TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/26 97/19/1122

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Veröffentlicht am 26.06.1998
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Index

L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;
SHG Wr 1973 §13 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/19/1123 97/19/1124

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde

1.)

der 1960 geborenen M W, 2.) der 1980 geborenen Ma W und

3.)

der 1983 geborenen Mar W, sämtliche in E, Polen, sämtliche vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 17. März 1997, Zlen. 1.) 121.301/2-III/11/97, 2.) 121.301/3-III/11/97 und

              3.)              121.301/4-III/11/97, sämtliche betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der erstangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der zweit- und drittangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 4.556,67 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der beiden anderen Beschwerdeführerinnen. Die Beschwerdeführerinnen beantragten am 2. September 1996 (Tag des Einlangens bei der erstinstanzlichen Behörde) die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen. Als Aufenthaltszweck gab die Erstbeschwerdeführerin - unter anderem - Familiengemeinschaft mit ihrer österreichischen Mutter an. Sie erklärte, sie beabsichtige, bei dieser zu wohnen und wolle sie betreuen. Bevor sie eine Arbeitserlaubnis bekomme, werde sie von ihrer Mutter erhalten. Den Verwaltungsakten ist eine Verpflichtungserklärung der Mutter der Erstbeschwerdeführerin für alle drei Beschwerdeführerinnen beigeschlossen, in welcher sich diese verpflichtet, für den Unterhalt und die Unterkunft der Beschwerdeführinnen aufzukommen und der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen vierzehn Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen. Die Erstbeschwerdeführerin legte eine Gehalts- und Arbeitsbestätigung ihrer Mutter vor, aus der hervorgeht, daß sie im Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis 31. Juli 1996 über einen Nettobezug von S 11.305,-- verfügte.

Die beiden anderen Beschwerdeführerinnen gaben als Aufenthaltszweck sowohl die Familiengemeinschaft mit ihrer österreichischen Großmutter, als auch eine beabsichtigte Schulausbildung in Österreich, sowie einen nicht näher spezifizierten privaten Aufenthaltszweck an.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen erstangefochtenen Bescheid vom 17. März 1997 wies der Bundesminister für Inneres den Antrag der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Gesetzesbestimmungen aus, es sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Fremden, von sich aus initiativ zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Fest stehe, daß die Verpflichtungserklärung der Mutter der Erstbeschwerdeführerin nicht als tragfähig genug erscheine, um den Lebensunterhalt aller Beschwerdeführerinnen für die Dauer des Aufenthaltes zu sichern, weil erstere lediglich über ein monatliches Einkommen von S 11.500,-- verfüge. Darüber hinausgehende Unterhaltsmittel habe die Erstbeschwerdeführerin nicht dargetan. Der Ausschließungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG sei daher gegeben.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen zweit- und drittangefochtenen Bescheid vom 17. März 1997 wies der Bundesminister für Inneres die Anträge der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin jeweils gemäß § 4 Abs. 3 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 4 Abs. 3 AufG sei eine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen, wie die der Bewilligung des Ehegatten bzw. Elternteiles oder Kindes. Da der Antrag der Erstbeschwerdeführerin abgewiesen worden sei, verfüge diese über keine gültige Aufenthaltsbewilligung, weshalb auch den übrigen Beschwerdeführerinnen keine solche erteilt werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde erwogen:

§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 3 sowie § 5 Abs. 1 AufG lauteten:

"§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten

1.

von österreichischen Staatsbürgern oder

2.

von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben,

ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.

§ 4. (1) Eine Bewilligung kann Fremden unter Berücksichtigung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Auf die Verlängerung von Bewilligungen finden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung.

...

(3) Eine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 4 ist jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen wie die der Bewilligung des Ehegatten bzw. Elternteiles oder Kindes, bei der ersten Bewilligung aber höchstens für die Dauer von fünf Jahren.

§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 2 und § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG lauteten:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

2. der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt;

...

(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 oder gemäß Abs. 2 einen Sichtvermerk erteilen,

1.

...

2.

wenn auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erscheint."

§ 1 Abs. 2 der Wiener Sozialhilfeverordnung in der im Zeitpunkt der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides (Zustelldatum 25. April 1997) geltenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 77/1995 lautete (auszugsweise):

"§ 1. (1) Die Richtsätze für Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes werden mit folgenden monatlichen Beträgen festgesetzt:

1.

...

    2. für den Hauptunterstützten ...            4.759 S

    3. für den Mitunterstützten ...

       a) ohne Anspruch auf Familienbeihilfe ... 2.443 S

       b) mit Anspruch auf Familienbehilfe ...   1.464 S"

§ 2 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 und 3, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 2 und 3 sowie § 5 Abs. 5 und § 8 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) lauten:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbehilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

...

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a) deren Nachkommen,

...

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

...

§ 4. (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe einer gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs. 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbehilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

(3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

§ 5. ...

...

(5) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, für die ein Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichszahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.

§ 8. ...

(2) Die Familienbeihilfe beträgt für jedes Kind monatlich

1.300 S. Die Familienbehilfe erhöht sich für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem das Kind das zehnte Lebensjahr vollendet, um monatlich 250 S; ..."

1. Zur Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/18/0765) umfaßt der Verweis des § 5 Abs. 1 AufG auf die Sichtvermerksversagungsgründe des § 10 Abs. 1 FrG auch die in § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG vorgesehene Möglichkeit der Erteilung eines Sichtvermerkes trotz Fehlens eigener Unterhaltsmittel bei Vorliegen einer der letztgenannten Gesetzesbestimmung entsprechenden Verpflichtungserklärung. Eine derartige Verpflichtungserklärung ihrer im Inland lebenden österreichischen Mutter hat die Erstbeschwerdeführerin auch vorgelegt. Sie wurde jedoch von der belangten Behörde im Hinblick auf das zur Verfügung stehende Monatseinkommen von S 11.500,-- zur Deckung des Unterhaltsbedarfes der Beschwerdeführerinnen und der sich verpflichtenden Mutter der Erstbeschwerdeführerin als nicht ausreichend angesehen.

Es ist nicht rechtswidrig, wenn sich die Aufenthaltsbehörde bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfes eines Fremden an den Richtsätzen der Sozialhilfeverordnung des Landes des geplanten Aufenthaltes (hier: Wien) orientiert. Ungeachtet der gebotenen Orientierung am jeweiligen Sozialhilferichtsatzes bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfes eines Fremden ist dieser nicht notwendigerweise mit dem Richtsatzbedarf gleichzusetzen. Die Feststellung des Unterhaltsbedarfes einer Familie ist daher nicht allein die Lösung einer Rechtsfrage, weshalb die Behörde den von ihr angenommenen Bedarf eines Fremden (bzw. seiner Familie) im Bescheid festzustellen hat (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 23. April 1998, Zlen. 97/19/0709, 0710).

Dem angefochtenen Bescheid ist hiezu lediglich zu entnehmen, daß die belangte Behörde annahm, der Unterhaltsbedarf der sich verpflichtenden Person und der Beschwerdeführerinnen übersteige S 11.500,--. Diese Berechnung des Bedarfes ist aus dem Gesichtspunkt der Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerinnen nicht zu beanstanden, darf sich doch die belangte Behörde an jenem Gesamtbetrag orientieren, welcher nach Auffassung der Wiener Landesregierung bei Erlassung des maßgeblichen Sozialhilferichtsatzes zur Deckung des in § 13 Abs. 3 des Wiener Sozialhilfegesetzes umschriebenen Bedarfes für einen Haupt- und drei Mitunterstützte auch dann ausreichend ist, wenn für die Mitunterstützten keine Familienbeihilfe bezogen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559 bis 2561). Ein nicht durch den Richtsatz abgedeckter Zusatzaufwand wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt.

Bei der Berechnung der der sich verpflichtenden Person zur Verfügung stehenden Gesamtmittel ließ es die belangte Behörde jedoch unbeachtet, daß die Mutter der Erstbeschwerdeführerin im Falle des rechtmäßigen Aufenthaltes der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin im Bundesgebiet für diese Kinder gemäß § 2 Abs. 1, 2 und 3 lit. a des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe beziehen könnte, wenn die dem Bescheid zugrundeliegende Annahme, der Erstbeschwerdeführerin selbst stehe die Erzielung von Einkünften aus unselbständiger Erwerbstätigkeit nicht offen, zutrifft. Diesfalls wäre zwar die Erstbeschwerdeführerin vom Bezug von Familienbeihilfe für die beiden anderen Beschwerdeführerinnen gemäß § 3 Abs. 1 FLAG ausgeschlossen, ein derartiger Anspruch stünde vorbehaltlich des § 4 Abs. 1 und des § 5 Abs. 5 FLAG aber der Mutter der Erstbeschwerdeführerin aus dem Grunde des § 2 Abs. 2 FLAG in Ermangelung einer anderen anspruchsberechtigten Person zu.

Ausgeschlossen wäre der Bezug von Familienbehilfe nur dann, wenn die Mutter der Erstbeschwerdeführerin oder eine sonstige Person für die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe hätte. In diesem Fall stünde aber für die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin sowohl diese ausländische Beihilfe, als auch gemäß § 4 Abs. 2 FLAG der Anspruch der österreichischen Großmutter auf Ausgleichszahlung in der Höhe der Differenz zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe zur Verfügung.

Unter Hinzurechnung dieser Beihilfen überstiegen aber die der Mutter der Erstbeschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Mittel den von der belangten Behörde für sie und die drei Beschwerdeführerinnen angenommenen Unterhaltsbedarf von S 11.500,--.

Indem sie die dargestellte Rechtslage im Bereich des Familienlastenausgleichsrechtes verkannte, belastete die belangte Behörde den erstangefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

In diesem Zusammenhang kann es dahingestellt bleiben, ob die Mutter der Erstbeschwerdeführerin das von ihr dargelegte Monatseinkommen zwölf- oder vierzehnmal jährlich ins Verdienen bringt. Da somit schon die der Mutter der Erstbeschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel den angenommenen Bedarf überstiegen, braucht im gegebenen Zusammenhang nicht auf die in der Beschwerde aufgeworfene Frage eingegangen werden, ob der Unterhalt der Beschwerdeführerinnen auch durch eine unselbständige Erwerbstätigkeit der Erstbeschwerdeführerin als gesichert angesehen werden könnte.

2. Zu den Beschwerden gegen den zweit- und drittangefochtenen Bescheid:

Die belangte Behörde stützt ihre diesbezüglich abweisenden Bescheide ausschließlich auf den Umstand, daß die Mutter der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide über keine gültige Aufenthaltsberechtigung verfügte. Dabei hat sie allerdings außer acht gelassen, daß nach der Aktenlage die Beschwerdeführerinnen als Aufenthaltszweck nicht nur "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft" mit ihrer Großmutter, sondern auch unter Punkt 6. des Antragsformulares "Schulausbildung", angegeben hatten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/2134, mit näherer Begründung dargetan hat, war sowohl vor als auch nach dem Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 bzw. der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995 die Geltendmachung mehrerer Aufenthaltszwecke zulässig. Damit hätten sich aber die Zweit- und Drittbeschwerdeführerin auch wirksam auf den Aufenthaltszweck der Schulausbildung gestützt. Hätte die belangte Behörde entsprechende Feststellungen getroffen, so wäre sie bei Zugrundelegung des Aufenthaltszwecks "Schulausbildung" (vgl. § 1 Abs. 1 Z. 6 der Verordnung BGBl. Nr. 359/1995) gehalten gewesen, eine Ermessensentscheidung gemäß § 4 Abs. 1 AufG - sei es durch Erteilung einer Bewilligung oder durch Versagung einer solchen - zu treffen.

Indem die belangte Behörde keine ausreichenden Feststellungen über den von der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin geltend gemachten Aufenthaltszweck des Schulbesuches getroffen hat, hat sie den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht hinlänglich erhoben. Bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels wäre es im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Ermessensentscheidung jedoch nicht ausgeschlossen gewesen, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1998, Zlen. 95/19/0832, 0834).

Aus diesen Erwägungen war der zweit- und drittangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei die Frage dahingestellt bleiben kann, ob der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin im Wege einer Ermessensentscheidung gemäß § 4 Abs. 1 AufG auch eine Bewilligung zum geltend gemachten Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit ihrer Großmutter hätte erteilt werden können.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des geltend gemachten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997191122.X00

Im RIS seit

13.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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