TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/20 W154 2221856-2

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Veröffentlicht am 20.11.2019
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Entscheidungsdatum

20.11.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W154 2221856-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1112611607 - 190665829, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch ARGE-Rechtsberatung, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.7.2019, Zl. 1112611607 - 190665829, wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Gegen diesen Bescheid und die daraus erfolgte Anhaltung erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6.8.2019, W186 2221856-1/7E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorgelegen sind.

In der Entscheidung wurden folgende Feststellungen getroffen:

"Zur Person: Der BF ist ein volljähriger afghanischer Staatsbürger und nicht österreichischer Staatsbürger. Rechtlicher Status in Österreich: Der BF befindet sich jedenfalls seit dem 24.04.2016 im Bundesgebiet. Der am 25.04.2016 gestellte Antrag auf internationalen Schutz ist nicht rechtskräftig entschieden. Der BF ist mehrfach vorbestraft. Er wurde zuletzt am 11.07.2018 (RK 17.07.2018), gemäß §§ 27 Abs. 1 Ziffer 1 (erster Fall), 27 Abs. 1 Ziffer 1 (zweiter Fall), 27 Abs. 2, 27 Abs. 1 Ziffer 1 (achter Fall), 27 Abs. 2a, 27 Abs. 3 SMG § 15 StGB, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten, rechtskräftig verurteilt. Zur sozialen Komponente: Der (minderjährige) Bruder des BF befindet sich in Österreich. Er lebt in einer Unterkunft für minderjährige Asylwerber. Die restliche Familie des BF lebt in Afghanistan. Der BF verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz und hat keine maßgebliche Verankerung in Österreich. Der BF wurde wiederholt wegen disziplinärer Umstände aus den Quartieren der Grundversorgung verwiesen. Der BF hat sich bewusst dem Strafvollzug entzogen, hat sich im Verborgenen aufgehalten und wurde durch Fahndung wieder aufgefunden."

Dazu wurde beweiswürdigend ausgeführt:

"Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt. Unbestritten steht fest, dass der BF vorbestraft ist und dass sein Antrag auf internationalen Schutz nicht rechtskräftig entscheiden ist. Hinsichtlich der weiteren Feststellungen wurde auch in der Beschwerde nichts Gegenteiliges behauptet. Insbesondere ist klar, dass der BF über keinen gesicherten Wohnsitz und keine maßgebliche Verankerung im Bundesgebiet verfügt. Der (erst in der Beschwerde erfolgte) Verweis auf eine Freund, bei dem der BF schlafen könnte, vermag daran nichts zu ändern. Der BF hätte auch vorher Gelegenheit gehabt, diesen Freund zu erwähnen. Er ist darüber hinaus nie (etwa melderechtlich) in Zusammenhang mit dem genannten Freund in Erscheinung getreten. Der Umstand, dass der minderjährige Bruder ebenfalls in Österreich aufhältig ist, begründet für sich alleine keine maßgebliche soziale Verankerung in Österreich. Es ist im Lauf des Verfahren nicht hervorgekommen, dass zwischen den Brüdern eine enge / tatsächliche Beziehung bestünde, die insbesondere den BF davon abgehalten hätte, sich dem Strafvollzug bewusst zu entziehen und im Rahmen des gelockerten Vollzuges unterzutauchen."

In der rechtlichen Beurteilung wird im Erkenntnis im Wesentlichen ausgeführt:

"2. Der BF ist nicht österreichischer Staatsbürger; er ist afghanischer Staatsangehöriger; somit ist er ein Fremder. Der BF verfügt über faktischen Abschiebschutz. Gegen den BF besteht eine Rückkehrentscheidung, die aber nicht rechtskräftig ist; der vom BF gegen die Entscheidung erhobenen Beschwerde kommt die aufschiebende Wirkung zu. Der BF wurde von der belangten Behörde zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Schubhaft genommen. Der BF ist mehrfach vorbestraft.

3. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft: Haftgrund, Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit:

3.1. Haftgrund:

Die Behörde stützt die In-Schubhaftnahme des BF auf § 76 Abs. 2 Z1 FPG. Dagegen richtet sich die Beschwerde. So wird hier das Vorliegen das Vorliegen der Tatbestandselemente gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG in Zweifel gezogen: "Mit dem mit FrÄG 2018 angepassten § 76 Abs 2 Z 1FPG wollte der Gesetzgeber der Haftgrund des Art. 8 Abs 3 lit e Aufnahme-RL in innerstaatliches Recht umsetzen, weshalb in der neu konzipierten Z 1 des § 76 Abs 2 FPG die Anordnung der Schubhaft gegen Fremden, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, dahingehend eingeschränkt werden sollte, dass neben Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit auch eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als zusätzliche Haftvoraussetzung vorliegen muss. Der Begriff der Gefährdung der nationalen Sicherheit oder Ordnung in Art. 8 Abs. 3 lit e Aufnahme-RL setzt voraus, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und daher über die soziale Störung, die jedem Gesetzesverstoß innewohnt, hinausgeht.

Die Prüfung, ob eine derartige Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, hat daher nach einem äußerst strengen Maßstab zu geschehen. Mit dem Verweis auf § 67 FPG stellt der Gesetzgeber klar, dass hier nur Fälle schwerer Kriminalität erfasst werden sollen und zudem der Behörde ein entsprechender Begründungsaufwand zukommt. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zu § 67 FPG ist bei der zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzusteilen (vgl. bsp. Ra 2014/21/0039 vom 16.10.2014) Diesen Anforderungen genügt die belangte Behörde nicht in der Begründung des angefochtenen Bescheides, insbesondere würdigt sie nicht, dass der Beschwerdeführer bis zum Jahr 2017 strafrechtlich unbescholten war und somit nicht der gesamte "bisherige Aufenthalt" des Beschwerdeführers die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigte. Schließlich wurde der Beschwerdeführer deswegen straffällig, weil er sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand und selbst drogenabhängig war, dies gab er in der Einvernahme auch entsprechend an, die Behörde würdigte dies jedoch nicht. Der Beschwerdeführer bereut seine Taten zutiefst und ist mittlerweile nicht mehr suchmittelabhängig. Zur Frage der Begründungspflicht hinsichtlich des notwendigen Gefährdungsmaßstabes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Wie bereits ausgeführt ist dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH vom 19.5.2015, Ra 2014/21/0057). Nach ständiger Judikatur des VwGH geht bei der zu erstellenden Gefährdungsprognose schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das ‚persönliche Verhalten' des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen alleine nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können."

Anders als die Beschwerde vermeint, ist die Behörde zu Recht vom Vorliegen des Tatbestandes des § 76 Abs. 2 Z1 ausgegangen. Es ist unstrittig und bedarf keiner weiteren Erörterung, dass der BF ein "starker" Wiederholungstäter ist; dies ist auch ersichtlich aus den jeweiligen (jeweils höheren) Strafzumessungen. Die Behörde hat sich auch ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt, wie Art und Aschwerde der Straftaten im Lichte des Rechtsbegriffes "Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" zu bewerten sind. Die Behörde ist darüber hinaus mit gutem Grund vom Bestehen einer (weiteren) Wiederholungsgefahr im Fall des BF ausgegangen. In diesem Zusammenhang fällt auch ins Gewicht, dass der BF sich dem gelockerten Vollzug entzogen hat. Eine (weitere) "Gefährdung" durch den BF liegt nach Ansicht der Behörde vor; dies ergebe sich aus dem bisherigen Verhaltensmuster. Dafür, dass dies jetzt nicht mehr der Fall sei, ist der Beschwerde substanziell nichts zu entnehmen. (Die Beschwerde rügt ihrerseits im Wesentlichen, dass die Behörde ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen sei). Die Behörde hat daher nicht lediglich auf die Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auch auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abgestellt (VwGH vom 19.5.2015, Ra 2014/21/0057) und zu Recht den vorliegenden Tatbestand unter § 76 Abs. 2 Z1 FPG subsumiert. 3.2 Die belangte Behörde begründet das Vorliegen von Fluchtgefahr mit dem Vorverhalten des BF und seinen persönlichen Umständen: Er habe keinerlei Anbindungen in Österreich, er sei straffällig geworden und habe sich als unkooperativ erwiesen (Untertauchen während des Asylverfahrens; disziplinäre Vergehen in Quartieren der Grundversorgung; Verschwinden während des gelockerten Vollzuges). Ebenso wie die Behörde geht auch das Gericht aus diesen Gründen von Fluchtgefahr aus. Der Umstand, dass der BF über keine soziale Verankerung in Österreich verfügt, steht fest (s. oben). Damit besteht ein starker Indikator für Fluchtgefahr - in Zusammenschau mit dem bis jetzt zum Vorschein getretenen Verhalten des BF. Dass der BF ab jetzt mit der Behörde kooperieren wolle, ist eine Behauptung, die aber nicht belegt ist. Der Beschwerde war daher auch in diesem Punkt nicht Recht zu geben.

3.3. Zur Verhältnismäßigkeit:

Hier rügt die Beschwerde im Wesentlichen, dass angesichts sozialer Anknüpfungsmomente andere Mittel ausgereicht hätten ("Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn"). Dass dies nicht zutrifft, ergibt sich aus den obigen Ausführungen (keine maßgebliche soziale Verankerung im Bundesgebiet). Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang aber auch zu beachten, dass der Ausgang des Asyl(beschwerde)Verfahrens hinsichtlich zeitlicher und inhaltlicher Aspekte nicht absehbar ist (Verhältnismäßigkeit in Bezug auf den Haftzweck). Das Gericht geht hier von folgender Überlegung aus: Der angewandte Tatbestand stellt eine Ausnahmebestimmung zu der Regel dar, dass "Asylwerber" nicht in Schubhaft genommen werden dürfen. Dass ein Verfahren daher (in jeder Hinsicht) offen ist, stellt ein inhärentes Element bei der Anwendung des § 76 Abs. 2 Z1 FPG dar. Würde der Umstand, dass das Verfahren offen ist, die Anwendung des § 76 Abs. 2 Z1 unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ausschließen, verlöre diese Bestimmung generell ihre Anwendbarkeit. Die Normierung einer prinzipiell nicht anwendbaren Bestimmung kann aber dem Gesetzgeber nicht zu gesonnen werden. Aus diesem Grund geht das Gericht - trotz der nicht absehbaren Haftdauer - von der Verhältnismäßigkeit der In-Schubhaftnahme des BF aus.

4. Zum gelinderen Mittel:

Hier ist auf das oben Ausgeführte zu verweisen.

Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt Fluchtgefahr erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht gesichert, dass der Beschwerdeführer für die Behörde erreichbar wäre und er nicht (wiederum) untertauchen würde. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist in Österreich nicht vorhanden. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann. Die Behörde hat sich mit der Nichtanwendbarkeit eines gelinderen Mittels zutreffend auseinandergesetzt. Aus der Beschwerde ergeben sich keine neuen Anhaltspunkte; insbesondere ergibt sich aus dem Verweis auf die Möglichkeit, bei dem genannten Freund zu schlafen, kein taugliche Alternative, zumal der BF auch bisher nie von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und es wird die Schubhaft weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben."

Am 14.11.2019 erfolgte seitens des BFA die verfahrensgegenständliche Aktenvorlage gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG. Im Rahmen der Aktenvorlage führte das BFA in einer Stellungnahme nach Darlegung des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen aus, dass das Bundesverwaltungsgericht am 13.11.2019 über die Beschwerde im Asylverfahren eine Verhandlung durchgeführt habe. In der Verhandlung habe ein Sachverständiger ein Gutachten zur politischen und menschenrechtlichen Situation bzw. zur Sicherheitslage im Herkunftsstaat des BF im Lichte seines Vorbringens erstellt.

Der BF sei bereits mehrmals wegen der gleichen schädlichen Neigung (Suchtgiftdelikt) und wegen Körperverletzung straffällig geworden und stelle somit eine aktuelle und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Volksgesundheit dar.

Die weitere Anhaltung bzw. Anordnung von Schubhaft erweise sich aus Sicht der belangten Behörde als zulässig.

Die bisherige Schubhaftdauer sei abhängig von der Entscheidung im Beschwerdeverfahren zum laufenden Asylverfahren.

Sollte die Asylentscheidung der ersten Instanz auch in zweiter Instanz bestätigt und rechtskräftig werden, sei es beabsichtigt, unverzüglich das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durchzuführen und die ehestmögliche Abschiebung zu organisieren bzw. durchzuführen. Die belangte Behörde beantragte die weitere Anhaltung des BF im Stande der Schubhaft sowie die Bestätigung derselben nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die Entscheidungsgründe der Vorentscheidung werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihrer Stellungnahme anlässlich der Aktenvorlage getätigten Ausführungen zur durchgeführten Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Asylverfahren sowie zur Erlangung eines Heimreisezertifikates und der ehestmöglichen Abschiebung im Fall, dass die Asylentscheidung der ersten Instanz auch in zweiter Instanz bestätigt und rechtskräftig werden sollte.

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere der zitierten Vorentscheidung.

Die Feststellungen zur Erlangung des Heimreisezertifikates und der ehestmöglichen Abschiebung im Fall, dass die Asylentscheidung der ersten Instanz auch in zweiter Instanz bestätigt und rechtskräftig werden sollte, ergeben sich aus der Stellungnahme des BFA vom 14.11.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Hinsichtlich der Fluchtgefahrtatbestände des §76 Abs. 3 FPG hat sich in Hinblick auf das Vorerkenntnis zur gegenständlich zu überprüfenden Schubhaft keine Änderung ergeben, sodass aufgrund unveränderter Lage auf die dortigen Ausführungen verwiesen und diese auch zur gegenständlichen rechtlichen Beurteilung erhoben werden.

Die Schubhaft ist also weiterhin jedenfalls wegen erheblicher Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers - siehe Darstellung im Rahmen des Verfahrensganges und der Feststellungen - mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

3.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Zur Dauer der Schubhaft:

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil

----------

1.-die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck

der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.-eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht

vorliegt,

3.-der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)

widersetzt, oder

4.-die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen

oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

Gegenständlich ist jedenfalls der Tatbestand der Z. 4 verwirklicht. Somit erweist sich die bisherige Anhaltung am soeben angeführten Maßstab als verhältnismäßig, da sie sich immer noch im unteren Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegt.

Der Beschwerdeführer hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund, dass im Zuge des Beschwerdeverfahrens zum Asylverfahren bereits eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführt worden ist und sohin mit einer Entscheidung zeitnah zu rechnen ist, auch verhältnismäßig.

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch weiterhin die Anordnung gelinderer Mittel aus.

3.4. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, öffentliche Interessen,
Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W154.2221856.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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