Entscheidungsdatum
12.12.2019Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W185 2203390-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 16.07.2018, Damaskus-OB/KONS/2396/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Österreichische Rote Kreuz, Generalsekretariat, Wiedner Hauptstraße 32, 1041 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 25.05.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem Bruder XXXX , geb. XXXX , am 03.10.2017 persönlich bei der Österreichischen Botschaft unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der Bruder der Beschwerdeführerin, XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, genannt, welchem mit Bescheid des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt) vom 10.05.2017 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei.
Die Unterlagen wurden am 04.10.2017 dem Bundesamt zur Prüfung übermittelt. Am 17.04.2018 teilte das Bundesamt gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten betreffend die Beschwerdeführerin (und deren Bruder) nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde ausgeführt, dass die Antragsteller die, auch schon im Zeitpunkt ihrer Antragstellung, volljährigen Geschwister der asylberechtigten Bezugsperson in Österreich seien. In der angeschlossenen Stellungnahme des Bundesamtes wurde ausgeführt, dass kein im Sinne des §35 Abs. 5 AsylG relevantes Familienverhältnis vorliege, da sich aus dem Ermittlungsverfahren bzw. den niederschriftlichen Angaben ergebe, dass die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinne des § 35 AsylG gar nicht bestehe. Aus dem Einbringungsdatum des Einreiseantrages bei der ÖB ergebe sich, dass die Verfahrensparteien zum Einbringungsdatum des Antrages bei der ÖB das 18. Lebensjahr bereits vollendet hätten und es sich demnach nicht mehr um minderjährige Personen handle.
Mit Schreiben vom 19.04.2018, zugestellt am 07.05.2018, wurde der Beschwerdeführerin eine Aufforderung zur Stellungnahme (Parteiengehör) übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das Bundesamt nach Prüfung des Antrags mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei; hingewiesen wurde hiebei auf die beiliegende Mitteilung und Stellungnahme des Bundesamtes vom 17.04.2018. Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 Abs. 4 AsylG abzulehnen wäre. Es werde Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
In einer Stellungnahme vom 17.05.2018, verfasst durch die rechtsfreundliche Vertretung, brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass ihre Eltern eine positive Mitteilung des Bundesamtes erhalten hätten. Die Eltern müssten nun ohne die Beschwerdeführerin und ihren Bruder nach Österreich reisen. Die Beschwerdeführerin müsse als alleinstehende Frau ohne familiären Rückhalt und ohne sonstigen sozialen Netzwerke allein im Libanon zurückbleiben. Sie wäre somit einer ausweglosen Situation sowie fehlenden Existenzgrundlage ausgesetzt. Der Bruder der Beschwerdeführerin könne nicht alleine für sich sorgen und sei auf die Hilfe seiner Familie angewiesen, da er seit seiner Kindheit an Epilepsie sowie einer geistigen Entwicklungsstörung leide. Unstrittig sei, dass die Beschwerdeführerin und ihr Bruder zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits volljährig gewesen seien und deshalb nicht vom Kreis der Familienangehörigen gemäß § 35 Abs 5 AsylG erfasst würden. Die Anträge seien aber im Sinne des Art. 8 EMRK zu prüfen, da trotz Volljährigkeit eine starke Abhängigkeit zur Familie bestehe. Die Behörde hätte abwägen müssen, wie schwer der Eingriff in das durch Art 8 EMRK garantierte Recht im vorliegenden Fall wiege und entscheiden müssen, ob trotz Volljährigkeit ein Einreistitel hätte erteilt werden müssen. Berücksichtigt werden hätte auch müssen, dass die Bezugsperson ihren Antrag auf internationalen Schutz bereits im Jahre 2015 gestellt habe und somit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Beschwerdeführerin (und ihr Bruder) noch minderjährig gewesen seien.
Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt, erstattete das Bundesamt am 25.05.2018 eine neuerliche (negative) Wahrscheinlichkeitsprognose. Die Gewährung desselben Status sei nicht wahrscheinlich, da die Beschwerdeführerin und deren Bruder keine Familienangehörigen der Bezugsperson im Sinne des AsylG seien.
Mit Bescheid der ÖB Damaskus vom 25.05.2018, zugestellt am 28.05.2018, wurde der Einreisantrag der Beschwerdeführerin mit der
o. a Begründung gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes zu entnehmen gewesen. Die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 17.05.2018 sei dem Bundesamt zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung zugeleitet worden. Nach deren Prüfung habe die Behörde mitgeteilt, dass vollinhaltlich an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde. Daraus habe sich ergeben, dass der Antrag abzulehnen gewesen wäre.
Gegen den Bescheid der ÖB Damaskus wurde, vertreten durch die rechtsfreundliche Vertretung, fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen die Ausführungen der Stellungnahme vom 17.05.2018 wiederholt. Die Ablehnung des Antrages basiere darauf, dass die Beschwerdeführerin bereits volljährig sei und somit nicht dem Familienbegriff des AsylG entspreche. Die Behörde sei auf die Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht eingegangen. Daher sei das Ermittlungsverfahren mangelhaft und mit Willkür belastet. Es sei nicht ersichtlich, dass die vorliegende Entscheidung in Bezug auf Art. 8 EMRK sowie auf das Kindeswohl überprüft worden sei. Auch sei die zeugenschaftliche Einvernahme der Bezugsperson beantragt worden, welche jedoch unterblieben sei. Die unterlassene Auseinandersetzung mit den in der Stellungnahme vorgebrachten Argumenten, Beweismitteln und Anträgen stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar, der eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie ein willkürliches Verhalten der Behörde darstelle und den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.07.2018 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht. Daran, dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes gebunden seien, und damit keinen eigenen Entscheidungsspielraum hätten, habe der VwGH in seiner Entscheidung vom 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, festgehalten. Danach unterliege die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Bundesamtes einer Überprüfung nur durch das Bundesverwaltungsgericht, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG 2005 Beschwerde erhoben werde. Es habe unstrittig eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes vorgelegen. Die Stellungnahme der Beschwerdeführerin sei ordnungsgemäß dem Bundesamt vorgelegt worden, welches bei seiner negativen Prognose geblieben sei. Erst in der Folge sei bescheidmäßig abgesprochen worden. Als allein tragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Einreiseantrages sei somit nur in Betracht gekommen, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes die Erfolgsaussichten des Antrages der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden. Jenseits und unabhängig von der dargestellten Bindungswirkung vermöge die Beschwerde die Beurteilung, dass es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine Familienangehörige im Sinne des §35 Abs. 5 AsylG handle, nicht zu entkräften bzw als rechtswidrig erscheinen zu lassen. Die Beschwerdeführer seien unstrittig Geschwister der Bezugsperson. Geschwister - und zwar auch minderjährige Geschwister - würden nicht unter den in § 2 Abs. 1 lit. 22 AsylG definierten Kreis der Familienangehörigen fallen. Die Beschwerdeführerin gehöre als Schwester der Bezugsperson somit nicht zum Kreis der Familienangehörigen; gleiches gelte im Hinblick auf § 35 Abs. 5 AsylG. Bereits deshalb sei der Einreisetitel zu versagen gewesen. Betreffend Art. 8 EMRK und das Kindeswohl wurde ausgeführt, dass weder aus Art 8 EMRK noch in Hinblick auf das Kindeswohl abgeleitet werden könne, dass eine Familienzusammenführung jedenfalls unter einem Titel des Asylrechts zu erfolgen hätte. Vielmehr komme im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht. Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stelle den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Auch das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens stehe unter Gesetzesvorbehalt. Es sei nicht zu sehen, dass ein (allfälliger) Eingriff in das Grundrecht nicht nach Art 8 Abs 2 EMRK gedeckt wäre. Die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG habe des Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG zu eröffnen. Diesem Zweck werde aber nicht entsprochen, wenn - wie im gegenständlichen Fall - Geschwister der Bezugsperson die Einreise nach Österreich gestattet werden würde. Hinsichtlich der Trennung von den Eltern sei anzumerken, dass bei einer Asylgewährung für die Eltern nach § 34 AsylG eine solche für die Beschwerdeführerin nicht in Betracht kommen könne, da dies auf ein "Ketten-Familienverfahren" hinauslaufen würde; die Beschwerdeführer seien jedenfalls "keine minderjährigen ledigen Kinder".
Am 19.07.2018 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht. Begründend wurde auf die Stellungnahme vom 17.05.2018 sowie die Beschwerde vom 22.06.2018 verwiesen.
Mit einem am 13.08.2018 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX geboren und ist syrischer Staatsangehörige.
Die Beschwerdeführerin, deren Eltern und deren Bruder stellten am 03.10.2017 bei der ÖB Damaskus Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Als Bezugsperson wurde ein weiterer Bruder der Beschwerdeführerin, XXXX , geb XXXX , genannt. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.05.2017, rechtskräftig seit 22.06.2017, der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Mit Bescheid der ÖB Damaskus vom 25.05.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.
Eine Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin zur Bezugsperson im Sinne des § 35 Abs 5 AsylG 2005 kann nicht festgestellt werden. Bei Stellung des Einreisantrages hatte die Beschwerdeführerin bereits das 18. Lebensjahr vollendet. Die Volljährigkeit der Beschwerdeführerin im Antragszeitpunkt wurde im Verfahren auch nicht bestritten.
Die Beschwerdeführerin ist gesund. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis der Beschwerdeführerin zu ihren Eltern bzw zur mj Bezugsperson ist nicht ersichtlich.
Nach positiven Mitteilungen des Bundesamtes reisten die Eltern der Beschwerdeführerin nach Österreich und stellten hier Anträge auf internationalen Schutz. Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 24.10.2018 wurde den Eltern der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 (dh im Familienverfahren) zuerkannt.
Die Beschwerdeführerin (und ihr Bruder) leben demnach zum Entscheidungszeitpunkt seit über einem Jahr ohne ihre engsten Familienmitglieder und haben ihren Alltag offenbar ohne Hilfe ihrer Eltern und der Bezugsperson bewältigt. Mangels anderslautender Hinweise ist nicht anzunehmen, dass in dieser Zeit eine existenzbedrohende Situation für die Beschwerdeführerin eingetreten wäre, sodass gegenständlich zwischen der im Ausland aufhältigen Beschwerdeführerin und ihren in Österreich lebenden Familienmitgliedern kein derart besonderes Abhängigkeitsverhältnis gegeben ist, das einer Beziehung zwischen Eltern und minderjährigen Kindern gleichkommen würde.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten der ÖB Damaskus, den vorgelegten weiteren Unterlagen, dem Bescheid des Bundesamtes vom 10.05.2017, Zl. 1086942401-151330095, mit welchem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, aus einer Zusammenschau der Akten der ÖB und dem Asylakt der Bezugsperson sowie aus der Abfrage des Zentralen Fremdenregisters, des Zentralen Melderegisters und des Betreuungsinformationssystem GVS betreffend die Eltern der Beschwerdeführerin durch das Bundesverwaltungsgericht.
Die Volljährigkeit der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung ergibt sich aus den mit den vorgelegten Urkunden (Reisepass, Geburtsurkunde) übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idF BGBl. I Nr. 57/2018, lauten wie folgt:
§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Beschwerdevorentscheidung
§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Vorlageantrag
§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005:
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.
Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:
Familienverfahren im Inland
§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 lautet:
(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt wurde.
§ 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.
Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 03.10.2017, und somit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Es war daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der geltenden Fassung anzuwenden.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis. Die Prognose des BFA - und die in der Folge darauf gestützte Auffassung der Vertretungsbehörde, dass Familienangehörigeneigenschaft zwischen dem BF und der Bezugsperson nicht vorliegt - ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend:
Verfahrensgegenständlich wurde am 03.10.2017 ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugspersonen der in Österreich aufhältige mj Bruder der Beschwerdeführerin genannt, welchem mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.05.2017 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde. Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Stellung des Einreiseantrages bereist volljährig war.
Gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, [...].
Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich zweifelsfrei, dass es sich bei der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson um Geschwister handelt. Die Beschwerdeführerin als Schwester der Bezugsperson wird per definitionem nicht vom Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG2005 erfasst; dies unabhängig von ihrem Alter.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung zu Zlen. Ra 2015/21/0230 bis 0231-3 unter anderem mit dem Begriff des Familienangehörigen nach § 35 Abs. 5 AsylG auseinandergesetzt und ausgeführt, dass aus den ErläutRV zum FNG-AnpassungsG 2014 eine restriktive Tendenz in Bezug auf den zu erfassenden Personenkreis zu erkennen sei.
Die belangte Behörde hat zum verfahrensgegenständlichen Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und ist aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten beziehungsweise des Asylberechtigten an die Beschwerdeführerin mangels Familienangehörigeneigenschaft iSd § 35 Abs. 5 AsylG nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in Ra 2016/18/0253-0254 vom 21.02.2017 zudem ausführte und auch kürzlich in Ra 2017/19/0609-0611 vom 03.05.2018 wiederholte, stellt die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 zu eröffnen. Diesem Zweck wird aber nicht entsprochen, wenn - wie im gegenständliche Fall - der (volljährigen) Schwester eines Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, da sie bei der Beantragung des internationalen Schutzes nach Einreise von vorneherein nicht dem Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 unterliegen würde. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 erweist sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen der Beschwerdeführerin auf Familienzusammenführung mit ihren in Österreich befindlichen Familienmitgliedern zu entsprechen.
Wenn die Beschwerdeführerin releviert, dass die aus der Entscheidung der Behörde resultierende Trennung von ihren Eltern das Recht auf ein Privat- und Familienleben nach Art 8 EMRK verletzen würde, ist zunächst festzuhalten, dass die Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht unter den Begriff des "Familienlebens" des Art. 8 EMRK fallen, außer es können weitere Faktoren einer Abhängigkeit, die über normale Gefühlsbande zwischen solchen Familienangehörigen hinausgehen, festgestellt werden (EGMR 13.12.2007; Emonet und andere/Schweiz, Nr. 39051/03, Abs. 35 und EGMR 07.11.2000, Kwakye-Nti und Dufie/Niederlande, Nr. 31519/96).
Solche Faktoren der Abhängigkeit sind der Aktenlage jedoch nicht zu entnehmen. Schwerwiegende Erkrankungen oder sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin wurden nicht vorgebracht. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die Eltern der Beschwerdeführerin nach einer positiven Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes ihrem minderjährigen Sohn nach Österreich nachreisten und hier am 19.07.2018 bzw. 27.08.2018 Anträge auf internationalen Schutz stellten, denen am 24.10.2018 stattgegeben wurde. Die Beschwerdeführerin lebt somit zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts mit ihrem volljährigen Bruder bereits über ein Jahr ohne ihre Eltern und hat ihren Alltag offenbar ohne die Unterstützung durch ihre Eltern bewältigen. Mangels gegenteiliger Hinweise ist in diesem Zeitraum keine existenzbedrohende Situation für die Beschwerdeführerin eingetreten, sodass gegenständlich zwischen der im Ausland aufhältigen Beschwerdeführerin und ihren in Österreich aufhältigen Familienmitgliedern kein derart besonderes Abhängigkeitsverhältnis gegeben ist, das einer Beziehung zwischen Eltern und minderjährigen Kindern gleichkommen würde.
Abgesehen davon ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, liegen gegenständlich, wie ausgeführt, nicht vor. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008). Die - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (zB Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C- 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Im Hinblick darauf, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Einreisetitel, Familienangehöriger, VolljährigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W185.2203390.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.03.2020