TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/8 W165 2184781-1

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Veröffentlicht am 08.01.2020
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Entscheidungsdatum

08.01.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W165 2184781-1/3E

W165 2184780-1/3E IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidungen der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 20.12.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/2472/2017, aufgrund der Vorlageanträge von 1.) XXXX , geb. XXXX und 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Syrien, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Damaskus 09.10.2017, Zl. Damaskus-ÖB/KONS/2411/2017, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist der Vater der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2).

Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehörige Syriens, stellten gemeinsam mit der Ehegattin des BF1 und Mutter der BF2 am 17.11.2016 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus) unter Anschluss diverser Unterlagen Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der am 12.12.1999 geborene minderjährige leibliche Sohn der Ehegattin des BF1 (Stiefsohn des BF1) und sohin Halbbruder der BF2, angegeben. Diesem wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: BVwG) vom 17.08.2016, W150 2131332-1/3E, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Zu den seitens der ÖB Damaskus an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) weitergeleiteten Antragsunterlagen teilte das BFA der ÖB Damaskus mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 09.03.2017 und angeschlossener Stellungnahme desselben Datums mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nicht wahrscheinlich sei. In der Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose wurde angeführt, dass dem BF1 als Stiefvater und der BF2 als Halbschwester der Bezugsperson keine Familienangehörigeneigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 zukomme.

Mit Schreiben vom 09.03.2017, den BF zugestellt am 13.03.2017, übermittelte die ÖB Damaskus die Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 09.03.2017 mit der Aufforderung, den angeführten Ablehnungsgrund innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen. Auf Ansuchen der bevollmächtigten Vertreterin wurde die Frist um eine Woche verlängert.

Mit Schreiben vom 26.03.2017 brachten die BF durch ihre bevollmächtigte Vertreterin eine Stellungnahme bei der ÖB Damaskus ein. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass es sich bei der BF2 um die leibliche Tochter der Mutter der Bezugsperson handle und dieser die Einreise gewährt werden müsse, wenn der Mutter die Einreise gestattet werde. Der BF1 sei seit 10.05.2007 mit der Mutter der Bezugsperson verheiratet und lebe die Bezugsperson seit dem siebenten Lebensjahr mit dem BF1 in einem gemeinsamen Haushalt, weshalb der BF1 als Stiefvater im Leben der Bezugsperson von großer Wichtigkeit sei. Abgesehen davon sei der BF1 auch der Vater der BF2, weshalb es nach Art. 8 EMRK geboten sei, auch diesem im Rahmen des Familienverfahrens die Einreise zu gewähren.

Das BFA teilte der ÖB Damaskus nach Erhalt der Stellungnahme der BF mit Schreiben vom 27.06.2017 mit, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festzuhalten sei.

Mit Bescheiden der ÖB Damaskus vom 09.10.2017 wurden die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen.

Gegen die Bescheide richten sich die am 25.10.2017 fristgerecht eingebrachten Beschwerden, in denen zunächst auf das beschwerdeanhängige Verfahren der Ehegattin des BF1 bzw. Mutter der BF2 verwiesen wurde. Basierend auf der Annahme, dass der Ehegattin bzw. Mutter die Einreise im Rahmen der Familienzusammenführung gewährt werde, seien hinsichtlich der gegenständlichen Verfahren der BF rechtliche Erwägungen hinsichtlich Art. 8 EMRK anzustellen. Der BF1 habe die Rolle des Familienvaters übernommen und bestehe eine innige familiäre Beziehung zur Bezugsperson. Dies gelte auch für den Kontakt zwischen den Halbgeschwistern, die stets in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hätten. Die Einreise der BF erscheine daher aus grundrechtlicher Sicht dringend geboten.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 20.12.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerden gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab. Neben der Wiedergabe des Verfahrensganges und der vorgenommenen rechtlichen Begründung wurde ausgeführt, dass es sich beim Stiefvater und der Halbschwester um keine Familienangehörigen im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG2005 handle. Eine gültige Adoption sei auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes nicht erfolgt.

Am 03.01.2018 wurden bei der ÖB Damaskus Vorlageanträge gemäß § 15 VwGVG eingebracht und zur Begründung auf die Stellungnahme vom 26.03.2017 sowie auf die Beschwerde vom 25.10.2017 verwiesen.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 29.01.2018, beim BVwG eingelangt am 01.02.2018, wurden die Vorlageanträge samt Verwaltungsakten übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

Eine Familienangehörigeneigenschaft der BF zur Bezugsperson im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 kann nicht festgestellt werden.

Bei der Bezugsperson handelt es sich um den Stiefsohn des BF1 und den Halbbruder der BF2. Eine Adoption des Stiefsohnes durch den BF1 wurde weder behauptet noch ist eine solche der Aktenlage zu entnehmen.

Die am 12.12.1999 geborene Bezugsperson ist während des Beschwerdeverfahrens über die Abweisung der Einreiseanträge der BF nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 volljährig geworden. Das Geburtsdatum der Bezugsperson wurde seitens der BF niemals bestritten und stimmt auch mit den zur Bezugsperson vorgelegten behördlichen Unterlagen (wie Asylerkenntnis des BVwG, Kopie des Konventionspasses) überein.

Das Beschwerdeverfahren der Ehegattin des BF1 und Mutter der BF2 ist zur Zahl W165 2173896-1 ebenfalls hg. anhängig und wird mit heutigem Tage mangels Familieneigenschaft zur Bezugsperson im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG ebenfalls negativ entschieden werden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten der ÖB Damaskus, den vorgelegten Unterlagen und dem Erkenntnis des BVwG vom 17.08.2016, W150 2131332-1/3E, womit der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Das unstrittige Geburtsdatum der Bezugsperson (12.12.1999) ergibt sich aus den Angaben der BF und den damit übereinstimmenden, in den Akten in Kopie einliegenden Unterlagen zur Bezugsperson sowie aus dem Asylerkenntnis des BVwG betreffend die Bezugsperson.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:

Familienverfahren im Inland

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem abweichenden Ergebnis:

Verfahrensgegenständlich wurden am 17.11.2016 Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich seit dem 17.08.2016 den Status eines Asylberechtigten genießende Stiefsohn des BF1 bzw. Halbbruder der BF2 namhaft gemacht.

Aus der Aktenlage und den zur Bezugsperson einliegenden Unterlagen, wie u.a. einer Konventionspasskopie, ergibt sich, dass die Bezugsperson zum Zeitpunkt der Einbringung der Einreiseanträge und zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vertretungsbehörde über die Einreiseanträge der BF noch minderjährig war. Die Bezugsperson erreichte jedoch am 12.12.2017 die Volljährigkeit und war somit bereits im Zeitpunkt der Vorlage der Beschwerden an das BVwG volljährig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 nicht mehr vor, wenn die minderjährige Bezugsperson während des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig wird (vgl. VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253-0254 und die in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung ergangenen Erkenntnisse des VwGH vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10 und vom 24.05.2018, Ra 2017/01/0430, sowie VwGH vom 13.12.2018, Ra 2018/18/0076-0084).

Zur Frage, ob die für die Familienzusammenführung angegebene und in Österreich lebende Bezugsperson im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch minderjährig sein müsse, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom 29.05.2018, Ro 2018/20/0003 bis 0010-3, unter Verweis auf das Erkenntnis vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10 ausgesprochen, dass nicht zu sehen sei, dass dem BVwG, das davon ausgegangen sei, dass die Voraussetzungen des § 35 AsylG für die Erteilung von Visa an die revisionswerbenden Parteien infolge mittlerweile eingetretener Volljährigkeit der Bezugsperson nicht gegeben seien, ein Rechtsirrtum vorzuwerfen wäre. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei nicht aufgeworfen worden.

Im Erkenntnis vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass sich auch aus der Entscheidung des EuGH C-550/16 vom 12.04.2018 im Hinblick auf den dortigen nicht vergleichbaren Ausgangssachverhalt, dass ein Asylwerber während seines Asylverfahrens die Volljährigkeit erreicht hat, keine abweichende Beurteilung ergibt.

War somit, wie auch im vorliegenden Fall, die Bezugsperson im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über den Einreiseantrag zweifellos und unbestritten nicht mehr minderjährig, kann ein "Vater" der Bezugsperson schon aus diesem Grund nicht als Familienangehöriger im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 angesehen werden.

Im Sinne des Gesagten war auf das Vorbringen, wonach sinngemäß ein Stiefsohn bzw. Stiefvater einem Kind bzw. Elternteil im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gleichzuhalten wären, nicht mehr einzugehen.

Was die Halbschwester der Bezugsperson (BF2) betrifft, so handelt es sich um kein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, sodass auch diese vom maßgeblichen Familienangehörigenbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht erfasst wird. So hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 03.05.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611-10, bestätigt, dass aufgrund des - insoweit von vornherein als klar einzustufenden - Gesetzeswortlautes Geschwister nicht als Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gelten.

Zusammenfassend erweisen sich Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 im vorliegenden Fall sohin von vornherein als ungeeignetes Instrument, um dem Anliegen der BF auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Stiefsohn bzw. Halbbruder zu entsprechen.

Im Hinblick darauf, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Einreisetitel, Entscheidungszeitpunkt, Familienangehöriger,
Volljährigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W165.2184781.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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