Entscheidungsdatum
21.10.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W187 2196136-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Mag. Dr. Georg KLAMMER, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
III. In Erledigung der Beschwerde wird festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und dem Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs 1 Z 1, § 58 Abs 2 iVm § 55 Abs 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein, wo er am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am XXXX wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari zu seiner Identität, seiner Reiseroute und seinen Fluchtgründen einvernommen. Hier gab er an, am XXXX in Afghanistan in Kabul geboren zu sein, der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören sowie schiitischer Moslem zu sein. Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass es in Kabul nicht mehr sicher sei und jeden Tag Bomben explodiert seien. Er habe daher Angst um sein Leben gehabt. Es gebe auch keine Möglichkeit, weiter zu studieren.
3. Am XXXX langte eine Vollmachtsanzeige beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) ein, mit welcher der Beschwerdeführer bekannt gab, dass er Rechtsanwalt Mag. Peter Wolf mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung bevollmächtigt und beauftragt habe.
4. Mit Schreiben vom XXXX übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diverse Unterlagen, darunter seine Tazkira und eine Schulabschlussbestätigung jeweils in Kopie, und ersuchte um Richtigstellung seines Namens auf XXXX .
5. Am XXXX langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Urgenz des Beschwerdeführers ein.
6. Mit Schriftsatz vom XXXX legte der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Mag. Peter Wolf, der belangten Behörde diverse Urkunden (Heiratsurkunde vom XXXX , Meldebestätigung, Vereinbarung über ehrenamtliche Mitarbeit und Tazkira) vor.
7. Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Mag. Peter Wolf, ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom XXXX um Übermittlung des Verfahrensaktes an die Regionaldirektion Wien, da die Regionaldirektion Niederösterreich aufgrund der Verlegung des Hauptwohnsitzes des Beschwerdeführers nach Wien nicht mehr örtlich zuständig sei. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dem Beschwerdeführer am selben Tag mit, dass das Verfahren trotz dessen nunmehr in Wien liegenden Wohnortes in der Regionaldirektion Niederösterreich geführt werde. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer, vertreten durch RA mag. Peter Wolf, einen Antrag auf Abtretung des Verwaltungsaktes an die örtlich zuständige Behörde und ersuchte um bescheidmäßige Erledigung.
8. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein seines rechtlichen Vertreters, seiner Ehefrau als Vertrauensperson und eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Dabei gab er an, er heiße richtig XXXX . Weiter sei seine Religionszugehörigkeit in der Erstbefragung falsch protokolliert worden. Er sei sunnitischer - nicht schiitischer - Moslem. Zu seinem Fluchtgrund führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, er sei von den Taliban bedroht worden. Nach seiner Geburt sei er mit seiner Familie aufgrund der schlechten Sicherheitslage in Kabul nach Wardak gezogen und habe dort ca. sechs Jahre bei seiner Tante väterlicherseits gelebt. Im Alter von sechs Jahren sei der Beschwerdeführer mit seiner Cousine (= Tochter der Tante väterlicherseits) namens XXXX verlobt worden. Der Bruder des Ehemanns seiner Tante sei damals ein Talibankämpfer und Bezirkschef in Wardak gewesen. Sein Vater habe sich durch die Verlobung mit der Cousine erhofft, Beziehungen zu den Taliban zu haben, sollten diese an der Macht bleiben. Als die Taliban die Macht verloren, seien sie zurück nach Kabul gezogen. Als der Beschwerdeführer 19 Jahre alt gewesen sei, hätten seine Eltern ihn aufgefordert, das damalige Versprechen einzulösen und seine Cousine XXXX zu heiraten. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert, da er weiter studieren wolle und seine Cousine nicht liebe. Die Eltern der Cousine seien nach Kabul gekommen, um die Hochzeit auszumachen. Dabei hätten sie mitbekommen, dass der Beschwerdeführer die Cousine nicht heiraten wolle. Sein Vater habe ihnen jedoch zugesagt, er werde mit dem Beschwerdeführer reden. Eine Woche später sei der Beschwerdeführer am Nachhauseweg von der Universität gewesen, als zwei unbekannte Personen aufgetaucht seien. Sie hätten gesagt, sie würden zum Kommandanten XXXX , einem Onkel der Cousine, gehören, und ihn aufgefordert, seine Cousine zu heiraten. Andernfalls würden sie ihn umbringen. Einer der Männer habe seine Weste geöffnet und dem Beschwerdeführer seine Pistole gezeigt. Der Beschwerdeführer habe Angst bekommen und den Vorfall seinen Eltern erzählt. Sein Vater habe gesagt, er wisse, dass die Männer Taliban seien, und es gefährlich sei, die Hochzeit abzusagen. Der Beschwerdeführer müsse die Cousine heiraten, da er andernfalls die gesamte Familie in Gefahr bringe. Seine Mutter habe ihn verstanden und gemeint, sie könne ihm zwar nicht helfen, aber ihr Bruder (= Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers). Der Onkel mütterlicherseits habe beschlossen, den Beschwerdeführer in den Iran zu seinem Bruder zu schicken. Die Organisation des Schleppers habe eine Woche gedauert. Da sein Vater sehr aggressiv gewesen sei, habe der Beschwerdeführer der Heirat zum Schein zugestimmt. Nach einer Woche sei er dann von Kabul über Herat in den Iran geflohen. Dort sei er fünf Monate illegal aufhältig gewesen. Da er sich im Iran nicht frei bewegen habe können, sei der Beschwerdeführer nach Europa weitergereist.
9. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sodann sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
Für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
10. Mit Schreiben vom XXXX , bei der belangten Behörde eingelangt am
XXXX , erhob der Beschwerdeführer, unterstützt durch seinen beigezogenen Rechtsanwalt Mag. Peter Wolf, fristgerecht vollumfängliche Beschwerde gegen den spruchgegenständlichen Bescheid wegen örtlicher Unzuständigkeit, inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung für den Beschwerdeführer ein günstigerer Bescheid erzielt worden wäre.
11. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt. Unter einem erklärte die belangte Behörde schriftlich, auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verzichten.
12. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden den Parteien einschlägige Länderinformationen zu Afghanistan übermittelt.
13. Mit Schriftsatz vom XXXX zeigte der Beschwerdeführer einen Vollmachtswechsel an und gab bekannt, dass er zukünftig von Rechtsanwalt Mag. Dr. Gregor Klammer, vertreten werde. Am XXXX langte beim Bundesverwaltungsgericht die Bekanntgabe der Vollmachtsauflösung durch die Rechtsanwaltskanzlei Mag. Peter Wolf ein.
14. Mit Urkundenvorlage vom XXXX übermittelte der Beschwerdeführer diverse Integrationsunterlagen und Empfehlungsschreiben sowie Unterlagen betreffend seine Ehefrau XXXX . Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte diese Urkundenvorlage der belangten Behörde mit Schreiben vom XXXX zur Kenntnis.
15. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer im Beisein des ausgewiesenen Rechtsvertreters, Rechtsanwalt Mag. Dr. Gregor Klammer, zweier Zeugen und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari vom erkennenden Richter zu seinem Antrag auf internationalen Schutz und seinen Beschwerdegründen einvernommen wurde. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.
Die Verhandlungsschrift lautet auszugsweise:
"[...]
Richter: Verstehen Sie die Dolmetscherin gut?
Beschwerdeführer: Ja.
Richter: Sind Sie psychisch und physisch in der Lage, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen? Liegen Gründe vor, die Sie daran hindern?
Beschwerdeführer: Ja.
Richter: Nehmen Sie regelmäßig Medikamente, befinden Sie sich in medizinischer Behandlung?
Beschwerdeführer: Nein.
[...]
Richter: Können Sie sich an Ihre Aussage vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erinnern? Waren diese richtig, vollständig und wahrheitsgetreu?
Beschwerdeführer: Ja.
Richter: Geben Sie Ihr Geburtsdatum an. Wo sind Sie auf die Welt gekommen?
Beschwerdeführer: Ich bin in Kabul auf die Welt gekommen und dort aufgewachsen. Die ersten sechs Lebensjahre habe ich nicht in Kabul verbracht. Wir haben in der Provinz Wardak gelebt. Danach sind wir wieder nach Kabul gezogen. Am XXXX bin ich geboren, das ist der XXXX
.
Richter: Welche Sprachen sprechen Sie? Können Sie diese lesen und schreiben?
Beschwerdeführer: Ich kann Dari und Farsi lesen und schreiben. Deutsch lesen und schreiben habe ich hier gelernt.
Richter: Geben Sie Ihre Volksgruppe, Religion und Ihren Familienstand an.
Beschwerdeführer: Ich bin Afghane, aus der Volksgruppe der Tadschiken, ich bin muslimischer Sunnite und verheiratet.
Richter: Haben Sie Kinder?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Wie haben Sie in Afghanistan gewohnt?
Beschwerdeführer: Im Elternhaus, im XXXX , in der Stadt Kabul.
Richter: Was haben Sie in Afghanistan gemacht, gearbeitet, gelernt oder etwas Anderes?
Beschwerdeführer: Ich habe die Schule abgeschossen und ich habe studiert.
Richter: Welche Schulbildung haben Sie erhalten?
Beschwerdeführer: Ich habe zwölf Jahre die Schule besucht und war im zweiten Studienjahr Informatik.
Richter: Wo und wie leben Ihre Verwandten?
Beschwerdeführer: Meine Familie lebt nach wie vor im Elternhaus in Kabul.
Richter: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Onkel)?
Beschwerdeführer: Ja, habe ich.
Richter: Haben Sie in Afghanistan andere Verwandte oder sonstige wichtige Kontaktpersonen und wie heißen sie? Wo leben sie? Haben Sie zu ihnen Kontakt?
Beschwerdeführer: Meine Eltern, mein Vater heißt XXXX . Meine Mutter heißt XXXX , ich habe drei Brüder, meine Brüder heißen XXXX und XXXX . Ich habe auch zwei Schwestern, XXXX und XXXX . Das ist meine Kernfamilie. Ich habe eine Tante väterlicherseits in Afghanistan und einen Onkel mütterlicherseits. Meine Tante heißt XXXX und mein Onkel heißt XXXX . Ein weiterer Onkel mütterlicherseits namens XXXX lebt im Iran.
Richter: Wollen Ihre Eltern und Geschwister auch nach Österreich kommen?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Wie ist Ihr Leben derzeit in Österreich? Was machen Sie in Österreich?
Beschwerdeführer: Ich habe in Österreich geheiratet und lebe gemeinsam mit meiner Ehefrau. Meine Frau heißt XXXX . Sie ist österreichische Staatsbürgerin. Mein richtiger Name lautet XXXX , aber da ich einen iranischen Dolmetscher hatte, wurde mein Name nach der iranischen Aussprache protokolliert.
Richter: Haben Sie Freunde in Österreich?
Beschwerdeführer: Ich habe sehr viele Freunde in Österreich. Ich habe Schwiegereltern und einen Schwager hier. Ich habe noch weitere Freunde, einer von meinen Freunden heißt XXXX , ein weiterer heißt XXXX , sie ist Österreicherin, Frau XXXX , sie ist auch Österreicherin und XXXX .
Richter: Sind Sie Mitglied in einem Verein?
Beschwerdeführer: Nein, ich gehe nur ins Fitnesscenter.
Richter: Hatten Sie Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?
Beschwerdeführer: Nein.
Richter: Schildern Sie den Vorfall, der zu Ihrer Flucht geführt hat!
Beschwerdeführer: Von den Erzählungen meiner Mutter weiß ich, damals als ich geboren wurde, herrschte in Kabul Krieg. Meine Eltern waren gezwungen, von Kabul in die Provinz Wardak zu ziehen. Meine Tante väterlicherseits, die ich vorhin erwähnt habe, namens XXXX , war bereits verheiratet und hat in Wardak gelebt. Meine Tante väterlicherseits ist in einer Familie verheiratet worden, die den Taliban angehören. Wir sind zu meiner Tante gezogen und haben gemeinsam mit ihr gelebt. Wir haben sechs Jahre lang bei meiner Tante gelebt. Meine Mutter erzählt, dass meine Tante damals eine Tochter bekommen hat. Sie hat sie XXXX genannt. Der Mann meiner Tante und mein Vater haben damals beschlossen, dass ich meine Cousine heiraten werde. Ich war damals sechs Jahre alt und meine Cousine war drei Jahre alt, als sie mir versprochen wurde. Meine Mutter erzählte mir, dass mein Vater deshalb meine Cousine mir versprochen hat, da damals die Taliban an der Macht waren und er ist davon ausgegangen, dass die Taliban auch weiterhin an der Macht bleiben werden. Mein Vater wollte noch eine nähere Bindung zu der Familie meiner Tante, da meine Familie beschützt wird, weil sie zu den Taliban gehört haben. Der Schwager meiner Tante, nämlich der Bruder ihres Mannes namens XXXX war der Distriktchef des Distriktes XXXX der Taliban. Als dann die Amerikaner gekommen sind und die Taliban entmachtet wurden, hat mein Vater beschlossen, dass wir nach Kabul zurückkehren. Wir gingen nach Kabul zurück und haben dort unser Leben weitergeführt. Mit zehn Jahren wurde ich eingeschult. Ich habe in der XXXX zwölf Jahre lang die Schule besucht. Ich habe die Schule abgeschlossen und habe begonnen an der Universität Computerwissenschaften zu studieren. Ich habe an der Universität XXXX studiert. Ich kann mich gut erinnern, ich war 19 Jahre alt, als eines Tages meine Eltern mit mir darüber geredet haben. Es war an einem Nachmitttag, meine Eltern sagten mir, dass sie damals eine Entscheidung trafen und ich mittlerweile 19 Jahre und das Mädchen 16 Jahre alt ist, es sei die Zeit gekommen, um zu heiraten. Ich habe das Mädchen nicht geliebt. Ich habe nicht einmal mit ihr gesprochen, ich kannte sie nicht und ich wollte sie auch nicht heiraten. Ich habe meinen Eltern gesagt, dass ich sie nicht heiraten will, meine Cousine ist zwar zu uns nachhause gekommen, um uns zu besuchen, aber ich hatte nicht einmal einen Augenkontakt mit ihr. Ich wusste auch, dass sie mich nicht liebt, ich habe sie auch nicht geliebt und hatte auch kein Interesse an ihr. Ich sagte meinen Eltern, dass weder sie mich liebt, und ich sie auch nicht liebe. Das wäre eine Zwangsheirat. Mein Vater ist sehr streng, ein aggressiver Mann, der kein Mitgefühl hat. Er sagte mir, dass er sein Wort gegeben hat, er hat etwas versprochen und kann sein Wort nicht brechen. Er sagte mir, dass ich gezwungen bin, sie zu heiraten. Ich sagte ihm aber, dass ich nicht bereit bin, jemanden zu heiraten, den ich nicht liebe. Ich war von Anfang an gegen Ehen, die unter Zwang durchgeführt wurden, an der Universität hatte ich mit anderen Studenten eine Gruppe gebildet, wir haben immer über solche Sachen gesprochen und diskutiert. Ich kann Ihnen auch ein Beispiel nennen, ein Studienkollegin namens XXXX war eine sehr aktive Studentin, ein sehr lebensfroher und glücklicher Mensch, sie musste dann ihren Cousin unter Zwang heiraten, nach ihrer Heirat hat sie sich verändert, sie ist in sich gekehrt, hatte keine Lebensfreude mehr und es führt dazu, dass sie nicht mehr studiert hat. Ich sagte meinen Eltern, egal was passiert, ich werde sie nicht heiraten, da ich sie nicht liebe. Mein Vater hat mit mir geschimpft, er hat mit mir gestritten und ich bin von zuhause weggegangen. Ich war dann nicht mehr zuhause, einige Tage später erzählte mir meine Mutter, dass meine Tante und ihr Mann zu uns nachhause gekommen sind um wegen der Hochzeit und wegen den Vorbereitungen zu sprechen. Meine Mutter erzählte meiner Tante und ihrem Mann, dass ich ihre Tochter nicht liebe und auch nicht bereit bin sie zu heiraten, der Mann meiner Tante heißt XXXX . Meine Tante und ihr Mann waren darüber sehr verärgert. Der Mann meiner Tante beschimpfte meinen Vater als ehrenlos, als einer der sein Versprechen und sein Wort nicht hält. Mein Vater wollte die Situation beruhigen und hat meinem Onkel, dem Mann meiner Tante gesagt, dass er mit mir noch einmal darüber sprechen wird. Am Abend, als ich nachhause kam, hat mein Vater mit mir darüber gesprochen, er sagte mir, dass ich dieses Mädchen heiraten soll, wenn ich es nicht tun sollte, dann würden viele Schwierigkeiten für uns entstehen. Die andere Familie gehöre zu den Taliban, es wird eine Feindschaft entstehen. Ich bin dabeigeblieben und sagte, dass ich das nicht will und ich möchte auch nicht unter Zwang verheiratet werden. Es war am Abend, gegen 18 Uhr, als ich von der Universität nachhause unterwegs war, ich war Richtung Hauptstraße unterwegs, um zum Autobus zu gelangen. In einer engen Gasse, plötzlich bin ich auf zwei Personen aufmerksam geworden, die ich nicht kannte, ich dachte mir, diese Personen seien vielleicht Diebe. Ich habe meinen Kopf zu Boden gesenkt und wollte an diesen beiden Personen vorbeigehen. Sie hatten lange Kleidung an und trugen Bärte. Ich stand auf der anderen Seite der Gasse und wollte an diesen Personen vorbeigehen, plötzlich stellte sich einer dieser Personen vor mich hin, ich war sehr verängstigt und habe gezittert. Ich habe diese Personen begrüßt und gefragt, ob sie etwas brauchen. Man fragte mich, ob ich XXXX bin. Ich bejahte. Geschätzt war der eine 30 und der Andere 25 Jahre alt. Sie sagten mir, dass der Kommandant XXXX sie aus Wardak geschickt hätte. Dieser Kommandant XXXX ist ein weiterer Onkel väterlicherseits von XXXX . Man sagte mir, dass sie erfahren haben, dass ich nicht mein Versprechen halten möchte und nicht bereit bin die Tochter aus der Familie zu heiraten. Man sagte mir, wenn ich nicht bereit bin sie zu heiraten, dann werden sie mich töten. Wenn ich mein Versprechen nicht halte. Man klopfte mir auf die Schulter, ich ging nachhause, war sehr verängstigt. Als ich zuhause war, habe ich meinen Eltern von diesem Vorfall erzählt. Mein Vater schimpfte mit mir, er sagte mir, dass er mir bereits gesagt hätte, dass ich darauf eingehen soll und mich nicht weigern soll. Eines habe ich noch vergessen, diese Person, die mich angehalten hat, zeigte mir auch seine Waffe, die er in seiner Jackentasche versteckte, nachdem ich die Waffe sah, war ich sehr verängstigt. Das erzählte ich auch meinen Eltern. In dieser Nacht war ich sehr verängstigt, ich habe mich gefürchtet und ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Am nächsten Tag habe ich mit meiner Mutter gesprochen und ihr erklärt, warum ich das Mädchen nicht heiraten kann. Meine Mutter war sehr besorgt und sagte mir, dass sie mir helfen wird, denn sie wurde auch gezwungen, jemanden zu heiraten, den sie nicht heiraten wollte. Sie sagte mir, dass sie selbst mir nicht helfen kann, aber sie könnte mit ihrem Bruder, nämlich mit meinem Onkel sprechen. Er könnte mir weiterhelfen. Um Zeit zu gewinnen, sagte ich meinem Vater, ich bin bereit die Cousine zu heiraten, ich brauchte Zeit, um meine Ausreise zu organisieren. Ich wollte die Situation beruhigen. Mein Onkel mütterlicherseits sagte meiner Mutter, es gibt nur einen einzigen Ausweg und der wäre, wenn ich Afghanistan verlasse. Es dauerte eine Woche, bis mein Onkel mütterlicherseits mit dem Schlepper meine Ausreise finanziert hat. Ich bin aus Afghanistan ausgereist, das war Ende XXXX . Das war der Grund, für meine Ausreise aus Afghanistan.
Richter: Sind Sie über den geschilderten Vorfall hinaus, jemals persönlich bedroht oder angegriffen worden?
Beschwerdeführer: Nein, nur ein einziges Mal wurde ich bedroht und zwar von diesen beiden Personen. Bei der ersten Einvernahme wurden zwei Sachen falsch protokolliert. Das ist mir später aufgefallen, es wurde nämlich protokolliert, dass meine Mutter mich bei der Ausreise unterstützt hat. Es war aber mein Onkel mütterlicherseits. Außerdem wurde statt einer Zwangsheirat keine Zwangsheirat protokolliert, es war aber eine Zwangsheirat. Das waren die zwei Fehler.
[...]
Richter: Wie stehen Sie jetzt zu Ihrem Vater?
Beschwerdeführer: Nach drei Jahren hat er mich das erste Mal vor sechs Monaten wieder angerufen. Er hat mit mir gesprochen und ich habe gemerkt, dass sein Ärger etwas zurückgegangen ist. Ich fragte meine Mutter, warum mich mein Vater plötzlich anruft und sich scheinbar beruhigt hat. Meine Mutter erzählte mir, dass nach meiner Flucht mein Vater gezwungen war die Weißbärtigen aus der Region zu versammeln und vor ihnen hat er kundgegeben, dass ich ohne seine Erlaubnis das Land verlassen habe und somit hat er mich enterbt. Der Rat der Weißbärtigen sind dann zu dem Entschluss gekommen, dass mein Vater keine Schuld trägt und es wurde beschlossen, wo auch immer und wann auch immer ich gesehen werde und erwischt werde, sie mich töten werden. Die Familie ist berechtigt, alles zu tun, was sie mit mir machen wollen.
Richter: Wie sind Sie nach Österreich gekommen?
Beschwerdeführer: Von Afghanistan bin ich in den Iran gegangen. Fünf Monate blieb ich bei meinem Onkel mütterlicherseits XXXX . Ich hatte gar keinen Plan. Im Iran war ich ständig zuhause. Ich konnte dort nicht arbeiten. Ich hatte auch die Angst, wenn die iranischen Polizisten mich fassen, dass sie mich nach Afghanistan abschieben werden. Meine Mutter hat dann mit meinem Onkel mütterlicherseits im Iran Kontakt aufgenommen und sie beschlossen, dass mich mein Onkel mütterlicherseits aus dem Iran wegschickt. Mit Hilfe meines Onkels mütterlicherseits habe ich illegal den Iran verlassen und bin illegal nach Österreich eingereist.
Richter: Wie haben Sie die Reise bezahlt?
Beschwerdeführer: Meine Mutter hat mit meinem Onkel gesprochen und er hat die gesamten Kosten übernommen.
Richter: Schildern Sie bitte nochmals die Gründe Ihrer Beschwerde!
Beschwerdeführer: Ich habe deshalb eine Beschwerde gemacht, weil die Behörde mir nicht geglaubt hat. Ich weiß, dass das Gericht unabhängig ist und ich wollte eine unabhängige Entscheidung.
Richter: Was würde passieren, wenn Sie jetzt nach Afghanistan zurückkehren müssten?
Beschwerdeführer: Bei einer Rückkehr nach Afghanistan ist mein Leben in Gefahr. Ich möchte nicht nach Afghanistan zurückkehren. Ich habe mir hier in Österreich ein Leben aufgebaut, ich habe hier geheiratet und habe eine Ehefrau. Ich lebe mit ihr gemeinsam und ich liebe sie. Meine Ehefrau ist auch bereit mit mir nach Afghanistan zurückzukehren, wenn man mich zwingen sollte dorthin zurückzugehen, aber ich will das nicht, denn das Leben meiner Frau wäre dann dort auch in Gefahr. Meine Frau sagt, bevor wir getrennt voneinander leben, nimmt sie diese Gefahr auf sich in Afghanistan zu leben und dort vielleicht auch getötet zu werden. Meine Frau Ehefrau hat sich über die Reise nach Afghanistan erkundigt, denn sie hörte, dass viele nach Afghanistan abgeschoben werden. Sie hat sich sogar über die Flugtickets erkundigt.
Vernommen wird die Zeugin Frau XXXX , die Ehegattin des Beschwerdeführers.
[...]
Richter: Seit wann sind Sie in Österreich?
Zeugin: Seit XXXX.
Richter: Seit wann sind Sie österreichische Staatsbürgerin?
Zeugin: Ich weiß es nicht genau. Ich denke seit 2008.
Richter: Wo und wie haben Sie den Beschwerdeführer kennengelernt?
Zeugin: Ich habe ihn 2015 im Oktober im Flüchtlingscamp, in der Nähe des XXXX kennengelernt. Ich habe dort freiwillig mitgeholfen, so lernte ich ihn kennen.
Richter: Seit wann sind Sie zusammen und seit wann sind Sie verheiratet?
Zeugin: Die Beziehung hat im Neujahr XXXX angefangen, Ende April sind wir zusammengezogen. Am XXXX haben wir geheiratet.
Richter: Was ist Ihre Beschäftigung in Österreich derzeit?
Zeugin: Ich arbeite bei der XXXX , ich bin dort Kursleiterin und Lernhilft. Es gibt verschiedene Standorte in XXXX . Es gibt ein neues Projekt, das heißt XXXX in bin im Rahmen dieses Projekts beschäftigt. Ich studiere Lehramt, die Fächer Deutsch und Psychologie und Philosophie an der Uni XXXX .
Richter: Was können Sie mir über die Integration des Beschwerdeführers in Österreich sagen?
Zeugin: Ich kenne ihn seit drei Jahren. Zur Integration kann ich sagen, dass er sehr bemüht ist. Es gibt Leute, die weniger machen, er hat ehrenamtlich gearbeitet, sich mit meinen Freunden angefreundet, er änderte sein Umfeld, indem er gearbeitet hat. Ich persönlich bin vom Beschwerdeführer sehr überzeugt.
Richter: Wie weit hat es eine Rolle gespielt, dass wie es scheint, keinerlei Abmachung der Ehe im Wege der Familien hier in Österreich möglich war?
Zeugin: Ich weiß, dass es kulturell ist, dass die Familie eine große Rolle spielen. Meine Eltern haben mich nicht kulturell oder religiös aufgezogen. Demnach ist unsere Heirat anders als üblich abgelaufen. Uns war es wichtig, dass wir einmal zusammenleben und schauen, ob wir miteinander zu Recht kommen, ob er dieselben Ansichten hat, ob wir uns gegenseitig unterstützen. Erst wenn das geklappt hat und wir entschieden haben zu heiraten, hat der Beschwerdeführer mit meiner Familie gesprochen. Das hat aber nicht den Zweck, ihr Einverständnis zu erlangen, sondern eher den Charakter sie zu informieren.
Rechtsvertreter: Ich habe keine Fragen mehr.
Festgehalten wird, dass die Zeugin einen westlichen Eindruck macht, akzentfrei Deutsch spricht.
Vernommen wird Frau XXXX als Zeugin.
[...]
Richter: Was machen Sie persönlich beruflich?
Zeugin: Ich bin Studentin des Lehramts für Volksschulen auf der pädagogischen Hochschule.
Richter: Wie stehen Sie zum Beschwerdeführer?
Zeugin: Ich bin die beste Freundin von seiner Ehefrau.
Richter: Wie häufig sehen Sie den Beschwerdeführer?
Zeugin: Nicht so oft, weil ich arbeite und studiere. Wenn wir Zeit haben, dann treffen wir uns. Meistens alleine mit seiner Frau. Wenn ich ihn sehe, dann plaudern wir kurz.
Richter: Erfahren Sie bei den Gesprächen auch Dinge über den Beschwerdeführer?
Zeugin: Nur wie sein Tag war, nichts Privates. Ich meine, wie es ihm geht, wie die Beziehung mit seiner Frau läuft.
Richter: Was können Sie über das Leben des Beschwerdeführers sagen, in Bezug auf seinen Umgang in Österreich.
Zeugin: Er ist sehr bemüht, hat viele Deutschkurse absolviert. Wenn seine Frau versucht zu übersetzten, will er es alleine machen. Er war freiwillig in einem Altersheim.
Rechtsvertreter: Wie erleben Sie die Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und Ihnen?
Zeugin: Der Beschwerdeführer behandelt sie sehr gut, versucht nicht, sie zu verändern. Sie nehmen sich so, wie sie sind. Er zeigt mir und seiner Frau gegenüber viel Respekt.
Der Beschwerdeführer bringt nichts mehr vor.
Richter: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden?
Beschwerdeführer: Ja."
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers legte im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen Artikel vom XXXX von " XXXX " über die Tötung von XXXX vor, dem XXXX in der Funktion als Distriktchef der Taliban nachgefolgt sei. Dieser Artikel wurde zum Akt genommen.
16. Die belangte Behörde nahm mit Schreiben vom XXXX zur Urkundenvorlage des Beschwerdeführers vom XXXX sowie zu den aktuellen Länderberichten Stellung.
17. Am XXXX übermittelte der Beschwerdeführer, vertreten durch Mag. Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt, das Zeugnis zur Integrationsprüfung in Kopie.
18. Mit Schreiben vom XXXX teilte der XXXX mit, der Beschwerdeführer habe das Gewerbe Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt, im Standort XXXX angemeldet.
19. Am XXXX übermittelte der Beschwerdeführer, vertreten durch Mag. Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt, einen Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria vom XXXX sowie eine Bestätigung der XXXX wonach der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung als selbständiger Botenfahrer mit seinem eigenen PKW Speisenzustellungen für diese Firma durchführe.
20. Am 3.10.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde einen Auszug des aktuellen Länderinformationsblatts der Staatendokumentation Afghanistan zur Stellungnahme.
21. Der Beschwerdeführer äußerte sich dazu mit Schreiben vom 4.10.2019, die belangte Behörde mit Schreiben vom 15.10.2019.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und den Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den Beschwerdeführer, insbesondere durch Einsicht in die vorgelegten Dokumente und Integrationsunterlagen, sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die ins Verfahren eingeführten Länderberichte.
1. Feststellungen
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen, ist volljährig und afghanischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest. Er gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Dari, er spricht aber auch Farsi und Deutsch auf Niveau B1. Der Beschwerdeführer kann diese Sprachen sowohl lesen als auch schreiben. Er ist seit XXXX mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und kinderlos.
Der Beschwerdeführer wurde in der afghanischen Provinz Kabul geboren. Seine ersten sechs Lebensjahre verbrachte der Beschwerdeführer mit seiner Familie in der afghanischen Provinz Wardak bei seiner Tante väterlicherseits, ehe die Familie nach Kabul zurückkehrte. Dort wuchs der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen Eltern, seinen drei Brüdern und zwei Schwestern im afghanischen Familienverband im Elternhaus im XXXX in der Stadt Kabul auf. Er lebte dort bis zu seiner Ausreise in den Iran im XXXX .
Der Beschwerdeführer besuchte in Kabul zwölf Jahre die Schule und studierte anschließend Computerwissenschaften bzw Informatik an der Universität. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise befand er sich im zweiten Studienjahr. Der Beschwerdeführer arbeitete nebenbei nicht und hat keine Berufserfahrung in Afghanistan.
Die Eltern des Beschwerdeführers, seine drei Brüder und seine zwei Schwestern leben nach wie vor im Herkunftsstaat in Kabul. Weiter lebt ein Onkel mütterlicherseits ebenfalls in Kabul und eine Tante väterlicherseits im Herkunftsstaat in Wardak. Ein weiterer Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers lebt im Iran. Der Beschwerdeführer hat telefonischen Kontakt mit seiner Mutter.
1.2 Zu seinen Fluchtgründen und der Rückkehr nach Afghanistan
Der Beschwerdeführer stellte am XXXX gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen in weiterer Folge mit Verfolgung durch die Familie seiner Cousine XXXX , mit der er verlobt gewesen sei, sowie durch die Taliban wegen seiner Weigerung, die Cousine zu heiraten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung persönlich bedroht oder verfolgt wurde oder eine Verfolgung im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten hätte.
Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Alter von sechs Jahren mit seiner damals dreijährigen Cousine verlobt wurde. Dass der Beschwerdeführer im Alter von 19 Jahren aufgefordert wurde, dieses Versprechen einzulösen und die Cousine zu heiraten, ist daher nicht anzunehmen. Dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Weigerung, die Cousine zu heiraten, Bedrohungen durch die Familie der Cousine bzw. durch die Taliban ausgesetzt war, und ihm aus diesem Grund asylrelevante Verfolgung droht, ist daher nicht zu erwarten. Es ist nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan Übergriffen bis hin zum Tod durch die Familie der Cousine, durch die Taliban oder durch sonstige Akteure ausgesetzt wäre.
Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.
Die Heimatprovinz des Beschwerdeführers (Kabul) ist von innerstaatlichen Konflikten und insbesondere stark von öffentlichkeitswirksamen Angriffen der Taliban, des Haqqani-Netzwerkes und des IS betroffen. Kabul verzeichnet die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans. Die afghanische Regierung führt regelmäßig Sicherheitsoperationen in der Hauptstadt durch.
Im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Kabul droht ihm die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.
Die Provinz Balkh gehört zu den friedlichsten Provinzen Afghanistans und ist vom Konflikt relativ wenig betroffen. Sie verzeichnet im Vergleich zu anderen Provinzen geringe Aktivitäten von Aufständischen. Die Stadt Mazar-e Sharif in Balkh steht unter Regierungskontrolle und verfügt über einen internationalen Flughafen, über den die Stadt sicher erreicht werden kann.
Die Provinz Balkh ist von einer Dürre betroffen.
Ernährungssicherheit, Zugang zu Wohnmöglichkeiten, Wasser und medizinische Versorgung sind in Mazar-e Sharif grundsätzlich gegeben. Die Arbeitslosigkeit im Herkunftsstaat ist hoch und Armut verbreitet.
Dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Niederlassung in der Stadt Mazar-e-Sharif die Gefahr droht, aufgrund der angespannten Sicherheitslage verletzt, misshandelt oder getötet zu werden, kann nicht festgestellt werden. Auch kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückführung in die genannte Stadt keine Lebensgrundlage vorfinden würde bzw. nicht in der Lage wäre, die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz zu decken.
Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationalen Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.
1.3 Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich
Der Beschwerdeführer hält sich seit XXXX durchgehend in Österreich auf und lebt derzeit gemeinsam mit seiner Ehefrau XXXX in einer privaten Wohnung in XXXX .
Er besuchte seit seiner Einreise zahlreiche Deutsch- und Basisbildungskurse, darunter das XXXX im Jahr 2016. Am XXXX absolvierte der Beschwerdeführer die ÖSD-Prüfung auf dem Niveau B1. Von XXXX bis XXXX besuchte der Beschwerdeführer einen Deutschkurs der XXXX sowie von XXXX bis XXXX einen Deutschkurs der XXXX jeweils auf dem Niveau B2. Derzeit bereitet er sich auf die B2-Prüfung vor. Eine Deutschlehrerin des Beschwerdeführers hebt in einem Unterstützungsschreiben hervor, dass der Beschwerdeführer sehr fleißig und interessiert mitarbeite.
Im Jahr 2017 besuchte der Beschwerdeführer einen Integrationskurs des XXXX und schloss diesen am XXXX erfolgreich mit voller Punktezahl ab. Am XXXX legte der Beschwerdeführer erfolgreich die Integrationsprüfung des ÖIF bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz (Niveau A2) und zu Werte- und Orientierungswissen ab. Weiter absolvierte er am XXXX erfolgreich die Führerscheinprüfung und ist seither im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung für die Fahrzeugklassen AM und B.
Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und war von XXXX bis XXXX als Botendienst-Fahrer bei der XXXX Vollzeit beschäftigt. Am XXXX schloss der Beschwerdeführer mit der Firma XXXX einen mit der Gewährung einer Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung aufschiebend bedingten Dienstvertrag, der bis Mai 2019 bindend war. Seit XXXX verfügt der Beschwerdeführer über die Gewerbeberechtigung "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" am Standort XXXX . Im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung führt der Beschwerdeführer seit Mai 2019 als selbständiger Botenfahrer mit seinem eigenen PKW Speisenzustellungen für die Firma XXXX durch.
Nebenbei arbeitet der Beschwerdeführer seit Dezember 2016 zweimal in der Woche ehrenamtlich für die XXXX . Zu seinen Tätigkeiten zählen die Unterhaltung der Bewohner, das Begleiten der Bewohner bei Ausflügen oder die Übernahme von Einkäufen. Weiter unterstützt er XXXX öfters auf seiner Ranch und geht ihm dort zur Hand.
Im XXXX lernte der Beschwerdeführer seine nunmehrige Ehefrau XXXX in einem Flüchtlingslager in der Nähe des XXXX in XXXX kennen, wo diese ehrenamtlich tätig war. Seit XXXX führen die beiden eine Beziehung und leben seit Ende April 2016 gemeinsam in einer Wohnung im XXXX in XXXX . Am XXXX schloss der Beschwerdeführer in Österreich am Standesamt XXXX die Ehe mit XXXX und führt mit dieser seither ein Familienleben in Österreich.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers wurde am XXXX in Kabul in Afghanistan geboren und hält sich seit XXXX in Österreich auf, wo ihr der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde. Seit XXXX besitzt sie die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie ist ordentliche Studierende des Bachelorstudiums Lehramt Sek (AB) Unterrichtsfach Deutsch und Unterrichtsfach Psychologie und Philosophie an der Universität XXXX und arbeitet nebenbei als Lernbetreuerin bei der XXXX . Die Ehefrau des Beschwerdeführers spricht akzentfrei Deutsch und macht einen westlichen Eindruck.
Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesstaat über zahlreiche soziale Kontakte, hat viele österreichische Freunde und ist bereits sehr gut in die österreichische Gesellschaft integriert. In den Freundeskreis seiner Ehefrau wurde er mit offenen Armen aufgenommen. In zahlreichen Unterstützungsschreiben wird er als ehrlich, höflich, respektvoll, fleißig, freundlich und kontaktfreudig beschrieben. Ein gemeinsamer Freund des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau hebt hervor, der Beschwerdeführer zeige großes Interesse an der Weihnachtskultur und sei anderen Religionen gegenüber offen. Seine Schwiegereltern betonen insbesondere, dass er seine Ehefrau in jeder Situation und Lebenslage unterstützt und sie respekt- und liebevoll behandle. In seiner Freizeit geht der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehefrau ins Kino, Joggen, Eislaufen oder Bowling spielen. Weiter besucht er gerne das Fitnesscenter.
Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitskonstellation des Beschwerdeführers, dessen Lebens- und Ausbildungsverlaufs seit seiner Einreise und seinen Zukunftsperspektiven ist von einer positiven Prognose auszugehen.
In Österreich lebt eine Tante des Beschwerdeführers, zu der der Beschwerdeführer keinen Kontakt hat. Es besteht keine Beziehung des Beschwerdeführers zu dieser Tante.
Abgesehen von seiner Ehefrau, deren Familie (Schwiegereltern und Schwager) und seiner Tante leben in Österreich keine weiteren Verwandten oder sonstige enge Bezugspersonen des Beschwerdeführers. Es gibt keine in Österreich geborenen Kinder des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Er ist gesund und arbeitsfähig.
1.4 Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers
Es werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:
1.4.1 Staatendokumentation (Stand 29.6.2018, außer wenn anders angegeben)
1.4.1.1 Neueste Ereignisse
1.4.1.1.1 Kurzinformation vom 4.6.2019
Politische Ereignisse: Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl
Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).
Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).
Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).
Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der 34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).
Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).
Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).
Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).
Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).
Anschläge in Kabul-Stadt
Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).
Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).
Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).
Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).
Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).
Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019)
US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabeium Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).
Rückkehr
Die International Organization for Migration (IOM) gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM (BAMF 20.5.2019).
1.4.1.1.2 Kurzinformation vom 26.3.2019
Anschläge in Kabul-Stadt
Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat - Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).
Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).
Überflutungen und Dürre
Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach H