Entscheidungsdatum
10.12.2019Norm
BBG §40Spruch
W260 2202259-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS, sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 24.05.2018, OB: 70266958200019, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 10.07.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 28.12.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice (in der Folge "belangte Behörde") und legte dem Antrag medizinische Befunde bei.
2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 01.03.2018 erstatteten Gutachten vom selben Tag wurden die Leiden "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule", "Bewegungseinschränkung in beiden Hüftgelenken", "Abnützungserscheinungen in beiden Kniegelenken", "Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke", "Asthmatische Bronchopathie" und "Hypertonie" und ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH festgestellt.
3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.03.2018 wurde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und ihr diesbezüglich eine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
4. Die Beschwerdeführerin gab dazu mit Schreiben vom 15.03.2018 eine Stellungnahme ab und legte weitere medizinische Befunde vor.
5. Zur Überprüfung des Vorbringens holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten der bereits befassten Ärztin für Allgemeinmedizin ein. Das aufgrund der Aktenlage am 21.05.2018 erstattete Gutachten kam zum Ergebnis, dass sich keine Änderung des Grades der Behinderung ergebe.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.05.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH fest. Dem Bescheid wurden die eingeholten Sachverständigengutachten in Kopie beigelegt.
7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und legte weitere Befunde vor.
8. Die belangte Behörde holte im Rahmen des Beschwerdevorprüfungsverfahrens eine Stellungnahme der bereits befassten Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dieser Stellungnahme aufgrund der Aktenlage vom 09.07.2018 wurde auf die Einwendungen in der Beschwerde und die vorgelegten Befunde eingegangen und abermals festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 40 vH betrage.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.07.2018 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 24.05.2018, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde und ein Grad der Behinderung von 40 vH festgestellt wurde, ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Dies erfolgte unter Zugrundelegung der eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten.
10. Die Beschwerdeführerin stellte mit E-Mail vom 23.07.2018 fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG und legte dem Schreiben ein Konvolut an medizinischen Befunden bei.
11. Die belangte Behörde übermittelte mit Schreiben vom 31.07.2018 den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage, wo dieser am selben Tag eingelangt ist.
12. Aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin veranlasste das Bundesverwaltungsgericht in der Folge die Begutachtung der Beschwerdeführerin durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 21.03.2019 erstatteten Gutachten vom 12.05.2019 wurden die Leiden "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule", "Funktionseinschränkungen geringen Grades beide Hüftgelenke", "Funktionseinschränkungen geringen Grades beide Kniegelenke", "Funktionseinschränkungen geringen Grades beide Schultergelenke", "Asthmatische Bronchopathie", "Einschränkungen des Hörvermögens" und "Bluthochdruck" und ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH festgestellt.
13. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte das Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 05.07.2019 an die Beschwerdeführerin und an die belangte Behörde und räumte diesen eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.
Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde gaben keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.
1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand adipös.
Größe 164 cm, Gewicht 120 kg, RR 170/75
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.
Thorax: symmetrisch, elastisch.
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA, keine obstruktiven Atemgeräusche, keine Rasselgeräusche. HAT rein. rhythmisch.
Abdomen: Bauchdecke über Thoraxniveau, klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar. Kein Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänderin. Der Schultergürtel steht horizontal. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört. Die Sensibilität wird im Bereich des Daumens, Zeigefingers und Mittelfingers beidseits als gestört angegeben. Thenar beidseits unauffällig.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Bewegungsschmerzen im Bereich beider Schultergelenke. Soweit bei Adipositas beurteilbar, seitengleiche Muskelverhältnisse, kein Hinweis für Ruptur der Rotatorenmanschette.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S 0/100, IRIAR endlagig eingeschränkt:
Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich.
Opponensfunktion beidseits kraftvoll, möglich Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballenstand und Fersenstand beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken kurz durchführbar.
Der Einbeinstand ist mit Anhalten kurz möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse, soweit bei Adipositas beurteilbar.
Beinlänge nicht ident, rechts -1, 5 cm.
Die Durchblutung ist ungestört. Geringgradig Unterschenkelödem links, beidseits Varizen. Die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Hüftgelenk rechts: Narbe nach Hüfttotalendoprothese, Rotationsschmerzen und Druckschmerzen über dem Trochanter, keine Stauchungsschmerzen.
Hüftgelenk links: kein Stauchungsschmerz. kein Rotationsschmerz.
Kniegelenk rechts: geringgradig Umfangsvermehrung. Keine Überwärmung. kein Erguss. endlagige Beugeschmerzen. Patella geringgradig verbacken, stabil.
Kniegelenk links: mäßige Umfangsvermehrung. Deutliche Überwärmung und Rötung bei Narbe median nach Knietotalendoprothese. Die Rötung ventral über dem Kniegelenk in gesamter Länge der Narbe, kein Hinweis für Hämatom, keine Fluktuation, kein Erguss, Patella deutlich verbacken, stabil, Bewegungsschmerzen. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften S beidseits 0/90 (konstitutionsbedingt), IRIAR rechts 1 0/0/20, links 10/0/30, Kniegelenk rechts 0/0/120, links 0/5/100, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich annähernd frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist links bis 60 Grad, rechts bis 20 Grad möglich.
Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, Klopfschmerz über der unteren LWS und paramedian untere LWS.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich.
BWS/LWS: FBA: Fingerkuppen 10 cm über den Kniegelenken, Rotation und Seitneigen zur Hälfte eingeschränkt.
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe: PSR rechts mittellebhaft, links nicht überprüft
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit Rollator und mit Krücken in Begleitung von Schwiegersohn und Ehemann, das Gangbild mit Rollator ist verlangsamt, geringgradig links hinkend, Schrittlänge verkürzt. Barfußgang im Untersuchungszimmer mit Anhalten ist deutlich verlangsamt, mäßig links hinkend, behäbig, Richtungswechsel mit Anhalten sicher durchführbar. Gesamtmobilität verlangsamt, Hinlegen und Aufsitzen bzw. Aufstehen von Untersuchungsliege wird mit Hilfe durchgeführt. Das Aus- und Ankleiden wird zum Großteil im Sitzen mit Hilfe durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen
1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Pos.Nr.
GdB %
1
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
02.01.02
30
2
Funktionseinschränkungen geringen Grades beide Hüftgelenke
02.05.08
30
3
Funktionseinschränkungen geringen Grades beide Kniegelenke
02.05.19
20
4
Funktionseinschränkung geringen Grades beide Schultergelenke
02.06.02
20
5
Asthmatische Bronchopathie
06.04.01
20
6
Einschränkung des Hörvermögens
12.02.01
20
7
Bluthochdruck
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 vH
Der Gesamtgrad der Behinderung (GdB) der Beschwerdeführerin beträgt 40 v. H., weil Leiden 1 durch Leiden 2-4 insgesamt um eine Stufe erhöht wird, da ein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt. Die weiteren Leiden erhöhen nicht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung mit dem führenden Leiden 1 besteht.
1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 28.12.2017 bei der belangten Behörde ein.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1. und 1.3.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 12.05.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 21.03.2019, ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf.
Es wird auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die Gutachterin setzt sich darin mit den Einwendungen in der Beschwerde, mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
In der Beschwerde und im Begleitschreiben zum Vorlageantrag machte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, dass sie ständig auf die Hilfe einer Begleitperson angewiesen wäre. Sie würde an Schwindel leiden. Dies wäre im Gutachten nicht erwähnt worden. Zu Unrecht wäre auch festgestellt worden, dass die Leiden Depression, Inkontinenz, Schlafstörungen und Migräne keinen Grad der Behinderung erreichen würden. Im Begleitschreiben zum Vorlageantrag gab die Beschwerdeführerin an, dass sich ihr Gesundheitszustand rapide verschlechtert hätte und ihr nun Pflegestufe 1 zuerkannt worden wäre.
Aufgrund der Einwendungen und der vorgelegten Befunde in der Beschwerde und im Vorlageantrag hat das Bundesverwaltungsgericht ein orthopädisches Gutachten eingeholt.
Wie bereits erwähnt, machte die Beschwerdeführerin in der Beschwerde geltend, dass sie außer Haus eine Begleitperson und auch Unterstützung beim Be -und Entkleiden benötigen würde. Sie wäre mit Rollator zur Untersuchung gekommen, hätte Schwindel. Dieser würde durch Befunde belegt werden können, ebenso die migräneartigen Kopfschmerzen, sie benötige daher permanente Hilfe einer Begleitperson. Dem hält die Sachverständige im Gutachten vom 12.05.2019 entgegen, dass bei der aktuellen Begutachtung eine selbständige Gehfähigkeit, mit Anhalten, beobachtet werden konnte. Die allgemeine Verlangsamung steht noch in Zusammenhang mit der Rehabilitationsphase nach zwei Gelenksersatzoperationen (20.09.2018 Hüfttotalendoprothese rechts; 24.01.2019 Knietotalendoprothese links; Rehabilitationsaufenthalt 05/2019 geplant). Ein höhergradiges funktionelles Defizit konnte jedoch weder im Bereich der Wirbelsäule noch im Bereich der Gelenke der oberen und unteren Extremitäten festgestellt werden. Aufgrund der objektivierbaren erhaltenen selbstständigen Mobilität und Orientierungsfähigkeit ist die behinderungsbedingte Erfordernis einer Begleitperson nicht ausreichend begründbar. Es liegen keine Funktionseinschränkungen vor, welche die ständige Hilfestellung einer Begleitperson erfordern würden.
Die Beschwerdeführer brachte auch vor, sie würde höchstens 50 Meter gehen können und das nur mit Rollator, sie würde keine Stufen überwinden können und Pausen benötigen. Der Rollator wäre wegen des Schwindels erforderlich, außerdem wäre freies Gehen gar nicht untersucht worden. Dazu nahm die Sachverständige ebenfalls Stellung und führte aus, dass höhergradige Funktionseinschränkungen, welche zu einer maßgeblichen Einschränkung der Gehstrecke führen könnten, nicht objektivierbar sind. Bei der klinischen Untersuchung wird sowohl freies Stehen als auch freies Gehen untersucht. Eine maßgebliche Gangunsicherheit konnte nicht festgestellt werden, eine maßgebliche Gleichgewichtsstörung mit chronischen Schwindelattacken und migräneartige Kopfschmerzen ist nicht durch fachärztliche Befunde belegt. Ein Rollator wurde anlässlich der Begutachtung benützt, wobei jedoch die vorhandenen Funktionsdefizite die behinderungsbedingte Notwendigkeit der dauerhaften Verwendung eines Rollators nicht begründen können.
Die Beschwerdeführerin behauptete in der Beschwerde, dass sie weitere Befunde vorlege, welche die Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule belegen würden. Die Notwendigkeit der Verwendung eines Rollators werde durch einen orthopädischen Befund belegt. COPD, Belastungsstörung, Gangstörung, Verdacht auf Osteoporose, Zustand nach Impressionsfraktur 1.2 und L3, Adipositas, Gonarthrose, Coxarthrose und depressive Episode wären nicht berücksichtigt worden. Dazu führte die Sachverständige aus, dass sämtliche Defizite des Stütz- und Bewegungsapparates und der Lungenfunktion in der Einschätzung nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung berücksichtigt wurden.
Die Beschwerdeführerin behauptet in der Beschwerde, sie hätte den ganzen Tag enorme Schmerzen im Hüftbereich, habe Depressionen, Inkontinenz und müsse Einlagen tragen. Dazu nahm die Sachverständige Stellung und führte zu den vorgebrachten enormen Schmerzen im Hüftbereich an, dass aufgrund der objektivierbaren Beweglichkeit und Belastbarkeit beider Hüft- und Kniegelenke und der aktuellen analgetischen Therapie (Diclofenac täglich, Deflamat 75 mg bei Bedarf, wobei aktuell die postoperative Situation berücksichtigt werden muss) die angegebenen enormen Schmerzen nicht ausreichend begründbar sind. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Depressionen sind nicht durch eine über einen längeren Zeitraum durch durchgängige fachärztliche Dokumentationen belegt. Die Inkontinenz ist nicht durch fachärztliche Befunde belegt.
Zur Behauptung der Beschwerdeführerin, dass zwischen den einzelnen Leiden eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegen würde, führte die Sachverständige aus, dass die nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung vorliegende ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in der Einstufung berücksichtigt wurde.
Im Begleitschreiben zum Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sich ihr Gesundheitszustand seit der letzten Begutachtung rapide verschlechtert hätte und die Pflegestufe 1 zugebilligt worden wäre, da sie praktisch nichts mehr alleine machen würde können und sie legte weitere Befunde vor. Dazu führte die Sachverständige aus, dass auf sämtliche Funktionseinschränkungen bereits im Detail eingegangen worden wäre. Eine massive Verschlimmerung im Vergleich zum Status des Vorgutachtens vom 01.03.2018 konnte nicht festgestellt werden.
Zu den von der Beschwerdeführerin neu vorgelegten Unterlagen (Rechnung der Firma Bständig, Beleg über Refobacin-Knochenzement, Implantatpass rechte Hüfte 20.09.2018, Implantatpass linkes Knie 23.01.2019), wird im gegenständlichen Gutachten ausgeführt, dass der Zustand nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese rechts und Knietotalendoprothese links dokumentiert ist. Maßgeblich für die Einschätzung nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung sind feststellbare funktionelle Defizite, sodass, auch unter Beachtung des postoperativen Status, keine Änderung der Höhe der Einstufung vorgenommen wird.
Soweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde - wie bereits erwähnt - den Bedarf einer Begleitperson behauptet und auch hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Ausführungen tätigt, ist zu erwähnen, dass bei der Beschwerdeführerin ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen. Es erübrigt sich daher eine weitere Auseinandersetzung mit der Frage nach etwaigen Zusatzeintragungen (Begleitperson, Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel).
Der Beschwerdeführerin wurde das Sachverständigengutachten vom 12.05.2019 mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.07.2019 zur Kenntnis gebracht und diesbezüglich eine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab und erstattete daher auch kein Vorbringen, das geeignet wäre, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen bzw. das geeignet wäre, eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und das allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnte.
Die Beschwerdeführerin ist daher den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte orthopädisch/ unfallchirurgische Sachverständigengutachten ist schlüssig und berücksichtigt sämtliche Einwendungen und die von der Beschwerdeführerin vorlegten Befunde.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens. Dieses, seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten vom 12.05.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 21.03.2019, wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
3.1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:
"Behinderung
§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
..."
Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).
Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 12.05.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 21.03.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 40 vH beträgt.
Das führende Leiden 1 "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule", Pos. Nr. 02.01.02, wird mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingestuft und der untere Rahmensatz herangezogen, da fortgeschrittene radiologische Veränderungen und eine mittelgradige Einschränkung der Beweglichkeit ohne objektivierbare Wurzelreizzeichen bestehen.
Die "Funktionseinschränkungen geringen Grades beide Hüftgelenke" wird als Leiden 2, Pos. Nr. 02.05.08, mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingestuft und als Begründung angeführt, dass 1 Stufe unter dem oberen Rahmensatz herangezogen wird, da die Beugung bis 90 Grad möglich ist.
Die "Funktionseinschränkungen geringen Grades beide Kniegelenke", wird als Leiden 3, Pos. Nr. 02.05.19, mit einem Grad der Behinderung von 20 vH bewertet und der untere Rahmensatz angenommen, da die Beugung bis 90 Grad möglich ist.
Leiden 4 ist die "Funktionseinschränkung geringen Grades beide Schultergelenke", Pos. Nr. 02.06.02, mit einem Grad der Behinderung von 20 vH. Dabei handelt es sich um einen fixen Richtsatz.
Die "Asthmatische Bronchopathie" wird als Leiden 5, Pos. Nr. 06.04.01, mit einem Grad der Behinderung von 20 vH bewertet und der obere Rahmensatz gewählt, weil die Erkrankung klinisch unauffällig und medikamentös kompensiert ist.
Für Leiden 6, "Einschränkungen des Hörvermögens", Pos. Nr. 12.02.01, Grad der Behinderung 20 vH, Tabelle, Spalte 2. Zeile 2, wurde der obere Rahmensatz angenommen, da die Einschränkung geringgradig ausgeprägt, jedoch beidseits ist.
Für Leiden 7, "Bluthochdruck, Pos. Nr. 05.01.01, Grad der Behinderung 10 vH, ist ein fixer Richtsatzwert vorgesehen.
Leiden 1 wird durch Leiden 2-4 insgesamt um eine Stufe erhöht, da ein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt. Die weiteren Leiden erhöhen nicht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung mit dem führenden Leiden 1 besteht.
Diese Bewertung des Gesamtgrades der Behinderung steht im Einklang mit den oben genannten rechtlich relevanten Vorgaben der Einschätzungsverordnung.
Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Gesundheitsschädigungen Inkontinenz, Migräne, Schwindel und Depression sind durch Befunde nicht belegbar.
Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023). Gemäß § 3 Abs. 2 dritter Satz der Einschätzungsverordnung sind Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen insgesamt nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 40 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspricht.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des eingeholten und nicht substantiell bestrittenen Sachverständigengutachtens geklärt.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W260.2202259.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020