TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/16 G301 2224371-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.2019
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Entscheidungsdatum

16.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z3
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G301 2224371-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Kuba, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 14.09.2019, Zl. XXXX, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot, zu Recht:

A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II., III. und IV. des

angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides betreffend Einreiseverbot wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion XXXX, der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) zugestellt am 17.09.2019, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.); gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.); gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kuba zulässig ist (Spruchpunkt III.); gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 3 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Mit dem am 09.10.2019 beim BFA, Regionaldirektion XXXX, eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob die BF durch ihren bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den im Spruch angeführten Bescheid. Angefochten wurden die Spruchpunkte II. bis V. des Bescheides betreffend Rückkehrentscheidung, Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat, Einreiseverbot und Ausspruch über die freiwillige Ausreise. Der Spruchpunkt I. betreffend die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 blieb unangefochten. In der Beschwerde wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe zur behaupteten Rechtswidrigkeit beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen; den angefochtenen Bescheid im Umfang der Spruchpunkte II. bis V. beheben und eine Frist für die freiwillige Ausreise einräumen, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes verkürzen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 15.10.2019 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehörige der Republik Kuba. Die BF ist Inhaberin eines am XXXX03.2017 in Kuba ausgestellten und bis zum XXXX03.2023 gültigen biometrischen kubanischen Reisepasses.

Die BF reiste am XXXX02.2018 mit einem Visum C (90 Tage) mit einer Gültigkeitsdauer von XXXX02.2018 bis XXXX05.2018 ein und hält sich seitdem durchgehend im Bundesgebiet auf.

Die BF hielt sich bereits davor, beginnend mit dem Jahr 2002, immer wieder in Österreich auf. Sie weist im Bundesgebiet amtliche Nebenwohnsitzmeldungen für die Zeiträume von 27.11.2002 bis 04.07.2003, von 25.02.2014 bis 21.05.2014, von 19.04.2017 bis 03.11.2017, von 15.02.2018 bis 26.04.2018, von 26.04.2018 bis 27.11.2018 sowie eine amtliche Hauptwohnsitzmeldung seit 27.11.2018 auf, wobei sie seit 09.10.2019 ihren Hauptwohnsitz bei ihrer Tochter unterhält.

Mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion (LPD) XXXX vom XXXX06.2018, GZ: XXXX, wurde die BF wegen der Verwaltungsübertretung des rechtswidrigen Aufenthalts gemäß § 120 Abs. 1a FPG iVm §§ 31 Abs. 1 und Abs. 1a FPG zu einer Geldstrafe in Höhe von 500,00 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und 19 Stunden verurteilt. Die Strafverfügung erwuchs am XXXX07.2018 in Rechtskraft.

Der Antrag der BF vom 09.07.2018 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK zur Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens wurde mit Bescheid des BFA vom 11.09.2018, VZ: XXXX, als unzulässig zurückgewiesen und erwuchs am XXXX10.2018 in Rechtskraft.

Der Lebensmittelpunkt der BF lag bis zur ihrer letzten Ausreise in Kuba, wo sie eigenen Angaben zufolge bis zuletzt über eine staatliche Pension verfügte.

Die Schwester der BF lebt in Krems, die erwachsene Tochter und deren Tochter in XXXX. Abgesehen von diesen familiären Bindungen verfügt die BF über keine nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht hervorgekommen. Es liegen keine Nachweise über bestimmte Deutschkenntnisse oder die Belegung einer Deutsch-Sprachprüfung vor. Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Seit XXXX07.2018 ist die BF als geringfügige Arbeiterin bei ihrer Tochter beschäftigt. Es liegen keine Hinweise für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substantiierter Weise erstattet.

Die auf Grund der vorliegenden Akten getroffenen Feststellungen werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Feststellungen zum Bezug einer staatlichen Pension in Kuba und zum Vorliegen der näher dargelegten familiären Bindungen in Österreich beruht auf den diesbezüglichen den übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde und in der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Prozessgegenstand und Prüfungsumfang:

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurden die Spruchpunkte II. bis V. des im Spruch angeführten Bescheides angefochten. Der Spruchpunkt I. betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 blieb unangefochten und erwuchs damit in Rechtskraft.

Gemäß § 27 VwGVG beschränkt sich die Prüfung der vorliegenden Beschwerde somit auf die Spruchpunkte II. bis V. des angefochtenen Bescheides.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung und Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt A.I.):

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestützt, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat Kuba festgestellt sowie eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung erteilt.

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde unter anderem rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Schengener Grenzkodex werden die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Einreise und bei der Ausreise systematisch abgestempelt. Ist das Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen nicht mit dem Einreisestempel versehen, so können gemäß Art. 12 Abs. 1 Schengener Grenzkodex die zuständigen nationalen Behörden annehmen, dass der Inhaber des Reisedokuments die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht oder nicht mehr erfüllt. Gemäß Art. 12 Abs. 2 Schengener Grenzkodex kann diese Annahme vom Drittstaatsangehörigen durch jedweden glaubhaften Nachweis widerlegt werden, insbesondere durch Belege wie Beförderungsnachweise oder Nachweise über seine Anwesenheit außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts eingehalten hat.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die BF ist Staatsangehörige von Kuba und als solche Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Staatsangehörige von Kuba unterliegen gemäß Anhang I der Visumpflicht-Verordnung der Visumpflicht.

Die Einreise kann aus beruflichen Gründen, zu Studien- oder sonstigen Ausbildungszwecken, für touristische oder private Reisen, aufgrund von Reisen zu politischen, wissenschaftlichen, kulturellen, sportlichen oder religiösen Veranstaltungen oder aus anderen Gründen erfolgen.

Die BF reiste zuletzt am XXXX02.2018 in Österreich und damit in den Schengen-Raum ein und hält sich seitdem durchgehend in Österreich auf. Die BF war somit höchstens 90 Tage ab dem Tag der Einreise ohne weitere Voraussetzungen zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Dieser Zeitraum des erlaubten visumfreien Aufenthalts endete demnach am XXXX05.2018. Der darüber hinaus gehende Aufenthalt der BF in Österreich ab XXXX05.2018 erweist sich daher als unrechtmäßig, zumal die BF für diesen Zeitraum auch über keine Berechtigung zu einem weiteren Aufenthalt in Österreich verfügt hat. Zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung im angefochtenen Bescheid war die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts somit schon seit über eineinhalb Jahren abgelaufen.

Die Tatsache der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts der BF in Österreich wurde auch mit Strafverfügung der LPD XXXX vom XXXX06.2018 festgestellt, wobei diese Strafverfügung von der BF weder dem Grunde nach, noch der Strafhöhe nach angefochten wurde.

Die belangte Behörde ist somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass sich die BF zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung gemäß § 31 Abs. 1 FPG mangels Erfüllung der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. Sie hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung daher zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

In der Beschwerde wurden keine Gründe vorgebracht, weshalb sich die Erlassung der Rückkehrentscheidung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts oder die Zulässigkeit der Abschiebung nach Kuba als rechtswidrig erweisen würden. Die in der Beschwerde dargelegten Gründe beschränken sich auf die Behauptung der Rechtswidrigkeit des erlassenen Einreiseverbotes. Im Wesentlichen zusammengefasst wurde vorgebracht, dass die erwachsene Tochter der BF und deren Tochter - die Enkelin der BF - in Österreich leben würden. Die BF sei von ihrer Tochter als Babysitter angemeldet worden und würde sich die BF um ihre Enkelin kümmern bis diese Ende 2019 in die Krippe komme. Ihre Tochter sei von der BF abhängig, da sie ansonsten nicht ihrer Vollzeitanstellung nachkommen könne. Weitere Gründe wurden nicht vorgebracht.

Die familiäre Beziehung zwischen der BF einerseits und ihrer erwachsenen Tochter bzw. deren Kind andererseits stellt keine Beziehung von Angehörigen der "Kernfamilie" im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Im vorliegenden Fall war somit auch nicht vom tatsächlichen Bestehen eines vom Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK erfassten Familienlebens auszugehen, weshalb die Rückkehrentscheidung insoweit auch nicht einen ungerechtfertigten Eingriff in das Familienleben darstellen kann.

Bezüglich der vorgebrachten finanziellen Abhängigkeit der BF von ihrer Tochter ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich, warum es nicht erneut möglich sein soll, dass die Tochter die BF wie bereits vor deren Ausreise, nach Rückkehr in den Herkunftsstaat, finanziell unterstützt.

Was die privaten Lebensumstände der BF anbelangt, ist festzuhalten, dass Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere oder nachhaltige Integration der BF in sprachlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht nicht ersichtlich sind. Des Weiteren konnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass die BF auf Grund ihres Aufenthalts außerhalb ihres Herkunftsstaates über keinerlei Bindung mehr an diesen verfügen würde, zumal sie sich bereits davor einige Male in Österreich aufhielt und anschließend nach Kuba zurückkehrte. Überdies verfügt die BF in Kuba über eine staatliche Pension.

Aufgrund der Aufhebung des Einreiseverbotes (siehe unten Punkt 3.3.) besteht für die BF überdies auch weiterhin die Möglichkeit, mit einem gültigen Reisedokument und einem Visum in den Schengen-Raum und damit in Österreich einzureisen und sich hier während der Dauer des erlaubten Aufenthalts zu Besuchszwecken aufzuhalten.

Das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet bzw. ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt stellt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, was wiederum eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Fremden als dringend geboten erscheinen lässt (vgl. VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Die Voraussetzungen dafür liegen im gegenständlichen Fall vor.

Im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen der BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat Kuba unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid (Spruchpunkt IV.) gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise aus dem Bundesgebiet 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt diese Frist 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen solcher besonderen Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

Besondere Umstände, welche einen längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage zu Ausreise erforderlich gemacht hätten, wurden von der BF im Verlauf des gesamten Verfahrens weder vorgebracht noch nachgewiesen und sind auch sonst nicht hervorgekommen.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Zulässigkeit einer Abschiebung in den Herkunftsstaat und keine besonderen Umstände für die Gewährung einer längeren Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis IV. gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 und § 55 FPG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt A.II.):

Die belangte Behörde hat das gegenständliche und auf die Dauer von drei Jahren befristete Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 3 FPG gestützt und im Wesentlichen nur damit begründet, dass über die BF rechtskräftig mit Strafverfügung der LPD XXXX vom XXXX06.2018 wegen Verletzung der §§ 120 Abs. 1a iVm. 31 Abs. 1 und Abs. 1a FPG (unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet) eine Geldstrafe von 500,00 Euro (und eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen für den Fall der Uneinbringlichkeit) verhängt wurde, was wiederum das Vorliegen einer Gefährdung für die Öffentlichkeit indiziere.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist nach Z 3 insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige wegen einer Übertretung des FPG rechtskräftig bestraft wurde.

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde bei der Begründung des angeordneten Einreiseverbots fast ausschließlich auf rechtliche Ausführungen allgemeiner Natur und auf modulhaft gehaltene Formulierungen beschränkt hat, aber fallbezogene Erwägungen zur Frage, inwieweit die öffentliche Ordnung konkret gefährdet wäre, nicht getroffen hat. Die belangte Behörde führte lediglich an, dass das Erfüllen des Tatbestandes des § 53 Abs. 2 Z 3 FPG das Vorliegen einer "Gefährdung für die Öffentlichkeit" indiziere, ohne dies jedoch im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt näher zu erläutern.

Der belangten Behörde ist vorzuwerfen, dass sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht dargelegt hat, inwiefern auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalles eine (besondere) "Schwere des Fehlverhaltens" der BF anzunehmen gewesen wäre. Sie beschränkte sich bei den Ausführungen nur darauf, dass sich die BF seit Ablauf ihres Visums unrechtmäßig im Schengener Raum aufgehalten und hier unrechtmäßig ihren Wohnsitz genommen habe. Auch jene Umstände, die einer Beurteilung des "Gesamtverhaltens" der BF zugrunde gelegen wären, wurden nicht hinreichend dargelegt. Konkrete Umstände, die für die Annahme der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die BF sprechen würden, sind nicht ersichtlich. Ebenso ließ die Behörde die strafrechtliche Unbescholtenheit der BF völlig außer Acht. Den Umstand, dass eine neuerliche Rückkehr nach Österreich bzw. in den Schengen-Raum eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit darstellen würde, stützte die belangte Behörde lediglich darauf, dass die BF bei einer neuerlichen Einreise die erlaubte Aufenthaltsdauer wieder überschreiten werde, ohne diese Annahme näher zu begründen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH stellt der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungs-Richtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbots gebieten würde. Es ist daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn sich das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist (VwGH 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237; 16.11.2012, Zl. 2012/21/0080).

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde nicht hinreichend begründet, weshalb in Gesamtbetrachtung aller Umstände jedenfalls nicht von einer nur geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung ausgegangen werden könne. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt auch jegliche Kriterien vermissen, die im vorliegenden Fall für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots herangezogen wurden, und die letztlich für die Festlegung der Dauer ausschlaggebend waren.

Zusammenfassend ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie hinsichtlich der Erlassung eines Einreiseverbotes die für die Begründung des Bescheides erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und diese damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer abweisenden behördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

Da sich das Einreiseverbot als rechtswidrig erweist, war in Stattgebung der Beschwerde Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 iVm. § 27 VwGVG aufzuheben (Spruchpunkt A.II.).

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher - trotz des in der Beschwerde gestellten Antrages - gemäß § 21 Abs. 7

BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

3.5. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G301.2224371.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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