TE Bvwg Beschluss 2019/11/4 W265 2191936-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.11.2019
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Entscheidungsdatum

04.11.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W265 2191936-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten (Mandats-) Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.10.2019, Zahl XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Erster Antrag auf internationalen Schutz:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste spätestens am 09.08.2015 erstmals in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Ebenfalls am 09.08.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Dabei gab der BF an, er sei in Kabul, Afghanistan, geboren. Er sei verheiratet und habe eine dreijährige Tochter. Seine Muttersprache sei Dari, er gehöre der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Er habe ungefähr zwölf Jahre lang die Grundschule in Pakistan besucht. Als Familienangehörige im Herkunftsstaat gab der BF seine in Kabul aufhältige Ehefrau und Tochter an. Seine Eltern und sein Bruder seien in Pakistan aufhältig. Er habe auch einen Onkel in Afghanistan, welcher in Kabul wohne. In Pakistan habe er als Obstverkäufer gearbeitet, in Afghanistan sei er als Polizist beschäftigt gewesen. Befragt zu seinem Fluchtgrund gab der BF zusammengefasst an, die Lage in Afghanistan sei nicht gut, es herrsche Krieg. Der BF verwies auf die kämpfenden Gruppierungen IS und Taliban, welche auch Zivilisten bekämpfen würden. Er sei Polizist und werde sicher umgebracht.

Am 10.01.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde oder BFA). Er spreche Dari, Paschto, Urdu, ein bisschen Englisch und Deutsch.

Er sei in der Provinz Kabul geboren; er habe 12 Jahre lang eine afghanische Schule in Pakistan besucht. 19 Jahre habe er in Pakistan gelebt; im Jahr 2013 sei er zurück nach Afghanistan gegangen. Er habe dann zwei Jahre als Soldat im Verteidigungsministerium gearbeitet. Das Verteidigungsministerium habe ihn dann in die Provinz Badakhshan in den Krieg geschickt, wo der BF ungefähr einen Monat lang gewesen sei, bevor er von dort geflüchtet sei.

Seine Ehefrau lebe in Kabul. Der BF und seine Ehefrau seien traditionell verheiratet; sie hätten in Pakistan geheiratet. Die Ehe sei nicht "standesamtlich" registriert worden. Der BF habe mit seiner Ehefrau zwei Jahre in Kabul zusammengelebt, sie sei Afghanin. Seine Tochter sei nun sechs Jahre alt. Zuletzt habe er vorgestern Kontakt zu seiner Familie gehabt; es gehe ihnen gut. Seine Eltern würden sie unterstützen. Als der BF nach Österreich gekommen sei, hätten seine Eltern noch in Pakistan gelebt. Sie würden nun gemeinsam seiner Frau und seiner Tochter in einem Haus leben. Seine Eltern seien Pensionisten.

Der BF habe neun Jahre in Kabul gelebt, dann habe er 19 Jahre in Pakistan, in der Stadt Karatschi gelebt. Danach habe er wieder für zweieinhalb Jahre in Kabul gelebt, danach habe er Afghanistan verlassen.

In Kabul habe der BF noch einen Onkel väterlicherseits, einen Onkel mütterlicherseits und zwei Tanten mütterlicherseits. Ein Bruder des BF lebe im Moment in Pakistan. Ein älterer Bruder habe im Jahr 2001 Pakistan verlassen. Der BF habe nicht gewusst, dass dieser in Österreich lebe; vor drei Monaten habe er erfahren, dass der Bruder in Österreich lebe und hier Asyl erhalten habe.

Sein in Pakistan aufhältiger Bruder habe einen Essenstand. In Afghanistan besitze die Familie noch ein ungefähr 200m² großes Haus mit drei Zimmern.

Ungefähr einen Monat vor seiner Ausreise habe er den Entschluss gefasst, Afghanistan zu verlassen. Afghanistan verlassen habe er am

15. Fasttag im Jahr 1392. Er habe für die Reise 7.500 $ bezahlt. Finanziert habe er die Reise, indem er den Goldschmuck seiner Frau verkauft habe.

Er sei nicht vorbestraft, er sei in seinem Heimatland nicht inhaftiert gewesen und habe keine Probleme mit den Behörden in der Heimat gehabt. Es bestünden gegen ihn aktuell keine staatlichen Fahndungsmaßnahmen, wie ein Haftbefehl oder eine Strafanzeige.

Er habe im Heimatland an bewaffneten bzw. gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen, er sei Soldat gewesen.

Befragt nach seinen Flucht- bzw. Asylgründen, führte der BF in freier Erzählung zusammengefasst aus: Die afghanische Regierung habe ihn in die Provinz Badakshan geschickt. Er habe gegen die Taliban kämpfen müssen. Er sei ungefähr einen Monat dort gewesen und habe gesehen, dass viele Soldaten getötet worden seien. Die Taliban hätten dort 30 Soldaten geköpft. Dann habe er Angst bekommen und sei zurück nach Kabul geflüchtet. Nachdem er nach Kabul zurück gekommen sei, sei er zur Arbeit gegangen - für einen Monat. Danach habe er frei gehabt und sei nach Hause zurückgekehrt und habe mit seiner Frau über die Probleme gesprochen. Nach dem Gespräch mit seiner Frau habe er beschlossen, Afghanistan zu verlassen. Er habe den Goldschmuck seiner Frau verkauft und so seine Reise finanziert. Andere Gründe, warum er Afghanistan verlassen habe, gebe es nicht.

Er sei geflüchtet und habe dann normal als Soldat weiterarbeiten können. Er sei befragt worden und habe gesagt, dass viele Soldaten getötet worden seien, weswegen er geflüchtet sei. Konsequenzen habe es keine gegeben.

Er sei alleine von dort zurück nach Kabul gegangen; er habe einen Vertrag mit der Regierung gehabt. Er habe nach dem einen Monat in Kabul nicht gekündigt; er habe einen Fünfjahresvertrag ab dem Jahr 2013 gehabt. Wenn er zwischenzeitig aus dem Vertrag ausgestiegen wäre, hätte er Probleme bekommen. Jetzt sei der Vertrag mit der Regierung schon noch gültig. In Afghanistan herrsche Krieg. Sie würden sie immer eine andere Provinz in den Krieg schicken. Er habe Glück gehabt, dass er damals von dort flüchten habe können; aus anderen Provinzen könne man nicht flüchten.

Sie hätten nur eine Nacht gekämpft. Es sei am 11.04.2015 im Distrikt Jurm gewesen.

Persönlich sei der BF nicht bedroht worden. Seine Familienangehörigen seien nicht bedroht worden. Seine Frau sei Hausfrau und immer zu Hause. Niemand habe sie nach seiner Flucht nach dem BF gefragt.

Der BF würde bei einer Rückkehr ins Gefängnis kommen.

Befragt nach seinen sozialen Kontakten und Aktivitäten in Österreich, gab der BF an, dass er einen Deutschkurs besuche und Sport treibe. Er arbeite im Sommer bei der Gemeinde XXXX . Er besuche derzeit einen A2-Kurs. Ehrenamtlich arbeite er bei der Gemeinde und beim XXXX .

Der BF brachte eine Bestätigung des Siedlervereins XXXX hinsichtlich unentgeltlicher Unterstützung beim Bau von Garagen, eine Bestätigung des Gemeindeamtes XXXX über eine gemeinnützige Beschäftigung im Ausmaß von 44 Stunden, zwei Betätigungen über die Teilnahme an der Bildungsveranstaltung Alpha Teil 2 (75 Unterrichtseinheiten), eine Bestätigung über die Teilnahme am Deutsch-Grundkurs vom 12.02.2016 (72 Unterrichtseinheiten) und zwei Vereinbarungen über eine gemeinnützige Beschäftigung für Asylwerbende vom 06.07.2016 und 12.09.2016 in Vorlage.

Mit Bescheid vom 14.03.2018 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 06.03.2019, GZ W263 2191936-1/25E, abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) wies mit Beschluss vom 12.04.2019, Ra 2019/14/0141-5, die erhobene Revision gegen das Erkenntnis des BVwG vom 06.03.2019 zurück.

Zweiter Antrag auf internationalen Schutz:

Der BF entzog sich seinem Erstverfahren in Österreich und reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen illegal nach Frankreich, wo er am 16.05.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stelle.

Am 22.10.2019 stellte der BF den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz, nachdem er nach erfolgter Dublin-Zustimmung Österreichs am 22.10.2019 von Frankreich nach Österreich überstellt wurde.

In der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Beisein eines Dolmetsches für die Sprache Dari, gab der BF, befragt nach seinen neuen Fluchtgründen an, dass die alten Fluchtgründe aufrecht blieben. Er habe eine Freundin in Österreich und wolle sie heiraten. Das habe er auch seiner Familie in Afghanistan mitgeteilt, die sagte, er würde eine Ungläubige heiraten. Mehrere Freunde und seine Familie hätten den Kontakt zu ihm abgebrochen. Im Falle einer Rückkehr werde er sicher getötet. Auf die Frage, seit wann ihm die Änderungen der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt seien, gab er an, seit ca. eineinhalb Jahren.

Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 22.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er binnen drei Tagen im Quatier XXXX Unterkunft zu nehmen habe

Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 24.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da davon auszugehen sei, dass eine entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Durch diese Mitteilung gelte die Zwanzigtagesfrist des Zulassungsverfahrens nicht. Vor der Einvernahme durch die belangte Behörde werde gemäß § 29 Abs. 4 AsylG, zur Wahrung des Parteiengehörs, eine Rechtsberatung stattfinden.

In der am 28.10.2019 durchgeführten Einvernahme vor der belangten Behörde brachte der Beschwerdeführer in Anwesenheit eines Dolmetschs für die Sprache Dari sowie eines Rechtsberaters im Wesentlichen vor, seine Fluchtgründe aus dem vorangegangenem Verfahren seien weiterhin aufrecht und entsprächen der Wahrheit. Auf die Frage, ob sich bezüglich seiner Fluchtgründe etwas geändert habe, gab er an, er habe viele Bilder von ihm und seiner Freundin gepostet. Sie hätten vor zu heiraten. Viele Menschen in Afghanistan hätten davon erfahren, dass er mit einer Ungläubigen zusammen sei und diese heiraten wolle, weswegen er nunmehr Probleme habe. Seine Freunde hätten ihn bedroht und ihm vorgeworfen ein Christ zu sein. Die Bedrohungen seien von zwei in Kabul lebenden Freunden ausgegangen. Die telefonischen Bedrohungen hätten ihn vor ca. zehn Monaten erreicht, kurz bevor er nach Frankreich gegangen sei.

Die Fotos habe er auf seinem Facebook-Account hochgeladen. Er habe vor ca. zwei Jahren damit begonnen. Weiters habe er auf Facebook bereits vor ca. zwei Jahren bekanntgegeben, dass er in einer Beziehung sei.

In der Folge wurde mittels mündlichem Bescheid, welcher im Protokoll betreffend die oben angeführte Einvernahme dokumentiert ist, der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens nicht geändert habe. Sein behauptetes Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, wonach er aufgrund der geplanten Heirat mit seiner Freundin von Freunden bedroht worden sei, sei vollständig unglaubwürdig. Er habe behauptet, vor ca. zehn Monaten telefonisch von zwei Freunden bedroht worden zu sein, aufgrund seiner geplanten Heirat mit einer Ungläubigen. Er habe an dieser Stelle nicht plausibel darlegen können, wie seine Freunde zu dieser Annahme gelanget seien noch habe er qualifizierte Beweismittel vorlegen können. Er habe selbst angegeben, bereits vor etwa zwei Jahren das erste Mal gemeinsame Fotos von sich und seiner Freundin auf Facebook gestellt zu haben, was wiederum seinen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht in der Niederschrift vom 01.03.2019 widerspreche, wo er angab, dass nicht er selbst, sondern seine Freundin Fotos von ihnen gepostet habe. Weiters sei nicht nachvollziehbar, weshalb er von seinen Freunden erst vor ca. zehn Monaten telefonisch bedroht worden sein soll, obwohl die Fotos schon viel länger existent seien und auch die Familie und Freunde bereits vor ca. einem Jahr darüber informiert worden seien, dass er heiraten wolle. Vielmehr habe es den Anschein, dass seine neuen Behauptungen als Schutzbehauptung dienen, um eine bevorstehende Abschiebung zu vereiteln. Andere bzw. neue Gründe für den Antrag auf internationalen Schutz seien nicht hervorgekommen. Der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Auch die allgemeine Lage in Afghanistan habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Selbiges gelte für die persönlichen Verhältnisse des BF.

Am 30.10.2019 langte der vollständige Verwaltungsakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG ein, worüber das BFA noch am selben Tag verständigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt den Namen XXXX und ist volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Dari. Er stammt aus Kabul, der Hauptstadt Afghanistans. Der BF verließ Kabul ungefähr im Alter von neun Jahren in Richtung Pakistan, wo er ungefähr neunzehn Jahre lang lebte. Ungefähr im Jahr 2012/2013 kehrte der BF nach Kabul zurück und lebte dort bis zu seiner Ausreise.

Der BF heiratete in Pakistan traditionell eine afghanische Staatsangehörige und hat mir ihr eine Tochter. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich der BF und seine Frau getrennt haben bzw. sich scheiden haben lassen.

Der BF hat in Pakistan ungefähr zwölf Jahre lang eine afghanische Schule besucht und arbeitete als Verkäufer. Die Muttersprache des BF ist Dari, er spricht auch Paschtu, Urdu und ein wenig Englisch.

Der BF stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmals am 09.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er begründete diesen damit, dass er als Soldat von einem Einsatz bzw. Kampfhandlungen im XXXX in der Provinz Badakhshan geflohen sei. Nachdem er dann - nach seiner Flucht von dort - noch ungefähr einen weiteren Monat zur Arbeit gegangen sei (als Soldat in Kabul gearbeitet habe), sei er ausgereist. Daher drohe ihm zusammengefasst Verfolgung wegen Desertation (er habe im Jahr 2013 einen fünfjährigen Vertrag abgeschlossen) und durch die Taliban.

Der erste Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 14.03.2018 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. In einem wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG gegen den BF erlassen und die Abschiebung als zulässig festgestellt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 06.03.2019, GZ W263 2191936-1/25E, abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem BF am 07.03.2019 zugestellt und erwuchs folglich mangels aufschiebender Wirkung in Rechtskraft. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG führte der BF bereits aus, dass er seit ungefähr zwei Jahren in einer Beziehung mit einer Österreicherin lebe und seit einem Jahr mit ihr und ihren Kindern zusammenlebe. Seine in Kabul lebende Ehefrau habe sich in seiner Abwesenheit von ihm scheiden lassen, wahrscheinlich habe sie die Beziehung zu seiner österreichischen Freundin herausgefunden, da er sehr viele Fotos von ihm und seiner Freundin auf Facebook gepostet habe. Seine Freunde hätten die geposteten Fotos auf Facebook auch sehen können.

In weiterer Folge reiste der BF unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Frankreich, wo dieser am 16.05.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er wurde aus Frankreich am 22.10.2019 im Rahmen der Dublin Rücknahmeabkommens nach Österreich rücküberstellt, wo der BF am 22.10.2019 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Diesen Antrag begründete er damit, dass seine Fluchtgründe aufrecht bleiben würden. Darüber hinaus gab er an, dass er aufgrund der geplanten Heirat mit seiner österreichischen Freundin telefonisch bedroht worden sei.

Der BF hat in Österreich eine Freundin. Vor seiner Weiterreise nach Frankreich lebte der BF mit seiner Freundin und den Kindern seiner Freundin seit ca. einem Jahr im gemeinsamen Haushalt. Seit er wieder in Österreich ist, hat sie ihn ein Mal besucht, sohin die Beziehung mittlerweile als nicht (mehr) sehr intensiv zu beurteilen ist. Umfassende Sozialkontakte des BF in Österreich bestehen nicht. Der BF ist nicht erwerbstätig. Er ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen würde. Der BF ist ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann. Er hat Kenntnis der afghanischen Lebensweise und Tradition, kann sich in die dortige Gesellschaft einfügen und ist aufgrund seiner Ausbildung und Berufserfahrung in der Lage, kurzfristig und langfristig selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Er würde bei einer Rückkehr nach Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat nicht in Lebensgefahr sein, auch nicht in eine existenzgefährdende aussichtlose Situation gelangen, könnte zumindest in der ersten Zeit Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Die Lage im Herkunftsstaat des Betroffenen stellt sich gegenüber den im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen im Wesentlichen unverändert dar.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person des Asylwerbers und zur Situation in Afghanistan ergeben sich aus der Aktenlage. Die den Asylwerber betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde eingehend im rechtskräftig entschiedenen Verfahren erörtert und abgewogen. Auch eine für den Asylwerber gegenständliche relevante Änderung an der Situation in seiner Heimat kann anhand der vorliegenden Informationen ebenso nicht festgestellt werden, wie Änderungen, die in der Person des Asylwerbers liegen, wie z.B. sein Gesundheitszustand.

Die Feststellungen zum ersten Antrag auf internationalen Schutz, zu dessen Erledigung sowie zum damaligen Vorbringen des BF ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA und dem hg. Gerichtsakt zum ersten Beschwerdeverfahren, GZ W263 2191936-1.

Die Rechtskraft des ersten Erkenntnisses des BVwG vom 06.03.2019, GZ W263 2191936-1/25E, mit welchem die Beschwerde gegen die Abweisung des (ersten) Antrags auf internationalen Schutz vom 09.08.2015 in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen wurde, ergibt sich aus den Akten des ersten Asylverfahrens zur GZ W263 2191936-1 sowie den Verfahrensakten des nunmehrigen (zweiten) Asylverfahrens.

Dass der BF am 16.05.2019 in Frankreich einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stelle und am 22.10.2019 rücküberstellt wurde, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Verfahrensakt.

Die Feststellungen zum zweiten, gegenständlichen, Antrag auf internationalen Schutz und dem hierzu erstatteten Vorbringen des BF ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensakts des BFA.

Dass es sich bei den im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Behauptungen und vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen des BF nicht um einen Sachverhalt handelt, der erst nach Beendigung des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz am 06.03.2019 verwirklicht wurde, ergibt sich aus einer Gesamtschau der eigenen Angaben des BF im ersten Beschwerdeverfahren und im gegenständlichen Verfahren vor dem BFA. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 01.03.2019 im Zuge des ersten Asylverfahrens teilte der BF bereits mit, dass er Fotos von sich und seiner österreichischen Freundin auf Facebook hochgeladen habe. Auf Nachfrage dazu behauptete er sodann, dass die Fotos nicht von ihm, sondern von seiner österreichischen Freundin auf Facebook hochgeladen worden seien; seine Freunde hätten die geposteten Fotos auf Facebook sehen können (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 01.03.2019, Seite 7). Insofern er bei seiner Einvernahme durch das BFA im Zuge der gegenständlichen Antragstellung am 28.10.2019 auf Asyl erklärte, dass er aufgrund der geposteten Fotos von sich und seiner österreichischen Freundin und der geplanten Heirat vor ca. zehn Monaten von zwei Freunden aus Kabul telefonisch bedroht worden sei (vgl. Seien 4 ff des Einvernahmeprotokolls), ist jedenfalls evident, dass der BF bereits im Zuge seines ersten Asylverfahrens von den telefonischen Bedrohungen seiner Freunde gewusst hat, weshalb es sich dabei jedenfalls nicht um neue oder geänderte Umstände handelt. Der BF gab in der Einvernahme vor dem BFA weiters an, bereits vor zwei Jahren mit dem Posten von Fotos auf Facebook begonnen zu haben und bereits seit diesem Zeitpunkt seinen Beziehungsstatus auf Facebook "in einer Beziehung" geändert zu haben (vgl. Seiten 4 und 6 des Einvernahmeprotokolls), sodass sein nunmehriges Vorbringen daher schon im Kern als nicht glaubhaft zu erkennen ist. Es ergaben sich keine Hinweise darauf, dass der BF nicht in der Lage gewesen wäre, diese Behauptungen auch im ersten Verfahren zu erstatten. Die nunmehr herangezogenen Gründe waren dem BF im ersten Verfahren jedenfalls zugänglich. Zusammengefasst ergibt sich beim BF im nunmehrigen Asylverfahren das Bild, dass dieser schlicht nicht gewillt ist, Österreich zu verlassen und nach Afghanistan zurückzukehren.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich gründen auf dessen Angaben. Der BF gab im Erstverfahren zu Protokoll, mit seiner österreichischen Freundin und den Kindern, die aus anderen Beziehungen seiner Freundin stammen, im gemeinsamen Haushalt zu leben. Das BVwG ging zwar in seinem Erkenntnis vom 06.03.2019, GZ W263 2191936-1/25E, von einem bestehenden Familienleben aus, welches allerdings insbesondere durch die verhältnismäßig kurze Dauer der Beziehung und des Zusammenlebens relativiert wurde. Entscheidend wertete das Gericht zudem, dass jedenfalls seine Eltern und seine leibliche Tochter derzeit in Afghanistan (Kabul) leben, der BF im Herkunftsland geboren und dort zumindest bis zum Alter von ungefähr neun Jahren aufgewachsen und wieder zwischen den Jahren 2012 und 2015 in Afghanistan (Kabul) aufhältig war, weshalb insgesamt von einem deutlichen Überwiegen des Bezuges des BF zum Herkunftsland Afghanistan auszugehen war. Dass die Beziehung zu seiner österreichischen Freundin mittlerweile als nicht (mehr) sehr intensiv zu beurteilen ist, gründet sich darauf, dass sie über lange Zeit unterbrochen war und erst wieder seit der Rücküberstellung des BF nach Österreich aufgenommen wurde. Zudem hat seine Freundin ihn erst einmal in dieser Zeit besucht.

Sonstige erhebliche Integrationsmerkmale des BF - abgesehen von einem Deutschkurs und einer Bildungsveranstaltung - sind auf Grund der Aktenlage nicht erkennbar und wurden auch weder dargelegt noch substantiiert behauptet. Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus der eingeholten Strafregisterauskunft.

Im Hinblick auf die Gefährdungssituation, ergeben sich die Feststellungen aus den im Akt enthaltenen Länderfeststellungen betreffend Afghanistan und im speziellen die Hauptstadt Kabul bzw. die Städte Herat und Mazar-e Sharif. Diesen ist im gegenständlichen Verfahren weder der Beschwerdeführer noch dessen Rechtsberater, in dessen Anwesenheit der gegenständliche mündliche Bescheid verkündet wurde, substantiiert entgegengetreten. Da die Behörde auf ausgewogene und ausführliche Länderberichte zurückgegriffen hat, aus denen die von der Behörde getroffenen Feststellungen deutlich abgeleitet werden können, ist die Behörde auch der diesbezüglichen Ermittlungspflicht ausreichend nachgekommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zum anwendbaren Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018 zu G 186/2018 ua. wurden verwaltungsgerichtliche Normanfechtungsanträge zur Überprüfung von ua. § 22 Abs. 10 dritter, vierter und fünfter Satz AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 68/2013, sowie gegen § 22 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013 abgewiesen, im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen.

3.2. Zu Spruchpunkt A): Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

3.2.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen:

§ 12a AsylG 2005 lautet auszugsweise:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt und

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. ...

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und Ausweisungen gemäß § 66 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt werden."

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

§ 22 BFA-VG lautet:

"§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.2.2. Daraus folgt für das gegenständliche Verfahren:

Das Verfahren über den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 09.08.2015 wurde mit Bescheid des BFA vom 14.03.2018, Zl. XXXX , sowie mit Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde durch das BVwG mit Erkenntnis vom 06.03.2019, GZ W263 2191936-1/25E, abgeschlossen. Beim Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 22.10.2019 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.

Der Bescheid des BFA vom 14.03.2018 ist mit wirksamer Zustellung des abweisenden Erkenntnisses des BVwG vom 06.03.2019, GZ W263 2191936-1/25E, in Rechtskraft erwachsen.

Die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG des BFA vom 14.03.2018 wurde bereits mit Bestätigung dieser Entscheidung durch das BVwG am 06.03.2019 rechtskräftig, sie ist auch weiterhin aufrecht. Die Zulässigkeit der Abschiebung ist weiterhin aufrecht.

Eine Prognoseentscheidung ergibt, dass der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 22.10.2019 voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, bzw. weil der BF den Einwand, dass er aufgrund seiner Beziehung zu einer Österreicherin und der geplanten Heirat von Freunden in Kabul telefonisch bedroht worden sei und im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan getötet werden würde, nur deswegen gestellt hat, um eine Abschiebung nach Afghanistan weiter hinauszuschieben.

Dies wird insbesondere dadurch belegt, dass dieses Vorbringen erstmals am 28.10.2019 erstattet wurde. Der BF hat - sofern diese Behauptung überhaupt wahr ist - jedenfalls bereits am Tag der mündlichen Beschwerdeverhandlung des ersten Asylverfahrens am 01.03.2019 gewusst, dass er von seinen Freunden in Kabul telefonisch bedroht wurde, zumal er in der Einvernahme am 28.10.2019 angab, vor ca. zehn Monaten (was damit im Jänner 2019 gewesen wäre) von seinen Freunden telefonisch bedroht worden zu sein. Der BF hätte folglich bereits im Vorverfahren alle ihn bekannten ihn drohenden Verfolgungen, denen Asylrelevanz zukommen könnte, thematisieren können. Er hat jedoch in seinem ersten Asylverfahren mit keinem einzigen Wort und auch nicht einmal andeutungsweise auf eine ihm drohende Verfolgungsgefahr durch Freunde und/oder Familie hingewiesen, sodass angesichts der nunmehrigen Lage, in der sich der BF kurz vor einer Abschiebung befindet, nachvollziehbar ist, dass er alles erzählt und unternimmt, nur um nicht abgeschoben zu werden.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren - ohne Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung - eine Prognoseentscheidung zu erstatten ist, gelangt das erkennende Gericht diesbezüglich zum Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der Ergebnisse in allen zwei Asylverfahren sowie der Ergebnisse der vor dem BVwG durchgeführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren, davon auszugehen ist, dass das zweite Asylverfahren ebenfalls zu einer Entscheidung führt, auf Grundlage dessen der BF Österreich zu verlassen hat.

Aus den Länderberichten in der angefochtenen Entscheidung ergibt sich zudem, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat des BF keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum vorangegangenen Bescheid vom 14.03.2018 bzw. dem Erkenntnis des BVwG vom 06.03.2019 eingetreten ist. Eine Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN). Auch diesbezüglich wurden keine entscheidungswesentlichen Sachverhaltsänderungen vorgebracht.

Im vorliegenden Fall gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK darstellen würde. Eine Gefährdung iSd Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK wurde vom BF zu keiner Zeit vorgebracht. Bereits im ersten Verfahrensgang wurde festgehalten, dass der BF bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (§ 50 FPG). Auch im Folgeverfahren sind keine Risiken für den BF im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände ist vor dem Hintergrund der Feststellungen jedenfalls zu verneinen.

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158, mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09 mwH).

Es sind auch keine erheblichen in der Person des BF liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden bzw. zu Tage getreten, dass der BF einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr nach Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat ausgesetzt wäre.

Ebenso wenig sind Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der BF hat auch solche Umstände weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebracht.

Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der BF im vorigen Asylverfahren angegeben, in Österreich eine familienähnliche Lebensgemeinschaft zu haben, die im Erkenntnis vom BVwG vom 06.03.2019 allerdings insbesondere durch die verhältnismäßig kurze Dauer der Beziehung und des Zusammenlebens relativiert wurde. Das BVwG ging schließlich selbst unter Berücksichtigung der Lebensgemeinschaft von einem deutlichen Überwiegen des Bezuges des BF zum Herkunftsland Afghanistan aus. Gegenteiliges konnte auch im gegenständlichen Verfahren nicht festgestellt werden, vielmehr reiste der BF nach Frankreich weiter, sodass die Beziehung zu seiner österreichischen Freundin als nicht sehr intensiv zu beurteilen ist. Dass sich an seinem Privatleben in Österreich etwas geändert hätte, verneinte er ebenfalls. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts seines kurzen Aufenthalts, der seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens unrechtmäßig ist, und seiner vorübergehenden Ausreise nach Frankreich nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.

Entsprechend den obigen Ausführungen stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass die mit mündlich verkündetem Bescheid vom 28.10.2019 ausgesprochene Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war.

Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, non-refoulement Prüfung,
Prognoseentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W265.2191936.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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