TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/10 W171 2220953-1

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Veröffentlicht am 10.12.2019
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Entscheidungsdatum

10.12.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W171 2220953-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richter Mag. Gregor MORAWETZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.:

NIGERIA, vertreten durch die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, gegen die Festnahme und den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.07.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Zif. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG und § 76 Abs. 2 Zif. 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Gemäß § 35 VwGVG iVm der Aufwandersatzverordnung hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von insgesamt €

426,20 für die Anfechtung der Festnahme binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Gemäß § 35 VwGVG und der Aufwandersatzverordnung hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von insgesamt €

426,20 für die Anfechtung des Bescheides und der Anhaltung binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag auf Kostenersatz der beschwerdeführenden Partei wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

IV. Der Antrag auf Ersatz der Eingabengebühr wird abgewiesen.

V. Der Antrag auf Einvernahme des Referenten Badelt wird abgewiesen.

B) Die Revision wird im Hinblick auf die erhobene Ablehnung des Richters wegen Befangenheit für zulässig erklärt.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste am 11.11.2003 illegal nach Österreich ein. Ein eingebrachter Antrag auf internationalen Schutz wurde negativ beschieden, die darauffolgende Beschwerde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.06.2010 abgewiesen und eine Rückführung des BF nach Nigeria für zulässig erklärt.

1.2. Aus dem Stande der Schubhaft stellte der BF am 27.07.2011 sodann einen Folgeantrag, der wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Die darauffolgende Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.09.2011 abgewiesen. Die Behandlung der Beschwerde an den VfGH wurde durch diesen mit Beschluss vom 14.03.2012 abgelehnt.

1.3. Mit Bescheid vom 06.03.2012 wurde über den BF das gelindere Mittel der Wohnsitznahme und der regelmäßigen Meldung bei einer konkreten Polizeistation verhängt (AS 93-96). Der BF hielt diese Meldeverpflichtung nicht ein (AS 130) und tauchte unter (AS 132,135).

1.4. Mit Antrag vom 23.09.2015 begehrte der BF die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs. 1 AsylG. Mit Bescheid vom 16.08.2016 wurde der Antrag zurückgewiesen, kein Aufenthaltstitel gewährt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die darauffolgende Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des BVwG vom 06.06.2017 als unbegründet abgewiesen. Die bescheidmäßig ausgesprochene Rückkehrentscheidung wurde in der Folge rechtskräftig und durchsetzbar.

1.5. Am 05.11.2018 wurde dem BF eine erteilte Wohnsitzauflage persönlich zugestellt. Am 12.11.2018 traf der BF auch in dieser Unterkunft ein, war jedoch bereits am 19.11.2018 unbekannten Aufenthalts und wurde daher mit 21.11.2018 aus der Bundesbetreuung abgemeldet.

1.6. Am XXXX erschien der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA oder Behörde genannt) und wurde gemäß § 34 Abs. 1 Zi. 2 BFA-VG festgenommen, einvernommen und über ihn die Schubhaft mit gegenständlichem Schubhaftbescheid verhängt.

In der Einvernahme gab der BF an, er sei Diabetiker, bei der Diakonie hinausgeflogen und habe den Schlüssel abgeben müssen. Er habe kein Zuhause. In Österreich habe er keine Angehörigen, jedoch in Rumänien. Der Arzt in Tirol habe ihn nicht behandeln wollen und so sei er weggegangen. Er verkaufe die Straßenzeitung " XXXX " und habe € 100,--. Da er nichts verbrochen habe, verstehe er nicht, weshalb er abgeschoben werden solle. Er werde die Abschiebung nach Nigeria "ablehnen". Er glaube nicht, dass diese möglich sei.

Im Bescheid wurde näher ausgeführt, dass der BF seinerzeit illegal eingereist sei und über keinen Aufenthaltstitel verfüge. Er sei im bisherigen Verfahren unkooperativ gewesen und habe familiäre Gründe für seinen Aufenthalt vorgetäuscht. Er sei bereits untergetaucht und habe eine Wohnsitzauflage nicht eingehalten. Er missachte die Rechtsordnung und sei bisher seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Auch gehe er keiner legalen Beschäftigung nach, könne seinen Aufenthalt nicht finanzieren und habe keinen ordentlichen Wohnsitz. Angehörige seinen in Österreich nicht vorhanden, trotz langjährigem Aufenthalt könne er kaum Deutsch und sei in keinster Weise integriert. Die Behörde gehe daher von Fluchtgefahr aus.

Im vorliegenden Fall sei die Schubhaft auch verhältnismäßig, da die privaten Interessen an der Schonung der persönlichen Freiheit dem Interesse der öffentlichen Verwaltung am reibungslosen Funktionieren des Fremdenwesens nachzuordnen seien.

Ein gelinderes Mittel komme nicht in Betracht, da die Vergangenheit bereits gezeigt habe, dass damit nicht das Auslangen gefunden werden konnte, weshalb die Abschiebung durch die Verhängung einer Schubhaft zu sichern gewesen sei.

1.7. Am 26.04.2019 wurde der BF erneut der Botschaftsdelegation (Nigeria) vorgeführt, welche die nigerianische Staatsangehörigkeit des BF bestätigte. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF wurde seitens des BFA in der Folge am 30.04.2019, 26.06.2019, 05.07.2019 und am 08.07.2019 urgiert.

1.8.1. Am 07.07.2019 wurde die gegenständliche Beschwerde des BF bei Gericht eingebracht und im Wesentlichen vorgebracht, dass der BF am XXXX selbständig zum BFA gekommen sei um eine neuerliche Aufnahme in die GVS zu erbitten. Dabei sei dieser festgenommen und über ihn die Schubhaft verhängt worden. Dem BF sei nicht bewusst gewesen, dass er der nigerianischen Botschaft Dokumente zu seiner behaupteten, in Rumänien aufhältigen Familie vorlegen hätte müssen. Ein Versuch die Behörde dazu zu bringen, ein gelinderes Mittel zur Anwendung zu bringen gelang nicht und wurde ein Termin zur Akteneinsicht vereinbart. Im Akt seien keine Aufzeichnungen zum Verfahren über die Erlangung eines Heimreisezertifikates einsichtig gewesen. Seit der Überprüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG vom 09.05.2019 sei die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nicht mehr gegeben und diese daher rechtswidrig. Die Beschwerde richte sich gegen die Festnahme, Anhaltung und Verhängung der Schubhaft mit Bescheid vom XXXX sowie die fortdauernde Anhaltung. In eventu wurde erörtert, dass die Verhältnismäßigkeit der Haft auch seit der Vorführung vor die Botschaftsdelegation am 26.04.2019 nicht mehr gegeben gewesen sei.

1.8.2. Die Schubhaft sei ohne ausreichende Begründung angeordnet worden und habe sich die Behörde mit der konkreten Situation des BF nicht hinreichend auseinandergesetzt. Die Tatsache, dass es seit 2012 nicht gelungen sei, ein Heimreisezertifikat zu erlangen, lasse eine zeitnahe Ausstellung äußerst fragwürdig erscheinen.

1.8.3. Fluchtgefahr sei nicht gegeben, da der BF die Behörde selbständig aufgesucht habe und dies unterstreiche, dass der BF mit der Behörde zusammenarbeite und nicht untertauchen habe wollen. Der BF sei seit 16 Jahren in Österreich aufhältig und durchgehend für die Behörde greifbar gewesen. Die Behörde habe es unterlassen, die einmalige Aufhebung des gelinderen Mittels aus medizinischen Gründen sowie die medial bekannt gewordenen Missstände in XXXX zu würdigen. Auch sei nicht beachtet worden, dass der BF registrierter XXXX verkäufer sei und daher Existenzmittel zur Verfügung habe und auch jederzeit auffind- bzw. greifbar gewesen sei. Daher sei keine Fluchtgefahr gegeben.

1.8.4. Darüber hinaus sei die Schubhaft nicht verhältnismäßig bzw. ein gelinderes Mittel zu Unrecht nicht verhängt worden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dem BF seitens der Behörde vorgeworfen werde, seine Abschiebung mit allen Mitteln verhindern zu wollen, wenn es bisher nicht gelungen sei, ein Reisedokument zu erlangen. Entgegen der behördlichen Ansicht sei die Verankerung bei der Zeitung " XXXX " ebenso ein soziales Netzwerk und beinhalte die Teilnahme an der Vereinstätigkeit eine Beschäftigung um selbständig Geld dazuzuverdienen. Durch die Anordnung einer periodischen Meldeverpflichtung hätte der Sicherungszweck jedenfalls erreicht werden können.

1.8.5. Begehrt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Einvernahme des BF und zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes, der Ersatz der Verfahrenskosten, sowie der Ersatz der Eingabengebühr.

1.9. Mit Schreiben der Rechtsvertretung des BF vom 08.07.2019 wurde ergänzend die zeugenschaftliche Einvernahme eines Sozialarbeiters der Straßenzeitung " XXXX " im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragt.

2.0. Das BFA legte dem Gericht den Verfahrensakt unter Anschluss einer Stellungnahme am 09.07.2019 vor. Dabei wurde ausgeführt, der BF sei bisher seiner gesetzlichen Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und illegal im Bundesgebiet verblieben. Im Zuge der Vorführung des BF vor die nigerianische Delegation am 08.06.2018 sei dieser aufgefordert worden Unterlagen über die Ehefrau und die in Rumänien aufhältigen Kinder beizubringen. Dieser Aufforderung sei der BF jedoch nicht nachgekommen. Im Zuge der erteilten Wohnsitzauflage sei der BF nach einigen Tagen untergetaucht und erst am XXXX im Amtsgebäude des BFA wieder aufgetaucht. Schon im Erkenntnis des BVwG vom 06.06.2017 sei festgehalten worden, dass der BF über keine familiären oder sozialen Bindungen verfüge und da der BF untergetaucht sei, sei auch die Verhängung eines gelinderen Mittels nicht tunlich. Das BFA stehe im ständigen Kontakt mit der nigerianischen Botschaft und sei die nigerianische Staatsangehörigkeit des BF bereits bestätigt worden. Aus der Niederschrift ergebe sich zweifelsfrei, dass eine Greifbarkeit nicht gegeben sei und dass der BF keine Möglichkeit zur Unterkunftnahme habe. Die Erwerbstätigkeit als XXXX verkäufer alleine stelle keine Greifbarkeit dar.

Begehrt wurde der Ersatz der Verfahrenskosten sowie die Abweisung der Beschwerde.

2.1. Am 10.07.2019 wurde der an das BFA gerichtete Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 31.10.2018 (Wohnsitzauflage) dem Gericht nachrichtlich übersandt.

2.2. Auf Aufforderung des Gerichts übersandte das BFA im Vorfeld der nachfolgenden Verhandlung eine kurze Darstellung des HRZ- Verfahrens an das Gericht.

2.3. Am 11.07.2019 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht statt in welcher der BF und der beantragte Zeuge XXXX einvernommen wurden. Im Vorfeld der Verhandlung, zu der der geladene Dolmetscher unentschuldigt nicht erschienen war, erörterte das Gericht mit dem anwesenden Rechtsvertreter des BF die sich aus dem Akteninhalt ergebende Ausgangslage in Bezug auf den Sicherungsbedarf für die nach Eintreffen eines Ersatzdolmetschers durchzuführende Verhandlung. Dabei zeigte sich, dass der Rechtsvertreter eine dem Gericht gegenüber konträre Sicht der Ausgangslage hatte und diese mit ungebührlichem Nachdruck und unter Anwendung eines bei Gericht unüblichen Vokabulars vertrat.

Zu Beginn der Verhandlung verlangte der Rechtsvertreter umgehend ein ergänzendes Vorbringen erstatten zu dürfen, was ihm durch den Richter gewährt wurde. Unter Hinweis auf handschriftliche Notizen ergingen sohin umfassende Ausführungen zur Befangenheit des Richters und die Anregung, der Richter möge sich der Ausführung seines Amtes enthalten.

Der Richter sah in weiterer Folge von einer Befangenheitsanzeige unter Hinweis auf die im Rahmen der Verhandlung zu klärenden und einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehenden Punkte durch die Einvernahme des BF und des Zeugen ab.

Der Zeuge XXXX gab wahrheitserinnert im Wesentlichen an, er sei seit vielen Jahren bei der Straßenzeitung " XXXX " beschäftigt und kenne den BF seit 15 Jahren. Der BF sei fast täglich bei ihnen im Büro gewesen. Dies nicht nur um die Zeitungen zu holen, sondern auch, um die Angebote des Tageszentrums und der Computerwerkstatt zu nutzen. Der BF sei auch in der Vergangenheit mehrmals für Anfragen von Journalisten und Studenten bereitgestanden und habe die Einrichtung dadurch unterstützt. Er habe einen fixen Verkaufsplatz bei einer U-Bahnstation gehabt. Darüber hinaus habe der BF immer freiwillig beim Ausladen von Waren der Wiener Tafel mitgeholfen. Auch in der Tischtennisgruppe war der BF sporadisch dabei. Er kenne den BF besser als andere Verkäufer, da der BF häufig bei ihnen in der Einrichtung gewesen sei. Über seine Tätigkeit als Verkäufer habe es lediglich positive Rückmeldungen gegeben. Der BF erscheine regelmäßig im Büro, um Zeitungen einzukaufen.

Sodann erfolgte neuerlich ein umfassendes ergänzendes Vorbringen des Rechtsvertreters darüber, dass die amtswegig zu erfolgende Überprüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG durch die Behörde einen Tag zu spät erfolgt und daher die Schubhaft seit dem 07.06.2019 für rechtswidrig zu erklären sei. Auch eine Fortsetzung der Schubhaft sei daher nicht rechtmäßig.

Weiters möge der zuständige Referent des BFA durch das Gericht "stellig gemacht" werden zum Beweis dafür, dass zumindest teilweise behördliche Untätigkeit bei der Erlangung des Heimreisezertifikates vorgelegen habe.

Der BF gab in der Verhandlung befragt an, er sei nach neun Tagen aus der Unterkunft in XXXX weggegangen, da sich der dortige Arzt nicht bei ihm gemeldet habe, obwohl er darum ersucht habe. Er sei sodann drei Wochen in einem Privatquartier in XXXX behandelt und dann nach Wien gebracht worden. In Wien habe er keine fixe Adresse gehabt, da die Caritas ihm nur geraten habe, wieder nach XXXX zurück zu gehen. Er habe danach keine Unterkunft gehabt und habe sich auch nicht anmelden können.

Er sei sich sicher, dass er der seinerzeitigen Meldeverpflichtung im Jahr 2012 nachgekommen sei, bis man ihn aufgefordert habe, nicht mehr zu kommen.

Auf Vorhalt, er habe mehrfach die Übernahme behördlicher Dokumente nicht bestätigt oder auch einer Ladung vor die nigerianische Delegation nicht Folge geleistet, bestritt er diese aktenkundigen Fakten vehement.

In Österreich habe er keine Familienangehörigen, jedoch Frau und zwei Kinder in Rumänien. Seine Frau würde ihm aber keine Unterlagen schicken. Er habe in Österreich keinen ganz engen Freund und habe sich seit der gerichtlichen Entscheidung vom 06.06.2017 an seinen familiären- u. freundschaftlichen Beziehungen in Österreich nichts verändert. Es gäbe keine Person mit der er etwa Ausflüge mache, oder etwas trinken gehen würde. Es gäbe keine Unterkunft für ihn, wenn er freigelassen werde. Man müsse ihm eine Unterkunft "anbieten".

Die Einvernahme wurde an dieser Stelle durch ein dringendes Vorbringen des Rechtsvertreters neuerlich unterbrochen. Vorgebracht wurde, es bestehe ein erhöhtes Begründungserfordernis, wenn die Anwendung eines gelinderen Mittels naheliege. Dies besonders dann, wenn familiäre Bindungen oder Krankheit gegen ein Untertauchen sprechen würden. Die Erkrankung des BF sei aktenkundig und daher die Nichtanwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend begründet worden.

Darüber hinaus sei die Schubhaft auch deswegen rechtswidrig, da die Ausstellung des Heimreisezertifikates nicht ausreichend urgiert worden sei. Weiters könne der BF, im Falle, dass er wieder in die Grundversorgung aufgenommen werde, wieder Unterkunft in einem namentlich genannten Flüchtlingshaus der Diakonie nehmen.

Die Einvernahme konnte danach wieder fortgesetzt werden. Der BF gab ergänzend an, dass er nach seiner Rückkehr aus XXXX wieder auf seinem fixen Verkaufsplatz die Tätigkeit als XXXX verkäufer aufgenommen habe. Er sei in der Früh hingegangen und bis 1400 Uhr dortgeblieben. Danach sei er in die XXXX zentrale gefahren. Das habe er täglich so gemacht. Er sei bereit, sich an ein gelinderes Mittel zu halten.

Im Anschluss erfolgte die mündliche Verkündung des gerichtlichen Erkenntnisses im Sinne der vorliegenden schriftlichen Ausfertigung.

2.4. Mit Schriftsatz vom 11.07.2019, noch vor Übersendung des Verhandlungsprotokolls, wurde die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung gem. § 29 Abs. 4 VwGVG beantragt.

2.5. Am 13.09.2019 wurde bei Gericht eine Protokollrüge eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Der BF reiste am 11.11.2003 illegal nach Österreich ein und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er ist Fremder i.S.d. Diktion des FPG.

1.2. Bisher wurden zwei Anträge auf internationalen Schutz und ein Antrag nach § 55 Abs. 1 AsylG in Österreich erfolglos gestellt und dem BF auch kein anderer Aufenthaltstitel gewährt.

1.3. Der BF leidet an Diabetes. Sonst hat er keine nennenswerten Erkrankungen.

1.4. Er besitzt kein gültiges Reisedokument.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Seit dem 12.06.2017 besteht gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Die Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar.

2.2. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde bei der nigerianischen Botschaft beantragt. Das Verfahren war zum Zeitpunkt der Verkündung des gegenständlichen Erkenntnisses nicht abgeschlossen. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates war aufgrund der Tatsache, dass der BF immer noch keine Urkunden zum Nachweis seiner Familie in Rumänien vorgelegt hat obwohl dies die nigerianische Botschaft von ihm zuvor verlangt hat, zu erwarten.

2.3. Der BF war haftfähig.

2.4. Die Behörde hat sich um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch folgende Schritte bemüht:

12.06.2015 Vorführung nigerianische Delegation

08.06.2018 neuerliche Vorführung bei der Delegation

26.04.2019 neuerliche Vorführung, StA Nigeria bestätigt, weitere Abklärung nötig

30.04.2019 Kommunikation mit der Botschaft durch die Direktion

26.06.2019 Urgenz durch die RD Wien

05.07.2019 Urgenz durch die RD Wien

08.07.2019 Kommunikation mit der Botschaft durch die Direktion

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Gegen den BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Der BF hat im Jahr 2012 gegen ein verhängtes gelinderes Mittel (Wohnsitzauflage mit Meldeverpflichtung) verstoßen und ist untergetaucht.

3.3. Im Jahre 2018 verstieß der BF gegen ein weiteres verhängtes gelinderes Mittel (Wohnsitzauflage) und tauchte abermals unter.

3.4. Der BF ist im Juni 2015 einer Ladung zur Vorsprache bei der nigerianischen Botschaft nicht nachgekommen.

3.5. Der BF stellte am 27.07.2011 im Stande der Schubhaft zum Zeitpunkt einer bestehenden und durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen Folgeantrag.

3.6. Er ist nicht rückreisewillig.

3.7. Der BF ist bisher wiederholt unkooperativ gewesen.

3.8. Er ist als Person nicht vertrauenswürdig.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Der Beschwerdeführer weist in Österreich keinen Grad der Integration auf, der seiner Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet entspricht. Der BF hat keinen engen Freund und führt mit Kunden lediglich die dabei üblichen oberflächlichen Verkaufsgespräche.

4.2. Zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verkauft er die Straßenzeitung " XXXX " und lebte ansonsten bis zu seiner abwesenheitsbedingten Abmeldung von der Grundversorgung.

4.3. Er hat keinen gesicherten Wohnsitz und keine Familienangehörigen in Österreich.

4.4. Der BF unterhält in Wien regelmäßig soziale Kontakte mit dem Team der Straßenzeitung " XXXX ". Diese Kontakte sind jedoch nicht dergestalt, dass diese ausreichen würden, um den BF nachhaltig am Untertauchen zu hindern.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.4.):

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person des BF (1.1. u. 1.2.) sowie zum Fehlen eines gültigen Reisedokumentes (1.4.) ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Diabeteserkrankung des BF ist aktenkundig. Darüber hinaus darf festgehalten werden, dass der Gesundheitszustand des BF auch im Rahmen der Beschwerdeerhebung nicht näher thematisiert wurde. Das Gericht geht daher wie in der Feststellung zu 1.3. von keinen nennenswerten weiteren Erkrankungen des BF aus.

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.4.):

Die Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde seitens des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen (2.1.). Die Feststellungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durch die Botschaft gründen sich auf die Stellungnahme des BFA vom 11.07.2019 und geht daraus hervor, dass die Ausstellung eines Zertifikats seitens der Botschaft durch die Behörde rechtzeitig eingeleitet und laufend urgiert worden ist. Der BF hat bisher trotz Auftrag durch die nigerianische Botschaft weiterhin keine Nachweise für die Existenz einer Ehefrau und zweier Kinder in Rumänien vorgelegt. Es war daher davon auszugehen, dass die nigerianische Botschaft in weiterer Folge ein Heimreisezertifikat ausstellen würde, da der BF seine Behauptung (Familie in Rumänien) bisher nicht belegen konnte (2.2. u. 2.4.) Die Feststellung zur Haftfähigkeit (2.3.) ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Es war daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.8.):

Das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich, wie bereits erwähnt, aus den Angaben im vorliegenden Verwaltungsakt. Die Rückkehrentscheidung ist seit 12.06.2017 rechtskräftig. Nach Ablauf der eingeräumten 2-Wochenfrist zur selbstständigen Ausreise wurde die Rückkehrentscheidung sohin durchsetzbar (3.1.).

Die Feststellung zu 3.2. begründet sich im Wesentlichen auf die Aktenseiten 93-96, 130 und 132. Daraus geht hervor, dass der BF die damalige Wohnsitzauflage und die damit verbundene Meldeverpflichtung nicht eingehalten hat.

Ebenso war aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aber aus der Stellungnahme der Behörde im Rahmen der Aktenvorlage an das Gericht vom 09.07.2019 zu entnehmen, dass der BF seiner Wohnsitzauflage im November 2018 zwar zu Beginn nachgekommen ist, in weiterer Folge die Unterkunft jedoch verlassen hatte und untergetaucht ist (3.3.). Der Hinweis in der Beschwerdeschrift, dass der BF in Tirol nicht ärztlich behandelt worden sei und deshalb die Einrichtung verlassen habe geht ins Leere, da daraus nicht hervorgeht, warum der BF sich nicht umgehend nach Verlassen der ihm zugewiesenen Unterkunft an seiner neuen Adresse angemeldet, bzw. sich nicht selbstständig beim BFA gemeldet hat. Dies wäre dem BF jedenfalls zumutbar gewesen. Er hat dies jedoch unterlassen. Behauptete fehlende medizinische Behandlung rechtfertigt ein Untertauchen nicht.

Im Zuge des Aktenstudiums ergab sich aus dem Erkenntnis des BVwG vom 06.06.2017, dass der BF im Jahre 2015 einer Ladung vor die Botschaftsdelegation nicht Folge geleistet hatte. Der BF hat dies zwar nach Vorhalt in der mündlichen Beschwerdeverhandlung bestritten, doch ergibt sich aus seinen eigenen Ausführungen in der Beschwerdeschrift, dass er seinerzeit einer Ladung nicht gefolgt war (Beschwerde Seite 2). Es war daher, entgegen den Angaben des BF in der Verhandlung, von einer verweigerten Vorsprache auszugehen (3.4.).

Der BF stellte am 27.07.2011, als er in Schubhaft saß, einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, was sich aus dem Akt nachvollziehen ließ (3.5.). Aufgrund der Aussage des BF im Rahmen der Einvernahme zur Verhängung der Schubhaft am XXXX gab der BF selbst wiederholt hiezu befragt an, er werde seine Abschiebung "ablehnen" und glaube er, dass diese nicht möglich sei. Der BF wurde vom Einvernahmeorgan konkret zu seiner Ausreisewilligkeit befragt und wollte sichtlich hiezu nicht konkret Antwort geben. Als er wiederholt gefragt wurde, fiel die Antwort nach Ansicht des Gerichts unklar und ausweichend aus. In Bewertung seiner ausweichenden und unklaren Antwort in der Einvernahme und in Zusammensicht mit seinem bisherigen Verhalten sowie dem persönlichen Eindruck in der Verhandlung, beurteilt das Gericht den BF jedoch als nicht ausreisewillig (3.6.).

Unkooperative Handlungen des BF ziehen sich durch den gesamten Behördenakt bis zu seiner letzten Einvernahme am XXXX vor der Schubhaftverhängung. Der BF hat beispielsweise mehrfach seine Unterschrift verweigert. So auf AS 96, 100 und 140. Auch die oben angeführte Einvernahme wurde nicht unterschrieben. Aus der Anhaltedatei lässt sich ersehen, dass der BF die obligate Röntgenuntersuchung im PAZ und auch die Verlegung in den offenen Vollzug verweigert hat. Man kann daher beim BF nicht von einer kooperativen Person sprechen (3.7.).

Aufgrund des bisherigen Vorverhaltens des BF, insbesondere wegen der wiederholten Missachtung der verhängten gelinderen Mittel, der oftmaligen Verweigerung von notwendigen Handlungen und auch der Bestreitung von aktenkundigen Verstößen gegen seine Mitwirkungspflicht bzw. gegen Meldebestimmungen, stellt sich der BF dem Gericht gegenüber auch nicht als vertrauenswürdig dar (3.8.).

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):

Nach den glaubwürdigen Angaben des BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat dieser keinen engen Freund und auch trotz seiner langen Tätigkeit als Straßenzeitungsverkäufer keine bemerkenswerten Bekanntschaften aus dieser Tätigkeit machen können. Er gibt selbst an, dass sich seine sozialen Bindungen seit 2017 nicht wesentlich verändert hätten und er "Umgang mit allen" hätte. Der BF hat daher seine sozialen Beziehungen nicht über das zu erwartende Maß hinaus vertiefen können und zeigte sich, dass mit Ausnahme der Bekanntschaften aus dem Team der Straßenzeitung " XXXX " sonst keine bemerkenswerten Beziehungen bestehen (4.1.).

Die Feststellung zu 4.2. bezieht sich auf die glaubwürdigen Aussagen des BF und des Zeugen XXXX , sowie auf die Angaben eines Auszugs aus der GVS.

Nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung und den übereinstimmenden Angaben aus dem Akt ergibt sich, dass der BF zum Zeitpunkt der Entscheidung in Österreich weder einen gesicherten Wohnsitz, noch Familienangehörige gehabt hat (4.3.).

Der Zeuge XXXX zeichnete in der mündlichen Verhandlung ein umfassendes Bild über die Person des BF. Der BF ist demnach fast täglich in den Räumlichkeiten des " XXXX " anwesend und seit vielen Jahren dort bekannt. Er hilft auch bei Tätigkeiten mit, die mit dem Zeitungsvertrieb nicht direkt im Zusammenhang stehen und ist in der Einrichtung bekannt. Dennoch hat der BF in der Vergangenheit zumindest zwei Mal gegen ein gelinderes Mittel verstoßen und ist, für die Behörde nicht greifbar, untergetaucht. Es zeigte sich daher in der Vergangenheit, dass seine zum Team des XXXX bestehenden Bindung nicht ausreichend eng gewesen ist, um ihn vom Abtauchen in die Anonymität abhalten zu können. Das gerichtliche Beweisverfahren hat zudem nicht ergeben, dass sich in den Rahmenbedingungen oder dem Umfeld des BF in Bezug auf das Team XXXX in letzter Zeit etwas Wesentliches verändert hat, sodass das Gericht zur Feststellung 4.4. gelangt ist. Das Verkaufen der Straßenzeitung, die Bekanntschaft mit den Personen und die Teilnahme an Vereinsaktivitäten haben den BF auch in der Vergangenheit nicht vom Untertauchen abhalten können. Das dabei entstandene soziale Netz ist daher nach Ansicht des Gerichts auch weiterhin nicht ausreichend um den BF vom neuerlichen Untertauchen abhalten zu können.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Nach Durchführung des Beweisverfahrens sieht das Gericht im gegenständlichen Fall Sicherungsbedarf für gegeben an. Gegen den BF besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (Rückkehrentscheidung). Er hat in der Vergangenheit zumindest zwei Mal gegen ein gelinderes Mittel verstoßen und war in der Folge für die Behörde auch nicht greifbar. Weiters hat er einer Ladung zu einem Botschaftstermin nicht Folge geleistet und sohin die Vorbereitungen für eine Abschiebung seiner Person zumindest verzögert bzw. behindert. In Schubhaft befindlich stellte der BF 2011 einen Folgeantrag, der zurückgewiesen wurde.

Wenn in der Beschwerde behauptet wird, dass der BF nach seinem Verschwinden aus dem gelinderen Mittel in Tirol ohnehin über den Verein der Straßenzeitung XXXX jederzeit auffind- u. greifbar gewesen wäre, ist hiezu festzuhalten:

Den BF trifft im Rahmen seiner fremden- u. asylrechtlichen Verfahren eine Mitwirkungspflicht, die auch die Verpflichtung beinhaltet, der Behörde jede Änderung des jeweiligen Aufenthaltsorts (unaufgefordert) bekanntzugeben. Damit einhergehend besteht für den BF selbstverständlich auch die allgemeine Meldepflicht nach den melderechtlichen Bestimmungen, gegen die er ebenso verstoßen hat. Der Hinweis darauf, dass der BF ohnehin über den Verein der Straßenzeitung erreicht werden hätte können und daher von einem Ermittlungsfehler auszugehen sei, ist nicht zielführend. Für die Behörde gab es seinerzeit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich der BF von seiner Unterkunft in Tirol sodann nach Wien zurückbegeben hätte, zumal der BF selbst in der Verhandlung angab, die ersten drei Wochen vorerst in XXXX an einer privaten Adresse aufhältig gewesen zu sein. Auch über diese Zeitperiode war der BF nicht meldebehördlich erfasst und für die Behörde unerreichbar. Es trifft daher nicht zu, dass der BF für die Behörde stets greifbar gewesen wäre. Die unterlassene Meldung des BF kann nicht durch eine Überspannung der Ermittlungspflichten der Behörde "wegargumentiert" werden.

Hinsichtlich seines sozialen Netzes im Inland hat das Beweisverfahren gezeigt, dass er soziale Kontakte durch seine Tätigkeit als XXXX verkäufer aufgebaut hat, jedoch trotz der langen Aufenthaltsdauer darüber hinaus keine nennenswerten Integrationsschritte glaubhaft machen konnte. Die Bekanntschaften und die ausgeübten Vereinsaktivitäten rund um die Organisation der Straßenzeitung " XXXX " wurden durch die glaubwürdige Aussage des Zeugen XXXX zwar untermauert, zeigte jedoch auch auf, dass diese schon über lange Zeit bestehenden Bindungen dennoch das Untertauchen und die Verstöße gegen die verhängten gelinderen Mittel in der Vergangenheit nicht verhindern konnten. Hinzu kommt, dass der BF bis zu seiner Abmeldung aus der GVS im Wesentlichen auf die finanzielle Unterstützung der Öffentlichen Hand angewiesen war und seit seinem Untertauchen 2018 über keinen gesicherten Wohnsitz mehr verfügen konnte. Daran kann auch nichts ändern, dass seitens des BF unmittelbar nach der Beschwerdeerhebung die Aufhebung des Bescheides zur Unterkunftnahme in XXXX beantragt wurde um in weiterer Folge wieder in die Grundversorgung aufgenommen zu werden und ein Quartier zu erhalten. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung war nicht klar, ob die Behörde dem diesbezüglichen Antrag folgen würde und danach auch eine Wiederaufnahme in die Grundversorgung mit Quartierzuweisung erfolgen werde. Das Gericht konnte daher nicht vom Vorhandensein eines gesicherten Wohnsitzes ausgehen.

Der BF kann aufgrund seines bisherigen Vorverhaltens weder als vertrauenswürdig, noch als rückkehrwillig oder auch als kooperativ bezeichnet werden. Es ist zwar richtig, dass der BF aus eigenem Antrieb am XXXX in den Räumlichkeiten der Behörde auftauchte, doch geschah dies nach eigenen Angaben, um die Wiederaufnahme in die Grundversorgung zu erbitten. Es kann aus dieser Vorsprache daher nicht geschlossen werden, dass der BF sein bisheriges Fehlverhalten (Untertauchen) eingesehen hätte und sich deswegen bei der Behörde gemeldet hätte. Anhand des bisherigen Verhaltens des BF konnte demnach den BF keine uneingeschränkte Kooperationsfähigkeit bzw. -willigkeit attestiert werden.

Er verfügt obendrein nicht über ein existenzsicherndes eigenes Einkommen und war auf Dauer nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF ist, wie bereits festgehalten, nicht vertrauenswürdig. Im Rahmen einer Gesamtsicht ergibt sich, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens und den Ergebnissen des gerichtlichen Verfahrens weiterhin als fluchtgefährlich zu qualifizieren war. Das Gericht sieht daher im Gleichklang mit der Behörde, Sicherungsbedarf im Sinne der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z. 1, 1a, 3, 5, 7 und 9 FPG für gegeben an.

3.1.4. Darüber hinaus war auch die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gegeben. Ausgehend von der unbekämpft gebliebenen Feststellung des BVwG im Erkenntnis vom 06.06.2017, in welchem ein Eingriff in das Privatleben durch die Außerlandesbringung als verhältnismäßig qualifiziert wurde (Seite 21) und den Angaben des BF im Rahmen der mündlichen Gerichtsverhandlung vor dem erkennenden Gericht, in welcher er keine grundlegende Änderung seiner sozialen Situation in Österreich glaubhaft machen konnte, zeigte sich für das Gericht fallbezogen auch keine diesbezügliche Änderung der Verhältnisse des BF. Betrachtet man daher die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine sozialen Verhältnisse im Inland so zeigt sich, dass der Beschwerdeführer zwar berücksichtigungswürdige sozialen Kontakte im Inland hat, diese aber keine derartige Verfestigung seiner Person aufzeigen konnten, dass das Gericht im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung von einem Überwiegen seiner Interessen am weiteren Verbleib in seinem Umfeld gegenüber den klar daliegenden öffentlichen Interessen ausgehen hätte können.

Der BF hat wiederholt und dauerhaft gegen verwaltungsrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er lebt zwar schon längere Zeit in Österreich, hat sich jedoch, bemessen an der Aufenthaltsdauer nur mäßig und nur sehr punktuell vernetzt und weist weiterhin keinen Grad der Integration auf, der seiner langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet auch nur annähernd entsprechen würde. Die Folge daraus war, dass der BF in Österreich bisher auch keinen dauerhaften Aufenthaltstitel erhalten hat und für seine Person eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht. Die Republik Österreich hat nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland zumindest derzeit rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF kundgetan. Die Tatsache, dass der BF seit vielen Jahren in Österreich eine namhafte Straßenzeitung verkauft und die Mitarbeiter der Straßenzeitung gut kennt, kann die persönlichen Interessen des BF am Verbleib in Österreich im vorliegenden Fall nicht derart stärken, um ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der gesicherten Außerlandesbringung des BF und eines geordneten Fremdenwesens erfolgreich herabzumindern. Das Gericht geht daher - wie oben angeführt - von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind.

Im vorliegenden Fall ist es bisher noch nicht gelungen, ein Heimreisezertifikat von der nigerianischen Botschaft zu erlangen. Aus dem Akt ergibt sich diesbezüglich aber, dass der BF vor der Delegation wiederholt angab, in Rumänien eine Ehefrau und zwei Kinder zu haben. Aus diesem Grund wurde ihm seitens der Delegation aufgetragen, hiefür Dokumente vorzulegen, was der BF jedoch bisher nicht getan hat. Auch den Behörden oder dem Gericht gegenüber liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass diese Behauptung des BF der Wahrheit entsprechen könnte. Grund für die bisherige Verweigerung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates war nach Ansicht des Gerichtes die nicht bewiesene Aussage des BF eine Familie in Rumänien zu haben. Dies obwohl für die Richtigkeit dieser Behauptung nach wie vor keinerlei Anhaltspunkte vorliegen. Auch in den bisher ergangenen Entscheidungen wird dieser Punkt stets erörtert, jedoch mangels an Beweisen hiefür nicht näher berücksichtigt. Die bloße Behauptung, Vater zweier Kinder zu sein, reicht jedenfalls nicht aus. Es war daher zum Zeitpunkt der mündlichen Verkündung aus Sicht des Gerichtes mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die nigerianische Botschaft in weiterer Folge ein Heimreisezertifikat ausstellen würde, falls der BF weiterhin keine Beweise für seine Behauptung Familie in Rumänien zu haben, vorlegen würde. Würde die nigerianische Botschaft dennoch weiterhin kein Heimreisezertifikat ausstellen, so läge diesbezüglich offensichtlich Willkür der Verantwortlichen der Botschaft vor, die nicht vorhersehbar gewesen ist. Nach VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144 kommt es nicht darauf an, ob die tatsächliche Erlangbarkeit eines Heimreisezertifikates schon feststeht. Im konkreten Fall erschien es nicht grundsätzlich aussichtslos, dass die Botschaft nach erfolglosem Verstreichen einer Frist für die Vorlage von Beweisdokumenten hinsichtlich der Familie des BF, in weiterer Folge von der Unwahrheit der Behauptung ausgehend, bereit wäre, nunmehr ein Heimreisezertifikat für den BF auszustellen. Es muss daher der Behörde zugestanden werden, aufgrund der oben ausgeführten Sachlage einen weiteren Versuch zur Erlangung eines Heimreisezertifikates unternehmen zu dürfen. Die Schubhaft stellte sich daher auch aus diesem Grunde nicht als unverhältnismäßig dar.

Die Behörde hat sich auch bemüht, die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten. Der BF wurde am XXXX festgenommen. Nach dem Akteninhalt konnte der BF bereits am 26.04.2019 neuerlich der Botschaft vorgeführt werden und wurde dabei seine nigerianische Staatsangehörigkeit bestätigt. Eine weitere Abklärung durch die Botschaft wurde als notwendig erachtet. Dennoch wurde bereits am 30.04.2019 seitens der Direktion des BFA gegenüber der Botschaft die Wichtigkeit der Angelegenheit zum Ausdruck gebracht und nach kurzer Zeit wieder bei der Botschaft die Ausstellung urgiert. Der Behörde war daher, entgegen dem beschwerdegegenständlichen Vorbringen, keine Untätigkeit vorzuwerfen. Es ist notorisch und gerichtsbekannt, dass den Botschaften für ihre eigenen Ermittlungen ein Zeitraum von mehreren Monaten einzuräumen ist um schließlich ein Zertifikat zu erhalten. Dabei muss festgehalten werden, dass die Behörde keinerlei Einfluss auf die Ermittlungsgeschwindigkeit der ausländischen Behörden ausüben kann und ihr längere Ermittlungen der Heimatstaaten daher auch nicht angelastet werden können. Die Schubhaft stellte sich daher auch aus diesem Grunde nicht als unverhältnismäßig dar.

3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der beabsichtigten Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre, da der BF in der Vergangenheit bereits mehrmals gegen gelindere Mittel verstoßen hat. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran zu haben scheint, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio". Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlich bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Die sozialen Verhältnisse, die auch aus dem vorangegangenen Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung bekannt waren wurden ebenso ins Kalkül gezogen, wie der Verstoß gegen gelindere Mittel. Wie oben näher ausgeführt wurde, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung.

4. Wenn seitens des BF moniert wird, dass die gemäß § 80 Abs. 6 FPG periodisch durchzuführende, amtswegige Schubhaftprüfung in einem Fall nicht rechtzeitig durchgeführt worden sei und daher seit dem Tage der versäumten Überprüfung die Schubhaft als rechtswidrig anzusehen sei, erwägt das Gericht hiezu wie folgt:

Nach § 80 Abs. 6 FPG ist die Behörde verhalten, von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Eine konkrete Rechtsfolge der Unterlassung bzw. der verspäteten Prüfung sieht das Gesetz nicht vor. Diesfalls von einer Rechtswidrigkeit der Schubhaft auszugehen stellt jedoch nach Ansicht des Gerichts eine verkürzte Sicht der Dinge dar.

Aufgrund der nachfolgenden gerichtlichen Prüfung ergab sich, dass die Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft (während der gesamten Zeit bis zur gerichtlichen Entscheidung) rechtmäßig gewesen ist und auch durchgehend auf einen gültigen, rechtskonformen Bescheid begründet war. Es macht daher in diesem Fall keinen Unterschied, ob die Behörde rechtzeitig eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt hat, oder nicht, da ohnehin aus der gerichtlichen Überprüfung hervorgeht, dass die Anhaltung rechtmäßig und sohin auch verhältnismäßig gewesen ist. Die verspätet durchgeführte Prüfung nach § 80 Abs. 6 FPG führt demnach nicht zur Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Schubhaft.

Auch in der anderen, hier nicht gegebenen, Konstellation ist dies unproblematisch. Wenn das Gericht die Schubhaft für rechtswidrig erklärt hätte, wäre gerichtlicherseits auch anzugeben gewesen, zu welchem Zeitpunkt die Rechtswidrigkeit eingetreten ist. Der Rechtsschutz ist daher durch die Möglichkeit der Beschwerdeerhebung diesbezüglich gewährleistet.

Die Unterlassung oder die verspätete behördliche Verhältnismäßigkeitsprüfung führt daher nicht zur Rechtswidrigkeit der Anhaltung.

5. Zur Festnahme:

5.1. Ein Festnahmeauftrag kann gemäß § 34 Abs. 3 BFA-VG gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt (Z 1), wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist (Z 2), wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll (Z 3) oder wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat (Z 4). Der Festnahmeauftrag ergeht laut § 34 Abs. 5 BFA-VG in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden. In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten gemäß § 34 Abs. 6 BFA-VG auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen. Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 9 BFA-VG den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX auf Basis eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 1 Zi. 2 BFA-VG festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überste

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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