TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/26 96/19/2217

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.1998
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1 idF 1995/351;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
AVG §13 Abs1;
AVG §68 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des AH in Wien, geboren 1959, vertreten durch DDr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 1996, Zl. 117.721/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, welcher über Wiedereinreisesichtvermerke und zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung vom 23. März 1994 bis 23. September 1994 verfügte, beantragte am 18. August 1994 die Verlängerung dieser Aufenthaltsbewilligung. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. September 1994 wurde dieser Antrag mangels eines gesicherten Lebensunterhaltes gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Dieser Bescheid wurde nach den vorliegenden Aktenunterlagen (vgl. OZl. 19 des Verwaltungsaktes) dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Antrag vom 28. Juli 1995, bei der Behörde erster Instanz eingelangt am 4. Oktober 1995, beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde in Wien unterzeichnet und persönlich bei der Behörde erster Instanz überreicht. Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 9. Oktober 1995 den Antrag mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er eine Adresse in Wien angab und darauf hinwies, er habe die Frist zur Antragstellung auf Verlängerung der Bewilligung des Aufenthaltsrechtes versäumt und müsse nun erneut einen sogenannten "Erstantrag" stellen, obwohl in Anbetracht der mehrjährigen bewilligten Aufenthalte der Antrag kein Erstantrag mehr sei. Der Gesetzgeber regle diese Situation im § 6 Abs. 2 AufG aber nicht, weshalb nicht ausgeschlossen sei, daß er auch vom Inland aus einen solchen Antrag stellen könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 1996 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG sowie § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, unbestritten vom Beschwerdeführer sei der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht vor der Einreise des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet eingebracht worden. Eine ausnahmsweise Möglichkeit zur Antragstellung vom Inland aus liege im Fall des Beschwerdeführers nicht vor. Fest stehe, daß sich der Beschwerdeführer seit Ablauf seiner Aufenthaltsberechtigung unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte. Diese Tatsache stelle eine Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar, da das Verhalten des Beschwerdeführers auf andere Fremde durchaus Beispielswirkung haben könnte. Zu den persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, daß keinerlei nennenswerte private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden. Nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei der § 6 Abs. 2 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor dem Hintergrund des Art. 8 MRK verfassungskonform auszulegen. Lediglich eine kurzfristige Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Antragstellung gemäß § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG berechtigte den Fremden trotzdem zur Inlandsantragstellung, wenn er sich jahrelang bzw. seit Geburt rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Die Versäumung sei im Fall des Beschwerdeführers nicht als kurzfristig anzusehen. Der Beschwerdeführer habe sich auch nicht lange Zeit legal im Bundesgebiet aufgehalten, weshalb ein hoher Integrationsgrad nicht anzunehmen sei. Eine analoge Heranziehung des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG sei im Fall des Beschwerdeführers ausgeschlossen und dies auch mit Art. 8 MRK vereinbar.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

    § 6 Abs. 2 AufG lautete:

    § 6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

Der Beschwerdeführer verfügte über Wiedereinreisesichtvermerke und über eine Aufenthaltsbewilligung mit Gültigkeit bis 23. September 1994. In der Beschwerde bringt er nun erstmals vor, über seinen rechtzeitigen Verlängerungsantrag vom 18. August 1994 sei noch nicht entschieden worden. Nachdem er ein Jahr lang nichts von diesem Verfahren gehört habe, habe er den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag vom 28. Juli/4. Oktober 1995 gestellt. Der Beschwerdeführer habe sich daher rechtmäßig im Inland aufgehalten und hätte den weiteren Antrag vom Inland aus stellen können. Der Beachtung dieses Vorbringens bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides steht aber das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen.

In Anbetracht des Vorliegens eines dem verfahrensgegenständlichen Antrag vorangegangenen, rechtzeitigen Verlängerungsantrages liegt auch - und zwar unabhängig davon, ob dieser abgewiesen wurde oder noch anhängig sein mag - keine Konstellation des § 113 Abs. 7 des Fremdengesetzes 1997 vor, weil der vorliegende Antrag nicht deshalb gestellt wurde, weil der Beschwerdeführer die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatte.

Den Aufenthaltsbehörden kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie den vorliegenden Antrag - im übrigen in Übereinstimmung mit seiner Bezeichnung im Antragsformular sowie dem Berufungsvorbringen - als Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung werteten, für dessen Beurteilung § 6 Abs. 2 erster Satz AufG heranzuziehen war.

Gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Mit "Einreise nach Österreich" im Sinne dieser Bestimmung ist die Einreise des Antragstellers gemeint (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/1169 m.w.N.). Das im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, den Antrag vom Ausland aus zu stellen, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895).

Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde nicht, sich im Zeitpunkt der Antragstellung, während des Verfahrens und im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Inland aufgehalten zu haben. Vom Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus wäre nur dann abzusehen, wenn der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt ist. Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer zu diesem Personenkreis zählt.

Auch die Darstellung des Beschwerdeführers, aufgrund seiner rechtzeitigen Antragstellung (gemeint: Antrag vom 18. August 1994) halte er sich rechtmäßig im Inland auf, weshalb er den verfahrensgegenständlichen Antrag (vom 28. Juli/4. Oktober 1995) vom Inland aus stellen könne, erweist sich nach dem Vorgesagten als verfehlt. Gemäß § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG können nur Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung vom Inland aus gestellt werden. Um einen derartigen rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrag handelt es sich beim verfahrensgegenständlichen Antrag angesichts des Ablaufs der Geltungsdauer der zuletzt erteilten Bewilligung mit 23. September 1994 nicht.

Der Antrag vom 28. Juli/4. Oktober 1995 wäre somit vom Ausland aus zu stellen gewesen. Die auf die Nichterfüllung der Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG gestützte Abweisung des vorliegenden Antrages erweist sich somit nicht als rechtswidrig.

Daran vermögen auch die Beschwerdeausführungen, wonach der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig sei, weil er nicht über den ersten Antrag (vom 18. August 1994), sondern über den Antrag vom 28. Juli/4. Oktober 1995 abspreche, nichts zu ändern. Gegenstand des Abspruches des angefochtenen Bescheides war die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Oktober 1995, mit dem dieser über den Antrag vom 28. Juli/4. Oktober 1995 absprach. Der belangten Behörde wäre es verwehrt gewesen, mit dem angefochtenen Bescheid über "den Antrag vom 18. August 1994" und damit über einen Antrag abzusprechen, der nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1997, Zl. 95/19/0321).

Angesichts dessen, daß die belangte Behörde schon wegen Nichterfüllung der Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG den vorliegenden Antrag zu Recht abweisen konnte, erübrigte sich ein weiteres Eingehen auf den weiters von der belangten Behörde herangezogenen Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996192217.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten