TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/3 W212 2225725-1

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Veröffentlicht am 03.12.2019
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Entscheidungsdatum

03.12.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W212 2225724-1/4E

W212 2225725-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , StA. Kamerun und 2. mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Kamerun, gesetzlich vertreten durch seine Mutter, XXXX , beide vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Susanne SINGER, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2019, Zl. 1238150707-190719265 (1.) und Zl. 1247210907-190975755 (2.), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) ist die Mutter des in Österreich geborenen Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF2), beide sind Staatsangehörige von Kamerun.

Die BF1 stellte am 15.07.2019 den vorliegenden Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes in Österreich. Es lag keine EURODAC-Treffermeldung vor, jedoch ergab sich aus einer VIS-Abfrage und ihrem vorgelegten Reisepass, dass sie über ein belgisches Visum D, Nr. 011966432, zur mehrfachen Einreise innerhalb eines Jahres von 26.09.2018 bis 26.09.2019 verfügte.

Am 15.07.2019 fand eine Erstbefragung der BF1 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, in welcher die BF1 angab, dass sie im 7. Monat schwanger sei und der Einvernahme ohne Probleme folgen könne. Sie sei legal nach Belgien gereist, wo sie sich im Wesentlichen von 05.10.2018 bis 01.07.2019 aufgehalten habe. Sie wäre nach Belgien gereist, um zu studieren und hätte sie bis Februar 2019 eine kleine Unterstützung seitens ihres Onkels in Kamerun erhalten. In Belgien wäre alles okay gewesen und wäre sie in ihrem Herkunftsland nicht verfolgt gewesen. Sie habe sich im Dezember 2018 und im April 2019 jeweils für zwei Wochen in Österreich befunden und habe sie dabei den Vater ihres noch ungeborenen Kindes kennengelernt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.07.2019 ein Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (in der Folge Dublin III-VO) an Belgien; dies unter Bekanntgabe der von der Beschwerdeführerin bisher getätigten Angaben und Hinweis auf das belgische Visum.

Mit Anschreiben vom 26.07.2019 erklärten die belgischen Behörden ihre Zuständigkeit gem. Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO.

Am 01.08.2019 fand - in Anwesenheit eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung - die Einvernahme der BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Hierbei gab die BF1 zu ihrem Gesundheitszustand befragt an, psychisch und physisch in der Lage zu sein, Angaben zu ihrem Asylverfahren zu machen. Sie sei gesund und benötige keine Medikamente. Der errechnete Geburtstermin sei 25.09.2019. Ihr Freund heiße XXXX und hätten sie sich im Dezember 2018 in Linz kennengelernt, als sie zu Weihnachten zu Verwandten gekommen wäre, die in Österreich leben würden. Sie sei dann im April 2019 noch einmal für zwei Wochen in Österreich gewesen und wäre sie am 01.07.2019 fix nach Österreich gekommen, da sie von ihrem Freund ein Kind erwarte. Sie habe hier erst nach zwei Wochen einen Asylantrag gestellt, da sie gehofft habe, dass ihr Freund ihr helfen würde. Dieser habe jedoch gesagt, dass er selbst Asylwerber sei und nicht arbeite und von der Grundversorgung leben würde. Als sie im April 2019 nach Österreich gekommen wäre, um ihren Freund zu fragen, ob er ihr helfen könne, habe er dies auch damals schon verneint. Sie sei im April daraufhin wieder nach Belgien zurückgekehrt, in der Hoffnung, dass sie von ihrer Familie etwas höre und ihr Onkel weiterhin ihre Wohnung und ihr Studium finanziere. Dies sei aber nicht der Fall gewesen und so wolle sie nun bei ihrem Freund bleiben und gemeinsam das Kind großziehen. Sie habe bereits einen vierjährigen Sohn in Kamerun, welcher bei einer Tante von ihr lebe.

In Belgien habe es keine Vorfälle gegeben, das einzige Problem wäre gewesen, dass sie finanzielle Probleme gehabt hätte.

Am XXXX wurde der BF2 in Salzburg geboren.

Am 30.10.2019 fand in Anwesenheit eines Rechtsberaters eine neuerliche Einvernahme der BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Dabei gab sie an, dass es ihrem Sohn gesundheitlich gut gehe und ihr Freund den gemeinsamen Sohn drei Mal die Woche besuche, jedoch keine Alimente zahle, da er nicht arbeite. Wenn er Geld habe, gebe er jedoch ein bisschen etwas. Sie wolle in Österreich bleiben, da sie das Kind nicht alleine erziehen könne, sie habe jetzt schon Rückenschmerzen. Sie habe seit März 2019 von ihrem Onkel nichts mehr gehört und sei ihr Freund ihre einzige Bezugsperson.

Der bei der Einvernahme anwesende Freund der Beschwerdeführerin XXXX wurde als Zeuge einvernommen und gab dieser an, dass er sich in Grundversorgung befinde, sie niemals einen gemeinsamen Haushalt geführt hätten und sein Asylverfahren in zweiter Instanz vor dem BVwG anhängig wäre. Er bemühe sich, mindestens einmal in der Woche die BF1 und den gemeinsamen Sohn zu besuchen und mit dem Kinderwagen spazieren zu gehen. Er beziehe € 365,- und habe er seiner Freundin erklärt, dass er keine Alimente zahlen könne. Wenn er in Österreich bleiben könne, werde er alles Mögliche unternehmen, um die beiden zu unterstützen. Bisher hätte er nicht versucht, dass seine Freundin und das Kind bei ihm wohnen könne. Auf Vorhalt, dass er mit seiner Aufenthaltsberechtigungskarte gem. § 51 AsylG berechtigt sei, einer Arbeit nachzugehen, gab der Zeuge an, dass er für ca. drei Monate Gemeindearbeit verrichtet habe, ihm es jedoch dann nicht gutgegangen wäre und er nunmehr meistens lese und Deutsch lerne.

Mit Information gem. Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO wurde der belgischen Dublin-Behörde die Geburt des BF2 angezeigt.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Artikel 12 bzw. Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO Belgien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge ihre Abschiebung nach Belgien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Feststellungen zur Lage in Belgien wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Belgium, provided by Belgian Refugee Council and Council on Refugees and Exiles,

https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_be_2017update.pdf, Zugriff 14.11.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Belgium, https://www.ecoi.net/en/document/1430191.html, Zugriff 14.11.2018

2. Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer haben in Belgien vollen Zugang zum Asylsystem. Ihre Verfahren werden inhaltlich behandelt und sie haben das Recht einen Folgeantrag zu stellen. Außerdem haben Dublin-Rückkehrer das Recht auf Versorgung wie normale Asylwerber (CGRS 10.12.2018).

Quellen:

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CGRS - Office of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons (10.12.2018): Auskunft des CGRS, per E-Mail

3. Non-Refoulement

Es gibt keine veröffentlichten Berichte über Refoulement an den Grenzen Belgiens. Sofern das CGRS entscheidet, einen Folgeantrag nicht zuzulassen, muss es bei der Umsetzung einer Rückkehrentscheidung das Vorliegen eines direkten oder indirekten Refoulement-Risikos prüfen (AIDA 3.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Belgium, provided by Belgian Refugee Council and Council on Refugees and Exiles,

https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_be_2017update.pdf, Zugriff 14.11.2018

4. Versorgung

Die Unterbringung kann kollektiv in Auffangzentren (gesamt 12.664 Plätze) oder individuell in Häusern oder Wohnungen (gesamt 8.760 Plätze) erfolgen, abhängig vom Profil des Asylwerbers und der Phase des Verfahrens, in der er sich befindet. Die Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers (Fedasil) hat die Aufgabe, die kollektive und individuelle Unterbringung zu koordinieren. Zu diesem Zweck kooperiert sie mit NGOs. Von den 54 kollektiven Auffangzentren (Stand 25.1.2018) werden 17 von Fedasil verwaltet, der Rest vom Roten Kreuz (AIDA 3.2018; vgl. Fedasil o.D.b). In der Praxis halten sich Asylwerber zunächst im Auffangzentrum auf. Der Transfer in eine individuelle Unterkunft bleibt bestimmten Gruppen wie etwa Vulnerablen, Schutzberechtigten und Nationalitäten mit hohen Anerkennungsraten vorbehalten, (AIDA 3.2018).

Gesetzlich haben Asylwerber ein Recht auf Versorgung, von Fedasil in vier Kategorien unterteilt:

a. Bett, Bad, Brot (Grundbedürfnisse: Einen Platz zum Schlafen, Mahlzeiten, sanitäre Einrichtungen, Kleidung)

b. Beratung, u.a. soziale, rechtliche, sprachliche, medizinische und psychologische Unterstützung

c. Tägliches Leben, u.a. Freizeit, Aktivitäten, Ausbildung, Arbeit und Gemeindedienstleistungen

d. Vereine

Diese Aspekte sind noch nicht vollständig implementiert. Derzeit kommt es zu auch zu Finanzierungsengpässen, was vor allem rechtliche, psychologische und soziale Unterstützungsleistungen in größerem Ausmaß betrifft (AIDA 3.2018).

Die Unterbringung von Asylwerbern ist an die individuellen Bedürfnisse anzupassen (AIDA 3.2018; vgl. Fedasil o.D.a), die individuelle Situation des Asylwerbers (Familie mit Kindern, Rollstuhlfahrer, unbegleitete Minderjährige) soll berücksichtigt werden (Fedasil o.D.a), aber in der Praxis werden Plätze hauptsächlich anhand der Verfügbarkeit und der Vorgaben des Aufnahmemodells aus dem Jahr 2015 vergeben (AIDA 3.2018).

Speziell für UMA gibt es 183 Unterbringungsplätze in sogenannten "Orientation and Obeservation Centres", 1.706 Unterbringungsplätze in kollektiven Aufnahmezentren sowie 334 Plätze in individuellen Aufnahmezentren. Des weiteren gibt es 30 verfügbare Unterbringungsplätze für minderjährige Mütter und ihre Kinder bzw. minderjährige Schwangere (Stand Ende 2017); 70 Plätze für alleinstehende Mütter und ihre Kinder, 40 Plätze für Personen mit psychologischen Probleme und 400 Plätze für Personen mit spezifischen medizinischen Bedürfnissen und deren Familien (AIDA 3.2018).

In den Unterbringungszentren gelten gesetzlich festgelegte Mechanismen zur Prüfung spezifischer Bedürfnisse Vulnerabler, die zu deren Überstellung in geeignetere Einrichtungen führen können. Binnen 30 Tagen ab Zuweisung eines Unterbringungsplatzes sollte die individuelle Situation des Asylwerbers geprüft werden, um zu bewerten, ob die Unterbringung geeignet ist. Es ist hierbei speziell auf Merkmale von Vulnerabilität zu achten, die nicht sofort bemerkbar sind. Dazu sind ein Interview mit einem Sozialarbeiter und ein Evaluierungsbericht vorgeschrieben, der laufend zu aktualisieren ist und nach maximal sechs Monaten zu einem Ergebnis bezüglich Angemessenheit der Unterkunft kommen und eventuelle Empfehlungen enthalten soll. Ein negatives Ergebnis soll zu einem Transfer in eine angemessenere Unterkunft führen. In der Praxis allerdings ist ein Transfer oft aufgrund mangelnder spezialisierter Unterbringungsmöglichkeiten oder politischer Präferenzen nicht möglich (AIDA 3.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Belgium, provided by Belgian Refugee Council and Council on Refugees and Exiles,

https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_be_2017update.pdf, Zugriff 14.11.2018

-

Fedasil - Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers (o.D.a): Reception of asylum seekers, https://www.fedasil.be/en/asylum-belgium/reception-asylum-seekers, Zugriff 15.11.2018

-

Fedasil - Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers (o.D.b): Reception centers,

https://www.fedasil.be/en/reception-centres, Zugriff 15.11.2018

4.1. Medizinische Versorgung

Bei der Aufnahme durch Fedasil wird jeder Antragsteller über fünf Jahre einem Lungenröntgen zur Tuberkuloseerkennung unterzogen. Diese Prozedur wird alle sechs Monate während der ersten zwei Jahre des Aufenthalts in Belgien wiederholt. In den Aufnahmezentren erhalten Asylwerber medizinische und psychologische Betreuung (Fedasil o. D.a). Nur in acht der Fedasil-Zentren ist immer ein Arzt anwesend, die anderen kooperieren mit niedergelassenen Ärzten in der Nähe des Zentrums (AIDA 3.2018).

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Versorgung, die für ein Leben in Würde nötig ist. Dies umfasst, mit wenigen Ausnahmen, im Wesentlichen alle Leistungen, welche die belgische Krankenkasse übernimmt. Dies bedeutet, dass vor allem bei kostspieligen Behandlungen wie beispielsweise einer modernen Behandlung von Hepatitis C, die Kosten nicht übernommen werden (übernommen wird lediglich die herkömmliche Behandlung). In den kollektiven Unterbringungszentren muss der vom Sozialarbeiter zugewiesene Arzt konsultiert werden, sofern der Asylwerber nicht um eine Ausnahmereglung ansucht. Dieser Arzt kann den Asylwerber dann an einen Spezialisten überweisen. Es gibt eigene Stellen, die sich um die psychologische Betreuung von Asylwerbern kümmern, aber die Nachfrage ist hierbei größer als das Angebot. Öffentliche Zentren für psychologische Betreuung stehen Asylwerbern offen und verfügen über angepasste Tarife, aber oft fehlt ihnen die spezifische asylbezogene Erfahrung oder aber sie müssen - sofern sie über diese Expertise verfügen - mit Wartelisten arbeiten. Nach negativ beendetem Verfahren und Auslaufen des Rechts auf Versorgung ist nur mehr medizinische Nothilfe möglich (AIDA 3.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Belgium, provided by Belgian Refugee Council and Council on Refugees and Exiles,

https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_be_2017update.pdf, Zugriff 14.11.2018

-

Fedasil - Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers (o.D.a): Reception of asylum seekers, https://www.fedasil.be/en/asylum-belgium/reception-asylum-seekers, Zugriff 15.11.2018

5. Schutzberechtigte

Antragsteller, die einen Schutztitel erhalten, bekommen damit eine Aufenthaltserlaubnis und dürfen noch für zwei Monate in der Unterbringungsstruktur bleiben, während sie sich eine eigene Wohnung suchen. Sie haben die Möglichkeit, in öffentlichen Wohlfahrtszentren um Unterstützung hierfür anzusuchen (Fedasil o.D.a).

Die Zuerkennung internationalen Schutzes berechtigt zum befristeten Aufenthalt in Belgien für fünf Jahre. Danach erhält der Flüchtling unbefristeten Aufenthalt. Anerkannte Flüchtlinge dürfen ohne weitere Genehmigung selbständig und unselbständig arbeiten und von Familienzusammenführung profitieren (CGRS 1.2018).

Wer die Bedingungen für internationalen Schutz nicht erfüllt, aber subsidiären Schutz erhalten hat, darf sich für ein Jahr befristet in Belgien aufhalten. Verlängerungen sind möglich und nach 5 Jahren erhält der Subschutzberechtigte eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Subschutzberechtigte können eine befristete Arbeitsbewilligung beantragen. Sobald eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis vorliegt, ist keine Arbeitserlaubnis mehr nötig. Bei der Familienzusammenführung gibt es jedoch Einschränkungen (CGRS 5.2018).

Schutzberechtigte müssen sich im Fremdenregister der Gemeinde erfassen lassen, in der sie leben. Dort erhalten sie auch ein entsprechendes Ausweispapier. Informationen bezüglich Arbeit, Krankenversicherung und Sozialleistungen erhalten anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte im öffentlichen Sozialhilfezentrum (CPAS/OCMW) ihrer Wohnsitzgemeinde oder bei einer Gewerkschaft, NGO etc. (CGRS 1.2018; vgl. CGRS 5.2018).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Belgium, provided by Belgian Refugee Council and Council on Refugees and Exiles,

https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_be_2017update.pdf, Zugriff 14.11.2018

-

CGRS - Office of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons (1.2018): You are recognised as a refugee in Belgium,

https://www.cgvs.be/sites/default/files/brochures/asiel_asile_-_erkend_reconnu_-_you_are_recognised_as_a_refugee_in_belgium_-_eng.pdf, Zugriff 16.11.2018

-

CGRS - Office of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons (5.2018): You are eligible for subsidiary protection in Belgium,

https://www.cgvs.be/sites/default/files/brochures/brochure_subsidiary-protection_eng.pdf, Zugriff 16.11.2018

-

Fedasil - Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers (o.D.a): Reception of asylum seekers, https://www.fedasil.be/en/asylum-belgium/reception-asylum-seekers, Zugriff 15.11.2018

Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO Belgien für die Prüfung der Anträge zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle. Die Beziehung zum Freund der BF1 sei entstanden, als sich die Beschwerdeführerin ihres unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich bewusst gewesen sein musste.

Außerdem habe die BF1 angegeben, dass sie erst beschlossen hätte, nach Österreich zu kommen, als ihr Onkel die finanziellen Zahlungen an sie in Belgien eingestellt hätte. Eine gegenteilige Ansicht widerspreche den Bestimmungen des Fremdenrechts, da die Bestimmungen durch den faktischen Vollzug des Familiennachzuges durch rechtsmissbräuchliche Stellung eines Asylantrages de facto außer Kraft gesetzt würden.

Gegen die Bescheide des Bundesamtes richten sich die fristgerecht eingebrachten gleichlautenden Beschwerden vom 21.11.2019, worin zusammengefasst vorgebracht wird, dass die Wohnung des XXXX im Ausmaß von 78,06 m² ausreichend groß für die Familie wäre und ihm in der Zwischenzeit eine sehr gute Integration gelungen wäre. Er sei aktuell noch im laufenden Asylverfahren, sei jedoch für 04.12.2019 zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen. Er könne die Kindesmutter und seinen Sohn in Österreich durch seine Sprachkenntnisse und des 5 Jahre dauernden Aufenthaltes in Österreich unterstützen. Die Beschwerdeführer hätten in Belgien niemanden und wären sie auf sich alleine gestellt.

Es wurde beantragt die Bescheide zur Gänze zu beheben, die Anträge auf internationalen Schutz für zulässig zu erklären und an das BFA zu verweisen um ein inhaltliches Verfahren durchzuführen eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF1, eine volljährige Staatsangehörige aus Kamerun, reiste mittels eines belgischen Visums D nach Belgien und hielt sich dort mit zwei zweiwöchigen Unterbrechungen im Dezember 2018 und im April 2019, wo sie sich in Österreich befunden hat, von 05.10.2018 bis 01.07.2019 auf. In weiterer Folge begab sich die BF1 illegal in das Bundesgebiet und stellte am 15.07.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.07.2019 ein Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO an Belgien, dem Belgien mit Antwortschreiben vom 26.07.2019 ausdrücklich zustimmte.

Am XXXX brachte die BF1 ihren Sohn, den BF2, zur Welt.

Die belgischen Behörden wurden mit Schreiben vom 08.10.2019 gemäß Art.20 Abs. 3 Dublin III-VO darüber in Kenntnis gesetzt.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Belgien an.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Belgien Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführer sind nicht lebensbedrohlich erkrankt; sie leiden auch nicht an akuten Erkrankungen, die eine Überstellung nach Belgien unzulässig machen würden. In Belgien ist ausreichende medizinische Versorgung für Asylwerber gewährleistet und auch in der Praxis zugänglich.

Die BF1 lernte im Dezember 2018 XXXX , geb. XXXX , StA. Kamerun, in Österreich kennen. Der gemeinsame Sohn, der BF2, wurde am XXXX geboren. XXXX brachte am 01.06.2014 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Mit Bescheid vom 10.02.2017 wurde sein Antrag gem. §§ 3/8 AsylG abgelehnt und es wurde eine Rückkehrentscheidung nach Kamerun erlassen. Am 01.03.2017 legte er fristgerecht Beschwerde ein, das Verfahren ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Grundversorgung. Die Beschwerdeführer werden von ihm finanziell nicht unterstützt, noch haben sie Anstrengungen unternommen, seit Stellung des Asylantrages, in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer von XXXX abhängig sind. Die Beschwerdeführer verfügen, abgesehen vom Kindesvater, in Österreich weder über familiäre noch besonders ausgeprägte private oder berufliche Anknüpfungspunkte.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise der BF1 in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Belgien ergeben sich aus den diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben der BF1 in Zusammenschau mit der vorliegenden VIS-Abfrage und der vorgelegten Dokumente. Die Feststellung bezüglich des Konsultationsverfahrens mit Belgien beruht auf den im Verwaltungsakt dokumentierten Schreiben.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Belgien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das belgische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die Beschwerdeführer nicht dargetan.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus den eigenen Angaben der BF1. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus den eigenen Angaben der BF1 und den vorgelegten Unterlagen (Geburtsurkunde) und finden in der damit im Einklang stehenden Aktenlage Deckung. Dass zwischen den Beschwerdeführern und dem Kindesvater kein gemeinsamer Haushalt besteht, lässt sich aktuellen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister und aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung entnehmen, außerdem aus den Einvernahmen der BF1 sowie der Zeugeneinvernahme des Kindesvaters. Dass zwischen den Beschwerdeführern und dem Kindesvater keine finanziellen oder sonstigen Abhängigkeiten bestehen, ergibt sich ebenfalls aus den eigenen Angaben der BF1 und des Kindesvaters, wonach die Frage nach finanzieller Unterstützung ausdrücklich verneint wurde, zum anderen auch aus dem Umstand, dass sowohl die Beschwerdeführer als auch der Kindevater Leistungen im Rahmen der Grundversorgung beziehen. Auch wenn der Kindesvater die Beschwerdeführer zumindest einmal die Woche besucht, vermag darin noch keine existenzielle Abhängigkeit erblickt werden, die eine Überstellung der Beschwerdeführer nach Belgien entgegenstehen würde, zumal zu berücksichtigen ist, dass im österreichischen Bundesgebiet kein gemeinsamer Haushalt besteht. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die BF1 hinsichtlich der Betreuung des BF2 auf den Beschwerdeführer angewiesen wäre, zumal sie auch während seiner Abwesenheit die Kinderbetreuung bewerkstelligen kann. Im Übrigen machte der Kindesvater selbst auch nicht geltend, sich an der Kinderbetreuung massiv zu beteiligen, gibt er genauso wie die BF1 lediglich an, mit dem Kinderwagen spazieren zu gehen. Dass keine Anhaltspunkte für besonders ausgeprägte private oder berufliche Bindungen respektive eine fortgeschrittene Integration bestehen, ergibt sich aus den Angaben der BF1 und wurde auch nicht im Rahmen der Beschwerde den Feststellungen der Verwaltungsbehörde entgegengetreten, wonach keine weiteren sozialen Kontakte bestehen würden und keine besondere Integrationsverfestigung ihrer Person vorliege.

Die Feststellungen zum Antrag auf internationalen Schutz des Kindesvaters, zum Ablauf respektive Stand seines Asylverfahrens und zu seinem Status in Österreich ergeben sich aus einer Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten bezüglich seines Beschwerdeverfahrens I416 2149074.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl I Nr 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idF BGBl I Nr 56/2018, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBl I 2013/144).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Artikel 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art 20 Abs. 3 lautet:

"(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss."

Art 25 Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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