TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/13 L511 2004894-1

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Veröffentlicht am 13.12.2019
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Entscheidungsdatum

13.12.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

L511 2004894-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 10.06.2013, GZ XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) in Verbindung mit § 67 Abs. 10 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1. Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [SGKK]

1.1. Mit Schreiben vom 14.02.2013 teilte die SGKK dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Beitragskonto der Firma XXXX [im Folgenden: M GmbH] nach Aufhebung des Konkursverfahrens, der Bezahlung der Quote und der Zahlung aus dem Insolvenzentgelt-Fonds ein Rückstand in Höhe von insgesamt EUR 9.878,55 offen aufscheine, wovon im Wege der Ausfallshaftung nach § 67 Abs. 10 iVm 58 Abs. 5 ASVG ein Betrag in der Höhe von EUR 3.419,42 zuzüglich der Verzugszinsen geltend gemacht werde. Dem Schreiben war ein Rückstandsausweis gemäß § 64 ASVG vom selben Tag beigelegt.

Dem Beschwerdeführer wurden Meldepflichtverletzungen für die Jahre 2008 - 2012 sowie Verletzung der Gläubigergleichbehandlungspflicht gegenüber der SGKK im April 2012 vorgeworfen. Er wurde aufgefordert, für den Zeitraum 31.03.2012 bis 30.04.2012 eine Liquiditätsaufstellung bzw. Geschäftsunterlagen beizubringen, die die Überprüfung der Gleichbehandlung der Sozialversicherung mit allen anderen Verbindlichkeiten ermögliche bzw. zusätzliche Beweisanbote einzubringen.

1.2. Mit Haftungsbescheid vom 10.06.2013, Zahl: XXXX , verpflichtete die SGKK den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 58 Abs. 5 ASVG als Geschäftsführer der M GmbH, zur Zahlung eines Rückstandes von EUR 3.419,42 innerhalb von 14 Tagen bei sonstiger Exekution. Die Summe setze sich laut beigelegtem Rückstandsausweis vom 10.06.2013 zusammen und berücksichtige die Sanierungsquote, sowie die errechnete Insolvenzengeltzahlung.

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer sei ab dem 11.02.2000 alleiniger Geschäftsführer der M GmbH gewesen. Der geltend gemachte Betrag sei bei der Primärschuldnerin uneinbringlich. Der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung vom 14.02.2013 keine Gründe vorgebracht, welche ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden Verpflichtungen (Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge) zu erfüllen und auch keine Gründe oder Beweisanbote für die Gleichbehandlung der Sozialversicherung beigebracht, weshalb von seinem Verschulden auszugehen und die persönliche Haftung auszusprechen gewesen sei.

1.3. Mit Schreiben vom 28.06.2013 erhob der Beschwerdeführer gegen oben bezeichneten Bescheid fristgerecht Einspruch (nunmehr: Beschwerde).

Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen zusammengefasst aus, es sei zu keinerlei Gläubigerbevorzugung gekommen, die letzten Zahlungen der GmbH seien nachweislich Ende März/April 2012 durchgeführt worden. Vorgelegt wurden Rechnungen und Kontoauszüge.

2. Mit Vorlagebericht [VB] vom 26.08.2013 (LH1) wurde das Beschwerdeverfahren von der SGKK der damalig zuständigen Rechtsmittelbehörde, der Landeshauptfrau von Salzburg [LH] vorgelegt, welche den VB dem Beschwerdeführer zu Kenntnis brachte (LH2).

3. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses oben bezeichneten zum 31.12.2013 beim Landeshauptmann von Salzburg anhängig gewesenen Verfahrens gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht [BVwG] über (OZ 1).

3.1. Das BVwG ersuchte mit Schreiben vom 27.10.2015 den Beschwerdeführer um Übermittlung von geeigneten Unterlagen für den Zeitraum Jänner bis Mai 2012 zur Beurteilung, ob und in welchem Ausmaß gegen die Gleichbehandlungspflicht verstoßen worden sei, und gewährte dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, zu den von der SGKK festgestellten Meldepflichtverletzungen (Privatnutzung des Firmen-KFZ) Stellung zu nehmen (OZ 7).

Der Beschwerdeführer ersuchte zunächst um eine Fristerstreckung, welche auch gewährt wurde (OZ 7), äußerte sich dazu in der Folge jedoch nicht und legte auch keine Unterlagen zur Prüfung der Gläubigergleichbehandlung vor.

3.2. Die SGKK übermittelte auf Ersuchen des BVwG am 03.11.2015 den Kontoauszug der GmbH sowie eine Liste der gemeldeten Dienstnehmer und verwies darauf, dass es sich bei der GmbH um einen selbstabrechnenden Betrieb gehandelt habe (OZ 6, 8).

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer vertrat ab 11.02.2000 als alleiniger Geschäftsführer die M GmbH selbständig. Mit Beschluss des LG Salzburg vom 25.05.2012, XXXX , wurde ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und mit Beschluss vom 23.10.2012 wieder aufgehoben (OZ 12).

1.2. Die Summe der verfahrensgegenständlichen offenen Forderungen am Beitragskonto der M GmbH setzt sich laut Rückstandsausweis gemäß § 64 ASVG vom 10.06.2013 wie folgt zusammen:

12/2009 Beitrag GPLA Rest (01.12.2009 - 31.12.2009) 12/2009 Beitrag GPLA (01.12.2009 - 31.12.2009) 12/2010 Beitrag GPLA (01.12.2010 - 31.12.2010) 12/2010 Beitrag GPLA (01.12.2010 - 31.12.2010) 12/2011 Beitrag GPLA (01.12.2011 - 31.12.2011) 12/2011 Beitrag GPLA (01.12.2011 - 31.12.2011) 03/2012 Beitrag GPLA (01.03.2012 - 31.03.2012) 03/2012 Beitrag GPLA (01.03.2012 - 31.03.2012) 04/2012 Beitrag Rest (01.04.2012 - 30.04.2012) 05/2012 Beitrag GPLA (01.05.2012 - 31.05.2012) 05/2012 Beitrag GPLA (01.05.2012 - 31.05.2012) 05/2012 Beitrag GPLA (01.05.2012 - 31.05.2012) 05/2012 Beitrag GPLA (01.05.2012 - 31.05.2012) 06/2012 Beitrag GPLA (01.06.2012 - 30.06.2012) 06/2012 Beitrag GPLA (01.06.2012 - 30.06.2012) 07/2012 Beitrag GPLA (01.07.2012 - 31.07.2012) 07/2012 Beitrag GPLA (01.07.2012 - 31.07.2012)

EUR 1.139,32 EUR 61,14 EUR 1.594,41 EUR 61,14 EUR 1.594,41 EUR 61,14 EUR 398,60 EUR 15,28 EUR 1.356,91 EUR 2.213,73 EUR 86,53 EUR 47,82 EUR 1,83 EUR 815,33 EUR 31,38 EUR 78,80 EUR 3,02

Summe der Beiträge

EUR 9.560,79

Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG bis 25.05.2012

EUR 15,95

Summe der Forderung

EUR 9.576,74

Nach Abzug der

im Sanierungsplan vereinbarten Sanierungsplanquote von 20 % und der Insolvenzentgeltzahlung ist von dem im Rückstandsausweis vom 10.06.2013 ersichtlichen Betrag iHv EUR 9.576,74 (nur) der geltend gemachte Betrag idHv EUR 3.419,42 bei der M GmbH uneinbringlich (OZ 1).

1.3. Bei der M GmbH handelt es sich um einen selbstabrechnenden Betrieb gemäß § 58 Abs. 4 ASVG. Die Beiträge beinhalten keine Dienstnehmeranteile, gehen aber bis auf den Beitrag "04/2012 Beitrag Rest" auf Meldepflichtverletzungen zurück (OZ 8).

1.4. Der Beschwerdeführer tätigte vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens im Mai 2012 Ausgangszahlungen (OZ 1). Eine Zahlung an die SGKK erfolgte in diesem Zeitraum nicht (OZ 8).

1.5. Ein Nachweis über die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten im Zeitraum Jänner 2012 bis Mai 2012 liegt nicht vor (OZ 7).

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme, aus der sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt, erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen

im nicht durchnummerierte Verfahrensakt der GKK:

* Rückstandsausweis vom 10.06.2013

* Bescheid der SGKK vom 10.06.2013

* Einspruch (nunmehr Beschwerde) des Beschwerdeführers vom 28.06.2013

* Auszahlungsbelege des Beschwerdeführers vom Mai 2012

im hg. Gerichtsakt:

* Aufforderung an den Beschwerdeführer zur Stellungnahme und zur Vorlage von geeigneten Unterlagen vom 27.10.2015 (OZ 7)

* Kontoauszug der SGKK (OZ 8)

* Firmenbuchauszug der GmbH (OZ 12)

2.2. Beweiswürdigung

2.2.1. Der Zeitpunkt des Beginns der Geschäftsführertätigkeit sowie die Bestätigung des Sanierungsplans und die Aufhebung ergeben sich aus den Eintragungen im österreichischen Firmenbuch (OZ 12), an dessen Richtigkeit kein Anlass zu zweifeln bestand.

2.2.2. Die Höhe des Haftungsbetrages ergibt sich aus dem Rückstandsausweis vom 10.06.2013, sowie den Ausführungen der belangten Behörde, wonach die vereinbarte Sanierungsplanquote und die Insolvenzentgeltzahlungen Berücksichtigung fanden, und wird vom Beschwerdeführer der Höhe nach auch nicht bestritten (OZ 1).

2.2.3. Dass die GmbH ein selbstabrechnender Betrieb ist, ergibt sich aus der Auskunft der SGKK im Verfahren, aus der sich auch ergibt, dass auf Grund von IEF-Zahlungen keine Dienstnehmeranteile (mehr) in den Beiträgen enthalten sind (OZ 8). Dass es sich gegenständlich Großteils um aus Meldepflichtverletzungen resultierende Beträge handelt, ergibt sich aus den Ausführungen der SGKK im Schreiben vom 14.02.2013, sowie aus dem Prüfbericht der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) vom 31.07.2012 (OZ 1). Der Beschwerdeführer ist dem weder in seiner Beschwerde, noch auf Aufforderung des BVwG entgegengetreten (OZ 1, 7).

2.2.4. Die getätigten Überweisungen ergeben sich aus den vorgelegten Kontoauszügen (OZ 1). Dass kein Nachweis über die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten vorliegt, ergibt sich unmittelbar aus dem Verfahrensakt (OZ 1-15).

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 24 VwGVG) ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung auch nach Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 GRC unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.2. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt war weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SGKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2. Abweisung der Beschwerde

4.2.1. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

4.2.2. Die Vertreterhaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG ist eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung. Danach haftet der Vertreter für bei der Primärschuldnerin uneinbringlich gewordene (nicht schon für bloß rückständige) Beiträge insoweit, als ein Kausalzusammenhang zwischen der Uneinbringlichkeit und einer schuldhaften (leichte Fahrlässigkeit genügt) und rechtswidrigen Verletzung der den Vertretern auferlegten sozialversicherungsrechtlichen Pflichten besteht (VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 mwN). Voraussetzung für die Haftung eines Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG ist zunächst die objektive, gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der betreffenden Beiträge bei der Primärschuldnerin. Zur Beurteilung der Uneinbringlichkeit bedarf es nicht notwendigerweise der vollständigen Abwicklung (bis zur Aufhebung) des Konkurses, Uneinbringlichkeit ist vielmehr bereits anzunehmen, sobald im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Beitragsforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht oder zumindest nur zum Teil wird befriedigt werden können (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039 mwN).

4.2.3. Der Beschwerdeführer war im gegenständlich betroffenen Zeitraum Geschäftsführer der M GmbH, und somit die zur Vertretung berufene Person der Primärschuldnerin iSd § 67 Abs. 10 ASVG. Mit Beschluss vom 23.10.2012 wurde der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und das Sanierungsverfahren aufgehoben, womit die M GmbH gemäß § 156 IO von der Verbindlichkeit befreit wurde, ihren Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Es liegt somit im Ausmaß des Forderungsanteils, für den Restschuldbefreiung eintritt, Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin vor.

Die Heranziehung des Beschwerdeführers als Vertreter der M GmbH zur Haftung für deren uneinbringliche Beitragsschulden erfolgte daher dem Grunde nach zu Recht.

4.2.4. Als haftungsbegründend kommt (seit der Novellierung des § 58 Abs. 5 ASVG mit BGBl I 2010/62 [SRÄG 2010]) die Verletzung all jener Pflichten in Betracht, deren Verletzung dafür kausal sein kann, dass Beiträge nicht bei Fälligkeit entrichtet und später uneinbringlich werden, etwa die Verletzung der Meldepflichten, die Abfuhrpflicht der einbehaltenen Dienstnehmerbeiträge sowie die Zahlungspflicht. Eine kausale schuldhafte Pflichtverletzung ist immer schon dann anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe anzugeben vermag, weshalb er ohne sein Verschulden gehindert war die ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen und nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig zur Gänze oder zumindest anteilig entrichtet wurden (VwGH 12.01.2016, Ra2014/08/0028). Im Hinblick auf den Haftungsumfang ist bei Nichtentrichtung von Beitragsschulden darauf abzustellen, ob der Vertreter die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, als er diese bedient, erstere aber unberichtigt lässt, bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Einen zur Haftung herangezogenen Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, weil ohne diese Mitwirkung jener Anteil, der durch das schuldhafte Verhalten uneinbringlich geworden ist, nicht festgestellt werden kann. Bei entsprechendem Nachweis haftet ein Vertreter (bei Nichtentrichtung von Beitragsschulden) nur für die Differenz zwischen jenem Betrag, der bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger zu entrichten gewesen wäre und der tatsächlich erfolgten Zahlung (zur detaillierten Berechnungsmethode des Haftungsbetrages nach der Zahlungstheorie siehe VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 uHa 29.01.2014, 2012/08/0227 und den dort ergänzend aufgezeigten alternativen Berechnungsmethoden sowie weiteren Nachweisen). Tritt ein haftungspflichtiger Vertreter diesen Nachweis nicht an und erbringt kein entsprechendes Beweisanbot, so erstreckt sich die Haftung auf die gesamten uneinbringlichen Beitragsverbindlichkeiten der Primärschuldnerin im Haftungszeitraum (vgl. VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 mwN). Für nicht abgeführte, aber einbehaltene Dienstnehmeranteile bzw. für Beitragsausfälle, die auf schuldhafte Meldepflichtverletzungen zurückzuführen sind, haften Vertreter jedoch ohne Bedachtnahme auf die Frage der Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern und ohne Bedachtnahme auf die bei Fälligkeit oder bei tatsächlich erfolgter Lohnzahlung noch vorhandenen Mittel im Ausmaß der Uneinbringlichkeit dieser Beiträge grundsätzlich zur Gänze (VwGH 27.11.2014 2012/08/0216 mwN).

4.2.5. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer, trotz entsprechender Aufforderung und detaillierter Darlegung der Meldepflichtverletzung durch die SGKK im Schreiben vom 14.02.2013, sowie auf Aufforderung des BVwG vom 27.10.2015, im gesamten Verfahren weder Nachweise erbracht noch einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt, aus welchen Gründen ihn an der vorgeworfenen Meldepflichtverletzung kein Verschulden träfe.

4.2.6. Beim Betrag "04/2012 Beitrag Rest" handelte es sich weder um einbehaltene Dienstnehmeranteile noch um Beitragsausfälle auf Grund schuldhafter Meldepflichtverletzungen. Der Haftungsbetrag wäre bei entsprechenden Nachweisen auf die Differenz zwischen jenem Betrag, der bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger zu entrichten gewesen wäre und der tatsächlich erfolgten Zahlung zu reduzieren.

Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer Unterlagen vorgelegt, aus denen sich klar ergibt, dass zumindest im Mai 2012 noch vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern der M GmbH beglichen wurden. Die vorgelegten Unterlagen lassen aber weder Rückschlüsse über den Umfang der liquiden Mittel im maßgeblichen Zeitraum vor Insolvenzeröffnung, noch Rückschlüsse auf die Gesamtheit der offenen Verbindlichkeiten zu, weshalb sich aus den vorliegenden Unterlagen keine Zahlungsquote errechnen lässt. Der Beschwerdeführer hat somit - trotz entsprechender Aufforderung durch die SGKK und das BVwG - im gesamten Verfahren weder Nachweise zur Gläubigergleichbehandlung erbracht, noch diesbezüglich einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt, welche eine Berechnung ermöglichen würde.

4.2.7. Die SGKK ist somit zu Recht von einer Haftung für die gesamten uneinbringlichen Beitragsverbindlichkeiten ausgegangen (vgl. dazu insbesondere VwGH 12.01.2016, Ra 2014/08/0028 mwN), und die Beschwerde ist spruchgemäß abzuweisen.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Wie sich aus der oben unter A) Punkt II.4.2. wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, besteht zu § 67 Abs. 10 eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die vorliegende Entscheidung weicht von dieser Rechtsprechung auch nicht ab, sondern stützt sich maßgeblich auf diese Judikatur.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Beitragsrückstand, Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung,
Nachweismangel, Pflichtverletzung, Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2004894.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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