TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/22 I422 2178451-2

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Veröffentlicht am 22.12.2019
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Entscheidungsdatum

22.12.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I422 2178451-2/4E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019, Zl. IFA: 1073492110 VZ INT: 191058190 VZ FAS: 191272949, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, StA Irak, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG iVm § 22 Abs. 10 AsylG sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Fremde reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 14.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen mit dem Konflikt zwischen den Sunniten und Schiiten begründete. Mit Bescheid vom 02.11.2017, Zahl:

1073492110-150670220 wurde der Erstantrag des Fremden negativ beschieden und über ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Zugleich wurde seine Abschiebung in den Irak für zulässig erklärt und ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise eingeräumt. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22.07.2019, GZ: G308 2178451-1/7E als unbegründet ab. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

2. Am 17.10.2019 stellte der Fremde einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Befragt nach seinen Fluchtmotiven führte der Fremde aus, dass er politische Gründe habe, es handle sich um die gleichen Gründe, die er bereits bei seinem Erstantrag genannt habe.

3. Am 17.12.2019 wurde der Fremde in Beisein seines Rechtsberaters von der belangten Behörde einvernommen und bestätigte er, dass seine Fluchtgründe aus dem Vorverfahren immer noch vollinhaltlich aufrecht seien. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurde der Fremde darauf hingewiesen, dass sein erstes Asylverfahren bereits rechtskräftig negativ entschieden worden sei und sein gegenständlicher Antrag wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen sei. Auf die Frage, was gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme spreche und weswegen er erneut einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, vermeinte der Fremde, dass er nicht zurückkönne. Im Irak werde er des Terrorismus verdächtigt und bestehe ein Haftbefehl gegen ihn vor, den er nunmehr vorlege.

4. In weiterer Folge hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit mündlich verkündetem Bescheid vom 17.12.2019 den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12 AsylG iVm § 12a Abs. 2 AsylG auf und legte sie die Entscheidung samt Verwaltungsakt der zuständigen Gerichtsabteilung I422 des Bundesverwaltungsgerichts am 18.12.2019 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Fremde ist ein Staatsangehöriger des Iraks. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Araber, bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben und spricht Arabisch als Muttersprache. Seine Identität steht fest.

Der Fremde ist gesund und arbeitsfähig.

Der Fremde ist in Bagdad geboren, aufgewachsen und besuchte dort neun Jahre lang die Grundschule. Eine Berufsausbildung absolvierte der Fremde nicht. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der Fremde bis zu seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat durch eine selbständige Tätigkeit. Er betrieb mit einem Partner ein Geschäft für Elektrogeräte. Bis zu seiner Ausreise 2013 in die Türkei lebte er im Elternhaus in Bagdad. Die Mutter des Fremden ist bereits verstorben. Der Vater des Fremden lebt in Jordanien. Zudem hat der zudem noch fünf Brüder und drei Schwestern. Der Fremde verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte im Irak und steht er in aufrechtem Kontakt zu seinen dort aufhältigen Familienangehörigen.

Eine Schwester des Fremden lebt mit ihrem Ehegatten, der zugleich ein Cousin des Fremden ist, sowie mit ihren drei Kindern, als Asylberechtigte in Österreich. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Fremde mit seiner in Österreich aufenthaltsberechtigten Schwester intensiven Kontakt hat oder zu ihr ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Darüber hinaus verfügt der Fremde über keine Familienangehörigen und Verwandte in Österreich. Auch eine wesentliche Änderung des Privat- und Familienlebens in Österreich wurde nicht behauptet; eine besondere Aufenthaltsverfestigung ist nicht erkennbar. Insgesamt liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Fremden in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht vor.

Der Fremde ist strafgerichtlich unbescholten.

Der erste Asylantrag des Fremden - den er mit Verfolgung aufgrund seiner Glaubenszugehörigkeit zu den Sunniten begründete - wurde mit Bescheid vom 02.11.2017, Zahl: 1073492110-150670220 negativ beschieden und über ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht eine dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abwies, erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft. Vom 29.09.2019 bis zum 02.10.2019 hielt sich der Fremde in Italien auf.

Der Fremde ist nicht bereit, freiwillig in seinen Herkunftsstaat auszureisen.

Die maßgebliche Lage im Irak hat sich seit rechtskräftig beendetem Vorverfahren nicht entscheidungswesentlich für den Fremden geändert.

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz des Fremden wird voraussichtlich abzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der festgestellte maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der Verwaltungsakte der belangten Behörde sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Des Weiteren wurden ergänzend Auskünfte aus dem Strafregister, dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS) eingeholt.

Die Feststellungen zu seiner Person, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppen- und Glaubenszugehörigkeit sowie seiner Muttersprache leiten sich aus seinen glaubhaften Angaben im Verfahren seines vorangegangenen ersten Asylverfahrens ab. Die Identität des Fremden erweist sich durch den von ihm vorgelegten Personalaus- und Staatsbürgerschaftsnachweis als geklärt.

Dass der Fremde gesund ist, bestätigte er zuletzt in seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019. In Zusammenschau mit seinem Alter leitet sich daraus die Feststellung seiner Arbeitsfähigkeit ab.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen im Irak, insbesondere seiner Schul- und nicht vorhandenen Berufsausbildung, dem bisherigen Verdienst seines Lebensunterhaltes, seinem Aufenthalt bis zu seiner Ausreise sowie die Feststellungen zu seinen familiären Situation und den vorhandenen familiären Anknüpfungspunkten im Irak gründen sich einerseits aus seinen getätigten glaubhaften Angaben im Verfahren seines vorangegangenen ersten Asylantrages in Zusammenschau mit den diesbezüglich glaubhaften Angaben im gegenständlichen Verfahren vom 17.12.2019.

Ebenso leiten sich aus den Angaben im vorangegangenen Asylantrages in Zusammenschau mit den glaubhaften Angaben im gegenständlichen Verfahren vom 17.12.2019 die Feststellungen hinsichtlich seiner familiären Situation in Österreich ab. Die Feststellung, dass der Fremde über keine hinreichende Integration in sprachlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht verfügt, resultiert aus folgenden Überlegungen: Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019 gab der Fremde an, dass er in Österreich eine Freundin namens Roswita R[...] habe. Sie sei eine normale Freundin und führe er keine Beziehung zu ihr. Ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu dieser Person verneinte der Fremde. Hinsichtlich seiner integrativen Bemühungen legte der Fremde eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs sowie an einem A1-Deutschkurs vor. Vorgelegt wurde auch eine Anmeldebestätigung für eine Teilnahme an einem A2-Deutschkurs. Die Absolvierung einer Deutschprüfung verneinte der Fremde. Dahingehend wurde von der belangten Behörde im Einvernahmeprotokoll angemerkt, dass der Fremde etwas Deutsch versteht und die Sprache gebrochen spricht. Die Frage nach der Ausübung einer legalen oder illegalen Beschäftigung verneinte der Fremde. Aus der Einsichtnahme in das GVS ist belegt, dass der Fremde bis zum 18.10.2019 Leistungen aus der Grundversorgung bezog. Auf die Frage wie er sich derzeit seinen Lebensunterhalt bestreite gab der Fremde an, dass er bei einem Freund lebe und sein Vater und seine Freunde ihn unterstützen würden.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Fremden leiten sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister des Fremden ab.

Die Angaben zum vorangegangenen Asylverfahren des Fremden und dessen rechtskräftiger negativer Abschluss ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister. Den Aufenthalt in Italien bestätigte der Fremde in seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

In seiner Einvernahme vom 17.12.2019 verneinte der Fremde die Frage nach seiner Bereitschaft zu einer freiwilligen Ausreise in seinen Herkunftsstaat.

Dass sich die maßgebliche Lage im Irak hat sich seit rechtskräftig beendetem Vorverfahren entscheidungswesentlich geändert hat, gründet auf den aktuellen Länderberichten (Stand 30.10.2019), die dem Fremden bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Kenntnis gebracht wurde. Der Fremde trat weder den Länderberichten, noch den Quellen explizit entgegen und führte aus, dass es im Irak keine Demokratie und auch keine Sicherheit gäbe, die Lage sei instabil und würden Menschen dort einer nach dem anderen sterben.

Die Feststellung, dass der gegenständliche Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, begründet sich vor allem darin, dass sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat (vgl. VwGH 18.09.2019, Ra 2019/18/0338). Berücksichtigt man die Angaben des Fremden aus seinem abgeschlossen ersten Asylantrag mit seinen Angaben im gegenständlichen Folgeantrag resultiert daraus, dass die Fluchtmotive ident sind. Dies ergibt sich zunächst aus dem Erstbefragungsprotokoll vom 17.10.2019, wenn er nach Vorhalt seines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens auf die Frage, weshalb er nunmehr einen neuerlichen Asylantrag stelle, wie folgt ausführt: "Ich habe die gleichen Gründe wie bei meinem ersten Asylantrag, aus politischen Gründen. Ich wurde bedroht und hatte Angst um mein Leben.". Auch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019, bestätigte er das Vorliegen derselben Fluchtgründe, wenn er nunmehr angibt "Ja, das sind die gleichen Fluchtgründe und sie sind noch immer aufrecht.". Zu seinen weiteren Ausführungen, dass ein Haftbefehl gegen ihn vorliege und er nicht zurückkehren könne, da er des Terrorismus verdächtigt werde, ist anzumerken, dass diese erstmals getätigte Behauptung keinen glaubhaften Kern aufweist und es sich hierbei um ein gesteigertes Vorbringen handelt (vgl. VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429, u.a.). Weitere Ausführungen, weshalb er nunmehr des Terrorismus verdächtigt werde, unterlässt der Fremde im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vollkommen. Auch wird darauf hingewiesen, dass der Fremde selbst angab, dass er den Haftbefehl bereits während seines damals noch laufenden ersten Asylverfahrens von seinem Bruder übermittelt bekommen habe. Weshalb er dies nicht bereits in seinem vorangegangenen Asylverfahren eingebracht hatte, konnte der Fremde nicht erklären und verwies lediglich darauf, dass er es seinem damaligen Rechtsanwalt gegeben habe. Wie sich aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.07.2019, GZ: G308 2178451-1/7E zudem ergibt, wurde sein Vorbringen einer allgemeinen Verfolgung wegen seines sunnitisch konnotierten Vornamens ebenfalls bereits im ersten, rechtskräftig negativ entschiedenen Verfahrens berücksichtigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden unter nachstehenden Voraussetzungen aufheben, wenn der Fremde einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG vorliegt:

1. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG,

2. der Antrag ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung würde keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für den Beschwerdeführer als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.

Als Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag zu qualifizieren. Im gegebenen Fall hat der Fremde einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG gestellt.

Im gegenständlichen Verfahren sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG gegeben:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2017 wurde der erste Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Irak rechtskräftig negativ entschieden. Dem Fremden droht keine asylrelevante Verfolgung im Irak. Mit selbigem Bescheid hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch rechtskräftig einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung einschließlich der Feststellung erlassen, dass die Abschiebung des Fremden in den Irak zulässig ist und ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22.07.2019, GZ: G308 2178451-1/7E als unbegründet ab. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Beim gegenständlichen Antrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 17.10.2019 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG und liegt auch kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG vor.

Der gegenständliche Folgeantrag vom 17.10.2019 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist: Eine allfällige Sachverhaltsänderung wurde in der Erstbefragung zum Folgeantrag nicht behauptet. Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Fremde an dieselben Fluchtgründe zu haben wie im vorangegangenen rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren. Das weitere Vorbringen, dass ein Haftbefehl gegen ihn vorliege und er nicht zurückkehren könne, da er des Terrorismus verdächtigt werde, wird als Steigerung und als solches als unglaubhaft gewertet.

Aus den Länderberichten ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum vorangegangenen Bescheid eingetreten ist.

Ein auf das AsylG gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG aus:

Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN).

Auch diesbezüglich wurden keine Sachverhaltsänderungen vorgebracht.

Die Abschiebung würde auch keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK darstellen:

Auch dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und er in die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt. Der Fremde ist volljährig, gesund und erwerbsfähig. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte. Außerdem besteht ganz allgemein im Irak derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zu EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Eine Gefährdung iSd Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK wird vom Fremden nicht vorgebracht. Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der Fremde angegeben, in Österreich keine Familie oder familienähnliche Lebensgemeinschaft zu haben. Zu seiner in Österreich aufhältigen Schwester und deren Familie besteht keine tiefgreifende Bindung oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts seines Aufenthalts in Österreich nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.

Auf Grund der aktuellen Länderberichte kann nicht festgestellt werden, dass dem Fremden als Zivilperson durch die Rückkehr in den Irak eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes erwachsen würde.

Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 17.12.2019 rechtmäßig ist und die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen.

Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zum faktischen Abschiebeschutz und den Voraussetzungen seiner Aufhebung in Folgeverfahren oder zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache und zur Beurteilung "gesteigerten" Vorbringens in Folgeverfahren. Weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I422.2178451.2.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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