TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/25 97/15/0004

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Veröffentlicht am 25.06.1998
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der S AG in S, vertreten durch Heller, Löber, Bahn & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Seilergasse 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 24. Oktober 1996, Zl. B S 4,5-10/96, betreffend u.a. Umsatzsteuer 1989 bis 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine AG mit Sitz in Sopron. Sie verfügt über keine Betriebsstätte in Österreich.

Die Beschwerdeführerin machte in den Umsatzsteuererklärungen 1989 bis 1992 Vorsteuern in Höhe von insgesamt ca. 480.000 S geltend. Sie erklärte für diese Jahre jeweils einen Umsatz in Höhe von 8.000 S (1989), 5.000 S (1990), 3.000 S (1991) und 4.000 S (1992). Für das Jahr 1993 wurde kein Umsatz getätigt, aber ein Vorsteuerbetrag in Höhe von 3.000 S geltend gemacht.

Im Zuge zweier abgabenbehördlicher Prüfung (für den Zeitraum 1989 bis 1991 und für den Zeitraum 1992 bis 1994) traf die Behörde die Feststellung, bei den von der Beschwerdeführerin fakturierten Leistungen handle es sich um Beratungs- und Informationsleistungen an ihre Mehrheitsgesellschafter, die K-Bau-GmbH und

die L-Realitäten-GmbH; diese Leistungen lägen im Eigeninteresse der Beschwerdeführerin. Da diese - einmalig pro Jahr erbrachten - Umsätze nur zum Zwecke der Lukrierung von Vorsteuern in Österreich getätigt worden seien, könnten sie das Recht auf Vorsteuerabzug nicht vermitteln.

Das Finanzamt erließ - hinsichtlich des Jahres 1992 nach Wiederaufnahme des Verfahrens - den Prüfungsfeststellungen entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1989 bis 1993.

Die Beschwerdeführerin berief. Es sei unverständlich, daß Leistungen im Eigeninteresse für die Unternehmereigenschaft schädlich sein sollten. Die Leistungen seien im übrigen nicht ausschließlich im Auftrag von Mehrheitsgesellschaftern, sondern auch im Auftrag eines Nichtgesellschafters erbracht worden. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß der Vorsteuerabzug mehr als einen Umsatz pro Jahr im Inland voraussetze. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verfahrenswiederaufnahme habe das Finanzamt nicht dargetan.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 1992 sei zu Recht verfügt worden. Erst nach Erlassung des ersten Umsatzsteuerbescheides für 1992 sei der Behörde Art, Inhalt und Umfang der von der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellten Leistung bekannt geworden. Es seien daher Tatsachen iSd § 303 Abs. 4 BAO neu hervorgekommen. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin für 1989 und 1991 erklärten Umsätze vertrete die belangte Behörde die Auffassung, es sei zu keinem steuerlich relevanten Leistungsaustausch gekommen. Die Leistungen sollten in Informationsveranstaltungen über Baubedingungen, Energieversorgung und Anforderungen des Umweltschutzes (in Ungarn) sowie über ungarische Gemeindesteuern und ungarisches Rechnungswesen bestehen. Die Leistungsempfänger seien Gründungsgesellschafter der Beschwerdeführerin gewesen, hätten Mitglieder in den Aufsichtsrat der Beschwerdeführerin entsandt und wären bei ihr durch zwei Vorstandsmitglieder präsent gewesen. Bei dieser Sachlage hätten die Gesellschafter ohnedies von der Beschwerdeführerin die Informationen erhalten, sodaß die belangte Behörde davon ausgehe, es sei nicht zu gesondert zu entlohnenden Leistungen gekommen. Eine bloße Informationserteilung, die auch in den gesellschaftsrechtlich eingerichteten Gremien stattfinde, könne nicht zu einem Leistungsaustausch führen. Die Informationsveranstaltung aus dem Jahr 1990 sei gegenüber der B-Bauconsult-GmbH erbracht worden. Die B-Bauconsult-GmbH sei keine Gesellschafterin der Beschwerdeführerin. Ein Mitglied des Vorstandes und ein Mitglied des Aufsichtsrates der Beschwerdeführerin seien aber Geschäftsführer bzw Prokurist jener GmbH. Die in der Rechnung ausgewiesenen Leistungen umfaßten:

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Darstellung der Gemeindeverwaltung in Sopron

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Präsentation und personelle Besetzung diverser politischer Gremien nach den Wahlen

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Abhandlung und Vorinformation des Bürgermeisters und Abhaltung einer Präsentation des Projektes vor Mitgliedern des Stadtrates

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Information über diverse ungarische Raumplanungsinstitute."

Die B-Bauconsult-GmbH habe aufgrund eines Projektmanagementvertrages ihrerseits umfangreiche Beratungsleistungen an die Beschwerdeführerin erbracht. Nach Ansicht der belangten Behörde liege keine steuerlich relevante Leistung der Beschwerdeführerin vor, wenn diese der B-Bauconsult-GmbH zur Erstellung einer Leistung an die Beschwerdeführerin Informationen zur Verfügung stelle. Die in der Rechnung ausgewiesenen Informationen dienten primär den Interessen der Beschwerdeführerin. Überdies sei zweifelhaft, ob aufgrund der Vorschrift des § 3 Abs. 11 UStG die Leistungen der Beschwerdeführerin in Österreich erbracht worden seien; das wirtschaftliche Schwergewicht der Leistungen sei nämlich nicht der Vortrag des Vorstandsmitgliedes (in Österreich), sondern die - in Ungarn erfolgende - Auswertung der geistigen Tätigkeit. Für das Jahr 1993 habe die Beschwerdeführerin einen Umsatz nicht einmal behauptet und auch nicht ausgeführt, aus welchen Gründen die Vorsteuern zustehen sollten. Mangels Ausführung von Leistungen im Inland stehe der Beschwerdeführerin daher gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1972 ein Vorsteuerabzug nicht zu.

Gegen diesen Bescheid, allerdings nur soweit er Umsatzsteuer 1989 bis 1992 betrifft, wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit der Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, nach Maßgabe weiterer Voraussetzungen Vorsteuerbeträge in Abzug bringen.

In der Beschwerde wird im wesentlichen vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe in den Jahren 1989 bis 1992 jährlich eine Informations- und Beratungsleistung in Österreich betreffend die wirtschaftliche und politische Situation in Ungarn erbracht. Die Leistung des Jahres 1989 bestehe, wie sich aus der Rechnung vom 22. Dezember 1989 ergebe, darin, daß ein ungarisches Vorstandsmitglied der Beschwerdeführerin, Dipl. Ing. ID, anläßlich eines Aufenthaltes in Wien der K-Bau-GmbH - diese ist eine Gesellschafterin der Beschwerdeführerin - Informationen über technische und rechtliche Rahmenbedingungen bei Bauleistungen in Ungarn gegeben habe. Die Leistung des Jahres 1991 bestehe in einem Informieren der L-Realitäten-GmbH - auch diese ist eine Gesellschafterin der Beschwerdeführerin - über das neue Gemeindesteuerwesen und die Grundzüge des geänderten ungarischen Rechnungswesens. Beide Leistungsempfänger hätten ein eminentes wirtschaftliches Interesse an den erhaltenen Informationen gehabt. Informationen, die ein ungarisches Vorstandsmitglied aufgrund seiner Tätigkeit in Ungarn und der Kenntnis der ungarischen Sprache sowie seiner geschäftlichen und politischen Kontakte vermitteln könne, seien von überaus hohem Wert. Ungeachtet der gesellschaftsrechtlichen und personellen Verflechtung zwischen der Beschwerdeführerin einerseits und der K-Bau-GmbH sowie der L-Realitäten-GmbH andererseits seien die entgeltlich erbrachten Informationsleistungen solche iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972. Die Leistung des Jahres 1990 sei an die B-Bauconsult-GmbH, jene des Jahres 1992 an die B-Bauconsult Holding GmbH - diese Gesellschaften halten keine Anteile an der Beschwerdeführerin - erbracht worden. Die Leistungen hätten darin bestanden, über die Gemeindeselbstverwaltung in Sopron, über die personelle Besetzung politischer Gremien sowie über Raumplanungsinstitute zu informieren und zu beraten. Der Umstand, daß ein Vorstandsmitglied und ein Aufsichtsratsmitglied der Beschwerdeführerin Prokurist bzw Geschäftsführer der Leistungsempfänger gewesen sei, ändere nichts daran, daß Leistungen iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 vorlägen. Die B-Bauconsult-GmbH habe mit der Beschwerdeführerin einen Projektmanagementvertrag abgeschlossen gehabt. Daraus habe aber die belangte Behörde zu Unrecht geschlossen, die Informationserbringung der Beschwerdeführerin durch ihr ungarisches Vorstandsmitglied sei nur eine "beigestellte Leistung" für die von der B-Bauconsult-GmbH im Rahmen des Projektmanagementvertrages zu erbringende Leistung. Die belangte Behörde übersehe, daß die Leistungsempfänger ein eminentes betriebliches Interesse an einem Vortrag des ungarischen Vorstandsmitgliedes über politische und wirtschaftliche Verhältnisse in Ungarn gehabt hätten; ein zwingender Zusammenhang mit dem Projektmanagementvertrag bestehe nicht. Zur im Jahr 1992 erbrachten Leistung der Beschwerdeführerin fänden sich im angefochtenen Bescheid keine Ausführungen. Das Schwergewicht aller Leistungen der Beschwerdeführerin sei im Vortrag, also in der mündlichen Informationserteilung gelegen gewesen. Diese sei als im Inland erbrachte positive Leistung anzusehen. Entgegen der Ansicht der belangen Behörde richte sich der Ort der Leistungserbringung daher nicht nach § 3 Abs. 11 UStG 1972 und sei daher in Österreich gelegen.

Aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 UStG 1972 ergibt sich, daß einem Unternehmer, der im Inland weder seinen Sitz noch eine Betriebsstätte hat, nur dann das Recht auf Vorsteuerabzug eingeräumt ist, wenn er im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausgeführt hat. Diese Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. Jänner 1998, 96/15/0066, ausgeführt hat, dahingehend zu verstehen, daß im jeweiligen Veranlagungsjahr durch Lieferungen bzw sonstige Leistungen iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 ein Anknüpfungspunkt an das Inland von einigem wirtschaftlichem Gewicht gegeben sein muß.

Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin nach ihrem Vorbringen in jedem vom Streitzeitraum umfaßten Veranlagungsjahr im Inland einen Vortrag (über politische, rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse in Ungarn) abgehalten und damit pro Jahr einen einzigen Umsatz von 3.000 S bis 8.000 S erzielt. Dieser Leistungsumfang ist aber nicht geeignet, einen Anknüpfungspunkt im Inland von einigem wirtschaftlichen Gewicht zu begründen.

Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin durch die Versagung des Vorsteuerabzuges nicht in ihren Rechten verletzt worden ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, daß die von der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellten Vorträge nicht zu Leistungen iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 geführt haben.

Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997150004.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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