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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde
1.
des T in S, 2. des M in W, 3. des J in A, 4. des R in A,
5.
des W in A, 6. des S in A, 7. der S, geborene G, in A,
8.
der Sch, geborene K, in A, und 9. der A in A, alle vertreten durch Dr. Gerhard Brandl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 18, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Mai 1996, Zl. 18.322/05-IA8/96, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung A, Klagenfurt, Mießtalerstraße 3), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Mai 1996 wurde der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zur dauernden Rodung von Teilflächen von im einzelnen bezeichneten Waldgrundstücken entsprechend einer planlichen Darstellung, zum Zwecke der Errichtung der Gailtalstraße B 111, Baulos Zubringer Gailtal, unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Hiezu wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtslage - im wesentlichen ausgeführt, es liege für das Rodungsvorhaben eine Trassenverordnung gemäß § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 vor und es seien die verfahrensgegenständlichen Flächen rechtskräftig eingelöst worden. Bereits daraus ergebe sich, daß ein öffentliches Interesse an der Verwirklichung dieses Straßenbauvorhabens ausreichend dokumentiert sei. Dies bedeute, daß die Einwendungen der Beschwerdeführer, es fehle an der Notwendigkeit und damit an einem öffentlichen Interesse an der Errichtung des Gailtal-Zubringers, nicht stichhältig seien; weitere Erhebungen in dieser Hinsicht seien im Rodungsverfahren nicht erforderlich gewesen. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer bedeute es weiters keinen Verfahrensmangel, daß die geplanten Begleitwege zur Erschließung der verbleibenden Waldflächen als Ersatz für die (durch das Rodungsvorhaben) unterbrochenen forstlichen Bringungswege nicht bereits im Rodungsverfahren verhandelt worden seien. Schließlich sei festzustellen, daß die Beschwerdeführer nicht aufgezeigt hätten, inwiefern durch die erteilte Rodungsbewilligung in ihr subjektives Recht auf Erhaltung der ihnen gehörigen nachbarlichen Waldflächen bzw. auf Abwehr von diesen Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen eingegriffen worden sei. Auch seien ihre Einwendungen nicht geeignet, die erstbehördliche Interessenabwägung als rechtswidrig erscheinen zu lassen. Zwar habe der forsttechnische Amtssachverständige ausgeführt, daß die beantragte Rodung auf Grund des Eingriffes in Auwaldbestände entlang der Gail bzw. in Schutzwaldflächen unmittelbar östlich der Gailitz und den zu erwartenden Schäden an bestimmten an die Rodefläche angrenzenden verbleibenden Waldbeständen durch Wind- bzw. Schneebruch in Verbindung mit der hohen Wertigkeit der Schutz- bzw. Wohlfahrtswirkung dieser Wälder aus forstfachlicher Sicht nicht gutgeheißen werden könne. Die aufgezeigten forstfachlichen Nachteile hätten aber im Hinblick auf die Notwendigkeit des Ausbaues der Gailtalstraße nicht zu einer Versagung der beantragten Rodungsbewilligung führen können. Durch die Errichtung des Gailtalzubringers werde nämlich der gegenständliche Straßenabschnitt der Gailtalstraße B 111 an den Ausbauzustand im übrigen Bereich der Gailtalstraße angepaßt. Dies diene der besseren verkehrsmäßigen Erschließung des Gailtales und sei somit zum Vorteil der dort wohnenden Bevölkerung, der Wirtschaft und auch der Fremdenverkehrsregion "Karnische Region". Durch den Ausbau würden drei problematische Ortsdurchfahrten entschärft. Dies diene auch einer Verbesserung der Sicherheit der betroffenen Ortsbevölkerung und der dort wohnenden Schulkinder. Es sei daher davon auszugehen, daß das öffentliche Interesse des Straßenverkehrs das öffentliche Interesse an der Erhaltung der beantragten Rodefläche als Wald überwiege. Aus diesem Grunde habe auch die vom forsttechnischen Amtssachverständigen festgestellte Windgefährdung für die angrenzenden Waldflächen zugemutet werden dürfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 kann die gemäß § 19 Abs. 1 Forstgesetz zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung gemäß § 17 Abs. 2 Forstgesetz erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
Öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 sind gemäß § 17 Abs. 3 Forstgesetz insbesondere in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen begründet.
Zu den Parteien im Rodungsverfahren zählen gemäß § 19 Abs. 5 lit. d Forstgesetz auch der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen (wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist).
Eigentümer von Waldflächen, die an die zur Rodung beantragten Waldflächen angrenzen, dürfen im Rodungsverfahren zum Zwecke allfälliger, ihnen durch eine Rodungsbewilligung drohender Rechtsnachteile aus dem Titel der mit ihren Interessen verbundenen öffentlichen Interessen im Rahmen der nach § 17 Abs. 2 Forstgesetz vorzunehmenden Interessenabwägung im Wege von Einwendungen gegen den Rodungsantrag das öffentliche Interesse an der Walderhaltung geltend machen (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996, Zl. 95/10/0260).
Die Beschwerdeführer bringen - nach auszugsweiser Wiedergabe des von der Erstbehörde eingeholten Gutachtens des forsttechnischen Amtssachverständigen - im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe in Ansehung des öffentlichen Interesses am Straßenverkehr lediglich allgemeine verkehrspolitische Überlegungen angestellt, denen darüber hinaus keine eigenen Ermittlungen zugrunde lägen. Soweit sie sich aber auf das Vorhandensein einer Trassenverordnung gemäß § 4 Abs. 1 Bundesstraßengesetz und den auf Grund dieser Verordnung ergangenen Enteignungsbescheid beziehe, so verschweige sie, daß die Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und darin auch die Aufhebung der Trassenverordnung begehrt hätten. Die gegenständliche Straßentrasse sei bereits einmal durch Verordnung festgelegt gewesen; die damalige Verordnung habe der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht standgehalten. Es bestehe berechtigter Grund zur Annahme, daß auch die nunmehrige Verordnung aufgehoben würde, weil die der aufgehobenen Verordnung anhaftenden Mängel nicht nur nicht beseitigt worden, sondern weitere, gravierende Verfahrensmängel hinzugekommen seien. Mit den von der belangten Behörde ins Treffen geführten Annahmen könne ein im Straßenverkehr begründetes, das Walderhaltungsinteresse überwiegendes öffentliches Interesse an der beantragten Rodung nicht belegt werden.
Dieses Vorbringen kann im Hinblick darauf, daß die Parteistellung der Beschwerdeführer auf die Geltendmachung der mit ihren Interessen verbundenen öffentlichen Interessen beschränkt ist, die Beschwerde nicht zum Erfolg führen; zielt es doch alleine darauf ab, darzutun, daß das von der belangten Behörde als erwiesen angenommene öffentliche Interesse an der beantragten Rodung schlechthin nicht bzw. nicht in einem das Walderhaltungsinteresse überwiegenden Ausmaß gegeben sei. Mit diesen Ausführungen zeigen die Beschwerdeführer daher nicht auf, inwieweit damit in ihr die Parteistellung im Rodungsverfahren begründendes subjektives Recht auf Erhaltung des ihnen gehörigen nachbarlichen Waldes bzw. auf Abwehr von diesen Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen eingegriffen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1997, Zl. 93/10/0044 und die hier zitierte Vorjudikatur).
Im übrigen ist die Auffassung der belangten Behörde nicht rechtswidrig, das im vorliegenden Fall bestehende öffentliche Interesse sei schon dokumentiert durch die Verordnung BGBl. Nr. 237/1994 - wobei das Rodungsvorhaben dem dort festgelegten Straßenverlauf entspreche -, und durch das Vorliegen rechtskräftiger, betreffend die Rodeflächen die Enteignung zugunsten des Straßenbaues aussprechende Bescheide (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 94/10/0071, und die hier zitierte Vorjudikatur); zu bemerken ist, daß der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von den Beschwerdeführern gegen den Enteignungsbescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 26. November 1996, B 3085/95, abgelehnt und der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über diese ihm gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde mit Beschluß vom 24. April 1997, Zl. 97/06/0045, eingestellt hat.
Demgegenüber haben die Beschwerdeführer Gründe, denen zufolge das Interesse an der Erhaltung des durch Windwurf bzw. Schneebruch gefährdeten Waldbestandes im Verhältnis zum Interesse an der Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche für den Straßenverkehr - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - so ins Gewicht fiele, daß es bei der Interessenabwägung für eine Versagung der Rodungsbewilligung ausschlaggebend wäre, konkret nicht vorgebracht.
Aber auch mit dem weiteren Vorwurf, es hätten die zur Erschließung der verbleibenden Waldflächen neu anzulegenden forstlichen Bringungswege bereits im Rodungsverfahren "mitverhandelt bzw. festgelegt" werden müssen, zeigen die Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Bei der Unterbrechung der bestehenden forstlichen Bringungswege durch die Errichtung des in Rede stehenden Straßenbauvorhabens handelt es sich nämlich nicht um Auswirkungen der Rodung selbst, sondern um solche des durch die Rodung verwirklichten Projektes. Solche Auswirkungen sind aber nicht Gegenstand des Rodungsverfahrens (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996, Zl. 95/10/0260 und die hier zitierte Vorjudikatur).
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996100125.X00Im RIS seit
11.07.2001