Entscheidungsdatum
05.09.2019Norm
B-VG Art. 130 Abs1 Z3Spruch
W129 2179357-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin Riedl, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Amtes des Arbeitsmarktservice Österreich betreffend Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung aufgrund der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2016, Zl. W213 2003506-1/5E, erfolgten Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages, zu Recht:
A)
1.) Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer am 01.07.2005 ein Gehalt der Verwendungsgruppe A2 in der Gehaltsstufe 12 mit nächster Vorrückung in die Gehaltsstufe 13 am 01.07.2006 gebührte.
2.) Dem Beschwerdeführer gebührt eine Nachzahlung der Bezugsdifferenz gemäß § 13b GehG 1956 iVm § 113 Abs. 13 GehG 1956 idF BGBl. I 82/2010 ab 18.06.2006.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2016, Zl. W213 2003506-1/5E, wurde der 01.07.1982 als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers neu festgesetzt (bisher: 14.11.1984).
Die Zustellung des Erkenntnisses an die belangte Behörde erfolgte am 17.10.2016.
2. Mit Säumnisbeschwerde vom 22.11.2017 machte der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung die Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung geltend.
3. Die Beschwerde langte am 12.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein; das Beschwerdeverfahren wurde faktisch bis zur Klärung der Rechtsfrage ausgesetzt, die dem EuGH mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.06.2017, W128 2148285-1/2Z, zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde.
Diese Vorabentscheidung des EuGH erfolgte am 08.05.2019 (C-24/17).
4. Mit verfahrensleitender Anordnung des VwGH vom 17.07.2019, Zl. Fr 2019/12/0028-5, wurde dem BVwG die Erlassung einer Entscheidung binnen Frist von drei Monaten aufgetragen.
5. Mit Schreiben des BVwG vom 05.08.2019 wurde sowohl der belangten Behörde als auch dem Beschwerdeführer unter Gewährung einer dreiwöchigen Stellungnahmefrist mitgeteilt, dass sich aus der Aktenlage die besoldungsrechtliche Stellung wie folgt ergibt: der Beschwerdeführer habe den Antrag am 30.03.2010 gestellt, wobei der Zeitraum des gesetzlichen Verjährungsverzichtes nach BGBl I Nr. 82/2010 zu berücksichtigen sei. Dies bedeute aufgrund der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages, dass dem Beschwerdeführer am 01.07.2005 ein Gehalt der Verwendungsgruppe A2 in der Gehaltsstufe 12 mit nächster Vorrückung am 01.07.2006 gebührte habe und dass dem Beschwerdeführer eine Nachzahlung der Bezugsdifferenz ab 18.06.2006 gebühre.
6. Im Wege des eingeräumten Parteiengehörs äußerte sich der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung zustimmend.
Die belangte Behörde gab in der eingeräumten Frist keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer ist Beamter der Allgemeinen Verwaltung und dem Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Steiermark zur Dienstleistung zugewiesen. Am 30.03.2010 stellte er einen Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung.
Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2016, Zl. W213 2003506-1/5E, wurde der 01.07.1982 als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers neu festgesetzt (bisher: 14.11.1984).
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der eindeutigen Aktenlage. Sowohl dem Beschwerdeführer als auch der belangten Behörde wurde hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente und bestimmter rechtlicher Schlussfolgerungen Parteiengehör gewährt. Der Beschwerdeführer äußerte sich im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung zustimmend; die belangte Behörde gab in der dreiwöchigen Frist keine Stellungnahme ab.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.2 Mit BGBl. I 82/2010 wurde in § 8 Abs. 1 GehG 1956 festgelegt, dass der für die Vorrückung in die zweite in jeder Verwendungsgruppe in Betracht kommende Gehaltsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre beträgt.
Wie der EuGH in seinem Urteil vom 11.11.2014, C-530/13 (Schmitzer), ausführte, muss ein Beamter die Möglichkeit haben, unter Berufung auf Art. 2 RL die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, auch wenn er zuvor eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages nach Neurecht durch diesbezügliche Antragstellung erwirkt hat. Eine gänzliche Nichtanwendung der Bestimmungen zur Vorrückung und zu den anrechenbaren Zeiten, wie es § 175 Abs. 79 Z 3 GehG idF BGBl. I Nr. 32/2015 normiert, widerspricht diesem Grundsatz. Die RL steht nationalen Regelungen entgegen, wonach zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung erforderlichen Zeitraums eingeführt wird.
Aus der Rechtssache Leitner (EuGH 08.05.2019, C-396/17) ergibt sich, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Regelung, die die diskriminierende Wirkung der alten Regelung perpetuiert, dem Unionsrecht widerspricht. Auch der VwGH hat mittlerweile Amtsrevisionen zurückgewiesen, die sich gegen die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung wandten (zB VwGH 27.05.2019, Ra 2016/12/0110).
3.3. Aus alldem ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass eine regelmäßige Vorrückung von zwei Jahren hätte stattfinden müssen. Alle dem entgegen stehenden gesetzlichen Bestimmungen haben aufgrund von Art. 2, 6, 9 und 16 der RL 2000/78 unangewendet zu bleiben.
Das bedeutet, dass dem Beschwerdeführer am 01.07.2005 ein Gehalt der Verwendungsgruppe A2 in der Gehaltsstufe 12 (mit nächster Vorrückung in die Gehaltsstufe 13 am 01.07.2006) gebührte.
3.4. Zur Nachzahlung der Bezugsdifferenz:
Zum Zeitpunkt der Antragstellung regelte § 113 Abs. 13 GehG 1956 idF BGBl. I 82/2010, dass der Zeitraum vom 18.06.2009 bis zum Tag der Kundmachung des BGBl 82/2010 (das war der 30.08.2010) nicht auf die dreijährige Verjährungsfrist anzurechnen ist (Verjährungsverzicht).
Dem Beschwerdeführer gebührt eine Nachzahlung der Bezugsdifferenz, wobei die Verjährungsfrist des § 13b GehG 1956 iVm dem Verjährungsverzicht des § 113 Abs. 13 GehG 1956 idF BGBl. I 82/2010 anzuwenden ist.
Die Wortfolge "diese Bestimmungen sind in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden" in § 175 Abs. 79 Z 2 GehG 1956 idF BGBl. 32/2015 hat aufgrund des unionsrechtlichen Effektivitäts- und Äquivalenzprinzips und des Vertrauensschutzes unangewendet zu bleiben.
Da der Antrag am 30.03.2010 gestellt wurde und daher in den Zeitraum fällt, für den ein Verjährungsverzicht abgegeben wurde, verlängert sich die dreijährige Verjährungsfrist um neun Monate und 12 Tage (Zeitraum zwischen 18.06.2009 und 30.03.2010), sodass die Nachzahlung daher ab 18.06.2006 gebührt.
3.5. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die beschwerdeführende Partei hat den aus dem eindeutigen Akteninhalt erhobenen Berechnungen ausdrücklich zugestimmt, die belangte Behörde hat sich trotz des eingeräumten Parteiengehörs nicht geäußert. Einem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich zudem - insbesondere nach Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH in einer vergleichbaren Rechtsangelegenheit (C-24/17 vom 08.05.2019) - als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Altersdiskriminierung, besoldungsrechtliche Stellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W129.2179357.1.01Zuletzt aktualisiert am
05.03.2020