. Der BF begab sich von 23.09.2019 06:40 bis 24.09.2019 06:30 im Hungerstreik, beendete diesen jedoch freiwillig. Er ist nicht bereit sich einer Röntgenuntersuchung zu unterziehen.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

Bei der Einvernahme am 21.08.2019 war absehbar, dass der BF zeitnah abgeschoben werden kann. Die Bemühungen der Behörde sind aktenkundig und die Schreiben der Bestätigung seitens der russischen Behörden wurden dem BF auch dargelegt. Die Abschiebung ist nun mit 12.12.2019 geplant.

Die Abschiebung erscheint somit zeitnah effektuierbar. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung der Verfahrenspartei nach heutigem Wissensstand bereits ab Anhaltung am 06.09.2019 durchaus möglich und realistisch erschien.

Im Hinblick auf das eingeleitete Abschiebungsverfahrens ist begründet zu erwarten gewesen, dass die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt.

Der Beschwerdeführer ist nicht bereit, das österreichische Bundesgebiet freiwillig zu verlassen und ist auch sonst nicht willig zur Kooperation mit den Behörden. Es liegt bei Entlassung aus der Schubhaft die Gefahr des Untertauchens vor.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere den zitierten Vorerkenntnissen und den letzten Erhebungen. Auch die Entscheidungsgründe der Vorerkenntnisse werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Weiters erfolgte eine mündliche Verhandlung am 02.12.2019 beim BVwG, bei dem er ua. auch angab, gesund zu sein (Seite 2 des Verhandlungsprotokolls).

Die formalen Voraussetzungen für die laufende Anhaltung sind daher unverändert gegeben.

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zum gegenständlichen Verfahren Zl. 751532008-190856993. Ebenso wurde Beweis durch Einsicht in die Entscheidungen des BVwG vom 21.06.2017, Zl.: W147 2161427-1/3E sowie den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.08.2017, Ra 2017/21/0127 genommen.

Weiters der Bescheid vom 26.05.2019 Zl. 751532008-171373023.

Weiter der im Akt einliegenden Bescheid Zl.: 751532008-190856993 des Bundesamtes vom 22.08.2019 und die Abweisung mit Erkenntnis W278/2223003-1/10 E vom 05.09.2019 der Schubhaftbeschwerde und Erklärung der Rechtmäßigkeit der Anhaltung seit 22.08.2019 und zum Zeitpunkt der Entscheidung. Sowie durch Anfragen im Zentralen Melderegister, der Anhaltedatei des BMI, im Strafregister, vorgelegte Unterlagen seitens des BFA (Zustimmungserklärung russischer Behörde, Zustellung der Information des Abschiebetermins an den BF, Flugbuchbestätigung) und in der GVS Datenbank genommen.

2.1. Die Identität des Beschwerdeführers und seine familiären Anknüpfungen sowie sein Schulbesuch in Österreich wurde aufgrund der in den Feststellungen in den oben angeführten Vorverfahren und der Verhandlung am 02.12.2019 getroffen. Der BF gab selbst an, dass seine Familie (Eltern, Brüder, Schwestern und seine Lebensgefährtin mit ihrer Tochter) in Wien leben (Seite 5 und 7 des Verhandlungsprotokolls). Die Feststellungen betreffend die erfolgte Aberkennung des Status des Asylberechtigten, der Rückkehrentscheidung und dem zehnjährigen Einreiseverbot gehen aus den rechtkräftigen Vorentscheidungen des BVwG und VwGH hervor. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Beschäftigung nachgeht, sind dem Protokoll seiner Einvernahme vom 21.08.2019 entnommen und der Verhandlung am 02.12.2019 (Seite 8 und 15 des Verhandlungsprotokolls). Dass der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben in der Einvernahme zum Asylfolgeantrag. Gegenteiliges wurde im gegenständlichen Verfahren, der Verhandlung am 02.12.2019 oder in der Beschwerde nicht vorgebracht.

2.2. Die Feststellung zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem rezenten Auszug aus dem Strafregister.

2.3. Die Feststellungen zu der Verbüßung der unbedingten Freiheitsstrafe und zu der derzeitigen aufrechten gemeinsamen Wohnsitzmeldung mit seiner Lebensgefährtin, ergeben sich aus einer ZMR Anfrage. Die Feststellung, dass er nach islamischen Recht mit seiner Lebensgefährtin verheiratet ist, ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren zum Asylfolgeantrag.

2.4. Die neuerliche Asylantragstellung ergibt sich aus dem Bescheid des Bundesamtes vom 26.05.2019 Zl: 751532008-171373023, der sich in Kopie im hg. Akt befindet. Dass dieser Bescheid unbekämpft in Rechtskraft erwuchs, ergibt sich einer im Akt befindlichen Kopie des Zustellnachweises und dem Umstand, dass am BVwG diesbezüglich kein Beschwerdeverfahren anhängig war oder ist. Diesen Feststellungen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

2.5. Ein Polizeibericht über die erfolgte Festnahme des Beschwerdeführers, sowie eine Kopie der Niederschrift der Einvernahme durch das Bundesamt liegen in Kopie im gegenständlichen Verwaltungsakt. Hieraus ergibt sich, dass der BF über die beabsichtigte Abschiebung und auch über die Zustimmungserklärung und Identifikation durch die russischen Behörden (Seite 3 des Einvernahmeprotokolls) informiert wurde. Der BF gab öfters an, nicht freiwillig aus Österreich aus- und nach Russland einzureisen, so gab er an: "Nein, ich will nicht nach Russland gehen." (Seite 3 des Einvernahmeprotokolls). Dass der BF nach Freilassung untertauchen wird bzw. sich den Behörden entziehen wird ergibt sich auch aus seiner Aussage: "Ich gehe von Österreich weg, wenn Sie mich freilassen, aber nach Russland gehe ich nicht." (Seite 4 der Einvernahmeprotokolls). Dem BF war zu dieser Zeit klar, dass die Behörde beabsichtigte ihn in die Russische Föderation abzuschieben. Mit seiner Flucht aus dem Polizeigewahrsam, versuchte er nunmehr sich dieser Abschiebung zu entziehen. Das in der Beschwerde vorgebrachte Begründen der Flucht mit Kurzschlussreaktion, mag den Eindruck des Gerichtes nicht verändern. Der BF informierte sich sehr genau um Rechtsbeistand und es war ihm klar, dass die Gefahr der Abschiebung unmittelbar folge. Er flüchtete im vollen Bewusstsein und es war ihm klar, dass er damit eine Abschiebung verhindern bzw. zumindest verzögern könnte. Die Feststellung zu seiner Flucht aus der Polizeiinspektion ergibt sich aus der Kopie des im Akt einliegenden Polizeiberichts und der Bestätigung in seiner Aussage in der Verhandlung am 02.12.2019. Dass der BF nunmehr in der Verhandlung öfters angab mit der Abschiebung am 12.12.2019 einverstanden zu sein, er aber nur die nächsten 10 Tage zu Hause bei seiner Familie zu sein, überzeugte das Gericht aufgrund des persönlichen Eindruckes, nicht davon, dass der BF sich nunmehr den Anordnungen der Behörde Folge leisten wird. Der BF war bei diesen Aussagen äußerst aggressiv und zeigte dem Gericht nicht, dass er diesen Abschiebetermin freiwillig wahrnehmen will, die Aussagen waren, nach Eindruck des Gerichtes, sarkastisch und wurden mit abwertenden Gesten und applaudieren seitens des BF kommentiert. Er gab selbst an, wieder nach Wien zurückkehren zu wollen und einen Anwalt zunehmen, weiters sei eine Flucht in Österreich nicht strafbar (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Auch diese Aussage überzeugte, das Gericht wiederum, dass für den BF eine Nichtbefolgung einer Anhaltung oder Anordnung durch Flucht kein Problem darstelle, da es auch nicht strafbar sei. Der BF hat hier kein Unrechtsbewusstsein und würde auch bei Entlassung aus der Schubhaft und Nichtbefolgung der Anordnung eines gelinderen Mittels keine Straftat erblicken und daher diese für rechtmäßig ansehen.

2.6. Dass der Beschwerdeführer am 22.08.2019 abermals festgenommen wurde und sich seit diesem Tag durchgehend in Schubhaft befindet, ergibt sich aus der Anhaltedatei des BMI.

2.7. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit ergibt sich somit aus seinen wiederholt strafrechtlichen Verurteilungen, seiner bereits vollzogenen Flucht aus dem Polizeigewahrsam, nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass er in absehbarer Zeit abgeschoben wird und dem persönlichen Eindruck vor Gericht. Auch mit einer Kurzschlussreaktion vermag der BF das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass er eine etwaige Abschiebung nicht verzögern wolle, so hätte er die Möglichkeit gehabt, zumindest am nächsten Tag in der Früh sich bei der Polizei wieder zu melden. Auch sein Argument, dass er zu seiner Familie wollte ist nicht glaubhaft, zumal er sich bei dieser nicht meldete und bei einer Freundin in Klagenfurt übernachtete. Der Beschwerdeführer missachtete die österreichische Rechtsordnung somit wiederholt. Auch während der Verhandlung am 02.12.2019 beschimpfte er den Vertreter der Behörde und missachtete das Gericht und zeigte hier eindrucksvoll und aggressiv, dass er den Behörden und Gerichten gegenüber nicht jede Anordnung befolgt (Seite 13, 16 und 17 des Verhandlungsprotokolls). Er musste auch des Öfteren darauf hingewiesen werden in der Verhandlung nicht die Zeugin beeinflusst (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Die Aggressivität des BF zeigte sich auch nach der Verhandlung, da die Polizei für die Rückführung des BF in das PAZ Verstärkung und ein sicheres Transportmittel anforderte. Zusätzlich geht der Beschwerdeführer keiner legalen Beschäftigung nach und kann somit seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem finanzieren. Auch die Umstände, dass er über eine aufrechte Meldung verfügt, in einer Lebensgemeinschaft lebt und zusätzlich familiäre Anknüpfungspunkte in das Bundesgebiet hat, hinderten den Beschwerdeführer nicht an der Flucht aus dem Polizeigewahrsam, um sich der eventuellen Schubhaft und der damit absehbar bevorstehenden Abschiebung in die russische Föderation zu entziehen. Wobei auch die Meldedaten des BF nicht immer korrekt sind. So ist sowohl dem BF noch der Zeugin bewusst gewesen, warum der BF vor der Hochzeit am 01.10.2015 bei ihr gemeldet war und danach nicht. Der Zeuge gab auch zu Scheinmeldungen zur Erreichung einer sozialen Unterstützung durchgeführt zu haben (Seite 5 des Verhandlungsprotokolls). Die familiären Anknüpfungspunkte erscheinen dem Gericht auch nicht sehr stark, so waren die Aussagen des BF und seiner Lebensgefährtin widersprüchlich und zeigten dem Gericht, dass der BF der Lebensgefährtin nicht alles erzählt. Der Zeuge gab nun zum ersten Mal an, dass er im Zeitraum 22.08.2019 in Klagenfurt war, um Dokumente von seiner islamischen Trauung zu besorgen, um damit in Wien ein Duldungsvisum zu erhalten (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Weiters wollte er damit auch eine staatliche Heirat erreichen. Seine Lebensgefährtin gab dazu an, dass der BF in Klagenfurt war, um eine Wohnung zu besorgen, wie der BF auch im bisherigen Verfahren, jedoch er bei der Verhandlung am 02.12.2019 bestritt (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Weiters sagte sie aus, dass ihr eine muslimische Hochzeit reiche (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Auch wirkte der BF in der Verhandlung nicht immer mit. So gab er an zunächst nur bei Freunden genächtigt zu haben, wobei er dessen Namen nicht vollends kennt oder wo sie genau wohnen. "Ich weiß es nicht. Warum wollen Sie das wissen?", "Warum soll ich das sagen?" (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls) Dies erscheint dem Gericht ebenfalls unglaubwürdig, zumal der BF sich auch in Klagenfurt auskennen sollte, da er dort die Schule besuchte und jahrelang lebte. Auch musste er die Adresse wissen, sonst hätte er seine Freunde nicht angetroffen. Erst auf Nachfrage, gab er an, dass er auch bei einer Freundin nächtigte (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls), dies bestritt jedoch seine Lebensgefährtin (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls). So zeigte sich für das Gericht in der Verhandlung, dass die Lebensgefährtin über verschiedene Angelegenheiten des BF nicht Bescheid wusste. Der BF hat Kontakte in Klagenfurt, welcher er dem Gericht, noch seiner Lebensgefährtin bekanntgeben will, sodass es ihm auch möglich ist dort unterzutauchen.

Auch zeigt sich für das Gericht, dass die familiären Kontakte nicht sehr intensiv sind, zumal die Lebensgefährtin auch keine begangenen Straftaten des BF bekanntgeben konnte, die Argumentation für das Gericht, dass die letzte Tat bereits im März 2016 vollendet war und sie daher nicht interessierte, "was er vor mir gemacht hat." (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls), erschien für das Gericht für eine starke Beziehung nicht glaubwürdig, zumal sie selbst angab bereits Ende 2014 bzw. Anfang 2015 mit dem BF befreundet gewesen zu sein und im Oktober 2015 heiratete (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls), also vor Vollendung der letzten Straftat am 22.03.2016 (Urteil LG f. Strafsachen Wien 042 HV 21/2016p) und Strafantritt.

Sie gab auch den unterschiedlichen Zweck des Aufenthaltes des BF in Klagenfurt an. Sie gab dezidiert an, dass der BF nicht bei einer Freundin nächtigte (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls).

Der BF wusste nicht, dass die Zeugin immer in der Davidgasse arbeitete und nur Aushilfsweise in Einzelfällen in anderen Filialen (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls - Seite 14 des Verhandlungsprotokolls).

Selbst bei Angaben bezüglich der Hochzeit waren die Angaben unterschiedlich oder zögerlich. Der BF konnte nicht das genaue Hochzeitsdatum bekanntgeben bzw. mit 01.10.2015 (Seite 4) zur Lebensgefährtin mit 04.10.2015 (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Auf Frage des Gerichtes an die Lebensgefährtin, wo sie in Klagenfurt geheiratet haben, gab sie an:

"... Ich weiß nicht welche Mosche es war. Ich habe es vergessen. Wir haben es mit diesem Mullah gemacht.", auf Nachfrage des Gerichtes, ob sie in einer Moschee geheiratet habe, antwortete sie mit: "Ich glaube ja." Letztlich antwortete sie mit ja. Gerade in diesem Bereich sprach der BF immer wieder nichtdeutsche Wörter zur Lebensgefährtin und darauf antwortete sie. Der Richter ermahnte ihn schließlich (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls).

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der BF zwar mit der Zeugin auch zusammenlebte, obwohl er nach der Hochzeit nicht bei ihr gemeldet war, aber davor (17.06.2015 - 23.06.2015 gem. ZMR), obwohl beide eine Zusammenleben verneinten (Seite 5 bzw. 12 des Verhandlungsprotokolls), sie aber keinen Einfluss auf sein Verhalten hatte oder haben wird und die Beziehung nicht so stark ist, dass der BF davon abgehalten wird unterzutauchen bzw., dass er bei Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich bei der Zeugin verbleiben wird und auf die Abschiebung warte, zumal er nicht einmal in Klagenfurt angab, wo er sich tatsächlich befand. Der BF erscheint dem Gericht patriarchalisch, indem er nicht über seine Handlungen seine Lebensgefährtin informiert und die Frauen keinen oder wenig Kontakt zu anderen Männern haben dürfen. So hat er nicht gewollt, dass die Tochter der Lebensgefährtin einen Freund habe, sondern sich nur die Schule darf (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls).

Aber auch seine sonstigen familiären Bindungen - Eltern, Brüder und Schwestern - sind nicht so stark, dass es ihn hindern würde unterzutauchen, um die Abschiebung zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Er brachte auch keine dementsprechende starke familiäre Bindung vor, so konnte die Familie ihn auch nicht an seinen Straftaten hindern, obwohl er damals noch in Obhut war und teilweise minderjährig.

Die Tochter der Lebensgefährtin hat zwar ebenfalls Kontakt mit dem BF, aber auch hier wurde keine intensive Beziehung vorgebracht. So wusste der BF zwar in welches Schule sie geht und er holt sie auch ab, aber er konnte nicht sagen, welche Klasse sie besucht oder brachte auch nicht vor, dass sie gemeinsame Aktivitäten durchführen. Auch die Hobbies sind nur teilweise ident mit der Aussage der Mutter.

Mangels gültigem Reisedokument kann der Beschwerdeführer das Bundesgebiet auch nicht legal aus eigenem verlassen.

Die Familie wäre nicht bereit dem BF nach Russland zu folgen, obwohl ihnen bewusst ist, dass er ein 10-jähriges Einreiseverbot erhalten hat (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls).

So liegen im gegenständlichen Verfahren, solche außergewöhnlichen Umstände vor, dass der BF trotz Vorhandensein von sozialen und familiären Kontakten und die Möglichkeit einer Inanspruchnahme einer Unterkunft, nicht glaubwürdig erscheint, dass er den Anordnungen des gelinderen Mittels befolgen wird.

Aus diesen Gründen ist auch in Zukunft davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich der Behörde im Falle seiner Freilassung entziehen werde.

2.8. Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gibt es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden. Die behördliche Zusammenarbeit mit den russischen Vertretungsbehörden in Bezug auf HRZ Ausstellungen und Rückführung funktioniert grundsätzlich problemlos. In der Beschwerdevorlage wurde vom Bundesamt darauf verwiesen, dass das Verfahren zur HRZ Ausstellung bereits eingeleitet wurde. Aufgrund dieser Umstände war von einer zeitnahen Abschiebung bereits mit Anhaltung ab 06.09.2019 des Beschwerdeführers auszugehen. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren und mit der nun vorliegenden Zustimmung zur Ausstellung des HRZ.

Das Barvermögen des Beschwerdeführers ist in der Anhaltedatei ersichtlich und mit 350,- EURO festgelegt eine größere Geldmenge besitzt der BF nicht (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls).

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder,

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Abs. 2a:

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

§ 76 Abs. 3 FPG lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 BVG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der BF wurde mit Mandatsbescheid vom 22.08.2019 Zahl 751532008-190856993 in Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung genommen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 05.09.2019, zugestellt am 06.09.2019, W278 2223003-1/10 E als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die Anhaltung in Schubhaft seit 22.08.2019 rechtmäßig ist. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass gem. § 22 a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Da das Erkenntnis mit 05.09.2019 erlassen wurde, wurde über den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft bis zum 05.09.2019 rechtskräftig abgesprochen.

Die nunmehrige Beschwerde bezieht sich auf den Zeitraum ab 06.09.2019, sodass hier nicht von einer entschiedenen Sache ausgegangen werden kann, da der Zeitraum nicht durch das vorhergehende Erkenntnis abgedeckt wurde.

Für die weitere Anhaltung in Schubhaft müssen sich jedoch die Gründe bzw. Voraussetzungen weiterhin aufrecht sein, sodass die weitere Anhaltung in Schubhaft nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Die Schubhaft und in weitere Folge die Anhaltung wurden zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Umstand ist seit der Anhaltung vom 06.09.2019 weiterhin aufrecht. Es war und ist immer noch beabsichtigt den BF in die Russische Föderation abzuschieben. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige und durchführbare Rückkehrentscheidung und ein 10-jähriges Einreiseverbot, dies wurde in der Beschwerde auch nicht bestritten. So zeigt sich hier, insbesondere aufgrund der strafrechtlichen Delikte des BF und seine 10-jährigen Einreiseverbotes ein großes öffentliches Interesse an der Durchführung der Abschiebung. So beging der BF auch Gewaltdelikte. Die Effektuierbarkeit dieser Abschiebung war seit dem 06.09.2019 gegeben und ist zum Zeitpunkt der Entscheidung nunmehr mit 12.12.2019 geplant und daher auch unmittelbar. Es war zu keinem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Abschiebung nicht zeitnah - zumindest in der höchstmöglichen Schubhaftdauer - durchführbar wäre.

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft.

Wenn nunmehr in der Beschwerde vorgebracht wird, dass keine Fluchtgefahr vorliege, so ist dem nicht so. Bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, wurde der Beschwerdeführer am 21.08.2019 (Seite 3 der Einvernahme) bei der Einvernahme in Klagenfurt darüber informiert, dass es beabsichtigt ist ihn in die Russische Föderation abzuschieben. Es war ihm klar, dass diese Abschiebung unmittelbar bevorstehe, zumal ihm auch die Zustimmung seitens der Russischen Föderation vorgelegt wurde. Er brachte öfters zum Ausdruck, dass er nicht nach Russland ausreisen wolle und bei Entlassung aus der Haft, wo anders hinreisen werde. Durch diese Aussagen ist das Gericht davon überzeugt, dass der BF nicht gewillt war an der Rückkehr oder Abschiebung mitzuwirken bzw. definitiv diese durch Flucht, wenn vielleicht auch in ein anderes Staatsgebiet - ohne Ausreiseunterlagen - umgehen wollte. Diese Aussage bestärkte er auch noch damit, dass er unmittelbar, nachdem er unbeaufsichtigt war und den Leiter der Einvernahme ersuchte seinen Anwalt zu kontaktieren, über ein Fenster, Zaun und Mauer aus dem Polzeigewahrsam flüchtete. Nicht seine bis dahin rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen führten zum Vorliegen einer Fluchtgefahr, sondern seine Aussage und tatsächlich durchgeführten Flucht. Auch brachte er in der Verhandlung vor, dass er nicht abgeschoben werden wollte, sondern zuerst neue Tatsachen schaffen wollte, um ein Duldungsvisum zu erhalten. Das Gericht glaubte diesen, erstmaligen Vorbringen nicht, zumal er diese in keiner seiner Beschwerden vorbrachte, noch seine Lebensgefährtin dies dem Gericht als Grund des Aufenthaltes des BF in Klagenfurt vorbrachte. Somit ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG eindeutig erfüllt. Auch sein Verhalten in der Schubhaft, indem er in den Hungerstreik trat, zeigen, dass der BF gewillt ist alles zu unternehmen, um aus der Haft zu kommen. Eine Kooperation des BF, wie in der Beschwerde vorgebracht, dass der BF freiwillig ausreisen möchte, ist jedoch nicht aktenkundig. Erst nachdem ihm der tatsächliche Abschiebetermin mit 12.12.2019 durch das Gericht mitgeteilt hatte, war der BF damit einverstanden, wobei das Gericht diese Aussage als sarkastisch empfand. Eine freiwillige Ausreise in ein anders Staatsgebiet kann seitens der österreichischen Behörden nicht unterstützt werden und stellt auch keine Kooperation bei der Durchführung der Abschiebung in die Russische Föderation dar.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der aufgrund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Da gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Wie bereits im Vorverfahren festgestellt, besitzt der Beschwerdeführer familiäre Bindungen im Bundesgebiet, diese reichten jedoch nicht aus, dass der BF eine hohe Mobilität in Österreich ausübte und keine beruflichen Anknüpfungen besitzt. Auch erscheint dem Gericht wie bereits beweiswürdigend dargelegt, dass die familiären Anknüpfungspunkte nicht ausreichen, um von strafbaren Handlungen abzusehen. Weiters ist die Verbindung zu seiner Lebensgefährtin auch nicht so intensiv, dass er davon absehen wird, den Behörden zu entkommen. Der BF hat bei der Einvernahme in Klagenfurt am 21.08.2019 selbst bekanntgegeben, dass er das österreichische Staatsgebiet verlassen will. Eine Rücksichtnahme auf die familiären oder sozialen Kontakte in Wien kamen bei diesen Aussagen nie hervor. Auch erscheint die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin wenig intensiv zumal er den Großteil der Beziehung nicht bei ihr verbrachte, sondern in den Justizanstalten untergebracht war. Die Beziehung ist gegeben, der BF führt jedoch eine sehr patriarchalische Beziehung. Die Lebensgefährtin wusste nicht über seine konkreten Nächtigungen in Klagenfurt, seine Straftaten, das Ansinnen des BF sie eventuell nach Russland nachzuholen. Auch die Tochter der BF sollte kaum Kontakt zu anderen Freunden haben. Der BF wusste nicht, dass die Lebensgefährtin grundsätzlich dauernd in der Davidgasse arbeite und nur in Einzelfällen aber kaum in einer anderen Filiale. Selbst bei Gericht fragte sie manchmal beim BF nach, wenn sie eine Frage des Richters nicht beantworten konnte. Die Tochter der Lebensgefährtin hat zwar ebenfalls Kontakt mit dem BF, aber auch hier wurde keine intensive Beziehung vorgebracht. So wusste der BF zwar in welches Schule sie geht und er holt sie auch ab, aber er konnte nicht sagen, welche Klasse sie besucht oder brachte auch nicht vor, dass sie gemeinsame Aktivitäten durchführen. Auch die Hobbies sind nur teilweise ident mit der Aussage der Mutter. Auch waren die familiären Anknüpfungspunkte schon gegeben, als der BF aus dem Polizeigewahrsam flüchtete. So wird seitens des Gerichtes das Vorhandensein eines familiären und sozialen Kontaktes im Bundesgebiet, sowie die Möglichkeit der Unterkunftnahme bei seiner Lebensgefährtin berücksichtigt, aus dem bisherigen Verhalten des BF - strafrechtliche Verurteilungen, Flucht aus dem Polizeigewahrsam, kein freiwilliges Stellen am nächsten Tag, beharrliches Verweigern der Ausreise nach Russland und daher etwaige Untertauchen und die geringe intensive familiäre Beziehung - geht, das Gericht jedoch davon aus, dass der BF bei Entlassung aus der Anhaltung, umgehend versuchen wird die Abschiebung durch Untertauchen zu verhindern. Sodass seit 06.09.2019 weiterhin vom Vorliegen einer Fluchtgefahr auszugehen ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben war.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nicht über ausreichende eigene Mittel zur Existenzsicherung. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt gegenständlich nicht, dass er bis zur Abschiebung am 12.12.2019 von seiner Familie versorgt werden könnte.

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

In diesem Zusammenhang war auch die Straffälligkeit der Verfahrenspartei zu berücksichtigen und § 76 Abs. 2a FPG anzuwenden:

"(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt."

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 07.04.2009 gemäß § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Monaten verurteilt. Das Landesgericht Klagenfurt verurteilte den Beschwerdeführer erneut am 26.09.2011 gemäß § 223 Abs. 2, § 224 und § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Monaten. Weiters wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 08.10.2013 gemäß § 218 Abs. 1 Z 1 StGB und § 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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