TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/27 W192 1436074-4

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Veröffentlicht am 27.12.2019
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Entscheidungsdatum

27.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W192 1436074-4/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2018, Zahl 13-821632801-170014009, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA-VG i.d.g.F. und §§ 52, 55 FPG i. d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin reiste am 08.11.2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab sie an, Staatsangehörige der Russischen Föderation und muslimischen Glaubens zu sein sowie der tschetschenischen Volksgruppe anzugehören. Zum Nachweis ihrer Identität legte die Beschwerdeführerin ihren russischen Inlandspass vor.

Diesen Antrag wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 06.05.2013 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in der damaligen Fassung (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. (Spruchpunkt II.) ab; weiters wies es die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt III.).

1.2. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 29.07.2013 vollinhaltlich abgewiesen.

Hinsichtlich ihrer Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet führte der Asylgerichtshof begründend aus, die Beschwerdeführerin verfüge im Inland über keine relevanten familiären Beziehungen zu einer zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person.

In Österreich befinde sich zwar jene (erwachsene) Enkelin, mit der die Beschwerdeführerin auch gemeinsam eingereist sei und mit der sie auch im Bundesgebiet weiterhin zusammenlebe, doch sei diese ebenfalls Asylwerberin und deren Asylverfahren zwischenzeitlich ebenso wie jenes der Beschwerdeführerin negativ entschieden worden. Die Enkelin sei daher im selben Umfang wie die Beschwerdeführerin selbst von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen, weswegen diesbezüglich auch kein Eingriff in das Familienleben vorliege. Die Ausweisung der Beschwerdeführerin stelle daher - gemeinsam mit ihrer Enkelin vollzogen - keinen Eingriff in ihr Recht auf Schutz des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK dar.

In Bezug auf die im österreichischen Bundesgebiet aufhältige und als Flüchtling anerkannte Tochter der Beschwerdeführerin führte der Asylgerichtshof aus, dass das Verhältnis der Beschwerdeführerin zu ihrer Tochter keine relevante familiäre Beziehung darstelle. Dies insbesondere deshalb, weil die Beschwerdeführerin und die in Rede stehende Tochter über kein qualifiziertes und hinreichend stark ausgeprägtes Naheverhältnis verfügten. So lebten sie weder in gemeinsamem Haushalt noch bestehe zwischen diesen in finanzieller oder sozialer Hinsicht ein Abhängigkeitsverhältnis. Ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis sei von der Beschwerdeführerin sogar ausdrücklich verneint worden. Die Beschwerdeführerin habe ihre Tochter seit ihrer Einreise auch nur drei Mal getroffen; sie habe mit ihr bereits im Herkunftsstaat infolge Verehelichung der Tochter seit dem Jahre 2003 nicht mehr zusammengelebt. 2004 sei die Tochter dann mit ihrem Ehemann nach Österreich ausgereist, worauf nur mehr telefonischer Kontakt geherrscht und auch keine finanzielle Abhängigkeit bestanden habe. Die Kontakte zur Tochter im Bundesgebiet würden sich demnach auf übliche Verwandtenbesuche und einen telefonischem Kontakt beschränken; das Beziehungsverhältnis reiche dergestalt nicht aus, um von einem Familienleben zu sprechen, welches einer Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK bedürfe.

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der Beschwerdeführerin in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht seien ebenfalls nicht erkennbar. Weder aus dem Verwaltungsakt noch aus der Beschwerde seien irgendwelche integrativen Aspekte der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet fassbar. Vielmehr seien die Beschwerdeführerin und ihre Enkelin auf Leistungen aus der Grundversorgung angewiesen und lebten in einer Unterkunft für Asylwerber. Die Beschwerdeführerin weise auch keine Deutschkenntnisse auf, sei ferner nicht Mitglied in einem Verein und betätige sich auch nicht karitativ. Auch habe sich die Beschwerdeführerin in Österreich nicht aus- oder fortgebildet.

In Tschetschenien verfüge die Beschwerdeführerin hingegen über ein soziales Netz, weil sich dort ihre zahlreichen Angehörigen unvermindert aufhielten. Die Beschwerdeführerin habe im Herkunftsstaat auch stets das finanzielle Auslangen gefunden. Sie sei im Herkunftsstaat beschäftigt gewesen, spreche die Landessprache, habe zuletzt eine Rente bezogen und verfüge unverändert über ihre Wohnung in Grosny. Aufgrund dieser sozialen und wirtschaftlichen Faktoren sowie im Hinblick auf die im Vergleich zum Lebensalter der Beschwerdeführerin kurze Ortsabwesenheit könne auch nicht gesagt werden, dass die Beschwerdeführerin ihrem Kulturkreis entrückt wäre und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurecht finden würde.

Zusammengefasst sei deshalb davon auszugehen, dass die Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht hätten und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukomme, jedenfalls in den Hintergrund träten. Die Verfügung der Ausweisung sei daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheine auch nicht unverhältnismäßig, zumal für die illegal eingereiste Beschwerdeführerin klar sein habe müssen, dass sie nur angesichts ihrer wahrheitswidrigen Angaben im Asylverfahren zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei.

1.3. Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 29.07.2013 eine Beschwerde gemäß Art. 144a B-VG in der damaligen Fassung an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Beschwerde gab der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12.03.2014, U 1904/2013, hinsichtlich der durch den Asylgerichtshof ausgesprochenen Ausweisung der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation Folge und behob die Entscheidung vom 29.07.2013 in diesem Umfang wegen Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK; unter einem lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde, soweit sich diese auf die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten bezog, ab.

Der Verfassungsgerichtshof begründete das Erkenntnis damit, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt entstehe. Diese besonders geschützte Verbindung könne in Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden. Das Auflösen einer Haushaltsgemeinschaft von Eltern und volljährigen Kindern alleine führe jedenfalls nicht zur Beendigung des Familienlebens, solange nicht jede Bindung aufgelöst sei. Der Asylgerichtshof verkenne, dass es für das Bestehen eines Familienlebens zwischen Eltern und Kindern im Sinne der dargestellten Rechtsprechung nicht darauf ankomme, dass ein "qualifiziertes und hinreichend stark ausgeprägtes Nahverhältnis" bestehe, sondern darauf, ob jede Verbindung gelöst worden sei. Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesasylamt habe die Beschwerdeführerin den Aufenthalt ihrer Tochter in Österreich als treibenden Grund dafür genannt, selbst nach Österreich zu kommen. Seit ihrer Ankunft habe es mehrere Besuche und regelmäßigen telefonischen Kontakt gegeben. Ausgehend von seinem Rechtsirrtum sei der Asylgerichtshof auf dieses Vorbringen nicht eingegangen. Die Beziehung der Beschwerdeführerin zu ihrer in Österreich lebenden Tochter sei daher vom Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst. Die Ausweisung der Beschwerdeführerin stelle einen Eingriff in dieses Recht dar, der ohne die Abwägung der geschützten subjektiven Interessen gegen die in Art. 8 Abs. 2 EMRK aufgelisteten öffentlichen Interessen nicht gerechtfertigt werden könne. Da der Asylgerichtshof eine solche Interessenabwägung nicht vorgenommen habe, sei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Achtung des Familienlebens verletzt worden.

1.4. Das Bundesverwaltungsgericht verwies in weiterer Folge mit Entscheidung vom 22.12.2014 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung unter näherer Begründung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

1.5. Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2015 Parteiengehör zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung eingeräumt und aufgetragen, sie möge Angaben zu ihrem Privat- und Familienleben tätigen bzw. Bescheinigungsmittel hinsichtlich ihrer erfolgten Integration vorlegen.

1.6. Mit Stellungnahme vom 16.03.2015 führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei illegal nach Österreich eingereist; hier lebe sie seit November 2012 durchgehend ohne ein Visum oder einen Aufenthaltstitel. Weder sei sie verheiratet noch lebe sie in einer Lebensgemeinschaft. In Oberösterreich wohne ihre asylberechtigte Tochter mit ihrem österreichischen Ehemann und fünf gemeinsamen Kindern im Alter zwischen vier und 13 Jahren. Die Beschwerdeführerin habe sehr viel Kontakt mit ihrer Tochter und ihrer Familie. Sie fahre des Öfteren nach Oberösterreich, wo sie dann einige Tage bleibe und ihrer Tochter im Haushalt helfe; zeitweise komme auch die Tochter sie an ihrer Wohnadresse in Tirol besuchen. Ihre Enkelin sei seit Jänner 2015 in Österreich aufenthaltsberechtigt, weil sie einen asylberechtigten Mann geheiratet und mit diesem ein Kind bekommen habe; sie sei derzeit mit dem zweiten Kind schwanger. Die Beschwerdeführerin stehe mit ihrer Enkelin in ständigem, innigen Kontakt; sie würden sich dabei gegenseitig unterstützen. Weiters sei die Beschwerdeführerin mit zwei näher genannten Asylwerberinnen befreundet; eine davon unterstütze sie beim Deutschlernen. Sie habe dabei jedoch Schwierigkeiten und auch keine Deutsch-Prüfungen abgelegt. Ausbildungen habe sie in Österreich nicht absolviert, sie verfüge auch über keinen höheren Schulabschluss. Ebenso habe sie im Bundesgebiet nie gearbeitet, sondern helfe nur ihrer Tochter und ihrer Enkelin in deren Haushalten. Die Beschwerdeführerin lebe von der Grundversorgung und betrachte Österreich mittlerweile als ihre Heimat. Sie sei froh, hier ärztliche Behandlung zu erfahren, zumal sie an Bluthochdruck, Asthma bronchiale und Herzbeschwerden leide. Derzeit wohne sie in einem Flüchtlingsheim in Innsbruck; weder sei sie von einem Gericht strafrechtlich verurteilt worden noch habe sie je ein Aufenthaltsverbot oder eine rechtskräftige Ausweisung erhalten. Schließlich sei sie in Österreich nie Zeugin oder Opfer von Menschenhandel, Prostitutionshandel oder anderer Gewalt geworden.

Die Beschwerdeführerin legte mit ihrer Stellungnahme auch zwei Berichte eines Landeskrankenhauses vom 07.02.2015 und 11.02.2015 vor, denen zufolge sie an arterieller Hypertonie (Bluthochdruck), atypischen Brustschmerzen, chronischer Niereninsuffizienz im dritten Stadium, Asthma bronchiale und Allergien leide.

1.7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2015 wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation gemäß § 46 leg.cit. zulässig ist. Weiters sprach das Bundesamt aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg.cit die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. In der Begründung hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass der Eingriff in das zur Tochter und Enkelin bestehende Familienleben der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet vor dem Hintergrund der höher zu wertenden öffentlichen Interessen an ihrer Aufenthaltsbeendigung gerechtfertigt sei. Sie sei nur schwach in Österreich sozial integriert, weshalb auch der Eingriff in ihr Privatleben statthaft sei.

1.8. Die Beschwerdeführerin erhob gegen den angeführten Bescheid vollinhaltlich Beschwerde, welche am 07.05.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Darin führte sie aus, bereits seit zwei Jahren im Bundesgebiet zu leben und gut integriert zu sein. Ihre Enkelin, mit der sie eine intensive Nahebeziehung pflege, sei in Österreich seit Jänner 2015 aufenthaltsberechtigt. Die Beschwerdeführerin habe auch eine innige Beziehung zu ihrer in Österreich lebenden Tochter; so besuche sie diese regelmäßig und telefoniere täglich mit ihr. Zwar lebten noch zwei Söhne und eine Tochter im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin, doch verbüße ein Sohn eine Gefängnisstrafe, der andere Sohn sei selbst pflegebedürftig und die Tochter wohne in einem weit entfernten Teil der Russischen Föderation. Weiters verfüge die Beschwerdeführerin über keine Eigentumswohnung, sondern habe mit ihrer Enkelin vor ihrer Ausreise in einer Mietwohnung, die ihr nun nicht mehr zur Verfügung stehe, gewohnt. Ohne entsprechenden familiären Rückhalt und ohne Wohnmöglichkeit wäre sie in der Russischen Föderation auf sich alleine gestellt und würde in eine unzumutbare Lage geraten. In Österreich habe sich die Beschwerdeführerin hingegen bereits gut eingelebt und habe zwei gute Freundinnen gefunden. Sie bemühe sich, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und besuche fleißig Deutschkurse. Ihre Familie, mit der sie viel Zeit verbringe, könnte sich vorstellen, sie im Falle ihres Verbleibs in Österreich bei sich aufzunehmen. Die Beschwerdeführerin befinde sich davon abgesehen in einem schlechten gesundheitlichen Zustand und leide unter arterieller Hypertonie, atypischen Brustschmerzen, chronischer Niereninsuffizienz im dritten Stadium, Asthma bronchiale sowie Allergien. In der Russischen Föderation habe die Beschwerdeführerin zwar medizinische Leistungen erhalten, diese hätten jedoch nicht zum erwünschten Erfolg geführt, weshalb sie oft auf Kur geschickt worden sei. Bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin schlechtere Medikamente erhalten würde, deren Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand nicht vorhersehbar seien. Für den Gesundheitszustand erschwerend hinzu komme die psychische Belastung, die eine Trennung von ihrer Enkelin und ihrer Tochter bedeutete. Da in diesem Zusammenhang "berechtigte Zweifel an der Überstellungsfähigkeit bzw. Flugtauglichkeit der BF" bestünden, werde die Einholung eines auf diese Frage bezogenen medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt. Der durch eine Rückkehrentscheidung erfolgende Eingriff in das im Bundesgebiet bestehende Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin sei jedenfalls unverhältnismäßig. Zur Untermauerung ihrer Angaben legte sie zwei Unterstützungsschreiben ihrer Enkelin und ihrer Tochter sowie eine Kopie des Berichtes eines Landeskrankenhauses vom 11.02.2015 vor.

1.9. Die Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 19.10.2016, Zahl W2371436074-3, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 55 und 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen. Die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung wurde insbesondere auf die nachstehenden Erwägungen gestützt:

"3.4.2.2. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechungslinie führt die Beschwerdeführerin sowohl mit ihrer Enkelin als auch mit ihrer Tochter, die beide im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigt leben, ein Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK: Die Enkelin der Beschwerdeführerin lebt ebenso wie diese in Innsbruck. Das enge Verhältnis, das die Beschwerdeführerin zu ihrer Enkelin schon deshalb hat, weil diese bei ihr seit früher Kindheit in Tschetschenien aufwuchs, setzte sich somit - nach der gemeinsamen Einreise in das Bundesgebiet - in Österreich nahtlos fort. Nach wie vor besucht die Beschwerdeführerin ihre Enkelin bzw. deren Familie sehr häufig und unterstützt sie im Haushalt sowie der Kinderbetreuung. Umgekehrt erfährt auch die Beschwerdeführerin durch ihre Enkelin bzw. deren Mann im Alltag sowie bei gesundheitlichen Beschwerden Unterstützung. Nach Lage des Falles ist also jedenfalls von einer ausreichend starken Beziehungsintensität der Beschwerdeführerin zu ihrer Enkelin auszugehen, um das Vorhandensein eines Familienlebens zu dieser anzunehmen.

Ihre Tochter lebt ihrer eigenen Familie zwar in Wels, was zur Folge hat, dass die Beschwerdeführerin diese nicht häufig sehen kann, doch besteht ein täglicher telefonischer Kontakt; überdies besucht die Beschwerdeführerin ihre Tochter alle zwei bis drei Monate für mehrere Tage, wobei sie ihr in dieser Zeit im Haushalt und bei der Kinderbetreuung hilft. Die Tochter begleitet ihre Mutter umgekehrt bei Behördenwegen und war auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht als Zuhörerin zugegen. Gemäß den - nicht anzuzweifelnden - Angaben in dem der angefochtenen Beschwerde beigelegten Unterstützungsschreiben vom 04.05.2015 zeigt sich die Tochter zudem bemüht, der Beschwerdeführerin den Umzug nach Wels zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls nicht davon gesprochen werden, die Beschwerdeführerin hätte jede Verbindung zu ihrer volljährigen Tochter im Bundesgebiet gelöst, weshalb sie auch mit dieser ein Familienleben gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK führt (vgl. zum vorliegenden Fall VfGH 12.03.2014, U 1904/2013, sowie bereits BVwG 22.12.2014, W190 1436074-2).

3.4.2.3. Der durch eine Rückkehrentscheidung erfolgende Eingriff in dieses Familienleben ist nach Lage des Falles allerdings statthaft:

Bei der Enkelin und der Tochter der Beschwerdeführerin mag es sich zwar um die engsten familiären Bezugspersonen für sie handeln, doch bedeutet dies nicht, dass sie von diesen Familienmitgliedern durch eine Rückkehr in ihr Herkunftsland völlig abgeschnitten wäre. So könnte sie die (video-)telefonischen Kontakte zu diesen Personen wie bereits jetzt im Bundesgebiet aufrechthalten. Dabei wird nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin vor allem zu ihrer Enkelin eine besondere Beziehung pflegt, zumal die Enkelin bei ihr in Tschetschenien aufwuchs und mit ihr gemeinsam nach Österreich gelangte. Eine durch die Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihr Herkunftsland erfolgende räumliche Trennung von der Enkelin scheint jedoch nicht schlechterdings unzumutbar, zumal bereits derzeit keine Haushaltsgemeinschaft mit ihr besteht und die Enkelin in Österreich eine eigene Familie hat. Dies trifft umso mehr auf den Eingriff in das Familienleben mit der Tochter zu, von welcher die Beschwerdeführerin auch vor ihrer Ausreise aus Tschetschenien bereits seit dem Jahr 2004 getrennt war. Bei dieser Beurteilung ist vor allem hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin in der Russischen Föderation, konkret in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny, noch mehrere familiäre Anknüpfungspunkte hat, sodass sie dort nicht auf sich gestellt wäre. So leben dort - neben einem Bruder und einer Schwester - ihr volljähriger Sohn mit seiner Frau und fünf Kindern; zum Sohn besteht bereits jetzt telefonischer Kontakt einmal in der Woche. Die in Tschetschenien lebenden Familienmitglieder könnten der Beschwerdeführerin bei ihren gesundheitlichen Beschwerden sowie bei Besorgungen im Alltag beistehen. Schließlich ist hervorzuheben, dass mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.07.2013 festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin ihren Herkunftsstaat "jedenfalls nicht aus den von ihr dargelegten" Gründen (also aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung) verlassen hat. Angesichts dieser Entscheidung - die im Umfang der Nichtzuerkennung des Status sowohl der Asylberechtigten als auch der subsidiär Schutzberechtigten in weiterer Folge auch nicht durch den Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde - konnte die Beschwerdeführerin auch nicht mehr auf die Fortsetzung ihres in Österreich ausgeübten Familienlebens vertrauen.

In Zusammenschau mit ihrer mangelnden Integration in Österreich sowie den gewichtigen öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung (vgl. dazu näher Pkt. II.3.4.3.2. und II.3.4.3.2.) ist somit durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zwar ein Eingriff in das Recht der Beschwerdeführerin auf Achtung ihres Familienlebens, nicht jedoch dessen Verletzung erkennbar.

3.4.3. Hinsichtlich des im Bundesgebiet bestehenden Privatlebens der Beschwerdeführerin ist Folgendes festzuhalten:

3.4.3.1. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Verwaltungsgerichtshof stellen in ihrer Rechtsprechung darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist (VwGH 30.04.2009, 2009/21/086; VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721, und die dort zitierte EGMR-Judikatur).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch kann in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, Solomon v. Niederlande, Appl. 44328/98; EGMR 09.10.2003, Slivenko v. Lettland, Appl. 48321/99; EGMR 22.04.2004, Radovanovic v. Österreich, Appl. 42703/98; EGMR 31.01.2006, da Silva und Hoogkamer

v.

Niederlande, Appl. 50435/99; EGMR 31.07.2008, Darren Omoregie ua

v.

Norwegen, Appl. 265/07).

3.4.3.2. Im vorliegenden Fall hält sich die Beschwerdeführerin seit ihrer Asylantragstellung am 08.11.2012 im Bundesgebiet auf und verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts in ihrem Asylverfahren. Die Beschwerdeführerin ist illegal nach Österreich eingereist und stellte in weiterer Folge einen Antrag auf internationalen Schutz, der sich als unberechtigt erwiesen hat. Die nunmehr knapp vierjährige Dauer des Verfahrens ist zwar als nicht unerheblich zu werten und auch nicht auf verfahrensobstruierende Handlungen seitens der Beschwerdeführerin zurückzuführen. Die Dauer der Verfahren vor den einzelnen Behörden und Rechtsschutzeinrichtungen (Bundesasylamt, Asylgerichtshof, Verfassungsgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie - nunmehr erneut - das Bundesverwaltungsgericht) überstieg aber jeweils nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Insgesamt liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg. 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Butt, Appl. 47.017/09, Z 85 f.).

Dass die Beschwerdeführerin strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Die Beschwerdeführerin verfügt nach wie vor über starke Bindungen zum Herkunftsstaat: Wie bereits ausgeführt, halten sich insbesondere ihr Sohn mit dessen Familie sowie ein Bruder und eine Schwester in Tschetschenien auf. Vor allem mit ihrem Sohn und seiner Familie steht die Beschwerdeführerin in häufigem telefonischen Kontakt. Sie verwies im Zuge ihres Verfahrens zwar darauf, dass ihr Sohn ein Pflegefall sei, was aber ihre familiäre Bindung, die sie zu ihm hat, per se nicht mindert. Davon abgesehen könnte sie den familiären Kontakt zu ihrem Bruder und ihrer Schwester wieder intensivieren. Die Beschwerdeführerin, die im Alter von 66 Jahren nach Österreich eingereist ist, hat zudem nahezu ihr ganzes Leben in der Russischen Föderation verbracht. Sie beherrscht Russisch und Tschetschenisch und war im Herkunftsstaat sozial integriert. Es ist daher davon auszugehen, dass sie sich auch nach vierjähriger Abwesenheit vom Herkunftsstaat in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern können wird.

Die Integration der Beschwerdeführerin in Österreich ist hingegen kaum ausgeprägt: Die Beschwerdeführerin verfügt über keine Deutschkenntnisse, hat bislang keinen Deutschkurs durchgehend besucht und nimmt auch sonst keine Bildungsmaßnahmen in Anspruch. Zudem ist sie kein Mitglied in Vereinen, geht keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach und hat außerhalb ihrer Familienmitglieder im Bundesgebiet nur wenig nennenswerte soziale Kontakte (so zum Beispiel zu einer asylberechtigten Freundin, die sie im Zuge deren Krebserkrankung unterstützt). Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung bzw. der finanziellen Unterstützung durch ihre in Österreich aufhältigen Familienangehörigen. Angesichts ihres Alters, Gesundheitszustands und ihrer eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin eine Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt anstrengen würde. Eine Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin erscheint daher auch pro futuro in höchstem Maße unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist davon auszugehen, dass die in Österreich nicht pensionsberechtigte Beschwerdeführerin bei der Bestreitung ihres Lebensunterhaltes allein auf Sozialleistungen bzw. Unterstützungen Dritter angewiesen sein wird. Demgegenüber ist die Beschwerdeführerin aber ihren eigenen Angaben zufolge im Herkunftsstaat pensionsberechtigt, kranken- sowie sozialversichert und hatte nicht mit finanziellen Problemen zu kämpfen, sondern ihr wirtschaftliches Auslangen gefunden.

Zwar ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine ältere Person mit (oben beschriebenen) gesundheitlichen Beeinträchtigungen handelt, die in der Nähe zu ihrer Enkelin und ihrer Tochter in Österreich Stabilität findet, und dies insoweit die Schutzwürdigkeit ihres im Bundesgebiet bestehenden Privatlebens erhöht. Unzumutbare Härten vermag das Bundesverwaltungsgericht in einer Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat aus diesem Grund allerdings nicht zu erkennen, zumal - wie bereits näher dargelegt - mehrere andere Familienangehörigen der Beschwerdeführerin in Tschetschenien leben. Überdies führt der oben angestellte Vergleich zwischen den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin in Österreich mit jenen in der Russischen Föderation, genauer Tschetschenien, zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat, in welchem sie über Jahrzehnte und somit den prägenden und weit überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht hat, über eine wesentlich gesichertere wirtschaftliche Existenz und über weit mehr familiäre und soziale Anknüpfungspunkte verfügt, als dies in Österreich der Fall ist. Soweit sie in Bezug auf ihren in Tschetschenien lebenden Sohn im Verfahren vorbrachte, dieser sei pflegebedürftig, ist darauf hinzuweisen, dass dieser mit seiner Frau und fünf Kindern in gemeinsamem Haushalt wohnt, wobei dessen Frau und eine Tochter durch die Arbeit in einem Kaffeehaus - neben der Invaliditätspension des Sohnes - zum Haushaltseinkommen beitragen. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, der Beschwerdeführerin wäre die Inanspruchnahme dieses familiären bzw. sozialen Unterstützungsnetzes nicht möglich.

Das Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung ihrer privaten Kontakte in Österreich ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass sie sich bei ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet stets ihres unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus bewusst sein musste: Die Beschwerdeführerin durfte sich hier bisher nur aufgrund ihres Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der bereits mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.07.2013 als unbegründet abzuweisen war (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; vgl. auch EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg. 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

Festzuhalten ist auch, dass es der Beschwerdeführerin bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG auch nicht verwehrt ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (so auch VfSlg. 19.086/2010 unter Hinweis auf Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 861).

3.4.3.3. Diesen schwach ausgeprägten privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib in Österreich.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

3.4.4. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

Diese Entscheidung wurde am 25.10.2016 zugestellt und ist rechtskräftig.

2.1. Am 04.01.2017 stellte die Beschwerdeführerin einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Sie gab bei der Erstbefragung an, dass ihre bereits vorgebrachten Fluchtgründe noch aufrecht seien. Sie habe unlängst eine SMS von ihrer Nachbarin aus dem Herkunftsstaat bekommen, in der diese mitteilte, dass Männer in Tarnanzügen zu ihr nach Hause gekommen seien und nach ihr gefragt hätten. Die Nachbarin habe gesagt, dass sie nicht wisse, wohin die Beschwerdeführerin sich begeben habe. Die Nachricht habe sie vor etwa einem Monat erhalten. Weiters habe sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert. Sie legte eine Bestätigung einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.09.2016 vor.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 22.01.2018 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie sich wegen Asthma bronchiale in fachärztlicher Behandlung befinde und weiters von ihrer Hausärztin Medikamente gegen Schlaflosigkeit und Bluthochdruck erhalte. Sie sei bereits im Herkunftsstaat wegen Asthma und wegen ihres Herzens in Krankenbehandlung gewesen. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, dass ihr das Klima im Herkunftsstaat nicht guttue und sie Medikamente, die sie in Österreich bekomme, nicht erhalten werde.

Zu ihren Familienbindungen im Herkunftsstaat brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ihre Tochter mit ihrem Mann in Rostow und ihr invalider Sohn mit seiner Familie in Russland im Bezirk Saratov lebe. Ihr weiterer Sohn sitze in Perm im Gefängnis und eine ihrer Töchter lebe in Wels. Sie stehe zu ihren Kindern in telefonischem Kontakt. Im Falle einer Rückkehr könne sie bei ihren Kindern nicht Unterkunft finden. Sie wolle nicht zurückkehren und es sei ihre Enkelin hier, die sich um sie kümmere.

Zu den Gründen ihrer Ausreise brachte sie vor, dass sie ihre bisherigen Angaben zum Fluchtgrund aufrecht erhalte. Im August habe man ihr mitgeteilt, dass man einen der Männer, die in ihrer Wohnung gewohnt hätten, mitgenommen habe. Dies habe mit Widerstandskämpfern in den Wäldern zu tun und deshalb habe die Beschwerdeführerin Angst, in ihre Wohnung zurückzukehren. Zum Vorhalt, dass die Beschwerdeführerin bei der Erstbefragung vorgebracht hatte, es hätte sie eine Nachbarin durch eine SMS informiert, dass Männer in Tarnanzügen nach der Beschwerdeführerin gesucht hätten, brachte sie vor, dass sie ein schlechtes Gedächtnis wegen ihrer Depression habe.

Die Beschwerdeführerin sei krank und Invalide und könne nicht mehr arbeiten. Sie bestreite den Lebensunterhalt durch Leistungen der Grundversorgung. Sie habe einen Deutschkurs besucht, könne aber noch immer nicht Deutsch sprechen. Die Beschwerdeführerin lebe mit ihrer Enkelin nicht mehr im gemeinsamen Haushalt und sei auch nicht finanziell abhängig. Es würden, ebenso wie in Bezug auf ihre in Österreich lebende Tochter, Besuchsaufenthalte stattfinden.

Durch das BFA wurde eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.03.2018 hinsichtlich der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin eingeholt, wonach die von der Beschwerdeführerin benötigten Medikamente in der Russischen Föderation und in Tschetschenien verfügbar sind und auch die notwendigen Behandlungen durch Fachärzte gewährleistet seien.

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für deren freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Im Rahmen der Entscheidungsbegründung wurde festgestellt, dass die Angaben der Beschwerdeführerin über eine Suche nach ihr oder eine Festnahme eines Mannes in ihrer Wohnung nicht glaubhaft seien, da es sich um widersprüchliche Angaben handle. Die Beschwerdeführerin leide an keinen lebensbedrohenden Erkrankungen. Behandlungen und Medikamente für die entsprechenden Krankheitsbilder seien in der Russischen Föderation verfügbar. Die Beschwerdeführerin habe im Herkunftsstaat einen Pensionsanspruch mit Behindertenzulage sowie eine Eigentumswohnung und habe dort näher bezeichnete Familienangehörige.

Die Beschwerdeführerin sei widerrechtlich schlepperunterstützt nach Österreich eingereist und bestreite ihren Lebensunterhalt ausschließlich aus der Grundversorgung. Angesichts des Fehlens ausgeprägter familiärer Bindungen im Inland und des Nichtvorliegens eines hohen Grades an Integration würden keine Hinderungsgründe gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bestehen.

2.3. Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung mit Schreiben vom 12.05.2018 fristgerecht Beschwerde ein, in welcher begründend zusammengefasst ausgeführt wurde, dass es gegen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin "natürlich" auch Behandlungen in der Russischen Föderation gebe, jedoch habe die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht die Geldmittel zur Verfügung, um die teuren Medikamente und Apparaturen zu finanzieren.

Zu den Widersprüchen hinsichtlich der vorgebrachten Verfolgungsbehauptungen wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin benötigte psychotherapeutische Behandlung in Österreich nicht bekommen habe, obwohl es mehr als offensichtlich gewesen sei, dass sie unter nicht zu unterschätzenden psychischen Problemen leide. Es sei der Beschwerdeführerin weiters zuzugestehen, dass sie zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme offensichtlich nähere Informationen erhalten habe.

Weiters sei es der Beschwerdeführerin nicht möglich, mit der ihr zustehenden Pension die erforderlichen wirksamen Medikamente zu finanzieren.

Es wurde beantragt, ein Gutachten von Spezialisten betreffend Lungenerkrankungen einzuholen, durch welches der aktuelle Zustand betreffend das Asthma bronchiale und die fortgeschrittene COPT festgestellt werden sollten, weiters wolle auch die Erheblichkeit etwaiger psychischer Probleme durch einen Facharzt festgestellt werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

2.4. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.05.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der bis dahin zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

2.5. Nach Ergehen einer Einladung zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht legte die Beschwerdeführerin ein Schreiben einer Allgemeinmedizinerin vor, in welchem die aktuell bestehenden Erkrankungen angeführt werden.

Am 29.10.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr Rechtsvertreter, ihre volljährige Tochter als Zeugin sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Dabei wurden die Verfolgungsbehauptungen und Rückkehrbefürchtungen der Beschwerdeführerin, die Situation in ihrem Herkunftsstaat sowie ihr Familien- und Privatleben in Österreich erörtert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin trägt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, bekennt sich zum muslimischen Glauben und gehört der tschetschenischen Volksgruppe an. Die Beschwerdeführerin stellte infolge illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 08.11.2012 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit rechtskräftiger Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 29.07.2013 hinsichtlich der Gewährung des Status der Asylberechtigten sowie jenes der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde. Mit in Rechtskraft erwachsener Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.10.2016 wurde eine durch das Bundesamt erlassene Rückkehrentscheidung sowie die damit verbundene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise bestätigt. Die Beschwerdeführerin verblieb unter Missachtung ihrer Ausreiseverpflichtung illegal im Bundesgebiet und stellte am 04.01.2017 den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

1.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat einer gezielten staatlichen oder privaten Verfolgung ausgesetzt sein würde. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation respektive Tschetschenien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

1.3. Es besteht für die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation (Tschetschenien) keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Diese liefe auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Vor ihrer Ausreise Anfang November 2012 lebte die Beschwerdeführerin mit ihrer Enkelin - um die sie sich bereits seit deren Kindheit kümmerte und mit welcher sie nach Österreich reiste - in einer Einzimmerwohnung im gemeinsamen Haushalt in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny. Dort lebte die Beschwerdeführerin bereits seit dem Jahr 1959. Sie arbeitete 25 Jahre in einer Weinfabrik und ist seit dem Jahr 2002 in Pension; sie bezog in der Russischen Föderation eine ihren Lebensunterhalt sichernde Rente und war sozialversichert. Ihr Ehemann verstarb im Jahr 2003.

Im Herkunftsstaat halten sich zahlreiche Angehörige der Beschwerdeführerin auf, welche sie nach einer Rückkehr unterstützen könnten. In Saratov lebt ihr an Epilepsie leidender und zum Teil pflegebedürftiger Sohn mit seiner Frau und fünf Kindern im gemeinsamen Haushalt. Bei der in Österreich lebenden Enkelin der Beschwerdeführerin, welche bei ihr aufwuchs, handelt es sich um die älteste Tochter dieses Sohnes. Ein zweiter Sohn der Beschwerdeführerin ist ihren Angaben zufolge im Oktober 2018 an den Folgen einer Misshandlung durch tschetschenische Sicherheitskräfte, deren genaue Hintergründe der Beschwerdeführerin nicht bekannt wären, verstorben. Eine zweite volljährige Tochter lebt gemeinsam mit ihrem Mann und ihren Kindern in Rostow. Weiters lebten zuletzt ein Bruder sowie eine Schwester der Beschwerdeführerin in Tschetschenien, zu denen sie unregelmäßigen telefonischen Kontakt hielt. Andere Geschwister leben zum Teil in anderen Landesteilen der Russischen Föderation, zum Teil im Ausland. Der Beschwerdeführerin wäre es alternativ zu einer Rückkehr in ihre Heimatregion Tschetschenien möglich und zumutbar, sich bei ihrer in Rostow lebenden Tochter oder ihrem in Saratov lebenden Sohn niederzulassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen.

1.4. Die Beschwerdeführerin leidet unter Asthma bronchiale, Bluthochdruck, unregelmäßig auftretenden atypischen Brustschmerzen, chronischer Niereninsuffizienz im dritten Stadium, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, einer Schlafstörung sowie verschiedenen Allergien (Gräser, Lebensmittel). Die Beschwerdeführerin nahm im Bundesgebiet zuletzt eine medikamentöse Behandlung sowie regelmäßige Kontrollen durch Fachärzte in Anspruch.

In der Russischen Föderation inklusive der Teilrepublik Tschetschenien bestehen zugängliche Behandlungsmöglichkeiten für die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Krankheitsbilder im körperlichen und psychischen Bereich. Diese hat nicht konkret vorgebracht, dass ihr eine benötigte Behandlung im Herkunftsstaat in der Vergangenheit verweigert worden wäre oder individuell nicht zugänglich gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin befand sich zuletzt in keinem lebensbedrohlichen Krankheitszustand und durchlief keine lebensnotwenige Behandlung. Sie hat nicht begründet dargelegt, dass eine Rückkehr in den Heimatstaat für sie mit einer signifikant verkürzten Lebenserwartung einhergehen würde.

1.4. Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlichen Verfahren keine maßgebliche Änderung in Bezug auf ihre privaten und familiären Lebensumstände seit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.10.2016, mit dem die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung festgestellt worden war, dargelegt. Ihre familiäre Situation im Bundesgebiet ist im Wesentlichen unverändert, auch hat sie keine seither gesetzten Integrationsschritte ins Treffen geführt.

Jene Enkelin der Beschwerdeführerin, mit der sie im November 2012 ins Bundesgebiet einreiste, ist seit Jänner 2015 in Österreich aufenthaltsberechtigt, weil sie einen asylberechtigten Flüchtling ehelichte und mit diesem drei Kinder hat. Diese Enkelin wohnt mit ihrer Familie in Innsbruck, was es der ebenso in einem Flüchtlingsheim in Innsbruck lebenden Beschwerdeführerin erlaubt, ihre Enkelin nahezu täglich zu besuchen und ihr im Haushalt und bei der Kinderbetreuung behilflich zu sein. Umgekehrt erfährt auch die Beschwerdeführerin durch ihre Enkelin bzw. deren Mann im Alltag Unterstützung. Weiters befindet sich eine Tochter der Beschwerdeführerin seit zwölf Jahren in Österreich, welche seit Mai 2005 asylberechtigt war und mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Diese wohnt mit ihrem österreichischen Gatten und fünf Kindern in Oberösterreich. Die Beschwerdeführerin ist mit ihrer Tochter in täglichem telefonischen Kontakt und kann sie alle zwei bis drei Monate für mehrere Tage besuchen; in dieser Zeit hilft sie ihr im Haushalt und bei der Kinderbetreuung. Schließlich hat die Beschwerdeführerin einige Freundschaften im Bundesgebiet geknüpft. Sie bezieht seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung und verfügt über eine aufrechte Meldeadresse in einem Flüchtlingsheim. Sie geht keiner legalen Arbeit nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Weiters kann sie sich auf Deutsch nicht verständigen und ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.5. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Sicherheitslage

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen. Todesopfer forderte zuletzt ein Terroranschlag in der Metro von St. Petersburg im April 2017. Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 28.8.2018a, vgl. BMeiA 28.8.2018, GIZ 6.2018d). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 28.8.2018).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderten Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Gewaltzwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an die internationale Kooperation (SWP 4.2017).

Eine weitere Tätergruppe rückt in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit, nämlich Islamisten aus Zentralasien. Die Zahl der Zentralasiaten, die beim sogenannten IS kämpfen, wird auf einige tausend geschätzt (Deutschlandfunk 28.6.2017).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (28.8.2018a): Russische Föderation:

Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/russischefoederationsicherheit/201536#content_0, Zugriff 28.8.2018 - BmeiA (28.8.2018): Reiseinformation Russische Föderation,

https://www.bmeia.gv.at/reiseaufenthalt/reiseinformation/land/russische-foederation/, Zugriff 28.8.2018 - Deutschlandfunk (28.6.2017): Anti-Terrorkampf in Dagestan. Russische Methoden,

https://www.deutschlandfunk.de/anti-terrorkampf-in-dagestan-russischemethoden.724.de.html?dram:article_id=389824, Zugriff 29.8.2018 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (28.8.2018): Reisehinweise für Russland, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-undreisehinweise/russland/reisehinweise-fuerrussland.html, Zugriff 28.8.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018d): Russland, Alltag, https://www.liportal.de/russland/alltag/#c18170, Zugriff 28.8.2018 - SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swpberlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 28.8.2018

Nordkaukasus

Die Menschenrechtsorganisation Memorial beschreibt in ihrem Bericht über den Nordkaukasus vom Sommer 2016 eindrücklich, dass die Sicherheitslage für gewöhnliche Bürger zwar stabil ist, Aufständische einerseits und Kritiker der bestehenden Systeme sowie Meinungs- und Menschenrechtsaktivisten andererseits weiterhin repressiven Maßnahmen und Gewalt bis hin zum Tod ausgesetzt sind (AA 21.5.2018). In internationalen sicherheitspolitischen Quellen wird die Lage im Nordkaukasus mit dem Begriff "low level insurgency" umschrieben (SWP 4.2017).

Das Kaukasus-Emirat, das seit 2007 den islamistischen Untergrundkampf im Nordkaukasus koordiniert, ist seit Ende 2014 durch das Überlaufen einiger Feldkommandeure zum sogenannten IS von Spaltungstendenzen erschüttert und geschwächt. Der IS verstärkte 2015 seine russischsprachige Propaganda in Internet-Foren wie Furat Media, ohne dass die Behörden laut Novaya Gazeta diesem Treiben große Aufmerksamkeit widmeten. Am 23. Juni 2015 rief der ISSprecher Muhammad al-Adnani ein ‚Wilajat Kavkaz', eine Provinz Kaukasus, als Teil des ISKalifats aus. Es war ein propagandistischer Akt, der nicht bedeutet, dass der IS in dieser Region militärisch präsent ist oder sie gar kontrolliert, der aber den zunehmenden Einfluss dieser Terrormiliz auf die islamistische Szene im Nordkaukasus symbolisiert. Zuvor hatten mehr und mehr ideologische und militärische Führer des Kaukasus Emirats dem ‚Kalifen' Abu Bakr al-Baghdadi die Treue geschworen und sich von al-Qaida abgewandt. Damit bestätigte sich im islamistischen Untergrund im Nordkaukasus ein Trend, dem zuvor schon Dschihad-Netzwerke in Nordafrika, Jemen, Pakistan und Afghanistan gefolgt waren (SWP 10.2015). Das rigide Vorgehen der Sicherheitskräfte, aber auch die Abwanderung islamistischer Kämpfer in die Kampfgebiete in Syrien und in den Irak haben dazu geführt, dass die Gewalt im Nordkaukasus in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist. Innerhalb der extremistischen Gruppierungen verschoben sich in den vergangenen Jahren die Sympathien zur regionalen Zweigstelle des sogenannten IS, die mittlerweile das Kaukasus-Emirat praktisch vollständig verdrängt haben soll. Dabei sorgt nicht nur Propaganda und Rekrutierung des IS im Nordkaukasus für Besorgnis der Sicherheitskräfte. So wurden Mitte Dezember 2017 im Nordkaukasus mehrere Kämpfer getötet, die laut Angaben des Anti-Terrorismuskomitees dem sogenannten IS zuzurechnen waren (ÖB Moskau 12.2017). Offiziell kämpfen bis zu 800 erwachsene Tschetschenen für die Terrormiliz IS. Die Dunkelziffer dürfte höher sein (DW 25.1.2018).

Ein Risikomoment für die Stabilität in der Region ist die Verbreitung des radikalen Islamismus. Während in den Republiken Inguschetien und Kabardino-Balkarien auf einen Dialog innerhalb der muslimischen Gemeinschaft gesetzt wird, verfolgen die Republiken Tschetschenien und Dagestan eine konsequente Politik der Repression radikaler Elemente (ÖB Moskau 12.2017).

Im gesamten Jahr 2017 gab es im ganzen Nordkaukasus 175 Opfer des bewaffneten Konfliktes, davon 134 Todesopfer (82 Aufständische, 30 Zivilisten, 22 Exekutivkräfte) und 41 Verwundete (31 Exekutivkräfte, neun Zivilisten, ein Aufständischer) (Caucasian Knot 29.1.2018). Im ersten Quartal 2018 gab es im gesamten Nordkaukasus 27 Opfer des bewaffneten Konfliktes, davon 20 Todesopfer (12 Aufständische, sechs Zivilisten, 2 Exekutivkräfte) und sieben Verwundete (fünf Exekutivkräfte, zwei Zivilisten) (Caucasian Knot 21.6.2018).

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (21.5.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation - Caucasian Knot (29.1.2018): Infographics. Statistics of victims in Northern Caucasus for 2017 under the data of the Caucasian Knot, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/42208/, Zugriff 28.8.2018 - Caucasian Knot (21.6.2018): Infographics. Statistics of victims in Northern Caucasus in Quarter 1 of 2018 under the data of the Caucasian Knot, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43519/, Zugriff 28.8.2018 - DW - Deutsche Welle (25.1.2018): Tschetschenien:

"Wir sind beim IS beliebt",

https://www.dw.com/de/tschetschenien-wir-sind-beim-is-beliebt/a-42302520, Zugriff 28.8.2018 - ÖB Moskau (12.2017): Asylländerbericht Russische Föderation - SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (10.2015):

Reaktionen auf den "Islamischen Staat" (ISIS) in Russland und Nachbarländern,

http://www.swpberlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2015A85_hlb.pdf, Zugriff 28.8.2018 - SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus,

https://www.swpberlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 28.8.2018

Tschetschenien

Als Epizentrum der Gewalt im Kaukasus

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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