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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §63 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Mag. Steven Roberts, Rechtsanwalt in Wien I, Laurenzerberg 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 22. Jänner 1998, Zl. UVS-03/P/48/04289/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund und dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von je S 282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit mündlich verkündetem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Innere Stadt vom 12. September 1997, wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 11. September 1997 um 21.20 Uhr in Wien, R.-Straße 4,
1. durch das Verwenden von Wörtern wie "Grüne Schweine", "Geh scheißen", etc. den öffentlichen Anstand verletzt,
2. durch lautes Schreien von "ich will die Dienst-Nummer von Euch beiden grünen Sautrotteln" ungebührlicherweise störenden Lärm erregt und
3. durch das Zubodenschmeißen eines Glases, somit durch besonders rücksichtsloses Verhalten, die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört. Sie habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach
1.
§ 1 Abs. 1 Z. 1 WLSG,
2.
§ 1 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. und
3.
begangen. Über die Beschwerdeführerin wurden drei Geldstrafen in Höhe von je S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je 25 Stunden) verhängt.
Die Beschwerdeführerin richtete in der Folge an die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ein innerhalb der Berufungsfrist zur Post gegebenes Schreiben mit folgendem Inhalt:
"Betrifft: Vorfall von Do. 11.9.1997 Pizzeria B.
Einwand gegen den Bescheid betreffend des Vorfalls in allen 3 Punkten, derer ich beschuldigt werde, stimme ich mit Ihnen nicht überein. Für mich ist der Tatbestand eine Erfindung. Welchen Grund es auch immer dafür gibt. Ich nehme an, daß mehrere Leute bedroht werden, wenn ich diesen Einwand schreibe und ich möchte mich daher nicht länger fassen. Ich habe jedoch vor Ihnen die Geschichte detailgetreu zu übermitteln, sobald es aus sicherheitstechnischen Gründen möglich ist und bitte Sie darum, um eine Verlängerung der Einwandfrist".
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. Jänner 1998 wies die belangte Behörde "die eventualiter erhobene Berufung" als unzulässig zurück. Begründet wird diese Entscheidung damit, es liege eine bedingte Berufung vor, welche unzulässig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Zurückweisung ihrer Berufung als unzulässig mit der Begründung, es fehlten Berufungsgründe, sei nicht nachvollziehbar. Sie habe ihres Wissens ebenfalls unter dem Datum des 20. September 1997 einen Schriftsatz eingebracht, in welchem sie die Gründe für eine Berufung detailliert dargelegt habe. Von einer unzulässigen bedingten Berufung könne demzufolge nicht ausgegangen werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Zur Frage des Erfordernisses eines "begründeten Berufungsantrages" ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Erwägung ausgegangen, daß ein begründeter Antrag dann vorliegt, wenn die Eingabe erkennen läßt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt, selbst wenn die Begründung nicht als stichhältig anzusehen ist (vgl. die bei Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1183, angeführte Rechtsprechung).
Die im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 20. September 1997 abgegebene Erklärung, "in allen drei Punkten deren ich beschuldigt werde, stimme ich mit Ihnen nicht überein. Für mich ist der Tatbestand eine Erfindung" bedeutet lediglich, daß der Ausspruch über die Schuld bekämpft wird. Diese Erklärung enthält keinerlei Bezugnahme darauf, womit die Beschwerdeführerin ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt. Erklärungen dieser Art hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als nicht dem Gebot eines begründeten Berufungsantrages entsprechend eingestuft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1984, 83/03/0123, welchem eine Berufung zugrunde gelegen war, in welcher lediglich die Erklärung abgegeben worden war, "daß das Vorliegen der angezogenen Tatbestände bestritten wird" sowie das Erkenntnis vom 19. Februar 1988, 88/18/0016, 0017, dem ein Fall zugrunde lag, in welchem der damalige Beschwerdeführer in der Berufung gegen ein Straferkenntnis ausgeführt hatte, er "fechte das Straferkenntnis in seinem gesamten Inhalt und Umfang an und bestreite die ihm zur Last gelegten Delikte"; weiters die Erkenntnisse vom 29. Jänner 1992, 91/02/0120, 0125, vom 30. November 1994, 93/03/0014, u.a.).
Der Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 20. September 1997 stellt daher zwar keine bedingte Berufung dar, es fehlt ihm aber an einem begründeten Berufungsantrag. Die Vermutung der Beschwerdeführerin, sie habe am 20. September 1997 einen Schriftsatz eingebracht, in dem sie die Gründe für eine Berufung detailliert dargelegt habe, ist aktenwidrig.
Da die Berufung der Beschwerdeführerin eines begründeten Berufungsantrages entbehrte, wurde die Berufung im Ergebnis zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998100130.X00Im RIS seit
20.11.2000