TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/22 I421 2216969-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

I421 2216969-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. KAMERUN, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 06.10.2019, Zl. 1216970305-190888245, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.01.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch ein Organ es öffentlichen Sicherheitsdienstes am darauffolgenden Tag gab er, zu seinen Fluchtgründen befragt, Folgendes an:

"Ich werde von der Regierung in Kamerun verfolgt, da ich einer englischsprachigen Minderheit angehöre. Wir sind benachteiligt, wir bekommen ohne Bestechung keine Arbeit. Ich war mehrmals bei Demonstrationen mit Rechtsanwälten dabei, wir haben immer wieder seit 2016 protestiert. Einige Anwälte wurden verhaftet. Viele Studenten wurden bei Demonstrationen umgebracht oder geschlagen. Seit November 2016 begann die Regierung die Demonstranten zu verhaften. Im Jahr 2017 gab es eine große Demonstration gegen den Präsidenten. Ich war auch dabei. Kurz danach kam die Polizei zu meinen Eltern und fragte nach mir. Ich war nicht zu Hause. Die Polizei suchte mich öfter zu Hause. Dann nahmen sie meinen Vater fest, er war 3 Tage in Haft und wurde wegen seines schlechten medizinischen Zustands entlassen. Ich habe bemerkt, dass Polizisten in Zivil nach mir suchten, also begann ich mich zu verstecken. Die Polizei fragte mit einem Foto laufend nach mir. Ich bin zu meinen Großeltern geflüchtet. Anschließend floh ich nach Nigeria."

2. Am 29.01.2019 sowie am 28.02.2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (fortan: BFA, belangte Behörde) einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, in Kamerun von 2016 bis 2018 an vier Demonstrationen der anglophonen Bevölkerung teilgenommen zu haben. Im Rahmen einer Demonstration im März 2017 sei die Polizei gekommen und habe Demonstrationsteilnehmer geschlagen sowie inhaftiert, der Beschwerdeführer habe jedoch entkommen können. Später sei die Polizei zum Haus des Beschwerdeführers gekommen, hätte dessen Vater ein Foto des Beschwerdeführers gezeigt und den Vater, welcher aus dem frankophonen Teil Kameruns stamme, aufgefordert, mit dem Beschwerdeführer zu sprechen sodass dieser künftig an keinen Demonstrationen mehr teilnehmen werde. Im September 2017 habe der Beschwerdeführer jedoch abermals an einer Demonstration teilgenommen. Die Polizei sei am 24.09.2017 erneut zu seinem Haus gekommen und habe den Vater des Beschwerdeführers verhaftet, am darauffolgenden Tag jedoch wieder entlassen. Von diesem Zeitpunkt an habe sich der Beschwerdeführer stets versteckt gehalten und nicht mehr in der Nähe des Hauses seines Vaters aufgehalten. Im November 2017 habe der Präsident der anglophonen Bevölkerung den Krieg erklärt und die Polizei sowie das Militär aufgefordert, jeden jungen anglophonen Mann auf der Straße zu schlagen und zu töten. Der Beschwerdeführer habe sich noch bis Juli 2018 im Haus seiner Großeltern aufgehalten, ehe er Kamerun verlassen habe.

3. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 05.03.2019, Zl. 1216970305-190041183, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Kamerun gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

4. Mit Schriftsatz vom 26.03.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete diese mit der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften wegen wesentlicher Ermittlungsmängel.

5. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.06.2019, zu I417 2216969-1/6E wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

6. Am 30.08.2019, aus dem Status der Schubhaft, stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz, erklärte seine alten Asylgründe aufrechtzuerhalten, aber über neue Beweismittel zu verfügen. Am 6.9.2019 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und wurde zu dem von ihm vorgelegten Ausdruck eines gegen den Beschwerdeführer gerichteten Haftbefehls befragt. Es wurde ihm aufgetragen das Original vorzulegen.

7. Am 27.09.2019 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde neuerlich einvernommen, insbesondere zum nunmehr per Post eingelangten Haftbefehl, der das Original zur vorgelegten Kopie darstellen sollte.

8. Mit Bescheid vom 06.10.2019 wurde der Folgeantrag vom 30.08.2019 (richtig) sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 68 AVG zurückgewiesen und keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG erteilt.

9. Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 15.10.2019 mit der beantragt wird, der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen; der Beschwerde stattzugeben, den Bescheid zu beheben und die Sache zur neuerlichen Prüfung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

10. Mit Schriftsatz vom 16.10.2019 hat das BFA den Akt samt Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und langte dieser am 22.10.2019 in der zuständigen Abteilung I421 bei Bundesverwaltungsgericht in der Außenstelle Innsbruck ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der zu Punkt I wiedergegebene Verfahrensgang wird in allen seinen Punkten zu Feststellungen erhoben, zumal sich dieser widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akt ergibt.

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und erwerbsfähig, ledig und kinderlos, Staatsbürger von Kamerun, Angehöriger der anglophonen Bevölkerung und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er hält sich seit (mindestens) 13.01.2019 in Österreich auf. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist in XXXX geboren und aufgewachsen. Er hat in Kamerun ein technisches College spezialisiert auf Elektrizität abgeschlossen und seinen Unterhalt als Gelegenheitsarbeiter auf dem Bau oder durch das Beladen von LKWs bestritten. Seine Familie, insbesondere seine Mutter, sein Stiefvater sowie seine drei Brüder, lebt nach wie vor in Kamerun und ist Teil der anglophonen Bevölkerung. Der Beschwerdeführer steht in regelmäßigem Kontakt zu seiner Familie.

Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte und es kann nicht festgestellt werden, dass er sich in einer Beziehung oder Lebensgemeinschaft befindet. Er ging zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach und bestreitet seinen Lebensunterhalt über die staatliche Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Seit März 2019 besucht er einen Deutsch-Kurs.

Er ist strafrechtlich rechtskräftig verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 22.05.2019 zu XXXX wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB begangen zu haben, da er am 12.01.2019 bei einer Passkontrolle am Flughafen Wien Schwechat einen durch einkleben seines Lichtbildes verfälschten, fremden nigerianischen Reisepass gebrauchte.

Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Kamerun aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Kamerun mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt sein.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Kamerun aufgrund eines polizeilichen Haftbefehls gesucht oder verfolgt wird.

Zu den Feststellungen zur Lage in Kamerun:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 05.03.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Kamerun vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und in seinen schriftlichen Stellungnahmen, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Kamerun. Insbesondere durch Einsichtnahme in den Akt I417 22216969-1 und das dort ergangene rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.06.2019.

Da keine maßgebliche Änderung des Sachverhalts erfolgte, konnten die in diesem Erkenntnis getroffenen Feststellungen in gegenständlichem Verfahren übernommen werden.

Neu ist die die Feststellung zur rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden. Diese Feststellung ergibt sich aus dem vorliegenden Urteil des LG XXXX.

Die Negativfeststellung, dass nicht festgestellt werden kann, der Beschwerdeführer werde in Kamerun aufgrund eines polizeilichen Haftbefehls gesucht oder verfolgt, stützt sich darauf, dass die vermeintlichen Kopien dieses behaupteten Haftbefehls derart gravierend voneinander abweichen, dass an ein echtes Original nicht zu glauben ist, weisen die "Kopien" ein anderes Schriftbild, Behördenstempel und Aktenzeichen auf (AS 123 fff). Diese Urkunden werden zur Verdeutlichung in verkleinertem Format in die Entscheidung nachfolgend eingefügt und ist ersichtlich, dass die Abweichungen ins Auge fallen. Die genannten Urkunden befinden sich im Akt auf Seite 123 ff.

Bild kann nicht dargestellt werden

Bild kann nicht dargestellt werden

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1 Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d. h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, der den ersten Antrag auf internationalen Schutz abweisende Bescheid der belangten Behörde vom 05.03.2019, Zl. 1216970305-190041183, ist am 03.07.2019 in zweiter Instanz, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.06.2019, Zl. I417 2216969-1/6E, in formelle Rechtskraft erwachsen.

Das BFA hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Weder im letzten Verfahren noch im gegenständlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer relevante Fluchtgründe vorgebracht. Die beiden Kopien des "Haftbefehls", die der Beschwerdeführer in Vorlage gebracht hat, vermögen keinen tatsächlichen Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer glaubhaft zu machen, sollten sie doch vom identen Original stammen, weisen aber augenfällige Divergenzen auf, wie unter Beweiswürdigung oben dargetan, dass an ein echtes Original nicht zu glauben ist. Was gerade in Hinblick auf die einschlägige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Urkundenfälschung naheliegt, jedenfalls nicht von der Hand zu weisen ist.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Spruchpunkt I. war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.2.2 Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Zu überprüfen ist auch, ob sich der Sachverhalt bzw. die Rechtslage in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verändert haben. Letzteres ist nicht gegeben, eine entscheidungswesentliche Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 8 AsylG 2005 ist nicht eingetreten.

Auch eine Änderung der Lage in Kamerun ist nicht erfolgt. Es gibt keine Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse).

Eine Änderung der Lage in Kamerun wurde auch vom Beschwerdeführer nicht substantiiert behauptet. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. zuletzt VwGH, 23.03.2017, Ra 2016/20/0188); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen.

Zu prüfen sind aber auch etwaige Änderungen in der Person des Beschwerdeführers, welche eine neue Refoulement-Prüfung notwendig machen könnten. Derartige Umstände sind nicht hervorgekommen. Den entsprechenden Feststellungen der belangten Behörde wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten.

3.2.3 Zur Nicht-Erteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Im Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und dieser Antrag abgewiesen werde.

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatangehörigen ist gem. § 57 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 46a Abs. 1 Z 1 od. Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt. Eine Erteilung ist weiters vorgesehen zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen in Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere an Zeugen oder Opfern von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel. Die Aufenthaltsberechtigung wird auch an Opfer von Gewalt erteilt, sofern eine einstweilige Verfügung nach § 382b oder 382e EO erlassen wurde oder hätte werden können und die Erteilung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise. Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Haftbefehl, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen
Sache, Urkundenfälschung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I421.2216969.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten