TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 W117 2223139-2

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Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

BFA-VG §22a
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z5
FPG §76 Abs3 Z9
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W117 2223139-2/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch em. RA Dr. Lenard BINDER, gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft zur Zahl: 1000006708 - 170842149 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 5 und Z 9 FPG idgF abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

II. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.

IV. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der am 17.11.2019 nach Nigeria abgeschobene Beschwerdeführer wurde am 02.09.2019 auf Grund des Schubhaftbescheides des BFA vom 2.9.2019, Zahl: 1000006708 - 170842149 gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Dagegen erhob dieser innerhalb offener Frist Beschwerde, welche das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 11.09.2019 mit mündlich verkündetem Erkenntnis G307 2223139-1/9E als unbegründet abwies und feststellte, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

In der Folge erließ das Bundesverwaltungsgericht mangels Antrages auf schriftliche Ausfertigung eine gekürzte Ausfertigung des am 11.09.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

Neuerlich Schubhaftbeschwerde erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 25.10.2019 und führte begründend aus:

"Mit dem Erkenntnis vom 5.9.2019 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Rahmen der Begründung wurde ausgeführt, dass das BFA am 2.9.2019 umgehend die Heimreisezertifikat- Ausstellung beantragt hat und eine zeitnahe Abschiebung nach der Ausstellung zu erwarten ist. Soweit bekannt, wurde ein Heimreisezertifikat bereits ausgestellt. Der Beschwerdeführer wurde bereits zweimal unter Angabe konkreter Termine von seiner bevorstehenden Abschiebung informiert. Aus nicht bekannten Gründen wurde dennoch die Abschiebung nicht durchgeführt.

Die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers ist rechtswidrig, da der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung der Abschiebung offensichtlich bedeutungslos ist.

Ich stelle daher den ANTRAG. den Beschwerdeführer aus der Schubhaft zu entlassen."

Mit Schriftsatz vom 25.10.2018 legte die Verwaltungsbehörde den Akt vor und gab folgende Stellungnahme ab:

"Der Bf reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Antrag wurde vom BFA abgewiesen, die Entscheidung des BFA wurde vom BVwG am 30.11.2016 (Zahl I406 2001923-1/9E) bestätigt. Der Bf stellte am 18.07.2017 einen Folgeantrag, welcher mit Bescheid des BFA vom 31.07.2019 negativ entschieden wurde. Zudem wurde gegen den Bf ein Einreiseverbot verhängt. Das BVwG bestätigte die Entscheidung des BFA am 28.08.2019 unter I415 2001923-2/3E. Die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot erwuchsen mit 29.08.2019 in Rechtskraft. Der Bf wurde von den nigerianischen Behörden bereits am 04.08.2017 als nigerianischer StAng identifiziert. Wegen des damals noch anhängigen Asylverfahrens konnte bis dato kein HRZ ausgestellt werden. Das Ausstellungshindernis ist jedoch durch die Entscheidung vom BVwG vom 28.08.2019 weggefallen. Das BFA hat am 02.09.2019 umgehend die HRZ Ausstellung beantragt und ist eine zeitnahe Abschiebung nach der Ausstellung zu erwarten. Der Bf wurde am 02.09.2019 um 02:00 Uhr von Slowenien kommend bei der Einreise nach Österreich am Grenzübergang Loibltunnel kontrolliert. Der Bf wies sich dabei mit total gefälschten bzw entfremdeten italienischen Dokumenten, lautend auf XXXX , geb. XXXX , Nigeria, aus. Gegen den Bf wurde vom BFA daher ein Festnahmeauftrag nach § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VG erlassen. Der Bf wurde danach am 02.09.2019 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt: Der Bf gab an, dass er sich in Slowenien gefälschte Dokumente besorgte. Von der Entscheidung des BVwG wollte er noch nichts gewusst haben. Der Bf sei gesund und wolle nicht nach Nigeria zurückkehren. Er hätte auch keinerlei familiäre Anbindungen in Österreich oder der EU.

Der BF ist nicht österreichischer Staatsbürger. Das Asylverfahren des BF wurde rechtskräftig

abgeschlossen, die Rückkehrentscheidung ist durchführbar. Gegen den BF besteht ein rechtskräftiges auf zwei Jahren befristete Einreiseverbot nach Österreich. Der BF kehrte trotz

bestehenden Einreiseverbotes illegal und mit gefälschten bzw entfremdeten Dokumenten nach Österreich zurück. Am 02.09.2019 wurde über den BF die Schubhaft verhängt und ist seither durchsetzbar. Der Bf verkennt die Tatsachen, wenn er davon ausgeht, dass allein das Faktum einer aufrechten Meldeadresse Fluchtgefahr auszuschließen vermag. Die Fluchtgefahr ist nämlich trotz aufrechter Meldeadresse erheblich, da der Bf sich wie dargestellt nicht an der Meldeadresse - sondern nicht rechtmäßig im Ausland - aufgehalten hat und mit entfremdeten bzw gefälschten Dokumenten, die über seine wahre Identität täuschen sollten, ausgewiesen hat. Daher ist dem Bf entgegen zu treten, wenn er angibt, stets an der Meldeadresse erreichbar zu sein und es keine Anhaltspunkte dafür gäbe, dass er untertauchen könne. Zudem besteht wie dargestellt nunmehr eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot. Die Abschiebung nach Nigeria wird nach Ausstellung des HRZ zeitnah effektuiert, die Anhaltung in Schubhaft daher notwendig und verhältnismäßig.

Der Bf brachte bereits eine Schubhaftbeschwerde durch seinen Vertreter ein, die durch den BVwG unter G307 2223139-1/8Z am 11.09.2019 als unbegründet abgewiesen wurde.

Die Abschiebung des Bf war bereits für 26.09.2019 und 24.10.2019 geplant, doch mussten beide Termine storniert werden, da ein gültiges HRZ für die Abschiebung noch nicht vorlag. Die HRZ Erlangung wird betrieben und ist jedenfalls binnen der höchstzulässigen Schubhaftdauer mit einer HRZ Ausstellung und Abschiebung zu rechnen, wobei bekannt ist, dass die nigerianischen Behörden HRZ für Ihre Staatsbürger ausstellen.

Der Fremde kann jedoch jederzeit freiwillig ausreisen, und so seine Zeit in Schubhaft aus eigenem wesentlich verkürzen.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

1. die Beschwerde als unbegründet abweisen unzulässig zurückzuweisen,

2. gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen,

3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde

57,40 € Gebühren

Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde

368,80 € Gebühren

Summe der Gesamtgebühren

€ 426,20 Summe"

Am 30.10.2019 wurde eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt; diese nahm folgenden Verlauf:

"Dem BF wird mitgeteilt, dass die Abschiebung für den 17.11.2019 terminisiert wurde.

BF: Ich habe davon noch keine Kenntnis gehabt. Ich höre das zum ersten Mal. Am 25.09.2019 wurde mir mittgeteilt, dass ich abgeschoben werde. Am Abend desselben Tages hat man mich aus der Zelle rausgeholt und gesagt, dass ich nicht abgeschoben werde. Dann wurde mir mittgeteilt, dass ich am 24.10.2019 abgeschoben werden würde, ich hatte am 22.10.2019 eine Polizeieinvernahme wo ich das gehört habe. Nach dieser Mittelung, hatte ich dann eine medizinische Untersuchung und um 19:00 Uhr selben Tages (22.10.) hat mir die Polizei mitgeteilt, dass sie mich abholen werden. Die Polizei hat mich dann tatsächlich an diesem Abend abgeholt und mir gesagt, dass ich nicht abgeschoben werde.

Festgehalten wird, dass die gegenständlich zu behandelnde Schubhaftbeschwerde ausschließlich die Verwirklichung des Schubhaftzweckes, die Abschiebbarkeit des BF nach Nigeria, zum Gegenstand hat.

RI an BehV: Warum hat das nicht geklappt?

BehV: Der BF wurde zuletzt am 20.09.2019 der Botschaft vorgeführt. Es wurde hier zwar die nigerianische Staatsangehörigkeit bestätigt, jedoch hat der BF darum gebeten noch weitere Unterlagen bei der Botschaft einbringen zu dürfen. Daher kam es nicht umgehend zur Ausstellung des Heimreisezertifikates. Er wurde erstmals angemeldet am 26.09.2019 für den Charter. Da uns nicht bekannt ist, dass er auch tatsächlich Unterlagen vorlegte, rechnen wir erfahrungsgemäß jederzeit mit der HRZ Ausstellung. Daher ist es aus organisatorischen Gründen immer notwendig, ihn für den nächstmöglichen Flugtermin anzumelden. Wir haben also zwei Chartertermine gehabt und nun haben wir eine Einzelrückführung geplant.

RI: Gibt es schon ein HRZ?

BehV: Nein, es liegt noch kein HRZ vor. Jedoch habe ich gestern nochmal mit der HRZ Abteilung Rücksprache gehalten und es ist täglich mit einer HRZ Ausstellung zu rechnen, da bei Versagung umgehend mit der Behörde Kontakt aufgenommen wird. Und in diesem Fall die nigerianische Staatsangehörigkeit bestätigt wurde und auf Unterlagen seitens des BF gewartet wurde.

RI: Wie viele Leute sind letztes und dieses Jahr erfolgreich nach Nigeria abgeschoben worden?

BehV: Dazu muss ich jetzt Rücksprache halten.

Dieser Teil wird dem BF rückübersetzt.

Verhandlung wird für die Dauer von 15 Minuten unterbrochen.

RI: Welche Unterlagen wollten Sie der nigerianischen Botschaft eigentlich vorlegen?

BF: Nein, die Angaben vom BFA damals stimmen nicht. Ich war damals in der Josefstad in Haft und wurde der nigerianischen Botschaft vorgeführt. Dort hat man mich lediglich nach meinem Namen und Geburtsdatum gefragt, bzw. ob ich nigerianischer Staatsbürger bin. Ich habe dies bestätigt, habe aber nie angegeben, dass ich noch weitere Unterlagen vorlegen will.

RI: Haben wir darüber irgendeine schriftliche Aufzeichnung?

BehV: Er wurde zweimal der nigerianischen Botschaft vorgeführt und zwar am 04.08.2017, da wurde auch seine nigerianische Staatsangehörigkeit festgestellt und das zweite Mal wurde er am 20.09.2019 vorgeführt und da wurde seine Staatsangehörigkeit bestätigt.

BehV legt einen Screenshot über einen Aktenvermerk von 20.09.2019 vor, wonach der BF behauptet habe, eine Revision eingebracht zu haben; Fremder solle seinen Anwalt beauftragen Unterlagen in die Botschaft zu bringen, Urgenz "B II". Dem Screenshot sind die nachfolgenden Urgenzen vom 03.10.2019 und 23.10.2019 zu entnehmen.

RI: Sie haben gegenüber der Botschaft behauptet das eine Revision offen ist.

BF: Als er mich damals von der Josefstadt in die nigerianische Botschaft vorgeführt hat, das war im September 2019.

BehV: Das Problem generell ist, dass oft die Botschaft auf Unterlagen der BF warten. Sie haben aber im gegenständlichen Fall eine zweiwöchige Frist gegeben. Und dann kann es tagtäglich kommen, es gibt auch keine Auskunft der nigerianischen Botschaft. Wir haben denen auch mittgeteilt, dass alle Verfahren negativ abgeschlossen sind.

Vorhalt: Dann dürfen Sie sich doch nicht wundern, dass Sie länger in Schubhaft sitzen, wenn Sie gegenüber der Botschaft tatsachenwidrige Aussagen tätigen, etwa in der Form, dass ein Beschwerde - "Berufungs"- Verfahren noch offen sei.

BF: Die Frage die mir von der Botschaft damals gestellt wurde war folgende: "Haben Sie bereits einen zweiten negativen Bescheid bekommen?" Das habe ich bejaht und habe gesagt, dass mein Anwalt eine Beschwerde eingereicht hat.

RV gibt dazu an das keine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof und auch beim Verfassung Gerichtshof eingebracht wurde.

BehV gibt zur Frage der Abschiebbarkeit und tatsächlich durchgeführten Abschiebungen an: Laut Mitteilung meines Kollegen XXXX , (dem Gericht bekannt - Anm. des Richters) wurden 2018, 306 Personen und 2019 wurden bereits 255 Personen abgeschoben nach Nigeria.

RI: Wie lang dauert ein Prozedere von der Vorführung vor der nigerianischen Botschaft bis zur Abschiebung im Schnitt?

BehV: Das kommt natürlich auf den Einzelfall an, aber wenn er sofort identifiziert wird und keine weiteren Angaben zu machen sind bzw. Unterlagen vorzulegen sind, werden die HRZ umgehend ausgestellt. Es funktioniert so, dass wir den Chartertermin einmal festlegen und der Botschaft bekannt geben und dann das HRZ abholen können, aber ich kann gerne mit dem zuständigen Kollegen sprechen und Ihnen den genauen Ablauf mitteilen.

Festgehalten wird, dass bereits mündlich in der Verhandlung vom 11.09.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis umfassend die Fluchtgefahr herausgearbeitet wurde und daher auf den bis dorthin zur Prüfung anstehenden Zeitraum nicht mehr einzugehen ist.

RI: Hat sich aus Ihrer Sicht seit 11.09.2019 irgendetwas in der Haft ergeben, aus dem ich eine gegenteilige Schlussfolgerung zum mündlich verkündeten Erkenntnis ziehen könnte? - Dem BF wird nochmal zu Kenntnis gebracht, dass in dieser Erkenntnis die Schubhaftbeschwerde abgewiesen wurde und die Fortsetzung der Schubhaft angewiesen wurde.

BF: War das der Tag an dem ich im steirischen Gericht war?

RI: Ja.

RI: Wenn ich Sie heute freiließe, würden Sie am 17.11.2019 zum Flughafen kommen und sich abschieben lassen?

BF: Natürlich. Nachdem der Richter in der Steiermark seine

Entscheidung getroffen hatte, hat er mich gefragt: "Was hätten Sie getan, wenn ich Sie freigelassen hätte?" Da habe ich gesagt, dass ich in meine Stadt zurückgegangen wäre und dort auch erreichbar für die Behörden wäre. Das war eigentlich die Antwort des "Staatsanwalts", was ich tun würde, wenn mich der Richter freilassen würde.

RI: Warum waren Sie eigentlich vom 05.09.2019 bis 09.09.2019 im Hungerstreik?

BF: Ich war nie im Hungerstreik, ich habe dem Arzt damals, als man mir sagte, dass ich abgeschoben werde mittgeteilt, dass ich nie Appetit habe, wenn ich unter Stress stehe. Ich habe das dem Richter in der Steiermark gesagt, aber wurde behandelt als wäre ich im Hungerstreik. Ich wurde dann von Vordernberg in die Josefstadt versetzt und dort habe ich dem Arzt das auch gesagt.

RI: Jetzt ist doch am 09.09.2019, als Sie den "Hungerstreik" beendeten, Ihre Stresssituation um nichts geringer geworden, sondern hat sich erhöht vor dem Hintergrund, dass Ihre Abschiebung zeitlich noch näher rückte.

BF: Ich habe mich dann einem Freund in der Haft anvertraut und dieser hat mir dann Mut zugesprochen. Er hat mir gesagt, dass ich meinen Stress unter Kontrolle bringen muss und Entscheidungen hinnehmen muss, sonst könnte ich noch Depressionen bekommen und das könnte mich psychisch beeinträchtigen. Ich darf nicht zulassen, dass mein Leben dadurch beeinträchtigt wird und so habe ich mich dann damit abgefunden, dass ich abgeschoben werde und habe nicht mehr zugelassen das die Tatsache der Abschiebung mir weiterhin Stress bereitet.

RV: Verfügen Sie über beträchtliche Geldmittel um in Nigeria sich eine Existenz aufzubauen?

BF: Ja, das habe ich. Ich verfüge über genug Finanzmittel, ich habe von 2014 bis zuletzt hart gearbeitet. Es handelt sich um die Geldmittel die bei mir gefunden wurden als ich festgenommen wurde.

Verlesen wird die Anhalte-Datei des BMI, wonach bei den Effekten aktuell ein Betrag von 23.900,50 € erliegt.

RV: Haben Sie bei der nigerianischen Botschaft, anlässlich der Vorführung gesagt, dass kein HRZ ausgestellt werden soll?

BF: Nein, ich habe das denen nicht gesagt. Ich wurde von der nigerianischen Botschaft auch nicht gefragt, ob ich in meine Heimat zurückwill oder nicht.

RV: Wenn Sie jetzt entlassen würden, hätten Sie eine Wohnmöglichkeit?

BF: Ja.

RV: Wo?

BF: In XXXX , " XXXX . Richtig ist XXXX , die Aussprache ist schwierig für mich.

RI: Ist das eine Mietwohnung?

BF: Ja.

RI: Wer hat das gemietet?

BF: XXXX , ich habe seine Telefonnummer.

RV: Keine weiteren Fragen.

RV bringt vor, dass die Geschichte mit dem HRZ schwer verständlich ist, wenn das richtig ist, dann besteht aber auch keine Gewähr, dass der BF am 17.11.2019 abgeschoben wird. Sein Verhalten zeigt, dass er bereit ist freiwillig nach Nigeria zurückzukehren.

BehV bestreitet dies.

Beide Verfahrensparteien beantragen nochmals im Falle des Obsiegens, den vollständigen Kostenzuspruch, auch jenen der Verhandlung."

Im Anschluss wurde das Erkenntnis spruchgemäß mündlich verkündet.

In der Folge wurde seitens des Beschwerdeführers die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt erwogen:

Feststellungen:

Der Beschwerdeführer (BF) ist nicht österreichischer Staatsbürger. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.01.2014 einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Der Antrag wurde vom BFA abgewiesen, die Entscheidung des BFA wurde vom BVwG am 30.11.2016 (Zahl I406 2001923-1/9E) bestätigt.

Der BF stellte am 18.07.2017 einen Folgeantrag, welcher mit Bescheid des BFA vom 31.07.2019 negativ entschieden wurde. Zudem wurde gegen den BF ein Einreiseverbot verhängt. Das BVwG bestätigte die Entscheidung des BFA am 28.08.2019 unter I415 2001923-2/3E.

Die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot erwuchsen mit 29.08.2019 in Rechtskraft.

Der BF wurde von den nigerianischen Behörden bereits am 04.08.2017 als nigerianischer StAng identifiziert. Wegen des damals noch anhängigen Asylverfahrens konnte bis dato kein HRZ ausgestellt werden. Das Ausstellungshindernis ist jedoch durch die Entscheidung vom BVwG vom 28.08.2019 weggefallen. Das BFA hat am 02.09.2019 umgehend die HRZ Ausstellung beantragt und ist eine zeitnahe Abschiebung nach der Ausstellung zu erwarten.

Der BF wurde am 02.09.2019 um 02:00 Uhr von Slowenien kommend bei der Einreise nach Österreich am Grenzübergang Loibltunnel kontrolliert. Der BF wies sich dabei mit totalgefälschten bzw entfremdeten italienischen Dokumenten, lautend auf XXXX , geb. XXXX , Nigeria, aus.

Der BF wurde danach am 02.09.2019 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen. Der BF gab zu, dass er sich in Slowenien gefälschte Dokumente besorgte. Von der Entscheidung des BVwG wollte er noch nichts gewusst haben. Er sei gesund und wolle nicht nach Nigeria zurückkehren. Er hätte auch keinerlei familiäre Anbindungen in Österreich oder der EU.

Das Asylverfahren des BF wurde rechtskräftig abgeschlossen, die Rückkehrentscheidung ist durchführbar. Gegen den BF besteht ein rechtskräftiges auf zwei Jahren befristetes Einreiseverbot nach Österreich. Der BF kehrte trotz bestehenden Einreiseverbotes illegal und mit gefälschten bzw entfremdeten Dokumenten nach Österreich zurück. Am 02.09.2019 wurde über den BF die Schubhaft verhängt und ist seither durchsetzbar.

Der neue Abschiebetermin ist/war der 17.11.2019.

Zum Zeitpunkt der aktuell in der Verhandlung vom 30.10.2019 mündlich verkündeten Entscheidung bestand erhebliche Fluchtgefahr.

Der Beschwerdeführer wurde dann tatsächlich am 17.11.2019 nach Nigeria abgeschoben.

Im Jahr 2018 hat die Verwaltungsbehörde 306 Abschiebungen nach Nigeria vorgenommen im Jahr 2019 255. Der BF zeichnete offensichtlich durch sein Verhalten vor der nigerianischen Botschaft für die Verunmöglichung der Abschiebung verantwortlich.

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich jener Feststellungen, welche bereits im in der Verhandlung vom 11.09.2019 mündlich verkündeten (Schubhaft)erkenntnis G 307 2223139-1 zugrundegelegt wurden, ist auf die diesbezügliche Beweiswürdigung zu verweisen.

"Der BF verkennt die Tatsachen, wenn er davon ausgeht, dass allein das Faktum einer aufrechten Meldeadresse Fluchtgefahr auszuschließen vermag. Die Fluchtgefahr ist nämlich trotz aufrechter Meldeadresse erheblich, da der BF sich wie dargestellt nicht an der Meldeadresse - sondern rechtmäßig im Ausland - aufgehalten hat und mit entfremdeten bzw gefälschten Dokumenten, die über seine wahre Identität täuschen sollten, ausgewiesen hat. Daher ist dem BF entgegen zu treten, wenn er angibt, stets an der Meldeadresse erreichbar zu sein und es keine Anhaltspunkte dafür gäbe, dass er untertauchen könne. Zudem besteht wie dargestellt nunmehr eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot. In der heutigen Verhandlung konnte der BF in keinster Weise darlegen, dass er nicht gewusst habe, nach Slowenien gereist zu sein. Es erscheint zudem völlig unplausibel, dass sein Freund, von dem ihm weder vollständigen Namen noch Anschrift oder Beruf bekannt sind, ihm Ausweis und Kleidungsstücke in seine Tasche gegeben hat. So kann angenommen werden, dass der BF selbst unter Zuhilfenahme des besagten Ausweises von Wien nach Lissabon und dann über Paris nach Laibach geflogen ist. Auch wenn der BF eine sehr hohe Summe bei sich führte, ist der Erlag einer Sicherheitsleistung anstatt der Aufrechterhaltung der Schubhaft ausgeschlossen, weil die Herkunft dieser Summe nicht nachvollziehbar ist und nicht aus einer legalen Beschäftigung herrühren kann. Probleme im Zuge des HRZ-Verfahrens sind vor dem Hintergrund der ausführlichen Angaben der Behördenvertreterin nicht zu erwarten."

Zusammengefasst hatte also der damals zuständige Einzelrichter zutreffend herausgearbeitet, dass der Beschwerdeführer trotz bestehenden Einreiseverbotes und mit gefälschtem bzw. entfremdenden Dokumenten nach Österreich zurückgekehrt sei und dass der BF über seine wahre Identität mit der Verwendung dieser "entfremdeten bzw. gefälschten Dokumente" täuschte. Der zuständige Einzelrichter nahm weiters nachvollziehbar an, dass der BF damals in keinster Weise darlegen konnte, dass er nicht gewusst habe, nach Slowenien gereist zu sein. Auch hatte das Bundesverwaltungsgericht richtig angemerkt, dass die Annahme der Verwaltungsbehörde, wonach der BF unter Zuhilfenahme der besagten Ausweise aus Wien nach Lissabon und dann über Paris nach Laibach geflohen sei, plausibel sei.

Diese Annahmen des Bundesverwaltungsgerichtes im mündlich verkündeten Erkenntnis G307 2223139-1/8Z vom 11.09.2019 wurden weder in der aktuellen Schubhaftbeschwerde bestritten noch wurde eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Auch zum Zeitpunkt der in der Verhandlung vom 30.10.2019 erfolgten mündlichen Verkündung des Erkenntnisses ist von einer erheblichen Fluchtgefahr gerade vor dem Hintergrund der angeführten Mobilität des BF anzunehmen. Aber auch die Weigerung, in der Zeit von 05.09.2019 bis 09.09.2019, feste Nahrung zu sich zu nehmen, muss trotz der heutigen Ausführungen als "Hungerstreik" gewertet werden, da die Rechtfertigungsversuche des BF nicht zu überzeugen vermögen:

So hatte der BF nicht plausibel darlegen können, warum er den Hungerstreik beendete, obwohl eigentlich die Stresssituation einer nahenden Abschiebung sich tatsächlich erhöht hatte. Die nachfolgend gegebene Antwort, er habe sich von einem Freund in der Haft derart beruhigen lassen, muss als Schutzbehauptung gewertet werden, denn erfolgte dieser Erklärungsversuch erst auf weitere Nachfrage.

In diesem Sinne ist die auch aktuell bestehende erhebliche Fluchtgefahr als (noch) weiter erhöht anzunehmen, da nunmehr der Abschiebetermin mit 17.11.2019 festgelegt wurde. Vor dem Hintergrund des bisherigen Verhaltens des BF vermag daher die Beteuerung in der Verhandlung, er würde sich im Falle der Freilassung sofort an seine ursprüngliche Meldeadresse zurückbegeben und würde sich am 17.11.2019 am Flughafen für die Abschiebung bereithalten, nicht zu überzeugen.

Die Verwaltungsbehörde hat in diesem Zusammenhang überzeugend dargelegt, dass sie den Abschiebetermin vom 17.11.2019 einhalten wird, in dem sie angab, dass im Jahr 2018 306 Abschiebungen vorgenommen wurden und im Jahr 2019 255. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass der BF offensichtlich selbst für die bisherige Verunmöglichung der Abschiebung durch sein Verhalten vor der nigerianischen Botschaft verantwortlich zeichnet, wie seine Antwort selbst auf Nachfrage zeigt:

"BF: Die Frage die mir von der Botschaft damals gestellt wurde war folgende: "Haben Sie bereits einen zweiten negativen Bescheid bekommen?" Das habe ich bejaht und habe gesagt, dass mein Anwalt eine Beschwerde eingereicht hat."

Tatsächlich aber wurde kein weiteres Rechtsmittel ergriffen, wie der Rechtsvertreter zugestand:

"RV gibt dazu an das keine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof und auch beim Verfassung Gerichtshof eingebracht wurde."

Damit aber ist die Täuschung der nigerianischen Botschaft durch den Beschwerdeführer evident.

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchpunkt A) I. (Anhaltung in Schubhaft ab dem 12.09.2019 plus Fortsetzung der Anhaltung):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Materielle Rechtsgrundlage:

Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Nach den angeführten Bestimmungen ist die Schubhaftanordnung von einem übergeordneten (Sicherungs)Zweck abhängig - gegenständlich von der Abschiebung (nach Nigeria).

Nochmals ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nach Verkündung des Erkenntnisses abgeschoben wurde, und zwar am 17.11.2019.

Selbst wenn der 17.11.2019 als Abschiebetermin aber nicht eingehalten worden wäre, hätte sich daraus für die Frage der Zweckverwirklichung nichts endgültig Negatives vor dem Hintergrund der in jüngster Zeit zahlreich erfolgreichen Abschiebungen sagen lassen, zumal einzelfallbezogen gerade gegenständlich die Staatsangehörigkeit als nigerianischer Staatsbürger festgestellt wurde.

Hinsichtlich der bestehenden Fluchtgefahr ist zunächst auf die zutreffende rechtliche Beurteilung der Vorentscheidung zu verweisen - in Bezug auf die in der Verhandlung vom 30.10.2019 hervorgekommene weiter erhöhte Fluchtgefahr ist rechtlich folgendes festzuhalten:

Neben den vom vormals zuständigen Einzelrichter angenommenen Fluchtgefahrtatbeständen des § 76 Abs. 3 Z 3, 5 und Z 9 ist auch § 76 Abs. 3 Z 1 FPG anzunehmen; letzterer Tatbestand insofern auch, als der BF offensichtlich durch sein Verhalten vor der nigerianischen Botschaft seine Abschiebung zumindest zu erschweren versuchte, gab er doch auch auf Nachfrage an, der nigerianischen Botschaft mitgeteilt zu haben, dass er zwar das zweite Negativ im Asylverfahren erhalten habe, aber sein Anwalt auch dagegen Beschwerde / "Berufung" erhoben hätte, was jedoch offensichtlich tatsachenwidrig ist.

Da der BF ab dem 02.09.2019 in Schubhaft angehalten wurde, bewegte sich die bisherige Anhaltung im unteren Bereich des gesetzlich Erlaubten; weil die weitere Anhaltung am 17.11.2019 endete, erwies sich auch die Fortsetzung der Schubhaft jedenfalls als verhältnismäßig.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

§ 77 FPG:

(1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Aufgrund der konstatierten erheblichen Fluchtgefahr kam auch zu keinem Zeitpunkt ein gelinderes Mittel in Frage:

Der BF wäre selbst bei Hinterlegung eines nicht unbeträchtlichen Geldbetrages, über den er nachweislich verfügt, mit großer Wahrscheinlichkeit untergetaucht. Hinsichtlich der von ihm angeführten Möglichkeit, an einer bestimmten Wohnadresse weiter abzuwarten, ist auf die Ausführungen im vorerwähnten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes und auf obige Ausführungen zu verweisen, aus denen sich ergibt, dass der BF eben nicht an dieser angeführten Meldeadresse erreichbar war.

Im Ergebnis stellt sich daher die ab dem Vorerkenntnis ausgesprochene weitere Anhaltung als rechtmäßig dar und war die Beschwerde abzuweisen sowie gleichzeitig die neuerliche Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchpunkt A) II. und III. (Kostenbegehren):

In der Frage des Kostenanspruches - beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen - sind gemäß § 56 (3) leg. cit. die §§22

(1a) leg. cit. und § 35 VwGVG die maßgeblichen Normen - diese lauten:

§22 (1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Be schwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

§ 35 VwGVG

(1) Dem Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 b B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu.

Hinsichtlich der konkreten Höhe des "Ersatzes ihrer Aufwendungen" sind § 35 Abs. 4 und 5 iVm § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) maßgeblich.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

§ 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 lautet:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

In diesem Sinne war der Verwaltungsbehörde Kostenersatz im Umfang des § 1 Z 3 und Z 4 sowie Z 5 VwG-Aufwandersatzverordnung, also in der spruchgemäßen Höhe zuzusprechen.

In logischer Konsequenz zu Spruchpunkt II. war daher das Kostenbegehren des Beschwerdeführeris als unterlegener Partei (im Sinne des § 35 Abs. 3 VwGVG) gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG zu verwerfen (Spruchpunkt III.).

Zu Spruchpunkt B. (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu obigen Spruchpunkten zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Identität, Kostenersatz,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W117.2223139.2.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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