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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senarspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1961 geborenen V N in B, vertreten durch Dr. W und Dr. H, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. November 1997, Zl. 122.754/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. November 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, es stehe fest, daß der Beschwerdeführer noch nie im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung gewesen sei. Er habe nach der Aktenlage das Formular für einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz im Inland unterzeichnet und direkt bei der Bezirkshauptmannschaft B eingereicht, obwohl er zur Inlandsantragstellung nicht berechtigt gewesen sei. Er habe sich somit zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Auf dem Antragsformular habe er als Datum den 28. Februar 1996 und als Aufenthaltsort B angegeben und dies auch durch seine Unterschrift beurkundet. Er habe dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Aufgrund dieser Tatsache sei sein Antrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG abzulehnen gewesen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, daß "nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich" bestünden. Auch in seiner Berufung habe er keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt hätte. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und seiner privaten Interessen, im Rahmen des Art. 8 MRK, sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluß vom 23. Februar 1998, B 3128/97-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt. Er erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt. Die belangte Behörde hätte erkennen müssen, daß der Beschwerdeführer ausnahmsweise zur Antragstellung vom Inland aus berechtigt sei. Der angefochtene Bescheid sei am 26. November 1997 erlassen worden, sohin noch nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes zu beurteilen. Gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei jedoch die Antragstellung im Inland ausnahmsweise dann zulässig, wenn das Aufenthaltsrecht gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 zustehe. § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG bestimmte, daß Fremde, die aufgrund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder gemäß Z. 6 aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt berechtigt seien, keine Bewilligung brauchen. Es sei ein allgemein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts, daß Asylwerber bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Asylantrag zum Aufenthalt im Asylland berechtigt seien. Da dem Beschwerdeführer eine negative Entscheidung über seine Berufung hinsichtlich des Asylantrages niemals zugegangen sei, sei das Asylverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen. Er sei daher aufgrund eines allgemein anerkannten Grundsatzes des Asylrechtes gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG zum Aufenthalt in Österreich berechtigt und habe in Entsprechung dieser Bestimmung auch einen Antrag vom Inland aus stellen dürfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte nach dem Beschwerdevorbringen im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof am 26. November 1997) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich.
Die §§ 1 Abs. 3 Z. 1 und 6, 6 Abs. 2 und 13 Abs. 1 und 2 AufG lauteten:
"§ 1.
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
1.
auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts, eines Staatsvertrages, unmittelbar anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union oder anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in Österreich Niederlassungsfreiheit genießen;
...
6.
auf Grund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt ist.
§ 6.
...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.
...
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 und Abs. 4 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."
§ 4 Z. 3 der am 13. Dezember 1996 herausgegebenen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
3. Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 des Aufenthaltsgesetzes auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrags aufenthaltsberechtigt sind oder waren, und
..."
Da der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 1 Abs. 1 AufG verfügte, wertete die belangte Behörde seinen Antrag zu Recht nicht als Verlängerungsantrag.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht § 6 Abs. 2 AufG angewendet.
Da der Beschwerdeführer aber seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auch nach seinem eigenen Vorbringen aus dem Inland gestellt hat und das in § 6 Abs. 2 AufG normierte Erfordernis, einen Antrag vom Ausland aus zu stellen, nicht als bloße Formvorschrift zu werten ist, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895), wäre die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde nur dann zu Unrecht erfolgt, wenn der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt gewesen wäre. Das Beschwerdevorbringen bietet allerdings keinen Hinweis darauf, daß der Beschwerdeführer zu diesem begünstigten Personenkreis zählt.
Soweit der Beschwerdeführer nämlich annimmt, die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Antragstellung im Inland ergebe sich in seinem Fall aus § 6 Abs. 2 AufG, weil er die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG erfülle, verkennt er den Inhalt des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG. Die Wortfolge "im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1" in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG erfaßt nur Fälle des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Verlustes (der Aberkennung) des Asyls oder des Verlustes eines Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zl. 98/19/0010). Gerade der Verlust eines solchen Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG wird vom Beschwerdeführer aber nicht behauptet.
Die ausnahmsweise Antragstellung im Inland wäre für den Beschwerdeführer daher nur dann in Frage gekommen, wenn er gemäß § 4 Z. 3 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 707/1996 gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG aufgrund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrags aufenthaltsberechtigt wäre oder gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. März 1998, Zl. 95/19/1473, dargelegt hat, genießen asylberechtigte Fremde nicht gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG aufgrund eines Staatsvertrages in Österreich Niederlassungsfreiheit. Die in diesem Zusammenhang in Betracht zu ziehende Genfer Flüchtlingskonvention gewährt Flüchtlingen im Verständnis dieser Konvention nämlich kein Recht auf Niederlassungsfreiheit, also auf freie Wahl ihres Wohnortes. Nichts anderes gilt z.B. für sogenannte de-facto Staatenlose, aber auch für Asylwerber vor dem rechtskräftigen Abschluß ihres Asylverfahrens, zu denen nach seinem Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführer zählt. Allgemein anerkannte Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrages, denen zufolge auch derartige Fremde in Österreich Niederlassungsfreiheit genießen würden, sind entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht erkennbar (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zl. 98/19/0010).
Zählte der Beschwerdeführer aber nach dem bisher Gesagten nicht zu dem Personenkreis, für den ausnahmsweise eine Antragstellung aus dem Inland zulässig war, kann die Abweisung seines entgegen § 6 Abs. 2 erster Satz AufG gestellten Antrages durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998190115.X00Im RIS seit
02.05.2001