Entscheidungsdatum
10.12.2019Norm
AuslBG §12bSpruch
L512 2224448-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Silvia WEIGL und Mag. Rudolf MOSER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Benno WAGENEDER, gegen den Bescheid des AMS XXXX vom 28.06.2019, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 02.09.2019, GZ: AMS XXXX ABB-Nr. XXXX , wegen Abweisung des Antrags auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Ziffer 1 AuslBG zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Arbeitnehmer XXXX (im Folgenden Antragsteller), ein Staatsangehöriger der Republik XXXX , stellte am 16.05.2019 beim Magistrat XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Schlüsselkraft ("Rot-Weiß-Rot-Karte") gemäß § 41 Abs 2 Z 2 NAG für eine Beschäftigung als Spengler- und Dachdeckerhelfer bei XXXX (im Folgenden Arbeitgeber). Es wurden zahlreiche Unterlagen, unter anderem ein Zertifikat der XXXX , Lohn- und Gehaltsabrechnungen der XXXX , eine Bestätigung der XXXX , ein Arbeitsvertrag der XXXX , eine Arbeitgebererklärung XXXX , vorgelegt.
I.2. Der oa. Antrag wurde seitens des Magistrates XXXX am 29.05.2019 an das AMS mit dem Ersuchen um Prüfung und Mitteilung ob die Voraussetzungen des nach § 20d Abs 1 Z 3 AuslBG vorliegen, übermittelt.
I.3. Mit Schreiben des AMS vom 05.06.2019 wurde der Arbeitgeber aufgefordert, fehlende Unterlagen (Qualifikation, abgeschlossene Ausbildung, Sprachkenntnisse) bis zum 19.06.2019 nachzureichen bzw. eine Stellungnahme dazu abzugeben, dass nach eingehender - näher dargelegte - Prüfung des Antrages des Antragstellers auf "Rot-Weiß-Rot Karte" nur 15 von 55 Mindestpunkten angerechnet werden. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass eine Tätigkeit als "Helfer" wie im Antrag angegeben nicht in den Bereich einer Schlüsselkraft fällt.
Vom Arbeitgeber bzw. Antragsteller wurden keine Unterlagen vorgelegt bzw. wurde auch keine Stellungnahme eingebracht.
I.4. Am 27.06.2019 wurde der gegenständliche Fall nach Anhörung des Regionalbeirates einhellig negativ beurteilt.
I.5. Mit Bescheid des AMS XXXX vom 28.06.2019, GZ: XXXX , ABB-Nr. XXXX , wurde der Antrag vom 16.05.2019 gemäß § 20d Abs 1 AuslBG auf Zulassung als Fachkraft gemäß § 12b AuslBG des Antragstellers im Unternehmen des Arbeitgebers nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12b Z 1 AuslBG abgewiesen.
I.5.1. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gemäß § 12b Z 1 AuslBG Ausländer zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen werden, wenn sie die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind.
Im konkreten Fall habe das Ermittlungsverfahren statt der erforderlichen Mindestpunktanzahl von 55 nur 15 ergeben.
Für die angeführten Kriterien wurden folgende Punkte vergeben:
Qualifikation: 0, Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 0,
Sprachkenntnisse 0, Alter 22 Jahre: 15, Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen: 0.
I.6. Im Zuge der Beschwerde wurde dargelegt, dass keine der beigelegten Unterlagen des Antragstellers berücksichtigt worden seien. Aufgelistet wurden dahingehend im Weiteren spezielle Kenntnisse bzw. Fähigkeiten in der beabsichtigten Beschäftigung, die allgemeine Universitätsreife, Berufserfahrung im In- und Ausland sowie Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 des Antragstellers.
I.7. Mit Verständigung des AMS vom 09.08.2019 wurde dem Antragsteller mit Hinweis auf die Erläuterungen in der Regierunsvorlage (1177 dB 24.GP) zur Novelle des AulBG BGBl I Nr. 25/2011, im Wesentlichen mitgeteilt, dass der in § 12b Abs 1 AulBG verwendete Begriff der "Schlüsselkraft" klarstelle, dass für eine Helfertätigkeit im Rahmen dieser Regelung keine Berechtigung erteilt werden dürfe. Aufgrund dessen sei auch kein Ersatzkraftverfahren durchgeführt worden.
Selbst wenn ein Antrag für eine qualifizierte Facharbeitertätigkeit gestellt worden wäre, würde die erforderliche Mindestpunktzahl nicht erreicht werden. Der Antragsteller würde für eine Tätigkeit als qualifizierter Spengler nur insgesamt 30 von den erforderlichen 55 Punkten erreichen (Sprachkenntnisse Deutsch/Englisch: 15, Alter: 15).
I.8. Am 27.08.2019 langte beim AMS eine Stellungnahme (ohne Datum) des Antragstellers ein. Darin wurde ausgeführt, dass der Antragsteller eine betriebliche Ausbildung als Blechschlosser absolviert habe und seit längerer Zeit als eigenständiger Bitumenflämmer ausgebildet worden sei. Mit diesen Qualifikationen und der Berufserfahrung könne er vielleicht die geforderten 55 Punkte erreichen. Er arbeite im zweiten Jahr beim Arbeitgeber, welcher ihn brauche und wolle er weiter da arbeiten.
I.9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 02.09.2019 wies das AMS die Beschwerde ab und begründete dies damit, dass aus den Erläuterungen in der Regierunsvorlage (1177 dB 24.GP) zur Novelle des AulBG, BGBl I Nr. 25/2011, klar hervorgehe, dass sonstigen Schlüsselkräften aus Drittstaaten nur eine qualifizierte Beschäftigung in Österreich ermöglicht werden soll. Schon der in § 12b Abs 1 AuslBG verwendete Begriff der "Schlüsselkraft" (besonders qualifizierte Personen, die zur Sicherung bestehender und zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze notwendig sind) stelle klar, dass für eine Helfertätigkeit im Rahmen dieser Regelung keine Berechtigung erteilt werden dürfe. Aus diesem Grund sei auch kein Ersatzkraftverfahren durchgeführt worden und wäre selbst dann, wenn ein Antrag für eine qualifizierte Facharbeitertätigkeit gestellt worden wäre, die erforderliche Mindestpunktzahl nicht erreicht worden.
I.10. Mit Schriftsatz vom 30.09.2019 wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt. Darin wurde ergänzend ausgeführt, dass die Bezeichnung Spengler und Dachdeckerhelfer aufgrund sprachlicher Mängel nicht richtig gewählt worden sei und Schwarzdecker die richtige Berufsbezeichnung sei.
Das Spezialwissen des Antragstellers bestehe darin, mit dem Produkt Kemperol Flachdächer abzudichten und Anschlüsse herzustellen. Kemperol sei ein Kunststoffanstrich. Zudem beherrsche er das Flämmen von Bitumen, womit ebenfalls Flachdächer abgedichtet werden würden. Für das Gewerbe des Schwarzdeckers existiere keine gesetzlich geregelte Ausbildung und würden die nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten meist betriebsintern oder in Kurzausbildungen erworben. Für diese Tätigkeit würden dem Antragsteller 20 Punkte zustehen.
Als außerordentlicher Student habe der Antragsteller bereits nebenbei in Österreich beim Arbeitgeber Berufserfahrung erworben und sei ihm zuletzt mit Bescheid des AMS XXXX eine Beschäftigungsbewilligung für eine Ganztagsbeschäftigung im Ausmaß von 38,5 Stunden erteilt worden. Die Berufserfahrung in Österreich und im Ausland hätte ebenfalls berücksichtigt werden müssen.
I.11. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.10.2019 vorgelegt. Darin führte das AMS unter anderem aus, dass der Antragsteller am 27.08.2019 eine Stellungnahme zur Verständigung des AMS vom 09.08.2019 beim AMS XXXX eingebracht habe, diese aufgrund des Scanvorganges (Einbringung AMS XXXX - direkte Weiterleitung an BRZ Wien - dortiges einscannen) jedoch erst am 02.09.2019 (Tag der Bescheidversendung) in den Datensatz eingespielt und sohin nicht mehr berücksichtigt worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Antragsteller stellte am 16.05.2019 beim Magistrat XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Schlüsselkraft ("Rot-Weiß-Rot-Karte") gemäß § 41 Abs 2 Z 2 NAG für eine Beschäftigung als Spengler- und Dachdeckerhelfer bei der XXXX (Arbeitgeber).
Der Antragsteller ist 22 Jahre alt, besuchte im XXXX bis zur zwölften Schulstufe ein Gymnasium und schloss das Schuljahr XXXX mit sehr gutem Erfolg ab. Er verfügt im XXXX über die mittlere Reife.
Von XXXX hat der Antragsteller im XXXX eine theoretische und praktische betriebliche Ausbildung als Blechverarbeiter bei der Firma XXXX absolviert.
Von XXXX bis XXXX war der Antragsteller als Blechverarbeiter im Außendienst bei der Firma XXXX tätig.
Seit 17.04.2018 weist der Antragsteller eine Vollbeschäftigungszeit in Österreich als Spengler/Schwardecker auf. Die vorgesehene Bruttoentlohnung beträgt € 2.618,46.
Der Antragsteller verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des AMS.
Aus der Arbeitgebererklärung vom 16.05.2019 geht die Beschreibung der (beabsichtigten) beruflichen Tätigkeit des Antragstellers als Spengler- und Dachdeckerhelfer hervor.
Aus dem Zeugnis der " XXXX " Schule sowie dem Diplom des XXXX , geht der Schulbesuch sowie der Abschluss der mittleren Reife hervor.
Dem Arbeitsvertrag (abgeschlossen zwischen Arbeitgeber und Antragsteller am XXXX ) ist zu entnehmen, dass der Antragsteller seit XXXX als Spenglerhelfer (siehe dazu § 3 des Arbeitsvertrages) eingesetzt wird und auch Spenglerarbeiten ausführt.
Die monatliche Bruttoentlohnung ist dem Arbeitsvertrag vom 17.04.2019 und den vorgelegten Lohn/Gehaltsabrechnungen zu entnehmen.
Die Deutschkenntnisse sind der Bestätigung des Studienerfolges der XXXX vom XXXX zu entnehmen.
Die betriebliche Ausbildung von XXXX bis XXXX als Blechverarbeiter sowie die Tätigkeit als Blechverarbeiter von XXXX bis XXXX bei der Firma XXXX gehen aus dem Zertifikat samt Anhang vom 31.03.2015 sowie dem Empfehlungsschreiben vom 01.03.2019 der Firma XXXX hervor.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 20g Abs 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des AuslBG lauten:
§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine "Rot-Weiß-Rot - Karte", Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine "Blaue Karte EU" und ausländische Künstler den Antrag auf eine "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde - je nach Antrag - schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2. als Fachkraft gemäß § 12a,
3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),
5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine "Blaue Karte EU") oder
6. als Künstler gemäß § 14
erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.
§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie
1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt,...
Die Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12 b Z 1 lauten (Anlage C):
KRITERIEN PUNKTE
Qualifikation maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder
Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung: 20
Allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 d.
Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120: 25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer: 30
Ausbildungsadäquate Berufserfahrung maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr): 2
Berufserfahrung in Österreich: (pro Jahr) 4
Sprachkenntnisse Deutsch maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A1): 5
Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A2):
10
Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1): 15
Sprachkenntnisse Englisch maximal anrechenbare Punkte: 10
Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A2):
5
Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1): 10
Alter maximal anrechenbare Punkte: 15
Bis 30 Jahre: 15
Bis 40 Jahre: 10
Summe der maximal anrechenbaren Punkte: 90
Zusatzpunkte für ProfisportlerInnen und ProfisporttrainerInnen 20
Erforderliche Mindestpunkteanzahl: 55
Im gegenständlichen Verfahren begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass er die Voraussetzungen im Sinne des § 12b Z 1 AuslBG erfüllt bzw. die erforderliche Mindestpunktanzahl für die in der Anlage C angeführten Kriterien erreicht werden.
Das Anforderungsprofil ist vom Arbeitgeber festzulegen und muss nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes in den betrieblichen Notwendigkeiten Deckung finden und im Unternehmensgegenstand rechtlich gedeckt sein (vgl. weiters VwGH 89/09/0061 18.10.1989).
Grundsätzlich ist es das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm beschäftigte Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung, die bei einer Prüfung nach § 4 Abs 1 AuslBG zugrunde zu legen sind (vgl. VwGH 94/09/0096 vom 15.9.1994).
Die Behörde ist grundsätzlich an das vom Arbeitgebers formulierte Anforderungsprofil gebunden. Die Behörde hat aber zu prüfen, ob die von der Arbeitskraft zu leistenden Tätigkeiten konkret umschrieben sind, ob sie in den betrieblichen Notwendigkeiten ihre Deckung finden und ob die darüber erbrachten Nachweise ausreichen (vgl. VwGH 2015/09/0011 vom 10.09.2015).
Modifikationen im Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle im Zuge des Beschwerdeverfahrens sind zulässig, sofern diese Modifikationen nicht zu einer Gesamtänderung des Berufsbildes führt (VwGH 20. Oktober 1988, Zl. 88/09/0092).
Der Antragsteller hat mit Vorlageantrag vom 30.09.2019 dargelegt, dass aufgrund von sprachlicher Mängel die Bezeichnung "Spengler und Dachdeckerhelfer" nicht richtig gewählt worden sei. Die richtige Berufsbezeichnung sei "Schwarzdecker".
Der potentielle Arbeitgeber hat das Anforderungsprofil in der Arbeitgebererklärung entsprechend der betrieblichen Notwendigkeiten jedoch nicht modifiziert. Laut Arbeitgebererklärung wurde die berufliche Tätigkeit mit Spenglerarbeiten benannt bzw. wurde in der Rubrik "Genaue Beschreibung der Tätigkeit" die Arbeit mit Spengler und Dachdeckerarbeiten als Helfer festgelegt. Das AMS hat bereits im Verfahren erster Instanz dem Arbeitgeber mit Schreiben betreffend Einräumung des Parteiengehörs vom 05.06.2019 sowie am 09.08.2019 die Gelegenheit eingeräumt, Stellung zu nehmen bzw. Unterlagen nachzureichen, u.a. auch zum Umstand, dass für Helfertätigkeiten im Rahmen dieser Regelung keine Berechtigung erteilt werden darf.
Dahingehend war den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom 02.09.2019 zu folgen, wonach aus den Erläuterungen in der Regierungsvorlage (1177 dB 24 GP.) zur Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl I Nr 25/2011, mit der das kriteriengeleitete Zuwanderungsmodell eingeführt wurde, klar zu entnehmen ist, dass sonstigen Schlüsselkräften aus Drittstaaten nur eine qualifizierte Beschäftigung in Österreich ermöglicht werden soll.
Eine Tätigkeit die im überwiegenden Ausmaß in Hilfsarbeitertätigkeiten oder einfachen angelernten Tätigkeiten bestehen soll, wie im konkreten Fall beabsichtigt - Spengler- und Dachdeckerarbeiten als Helfer - ist im Rahmen einer solchen Berechtigung daher nicht möglich.
Da es bei der Beurteilung einzelfallbezogen auf die tatsächlich auszuführende Tätigkeit ankommt, konnte bei der Beurteilung der tatsächlichen Tätigkeit (Spengler- und Dachdeckerhelfer) auch dahingestellt bleiben, inwieweit die im XXXX absolvierte Ausbildung überhaupt mit einer österreichischen Lehrberufsausbildung "Spengler" vergleichbar bzw. gleichwertig im Rahmen der Zulassung als "sonstige Schlüsselkraft" ist.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass - wie im Vorlageantrag dargelegt - der Antrag für eine qualifizierte Facharbeitertätigkeit (Schwarzdecker) gestellt worden wäre, würde die erforderliche
Mindestpunkteanzahl nicht erreicht werden:
Zum Zulassungskriterium Qualifikation wird folgendes ausgeführt:
Eine abgeschlossene Berufsausbildung liegt vor, wenn der Antragsteller über ein Zeugnis verfügt, das seine Qualifikation für die beabsichtigte Beschäftigung zweifelsfrei nachweist. Eine formale Gleichstellung mit einer inländischen Berufsausbildung ist nicht erforderlich. Schlüsselkräfte können alternativ zu einer formellen Berufsausbildung auch spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten geltend machen, die nicht durch formale Ausbildungsnachweise dokumentiert werden können, aber zur Ausübung der konkreten Tätigkeit notwendig sind (zB Profisportler, Designer, Musiker). Dafür sind entsprechende Nachweise vorzulegen (Dienstzeugnisse etc.). Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht (vgl. Deutsch/Novotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz, Gesetze und Kommentare, S 359).
Den Erläuterungen (RV 1077 BlgNR 24. GP, S 12) zum Erfordernis einer "einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung" des § 12a Z 1 AuslBG ist zu entnehmen, dass "[...] nur Fachkräfte zugelassen werden [können], die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem solchen Mangelberuf nachweisen, die einem Lehrabschluss vergleichbar ist. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht. Dementsprechend hoch ist die Qualifikation auch im Kriterienkatalog der Anlage B bewertet." Wie auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.01.2013, 2012/09/0068, festgehalten hat, sieht der Gesetzgeber damit als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung iSd Anlage B einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vor.
Gleiches muss für das Erfordernis einer "abgeschlossenen Berufsausbildung" iSd Anlage C gelten, zumal sich weder aus den Erläuterungen noch aus dem systematischen Zusammenhang oder dem Wortlaut Anhaltspunkte ergeben, dass an die "abgeschlossene Berufsausbildung" iSd Anlage C geringere Anforderungen bestünden als an die "abgeschlossene Berufsausbildung" iSd Anlage B.
In Österreich besteht derzeit keine gesetzlich geregelte Ausbildung für Schwarzdecker. Vielmehr werden die nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse betriebsintern angeeignet oder in Lehrgängen erworben (vergleiche AMS Berufslexikon).
Da in Österreich keine gesetzlich geregelte Ausbildung für Schwarzdecker besteht, wäre zumindest eine Ausbildung in einem verwandten Beruf wie beispielsweise Dachdecker oder Bauspengler (plus Zusatzausbildung) nachzuweisen.
Im Zuge des Verfahrens hat der Antragsteller ein Zertifikat über eine sechsmonatige betriebliche Ausbildung als Blechverarbeiter im XXXX vorgelegt.
Entsprechend der Spengler/in-Ausbildungsordnung dauert die Ausbildung für den Beruf des Spenglers drei Jahre (§ 1 Abs 1 Spengler/in-Ausbildungsordnung) und wird mit der Lehrabschlussprüfung abgeschlossen. Es handelt sich dabei um ein duales Ausbildungssystem, zumal die Ausbildung im Lehrbetrieb und in der Berufsschule erfolgt.
Die im XXXX absolvierte sechs Monate dauernde und rein betriebsinterne Ausbildung als Blechverarbeiter entspricht sohin nicht den Anforderungen der österreichischen Lehre bzw. Lehrabschlussprüfung als Spengler.
Auch hinsichtlich der mit Vorlageantrag dargelegten ausgeübten Tätigkeit als Schwarzdecker (seit April 2019) besteht schon aufgrund der sehr kurzen Zeitraums keine Vergleichbarkeit mit einem Lehrabschluss nach mehrjähriger Ausbildung in Österreich.
Somit liegt jedenfalls keine einem österreichischen Lehrabschluss vergleichbare Ausbildung (auch in keinem verwandten Beruf) vor (vergleiche VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068, unter Verweis auf die Erläuterungen [1077 Blg. NR 24. GP, RV, S 12] zum Erfordernis einer "einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung" des § 12a Z. 1 AuslBG)
Die geltend gemachte allgemeine Hochschulreife kann für die Vergabe von Punkten nicht herangezogen werden, da eine solche für den Beruf des Spenglers weder erforderlich noch üblich ist.
Das zusätzliche Kriterium "spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten" in der Anlage C gilt alternativ zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung und soll sicherstellen soll, dass Profisportler, aber auch sonstige Spezialisten zugelassen werden können, die über keine formelle (Berufs)-Ausbildung verfügen. Das Vorliegen derartiger spezieller Kenntnisse oder Fertigkeiten in der beabsichtigten Beschäftigung, wie sie Profisportler und andere Spezialisten besitzen, wurde zwar behauptet, eine sechs Monate dauernde betriebliche Ausbildung kann jedoch nicht als spezielle Kenntnis anerkannt werden.
Für Praxiszeiten, die nachgewiesen wurden, können im Zusammenhang mit einer ausbildungsadäquaten Berufserfahrung keine Punkte vergeben werden, da keine abgeschlossene Berufsausbildung vorliegt.
Der Antragsteller legte zum Beweis seiner Deutschkenntnisse eine Bestätigung des Studienerfolges der XXXX vom XXXX vorgelegt. Im Sinne der NAG-DV und der FPG-DV und in Anlehnung an die Vorgaben für die NAG Behörden ist für den Nachweis der Sprachkenntnisse grundsätzlich ein Sprachdiplom oder ein Kurszeugnis, das nicht älter als ein Jahr ist notwendig. Der BF hat dadurch Sprachkenntnisse der Deutschen Sprache auf B1 Niveau nachgewiesen, sodass 15 Punkte angerechnet werden können.
Dem Antragsteller können aufgrund seines Alters von 22 Jahren 15 Punkte entsprechend der Anlage C (siehe oben eingefügte Tabelle) vergeben werden.
Insgesamt wurde die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 nicht erreicht.
Aufgrund der Nichterreichung der Mindestpunkteanzahl war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080).
Der tatsächlich entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig. In der gegenständlichen Entscheidung war nur über Rechtsfragen abzusprechen. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren somit nicht gegeben.
Schlagworte
Berufsausbildung, Hilfskraft, Qualifikation, Rot-Weiß-Rot-Karte,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L512.2224448.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020