TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/18 W171 2225237-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.11.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W171 2225237-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch LEGAL FOCUS, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) stellte am 24.04.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.07.2017 abgewiesen, kein Aufenthaltstitel erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen, sowie die Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt. Die darauffolgende Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 28.07.2017 abgewiesen. Die Rückkehrentscheidung erwuchs in weiterer Folge am 04.08.2017 in Rechtskraft.

1.2. In weiterer Folge stellte der BF am 17.10.2017 einen Asylfolgeantrag, welcher mit Bescheid vom 08.06.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen wurde. Die daraufhin eingebrachte Beschwerde ist seit 10.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

1.3. Während der unter 1.1. und 1.2. angeführten Asylverfahren wurde der BF zwei Mal wegen Verstoßes gegen das SMG von einem Landesgericht teilbedingt bzw. unbedingt zu Haftstrafen rechtskräftig verurteilt. Zuletzt befand sich der BF vom 19.06.2018 bis 19.08.2019 durchgehend in Strafhaft.

Mit gegenständlichem Bescheid vom XXXX wurde über den BF die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz verhängt und ausgeführt, der BF sei in Österreich wegen gewerbsmäßigem Verkauf von Suchtmittel mehrfach verurteilt worden und habe das gesamte persönliche Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Es liege eine von der Person des BF ausgehende gegenwärtige und erhebliche Gefahr vor, die ein Grundinteresse der Gesellschaft begründe die Handlungen des BF weiterhin einer Kontrolle zu unterwerfen. Der BF habe durch sein Vorverhalten die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z. 1, 5 und 9 erfüllt und sei sohin von bestehender Fluchtgefahr auszugehen. Der BF verfüge zwar aufgrund des laufenden Beschwerdeverfahrens über einen faktischen Abschiebeschutz, die Behörde gehe jedoch davon aus, dass eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren in nächster Zeit ergehen werde.

Die Verhängung der gegenständlichen Schubhaft sei darüber hinaus verhältnismäßig und als ultima ratio zu bezeichnen. Gelindere Mittel seien nicht ausreichend, die Person des BF mit ausreichender Sicherheit für die Behörde bereit zu halten.

1.4. Der BF wurde am 19.08.2019 aus der Strafhaft entlassen und direkt in die Schubhaft übergeführt.

1.5. Mit Beschwerde vom 08.11.2019 wurde die weitere Anhaltung in Schubhaft bekämpft. Der BF habe im Rahmen seines zweiten Asylverfahrens nunmehr neue Beweismittel für sein Fluchtvorbingen dem Gericht vorgelegt und sei aufgrund diese Vorbringens nicht davon auszugehen, dass eine baldige Entscheidung seitens der zuständigen Gerichtsabteilung im Asylverfahren ergehen werde. Darüber hinaus sei die Gültigkeit des vorliegenden Heimreisezertifikates bereits abgelaufen und könne der BF nach seiner Enthaftung an einer konkret bezeichneten Adresse in Wien Unterkunft nehmen. Weiters laboriere der BF an verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Insbesondere habe der BF ein urologisches Problem aufgrund dessen er an ständigen Schmerzen leide.

Aufgrund dieser Fakten sei die Schubhaft unverhältnismäßig. Darüber hinaus sei nicht von erheblicher Fluchtgefahr auszugehen. Die Behörde hätte mit der Verhängung eines gelinderen Mittels das Auslangen finden können. Aus dem individuellen Verhalten des BF seien keine besonderen Tatbestände, die einen erhöhten Sicherheitsbedarf begründen würden, zu ersehen.

Begehrt werde daher die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zur Einvernahme des BF, der Ersatz der bisherigen Aufwendungen sowie der Ersatz der Eingabengebühr.

1.6. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) legte am 11.11.2019 den gegenständlichen Verfahrensakt dem Gericht vor und führte im Wesentlichen aus, dass das Amt von einer baldigen Erledigung des offenen Asylverfahrens ausgehe, da bereits konkrete Schritte im Asylbeschwerdeverfahren besetzt worden seien, die auf eine zeitnahe Erledigung schließen lassen. Richtig sei, dass das vorliegende Heimreisezertifikat per 09.10.2019 abgelaufen sei. Erfahrungsgemäß sei jedoch mit einer problemlosen Verlängerung des Heimreisezertifikates zu rechnen. Darüber hinaus wurde auf die Ausführungen im Bescheid verwiesen, der Antrag auf Abweisung der Beschwerde gestellt und ein Ersatz der Verfahrenskosten begehrt.

1.7. In weiterer Folge wurden durch das Gericht ergänzende Erhebungen geführt. Aus einem Informationsblatt des BFA vom 28.10.2019 ergibt sich, dass in Bezug auf die Republik Nigeria Verlängerungen von Heimreisezertifikaten möglich sind und nach Bedarf auch umgehend veranlasst werden.

Weiters wurde eine Anfrage bei der zuständigen Hausverwaltung für die als Wohnmöglichkeit angegebene Wohnung gerichtet und in Erfahrung gebracht, dass die dort als Hauptmieter geführte Person nicht zur Untervermietung der Wohnung berechtigt ist.

Am 12.11.2019 wurde der BF dem Amtsarzt des PAZ zur näheren Klärung der angegebenen Beschwerden vorgeführt. Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung war, dass keine objektivierbaren urologischen Erkrankungen gegeben seien. Der subjektiv angegebene Harndrang kann grundsätzlich auch durch den psychischen Stress verursacht sein. Eine Pathologie im Harnwegssystem wurde mehrfach ausgeschlossen. Der BF sei aus amtsärztlicher Sicht weiterhin haftfähig.

Schließlich erfolgte eine gerichtsinterne Anfrage bei der für das Asylbeschwerdeverfahren zuständigen Gerichtsabteilung. Nach den danach vorliegenden Informationen beabsichtigt der zuständige Richter nun doch eine Verhandlung durchzuführen. Aufgrund der damit verbundenen terminellen Planung sei jedoch mit einem Verhandlungstermin erst im kommenden Kalenderjahr zu rechnen.

1.8. Der BF wurde unmittelbar nach Mitteilung des Ermittlungsergebnisses hinsichtlich des laufenden Asylbeschwerdeverfahrens durch das BFA auf freien Fuß gesetzt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er ist Fremder i.S.d. Diktion des FPG.

1.2. Er stellte am 24.04.2015 und am 17.10.2017 je einen Antrag auf internationalen Schutz. Bisher hat der BF keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und wurde eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen. Das Folgeantragsverfahren befand sich im Stadium der Beschwerde. Mit einer baldigen Entscheidung über diese Beschwerde konnte seitens des BFA bis zur Information durch das Gericht am 13.11.2019 gerechnet werden. Durch die Ermittlungen des Gerichts bestand ab 13.11.2019 die Kenntnis, dass mit einer Verfahrensbeendigung im Asylverfahren frühestens zu Beginn des kommenden Kalenderjahres zu rechnen ist.

1.3. Der BF litt an urologischen Beschwerden, denen aber kein nachweisbarer Krankheitswert zukam.

1.4. Er wurde in Österreich bisher bereits zweimal aufgrund des Verkaufs von Suchtgift rechtskräftig verurteilt und hat die verhängten Freiheitsstrafen in Österreich abgesessen. Aufgrund der Anzahl und Schwere der Delikte war er als Gefährder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Österreich anzusehen.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Seit dem 04.08.2017 besteht gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

2.2. Mit der Verlängerung eines für den BF bestehenden, aber abgelaufenen Heimreisezertifikates seitens der nigerianischen Botschaft war innerhalb von wenigen Tagen zu rechnen.

2.3. Der BF war haftfähig.

2.4. Er verfügte über faktischen Abschiebeschutz.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Zum Zeitpunkt der Antragstellung des Folgeantrags auf internationalen Schutz lag eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Er ist nicht vertrauenswürdig.

3.3. Er ist nicht rückreisewillig.

3.4. Der BF hat in Europa bereits in Griechenland und Ungarn zuvor Anträge auf internationalen Schutz gestellt und hat dadurch seine hohe Mobilität schon bisher unter Beweis gestellt.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. In Österreich verfügte der BF über keine familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte.

4.2. Der BF ging im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er verkaufte bisher Drogen und finanzierte seinen Aufenthalt durch die Begehung strafbarer Handlungen. Er spricht kaum Deutsch und weist keine wesentlichen Integrationsmerkmale auf.

4.3. Der BF verfügte über keinen gesicherten Wohnsitz.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.4.):

Die Feststellung zu 1.1. und die Feststellung zu 1.2. hinsichtlich des rechtlichen Status des BF und der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung beziehen sich auf die Angaben im Verwaltungsakt. Die Feststellung, dass die Behörde bis zur gerichtlichen Mitteilung am 13.11.2019 aus vertretbaren Gründen davon ausgehen konnte, dass im offenen Asylverfahren eine baldige Entscheidung zu erwarten gewesen ist, beruht auf einer Durchsicht des Verwaltungsaktes in Zusammensicht mit den der Behörde damals vorgelegenen Informationen. Aus dem Akt lässt sich ersehen, dass die Behörde Kenntnis davon erlangt hatte, dass im asylrechtlichen Verfahren dem BF ein schriftliches Parteiengehör gewährt wurde. Nicht informiert war die Behörde jedoch, dass das Gericht (die zuständige Gerichtsabteilung) nunmehr doch beabsichtigt, entgegen der üblichen Vorgehensweise nach einem Parteiengehör sodann ohne Verhandlung zu entscheiden, eine Verhandlung anzuberaumen und diese erst im kommenden Kalenderjahr möglich sein würde. Das bedeutet, dass das nunmehr erkennende Gericht im Schubhaftverfahren durch die organisatorisch bestehende Einheit direkt Zugang zu wesentlichen Informationen (Notwendigkeit einer Verhandlung, Verhandlungstermin im kommenden Jahr) hatte, über die die Behörde nicht verfügen konnte. Derartiges wurde der Behörde auch nicht mitgeteilt. Im Rahmen von Beschwerdeverfahren gemäß § 68 AVG durfte die Behörde vom Normalfall ausgehend von einer zügigen Erledigung der Beschwerde nach Ablauf der Frist für das Parteiengehör ausgehen, zumal in diesem Falle die Komplexität und der Aufwand des Beschwerdeverfahrens üblicherweise auch eine rasche Entscheidung des BVwG ermöglichen. Nicht so im vorliegenden Fall, da der Beschwerdeführer erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens beachtliche, neue Beweismittel ins Verfahren eingebracht hat. Eine diesbezügliche konkrete Mitteilung des BF an das BFA (etwa eine Übersendung "zur Kenntnis") konnte dem Akt nicht entnommen werden. Nach Ansicht des Gerichts durfte daher die Behörde bis zur gegenteiligen Information am 13.11.2019 von einer raschen Erledigung des Beschwerdeverfahrens ausgehen.

Die der erkennenden Gerichtsabteilung vorliegende Information, dass das Asylverfahren durch eine Verhandlung im kommenden Kalenderjahr fortgeführt werden wird, beruht auf den gerichtlichen Ermittlungen im Rahmen des laufenden Schubhaftverfahrens.

Aufgrund eines gerichtlichen Auftrages wurde der BF am 12.11.2019 eine Untersuchung durch den Amtsarzt des Polizeianhaltezentrums unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass keine objektivierbaren urologischen Erkrankungen festgestellt werden konnten und eine Pathologie im Harnwegssystem mehrfach ausgeschlossen werden konnte. Die Haftfähigkeit wurde weiterhin bestätigt (1.3.).

Die festgestellten Vorstrafen begründen sich auf einen im Akt liegenden Auszug aus dem Strafregister. Daraus ergibt sich, dass der BF wiederholt Suchtgift verkauft hat und berührt die aus der Begehung eines solchen strafbaren Deliktes ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wegen der besonderen Gefährlichkeit für Dritte ein Grundinteresse der Gesellschaft. Unter Verweis auf die bereits im Verfahren XXXX (Seite 26 ff) getroffene Feststellung und die dortigen Ausführungen geht nunmehr auch das erkennende Gericht davon aus, dass aufgrund des Vorverhaltens des BF dieser durch seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (1.4.).

Aus dem Strafregisterauszug bzw. aus den diesbezüglichen Aktenbestandteilen ergibt sich, dass der BF in Österreich bereits wiederholt wegen des Verkaufs von Drogen verurteilt wurde. Er konnte daher trotz einschlägiger Vorverurteilung nicht von der weiteren Tatbegehung abgehalten werden. Ausschlaggebend für die Qualifikation des BF als Gefährder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit war für das Gericht jedenfalls die Wiederholung und die Schwere der vorliegenden Delikte. Der BF hat durch seine gerichtlich verurteilten Taten beachtliche und von der Gesellschaft missbilligte Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung gesetzt. Er hat klar gezeigt, dass er bis jetzt nur ungenügenden Willen zu rechtskonformem Verhalten entwickeln konnte. Für das Gericht besteht daher kein Zweifel daran, dass der BF durch die Begehung von Suchtmitteldelikten eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellte (1.4.).

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.4.):

Die Feststellung zu 2.1. und 2.4. beziehen sich auf die Information im behördlichen Akt. Die Feststellung hinsichtlich der Haftfähigkeit (2.3.) bezieht sich auf den Befund und das Gutachten des Polizeiamtsarztes vom 12.11.2019.

Die Feststellung zu 2.2. basiert auf einer dem Gericht vorliegenden generellen Information des BFA und stellt in dieser Hinsicht zudem auch "Gerichtswissen" dar.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.4.):

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass aufgrund der Entscheidung des BVwG vom 28.07.2017 die damalige Rückkehrentscheidung am 04.08.2017 rechtskräftig wurde. In der Folge wurde diese auch durchsetzbar. Den Asylfolgeantrag hat der BF am 17.10.2017 gestellt, sodass sich die Feststellung zu 3.1. darauf begründen kann.

Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des BF ergibt sich bereits aus dem Vorverhalten und der Tatsache, dass der BF wiederholt Suchtgift in Österreich verkauft hat. Er hat dadurch gezeigt, dass es ihm offenbar vollkommen egal ist, dass diese Erwerbstätigkeit hierorts als illegal qualifiziert wird. Auch die damit verbundenen Haftstrafen haben ihn nicht abgeschreckt. Von Vertrauenswürdigkeit ist daher nicht auszugehen (3.2.). Die fehlende Rückreisewilligkeit ergibt sich ebenso aus dem Gesamtverhalten. Es ist aktenkundig, dass der BF zuvor bereits in Griechenland und in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat und sodann weiter nach Österreich gereist ist. Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass der BF trotz durchsetzbarer Rückkehrentscheidung seit 2017 keine Anstalten gemacht hat, in sein Heimatland zurückzukehren, geht das Gericht daher nicht von bestehender Rückkehrwilligkeit aus (3.3.).

Die Feststellung zu 3.4. ergibt sich aus dem Aktenmaterial.

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.3.):

Die Feststellung zu 4.1. über gänzliches Fehlen von familiären, sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten ergibt sich zum einen aus der vorliegenden Asylentscheidung des BVwG vom 28.07.2017 in Zusammensicht mit der Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit seinem Eintreffen in Österreich lediglich für kurze Zeitperioden nicht in Haftanstalten untergebracht war. Derartiges wurde auch in der Beschwerdeschrift nicht behauptet, sodass das Gericht weiterhin vom Fehlen derartiger Beziehungen ausgehen konnte.

Ebenso verhält es sich mit der Feststellung zu 4.2.. Der Verstoß gegen das Strafgesetz ergibt sich bereits aus dem Strafregister. Hinsichtlich der fehlenden Deutschkenntnisse und der fehlenden Integrationsmerkmale wird auf die Ausführungen zu 4.1. verwiesen.

Der BF hatte lediglich von 30.04.2015 bis 05.05.2015 einen ordentlichen Hauptwohnsitz in einer Betreuungseinrichtung. Ansonsten ergibt sich aus dem zentralen Melderegister, dass er entweder obdachlos gemeldet, oder an den Adressen von verschiedenen Justizanstalten polizeilich gemeldet gewesen ist. Man kann daher nicht von einem bestehenden gesicherten Wohnsitz ausgehen (4.3.).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG bis zur Aufhebung der Haft für gegeben an. Der BF hielt sich nicht rechtmäßig in Österreich auf und es bestand gegen ihn eine rechtskräftige, wenn auch vorläufig nicht durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Er hat sich bereits zwei Mal (ausländischen) Asylverfahren durch Weiterreise entzogen und dadurch klar gezeigt, dass er jedenfalls dazu neigt, sich behördlichen Verfahren zu entziehen, wenn diese nicht in seinem Sinne verlaufen sollten bzw. eine Abschiebung im Raum steht. Das Verfahren hat darüber hinaus ergeben, dass der BF bisher in keiner Weise gezeigt hat, dass er selbstständig in sein Herkunftsland zurückreisen würde. Er ist daher weder kooperativ, noch vertrauenswürdig und auch nicht ausreisewillig. Der BF hat in der Vergangenheit innerhalb der europäischen Union in zwei weiteren Ländern Anträge auf internationalen Schutz gestellt und ist daher als höchst mobil zu bezeichnen. Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, aus welchem Grunde der BF nunmehr seine bisherige Reisetätigkeit einstellen sollte, so dies eine Verhinderung seiner Rückführung in seinen Herkunftsstaat bedeuten würde.

Wenn in der Beschwerdeschrift angeführt wird, der BF habe ein legitimes Interesse am Verbleib im Bundesgebiet, da er sich in einem offenen Asylverfahren befunden habe, darf auf sein bisheriges Verhalten verwiesen werden. Der BF hat sich bereits zweimal den ausländischen Verfahren entzogen. Es ist daher nachvollziehbar, dass die Behörde nunmehr den BF in diesem Punkt kein Vertrauen entgegenbringt, zumal auch die vom BF ausgehende Gemeingefährdung evident war. Im Rahmen einer Gesamtsicht, die durch das Gericht durchzuführen war, ergibt sich daher, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens in Zusammensicht mit den Ergebnissen des gerichtlichen Verfahrens zur Überprüfung des vorliegenden Bescheids als fluchtgefährlich zu qualifizieren war.

Der BF verfügt im Inland über keinerlei soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist aufgrund der fehlenden legalen Erwerbstätigkeit auch nicht als selbsterhaltungsfähig anzusehen. Darüber hinaus bestehende Integrationsmerkmale waren auch in diesem Verfahren nicht erkennbar und wurden auch durch die Beschwerdeschrift nicht dargelegt. Der lapidare Hinweis in der Beschwerdeschrift, dass der BF durch die Unterstützung des sozialen Umfeldes einer behaupteten möglichen Unterkunft Unterstützung zukommen würde, kann über seine schon grundlegend fehlende soziale und familiäre Verankerung nicht hinwegtäuschen. Hierbei sei angemerkt, dass seitens der Rechtsvertretung im Rahmen der Beschwerdeschrift die Daten des Unterkunftgebers anzugeben wären. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts für die beschwerdeführende Partei das Vorbringen zu vervollständigen. Beweismittel sind vollständig anzugeben und zu bezeichnen, zu welchem Thema sie geführt werden. Es fällt daher bei der Bewertung der Fluchtgefahr jedenfalls insofern ins Gewicht, als für den BF klar kein nennenswertes soziales Netz im Inland vorhanden ist, da der BF auch faktisch die überwiegende Zeit seines Aufenthaltes als obdachlos gemeldet, oder in Haftanstalten verbracht hat. Das Gericht sieht daher Sicherungsbedarf für gegeben an.

3.1.4. Darüber hinaus war die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu seinen Gunsten zu beeinflussen geeignet waren. Der BF hat gegen verwaltungsrechtliche und auch massiv gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich bereits zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt und war beabsichtigt ihn nach baldig erwarteter Entscheidung im Asylfolgeverfahren in seinen Heimatstaat abzuschieben.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht im vorliegenden Fall insbesondere das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafrechtlich relevanter Delikte gegenüber (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365, vom 03.05.2005, Zl. 2005/18/0076 und vom 09.09.2014, Zl. 2013/22/0246). Nicht unberücksichtigt zu lassen ist auch die höchstgerichtliche Entscheidung, wonach die sich, in den der rechtskräftigen Verurteilung des Fremden zugrundeliegenden strafbaren Handlungen manifestierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen von solchem Gewicht ist, dass zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art 8 Abs 2 MRK) die tangierten privaten und familiären Interessen des Fremden zurückzustehen haben (VwGH 03.03.1994, 94/18/0021). Ebenso steht dem persönlichen Interesse das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, Zl. 98/18/0260; 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365).

Au diesen Gründen wiegen die persönlichen Interessen des BF, der keine nennenswerten Kontakte und keine Angehörigen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse der Außerlandesbringung des BF. Das Gericht geht daher - wie oben angeführt - von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Darüber hinaus ist der BF ein mehrfach verurteilter Straftäter und ist dies bei der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ebenso als evidentes Interesse der Allgemeinheit, den BF Außerlandes zu bringen, zu berücksichtigen.

Die im Beschwerdeverfahren angegebenen urologischen Beschwerden gründeten sich nach dem eingeholten ärztlichen Gutachten nicht auf eine objektivierbare urologische Erkrankung, weshalb nicht von nachweisbarem Krankheitswert auszugehen war. Eine Unverhältnismäßigkeit der Anhaltung war daher nicht indiziert.

3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels wäre nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung des Verfahrens und der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung ausreichend gewesen. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet gewesen wäre. Es war nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auf freiem Fuße das laufende Beschwerdeverfahren zur Gänze abgewartet hätte und sich für eine mögliche Abschiebung bereit gehalten hätte. Der Beschwerdeführer war in der Vergangenheit nicht gewillt, freiwillig in seine Heimat zurückzukehren und hat stattdessen sich seinen Unterhalt durch den Verkauf von Drogen finanziert. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden konnte.

3.1.6. Die gegenständlich bekämpfte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und war die Schubhaft daher bis zur Entlassung des BF auch aus den bereits angeführten Gründen rechtskonform.

Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben waren und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne war auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung.

3.1.8. Die Erstbehörde hat sich im Rahmen des Bescheides hinlänglich mit dem Kriterium der Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit auseinandergesetzt. Aus dem Bescheid geht klar hervor, dass der BF mehrere schwerwiegende Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung gesetzt hat, die in einer Gesamtsicht zweifellos den BF als Gefährder der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit darstellen. Der Bescheid war diesbezüglich daher auch hinreichend begründet.

4. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (in Zusammensicht mit den gerichtlichen Feststellungen im Asylverfahren) und den Ermittlungsergebnissen des Gerichts abschließend beurteilt werden. Gründe für die zwingende Abhaltung einer mündlichen Verhandlung lagen nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.

Zu Spruchpunkt II. und III. - Kostenbegehren

Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen. Für den Zuspruch eines Kostenersatzes der Eingabengebühr fehlt im Übrigen jegliche Rechtsgrundlage.

Zu Spruchpunkt B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Kostenersatz, öffentliche Interessen,
Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2225237.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten