TE Bvwg Beschluss 2019/12/10 L517 2215467-3

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Veröffentlicht am 10.12.2019
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Entscheidungsdatum

10.12.2019

Norm

BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4
BVwGG §9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L517 2215467-3/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Behindertenpass als Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom XXXX OB: XXXX betreffend Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF, § 9 BVwGG, BGBl I Nr 10/2013 idgF, iVm § 1 Abs 4 Z 3 Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl II Nr 495/2013 idgF, soweit sie sich auf Nichtvornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" bezieht, mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in dieser Angelegenheit zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1.0 Kurzsachverhalt:

Die beschwerdeführende Partei (in Folge "bP") war seit 15.09.2017 in Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 vH. Seit 03.01.2018 waren die Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und "Gesundheitsschädigung gem. §2 Abs.1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" eingetragen.

Der Behindertenpass wurde befristet bis 31.12.2018 ausgestellt mit der Begründung "eine Besserung der Mobilität sei möglich". Eine weitere Nachuntersuchung werde im Mai 2021 aufgrund der abgeschlossenen Heilungsbewährung notwendig.

Am 08.11.2018 stellte die bP unter Beibringung aktueller Befunde einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses bei der belangten Behörde (in Folge "bB")

Laut Aktenvermerk vom 15.11.2018 und der ärztlichen Vorschreibung ging die bB davon aus, dass von der bP nur die Ausstellung eines neuen Behindertenpasses nicht aber die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" beantragt wurde.

In der Folge wurde am 28.01.2019 ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten erstellt. Es wurde ein Gesamtgrad der Behinderung mit 60 vH und die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt.

Mit Schreiben vom 16.02.2018 eingelangt am 18.02.2019 erhob die bP Beschwerde gegen den ausgestellten Behindertenpass und führte unter anderem aus:

Die Erkrankungen seien gegenüber der Entscheidung vor einem Jahr schlechter geworden. Sie habe für die neue Entscheidung bezüglich des Behindertenpasses eine Untersuchung in XXXX gehabt. Diese Untersuchung sei in keinerlei Hinsicht eine "fachgerechte" Untersuchung gewesen. Die bP habe lediglich die Arme und Beine etwas in die Höhe heben müssen und es sei nicht um die eigentlichen Erkrankungen und deren Folgeerscheinungen gegangen. Aufgrund so einer Untersuchung könne man unmöglich eine 10-prozentige Minderung bezüglich des Behindertenpasses ableiten. Aufgrund dieser Entscheidung würde die bP keinen Parkschein mehr bekommen beim Parken ihres Autos, obwohl ihre Folgeerscheinungen der Chemotherapie in ihren Füßen weitaus schlechter wären als vor einem Jahr und es für die bP ein größeres Problem darstelle weitere Strecken zu gehen. Auch die drei Bandscheiben Operationen, sowie der Oberschenkelhalsbruch würden immer größere Schmerzen machen. Dies sei jedoch bei der Untersuchung in XXXX nicht beachtet worden. Falls weitere neue Befunde für eine Neubearbeitung benötigt werden, sei die bP gerne bereit diese vorzulegen.

Am 05.03.2019 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.

Mit Verbesserungsauftrag vom 23.08.2019 wurde die bP aufgefordert der Beschwerde entsprechend, weitere Befunde vorzulegen.

Mit Schreiben vom 30.08.2019 eingelangt am 02.09.2019 führte die bP zusätzlich aus:

Aufgrund der "symptomatischen Polyneuropathie im Bereich beider unterer Extremitäten" (im Befund markiert), sei es für sie oft unmöglich gewisse Dinge zu erledigen, weil sie zu weite Entfernungen zu Fuß zurücklegen müsse, weil sie nicht auf den "Behindertenparkplätzen" parken könne. Sie sei deswegen oft auf fremde Hilfe angewiesen.

Die Prozente im Behindertenpass würden keine so große Rolle spielen, viel wichtiger sei für sie der Parkausweis.

2.0. Beweiswürdigung:

Bezugnehmend auf die Ausführungen der bP sowie unter Berücksichtigung des Antragsbegehrens - Verlängerung des befristet ausgestellten Behindertenpasses - geht das erkennende Gericht davon aus, dass sich die vorliegende Beschwerde ihrem Inhalt nach auch auf die "Nichtvornahme" der in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen näher geregelten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" bezieht.

Zwar führt die bB in einem Aktenvermerk aus, nach Intention des Antrages werde von der bP nur mehr die Neuausstellung des ursprünglich befristeten Behindertenpasses begehrt, ohne Zusatzeintragung, doch kann dem Willen der Beschwerde eindeutig auch das Begehren der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" entnommen werden und hätte die bB diesbezüglich bescheidmäßig darüber absprechen müssen.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl Nr 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl Nr 283/1990 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl I Nr 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl II Nr 495/2013

3.2. Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt 3.1. im Generellen und die unter Pkt 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 9 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 Abs 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Laut den Bestimmungen des BBG ist das genannte Gericht neben den Verfahren hinsichtlich der Ausstellung eines Behindertenpasses auch für Verfahren auf Einschätzung des Grades der Behinderung oder auf Vornahme von Zusatzeintragungen berufen.

Gegenständliche Beschwerde richtet sich ihrem Inhalt nach ua. gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Sache" des Rechtsmittelverfahrens vor dem Verwaltungsgericht - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl dazu für viele VwGH 30.06.2016, Ra2016/11/0044, mwN).

Die Zuständigkeit setzt voraus, dass eine erstinstanzliche Entscheidung vorliegt. Bedingt durch den Umstand, dass keine Entscheidung in Bezug auf die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass in diesem Zusammenhang von der bB erfolgte - weder wurde diese im Behindertenpass eingetragen noch wurde bescheidmäßig darüber abgesprochen - ist das ho Gericht mangels entsprechender Kognitionsbefugnis unzuständig und war von einer inhaltlichen Prüfung in der Sache selbst Abstand zu nehmen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass mit Ausstellung des Behindertenpasses vom 29.01.2019 ein Grad der Behinderung von 60 % festgestellt wurde, welcher in weiterer Folge von der bP auch in Beschwerde gezogen wurde. Keine Absprache erfolgte über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" weshalb es hier an eine Entscheidung in der Sache durch die bB fehlt.

Soweit sich die Beschwerde in Ihren Beschwerdepunkten auf den Grad der Behinderung bezog, wurde diese seitens des BVwG mit Erkenntnis 2215467-1 vom 10.12.2019 abgewiesen.

Aufgrund der Beschränkung der Sache des Beschwerdeverfahrens ist das Verwaltungsgericht nicht befugt, über von der Behörde nicht behandelte Anträge abzusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde mangels Zuständigkeit des BVwG als unzulässig zurückzuweisen.

3.3. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG waren somit nicht gegeben.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Kognitionsbefugnis, Unzuständigkeit, Zurückweisung, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L517.2215467.3.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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