TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/5 W222 1413507-4

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Veröffentlicht am 05.11.2019
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Entscheidungsdatum

05.11.2019

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W222 1413507-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 22.1.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 28.1.2009 und am 22.4.2010 wurde der Beschwerdeführer jeweils seitens des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3.5.2010 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9.4.2014, XXXX , betreffend die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. Betreffend den Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs 20 AsylG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.7.2014 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass beabsichtigt sei, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Am 8.8.2014 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine diesbezügliche Stellungnahme des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2014 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG wurde festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid wurde durch den bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.4.2017, Zl XXXX , wurde die Beschwerde gemäß §§ 10 Abs 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Spruchteil des Spruchpunktes I. lautet: "Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt.".

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.8.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt II.). In Spruchpunkt III. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2017, Zl XXXX , wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 10 Abs 2, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52 Abs. 1 Z 1 iVm Abs 9 FPG als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides wurde mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs 1 iV, Abs 2 Z6 FPG auf achtzehn Monate herabgesetzt wurde. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wurde als unbegründet abgewiesen.

Am 11.02.2019 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG. Vorgelegt wurden Passfotos, ZMR-Auszug vom 02.11.2017l, Anmeldebestätigung für A1 und A2 Deutschkurse, Arbeitsvorvertrag, Mietvertrag, Geburtsurkunde der Tochter, Identitätsdokumenten Dritter.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer eine vierwöchige Frist zur Nachreichung von noch ausständigen - im Schreiben aufgelisteten - Dokumenten jeweils im Original und in Kopie gewährt.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme zu seinem Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels verständigt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer eine 14-tägige Frist zur Nachreichung von noch ausständigen - im Schreiben aufgelisteten - Dokumenten jeweils im Original und in Kopie gewährt. Der Beschwerdeführer wurde darüber belehrt, dass Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels persönlich beim Bundesamt zu stellen sind und bei ungenütztem Verstreichen der Frist gemäß § 58 Abs. 11 AsylG der Antrag zurückzuweisen sei. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden und Nachweise ein begründeter Antrag auf Heilung des Mangels nach §§ 4 Abs. 1 iVm 8 Abs. 1 AsylG-DV und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG eingebracht werden könne.

In einer am 07.03.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangten Stellungnahme brachte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters vor, er lebe seit 10 Jahren in Österreich. Er habe mit seiner Ehefrau, die über ein Studentenvisum verfüge, ein gemeinsames Kind, welches auch in Österreich lebt. Er verfüge über keinen Reisepass und werde noch einen entsprechenden Antrag auf Heilung dieses Mangels stellen. Ein Mietvertrag und eine Meldeauskunft wurden vorgelegt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2019 wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG aus Gründen des Art. 8 EMRK, gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 idgF zurückgewiesen. Begründend wurde festgehalten, dass die Originalidentität aufgrund des Fehlens eines gültigen Reisedokumentes, insbesondere eines gültigen Reisepasses, nicht feststehe und auch kein Antrag gemäß § 4 AsylG-DV gestellt wurde. In Ermangelung der erforderlichen Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers sei der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde.

Am 04.09.2019 reiste der Beschwerdeführer im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet nach Indien aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Zu A)

Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084). Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge würde demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).

Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens ist daher auf Grund der zurückweisenden Entscheidung in dem im Spruch bezeichneten Bescheid nur, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgte.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine Aufenthaltsberechtigung plus zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels anzuschließen sind gemäß § 8 Abs. 1 AsylG-DV folgende Urkunden und Nachweise:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschafts-urkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.

Nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV kann die Behörde auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG zulassen:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels ohne weiteres einzustellen (Z 1) oder der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen (Z 2). Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0039, ausführlich mit der Auslegung des § 58 Abs. 11 AsylG 2005 auseinandergesetzt und ist dabei zum Ergebnis gekommen, mit den (mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2014) vom NAG in das AsylG 2005 transferierten Regelungen für "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" sei es insoweit der Sache nach lediglich zu einer Zusammenfassung der Abs. 4, 6 und 10 des § 19 NAG gekommen. Von Bedeutung sei allerdings, dass die unterbliebene Vorlage von Identitätsurkunden, wie etwa des Reisepasses, nunmehr einheitlich von § 58 Abs. 11 AsylG 2005 geregelt werde, sodass diesbezüglich im Antragsverfahren nicht auf § 13 Abs. 3 AVG zurückgegriffen werden müsse. Im Übrigen beziehe sich aber auch § 58 Abs. 11 AsylG 2005 (sonst nur) auf Mitwirkungsverpflichtungen im Zusammenhang mit erkennungsdienstlichen Daten und mit der Zustelladresse des Fremden, nicht aber auf solche, die mit der Erhebung von inhaltlichen Erteilungsvoraussetzungen im Zusammenhang stehen (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0168).

Die Nichtvorlage eines gültigen Reisedokuments rechtfertigt bei Unterbleiben einer Antragstellung nach § 4 Abs. 1 Z 3 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV 2005 grundsätzlich eine auf § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 gestützte zurückweisende Entscheidung (vgl. VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0206). Das zur Nichtvorlage eines Reisepasses erstattete Beschwerdevorbringen, der Fremde sei in Anbetracht des in Österreich gestellten Asylantrages sowie aus - nicht näher definierten - "psychologischen Gründen" derzeit nicht in der Lage, einen Reisepass ausstellen zu lassen, reicht von vornherein nicht aus, die Beschaffung des Reisepasses als nicht möglich oder nicht zumutbar (§ 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV 2005) erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0116).

Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer nachweislich mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.02.2019 und 22.02.2019, aufgefordert, ein gültiges Reisedokument und eine Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument im Original und in Kopie vorzulegen, widrigenfalls der Antrag zurückzuweisen sei. Ein gültiges Reisedokument brachte der Beschwerdeführer nicht in Vorlage. In den Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Beschwerdeführer über die Möglichkeit des Stellens eines Heilungsantrages belehrt, wobei es sich um einen begründeten Antrag handeln muss und die schlichte Behauptung in der Stellungnahme, nie einen Reisepass besessen zu haben, dafür nicht ausreicht. Der Beschwerdeführer konnte nicht nachweislich darlegen, dass für ihn die Erlangung von Reisedokumenten unmöglich oder unzumutbar wäre.

Indem der Beschwerdeführer, gemäß §§ 4 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV, weder ein gültiges Reisedokument vorgelegt, noch einen Antrag auf Heilung des Mangels gestellt hat, ist er seinen gesetzlich normierten Mitwirkungspflichten im Sinne des § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten trotz diesbezüglich nachweislicher Aufforderung nicht ausreichend nachgekommen, sodass die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK zutreffend zurückgewiesen hat.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 22.11.2006, Zl. 2005/20/0406 und viele andere).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, Mitwirkungspflicht,
Reisedokument, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W222.1413507.4.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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