TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/22 W247 2160505-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.11.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.11.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §7 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
Dublin III-VO Art. 28
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z3
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W247 2160505-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Weißrussland, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zl. XXXX , sowie gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 02.06.2017 bis 12.06.2017 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 28 Dublin III-VO iVm stattgegeben und der angefochtene Bescheid vom 02.06.2017 ersatzlos aufgehoben.

II. Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft vom 02.06.2017 bis 12.06.2017 für rechtswidrig erklärt.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in der Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Zum Vorverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Weißrussland, stellte am 11.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Eine EURODAC-Abfrage hat ergeben, dass der Beschwerdeführer bereits am 25.02.2013 in Schweden, am 13.05.2013 in Lettland, am 09.06.2015 in Litauen, am 03.11.2015 in Deutschland und am 04.03.2016 in den Niederlanden Asylanträge gestellt hat.

1.2. Bei der niederschriftlichen Befragung am 12.10.2016 gab der Beschwerdeführer zum Reiseweg an, dass er im Mai 2015 seinen Heimatstaat illegal verlassen habe. Er habe sich in Litauen, Polen, Deutschland und den Niederlanden aufgehalten und sei dann wieder über Deutschland nach Österreich gelangt. In Litauen, Deutschland und den Niederlanden habe er einen Asylantrag gestellt. 2013 habe er in Schweden einen Asylantrag gestellt. Da er ein lettisches Visum gehabt habe, sei er aufgefordert worden das Land zu verlassen. Von Lettland sei er nach Weißrussland abgeschoben worden. Die Asylverfahren sind überall negativ entschieden worden. Er wolle in Österreich bleiben. Wenn er in ein anderes Land müsste, dann nur in die Niederlande oder nach Schweden.

1.3. Auf Grund des zugrundeliegenden Sachverhaltes hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 19.10.2016 ein Konsultationsverfahren gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 (Dublin III-VO) mit Litauen eingeleitet.

1.4. Am 28.10.2016 teilten die litauischen Behörden mit, dass sich Lettland bereits mit Schreiben vom 24.08.2015 für die Übernahme des Beschwerdeführers und die Weiterführung seines Verfahrens bereit erklärt habe. Eine Überstellung sei jedoch aufgrund des unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen.

1.5. Am 28.10.2016 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt. Der Beschwerdeführer wurde am 22.11.2016 von einem Landesgericht wegen Eigentumsdelikten zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon 9 Monate auf eine Probezeit von 3 Jahren bedingt, verurteilt.

1.6. Das BFA leitete auf Grund der Antwort der litauischen Behörden am 03.11.2016 Konsultationen ein und die lettischen Behörden teilten mit schriftlicher Erklärung vom 08.11.2016 ihre Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO mit.

1.7. Mit Schreiben vom 18.11.2017 wurde den lettischen Behörden mitgeteilt, dass sich der Beschwerdeführer in Haft befinde und sich daher die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 12 Monate verlängert habe.

1.8. Mit Bescheid vom 10.03.2017 des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Lettland für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO zuständig sei. Die fristgerechte Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG vom 10.03.2017, Zl. W153 2151685-1/6E abgewiesen.

1.9. Der Beschwerdeführer wurde am 24.12.2016 bis zum 26.04.2017 in Untersuchungshaft genommen. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 10.01.2017 wurde der BF wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Der BF wurde am 02.06.2017 aus dem Vollzug der Strafhaft entlassen. Die belangte Behörde wurde bereits im Mai 2017 bezüglich der Abschiebung nach Lettland aktiv. Am 31. Mai 2017 wurde der belangten Behörde von der Vollzugsanstalt mitgeteilt, dass die Entlassung für den 02.06.2017 bewilligt wurde. Am 31. Mai 2017 konnte bereits ein geplanter Flug für Montag den 05.06.2017 um 9:35 fixiert werden.

2. Zum gegenständlichen Verfahren:

2.1. Nach der planmäßigen Entlassung des BF am 02.06.2017 aus der Justizvollzugsanstalt wurde der BF niederschriftlich zur Erlassung der Schubhaft einvernommen. Der BF wurde auf die mögliche Inanspruchnahme eines Rechtsbeistandes in der Niederschrift hingewiesen. Der BF brachte vor, er würde keine Fragen ohne Herrn XXXX der Diakonie beantworten. Der Rechtsberater konnte nicht erreicht werden. Die Behörde gab sich mit der Auskunft der Sekretärin zufrieden, dass diese dem genannten Vertreter einen Rückruf ausrichten werde. Ob die Vertretung durch den genannten Vertreter zeitnah erfolgen können wird, wurde von der Behörde nicht ermittelt. Dem BF wurde auch nicht die Möglichkeit gegeben, eine andere Person als Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Die Behörde belehrte den BF, dass ihm Fragen vorgelesen werden, die der BF jedoch nicht beantworten müsste. Auf die Fragen zu den ersten beiden Themenblöcken "Identitätsdokumente" und "Familienangehörige" gab der BF keine Antwort. Die übrigen Fragen beantwortete der BF ordnungsgemäß. Zu den persönlichen Lebensumständen befragt, gab der BF an, seine Eltern und seine Schwester würden in Weißrussland wohnen. Der BF habe auch in anderen EU-Ländern befristete Aufenthaltsberechtigungen gehabt. Der BF nehme Drogenersatzmittel und benötige einen Psychiater. Derzeit nehme der BF Methadon, Codedol und Quetiapin. Der BF habe eine Meldeadresse und spreche ein bisschen Deutsch. Der BF habe in Traiskirchen noch ein paar seiner persönlichen Sachen, die er gerne bei sich hätte.

2.2. Mit Bescheid vom 02.06.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der BF keine Familienangehörigen oder Mitglieder seiner Kernfamilien in Österreich habe. Der BF sei in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Er besitze keine Arbeitserlaubnis und könne sich seinen Lebensunterhalt in Österreich nicht auf legale Art und Weise finanzieren. Der BF habe keine Ersparnisse und sei in die österreichische Gesellschaft nicht integriert. Er sei in Österreich polizeilich nicht gemeldet und könne sich seinen Unterhalt nicht dauerhaft finanzieren. Der Tatbestand der Z9 sei somit erfüllt. Der BF habe bereits vor seiner Ausreise in Österreich in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und sei dort auch aufhältig gewesen. Es sei daher anzunehmen, dass ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Bearbeitung und Entscheidung über ihren Asylantrag zuständig sei. Die Fluchtgefahr begründete die Behörde damit, dass aus der Wohn- und Familiensituation, sowie aufgrund der fehlenden Integration in Österreich und das bisherige Verhalten des BF, dass bezüglich ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorläge. Der Sicherungsbedarf sei gegeben, da der BF sich bereits in Lettland dem Verfahren entzogen habe und anzunehmen sei, dass er dies auch in Österreich tue. Der BF sei darüber hinaus auch zweimal strafrechtlich verurteilt worden. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit schlage daher zuungunsten des BF aus.

2.3. Am 06.06.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmacht vom 20.03.2017 bzw. 02.06.2017) ein, wobei der Beschwerdeführer jene Organisation erneut bevollmächtigte, die ihn schon im Asylverfahren vertreten hatte. In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, es läge keine Fluchtgefahr nach der Dublin-VO vor. Darüber hinaus werde auch der aktuelle Gesundheitszustand des BF bei der Beurteilung der Fluchtgefahr nicht berücksichtigt. Der Beschwerdeführer befinde sich seit seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet in andauernder psychiatrischer und medizinischer Behandlung. Der BF befindet sich aktuell in Therapie und in einem Substitutionsprogramm. Bei der Verhängung der Schubhaft hätte daher zu Gunsten des BF berücksichtigt werden müssen, dass der BF aktuell auf eine engmaschige, fachärztliche Behandlung und medikamentöse Betreuung angewiesen ist. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes, selbst wenn daraus keine Haftunfähigkeit resultiert, könne im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Unzulässigkeit von Schubhaft führen. Das Bundesverwaltungsgericht habe daher jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Beweiswürdigung bezüglich der Feststellungen, dass der BF sich in mehreren Ländern nicht legal aufgehalten habe, sei nicht nachvollziehbar. Ebenso sei darauf zu verweisen, dass im konkreten Fall die Anhaltung des BF durch eine zeitgerechte Abwicklung der Abschiebung vermeidbar gewesen wäre und daher die Inschubhaftnahme im Hinblick auf das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht des BF auf persönliche Freiheit außer Verhältnis ist. Eine Abschiebung nach Lettland hätte somit bereits Ende März und jedenfalls vor der Entlassung des BF aus der Strafhaft am 02.06.2017 vorbereitet werden können. Zuletzt ist noch darauf zu verweisen, dass eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör des BF bzw. eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren vorliegt. Dies insbesondere als der BF im Rahmen der Einvernahme darauf hinwies, dass er einen Rechtsvertreter habe und ein aufrechtes Vertretungsverhältnis vorliege. Der BF verwies in der Einvernahme darauf hin, dass er keine weiteren Fragen ohne seinen Rechtsvertreter beantworten werde (vgl. S. 4 des angefochtenen Bescheides). Dieser Entschluss sei damit zu erklären, dass der rechtsunkundige BF davon ausgeht, das Recht auf einen Rechtsvertreter im gegenständlichen Verfahren zu haben, sowie aufrecht von der ARGE Rechtsberatung vertreten zu werden. Dem BF kann daher keinesfalls mangelnde Mitwirkungsbereitschaft vorgehalten werden. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass der BF von dem die Amtshandlung durchzuführenden Beamten nicht darüber aufgeklärt wurde, was es für rechtliche Konsequenzen hätte, wenn der BF die Beantwortung der Fragen im Rahmen der Einvernahme verweigern würde bzw. ob er einen Rechtsanspruch auf die Beigabe eines Rechtsanwaltes zum Zeitpunkt der Einvernahme hätte. Dass der Rechtsvertreter des BF nicht zur Einvernahme beigezogen wurde, stellt jedenfalls einen gravierenden Verfahrensmangel dar; eine mündliche Beschwerdeverhandlung sei auch deshalb geboten. Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung durchzuführen; b) auszusprechen, dass die Anordnung und bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien; c) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.

2.4. Die belangte Behörde erstattete zur Schubhaftbeschwerde vom 07.06.2017 eine Stellungnahme. Darin führt die Behörde im Wesentlichen aus, die erste Überstellung noch während der Haft geplant war. Diese sei für den 05.06./06.06.2017 angedacht und angekündigt worden. Nach der Einvernahme am 02.06.2017 habe diese storniert werden müssen, da für die Überstellung nach Lettland Eskorten gebucht werden mussten. Der BF wurde laut Abschiebebericht am 12.06.2017 nach Riga abgeschoben.

3. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 19.09.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der GA W190 abgenommen und mit 29.09.2017 der GA W 247 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zum Verfahrensgang

Das Bundesverwaltungsgericht stellt den Verfahrensgang fest, wie dieser unter Pkt. I wiedergegeben ist.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF hat keine Dokumente vorgelegt, welche seine Identität bescheinigen. Er führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Der BF ist nicht österreichischer Staatsangehöriger. Der BF ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter, noch subsidiär Schutzberechtiger. Mit Bescheid vom 10.03.2017 des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Lettland für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO zuständig sei. Die fristgerechte Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG W153 2151685-1/6E abgewiesen. Ein Heimreisezertifikat ist nicht erforderlich.

Der BF weist nachstehende Verurteilungen in Österreich auf: Der BF wurde am 22.11.2016 von einem Landesgericht wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls (§ 15 StGB, §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB) zu einer Freiheitstrafe von 10 Monaten, wobei davon eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Der BF wurde am 10.01.2017 von einem Landesgericht wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls (§ 15 StGB, §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB) zu einer Freiheitstrafe von 8 Monaten verurteilt. Nach der Entlassung von der vollzogenen Strafhaft am 02.06.2017 wurde der BF mit angefochtenen Bescheid vom 02.06.2017 nach erfolgter Einvernahme bis 10:25 von 02.06.2017 bis 12.06.2017 in Schubhaft genommen. Eine begleitete Abschiebung in den zuständigen Dublinstaat Lettland ist am 12.06.2017 durchgeführt worden.

In Österreich verfügte der BF weder über familiäre, noch berufliche, noch über substanzielle, soziale Bindungen. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. XXXX sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere zur Zahl W 153 2151685-1 (Asylverfahren). Die Feststellungen betreffend das abgeschlossene Asylverfahren des Beschwerdeführers sind dem Verwaltungsakt und den Gerichtsakten zu entnehmen. Sie sind überdies unstrittig. Die Feststellung zur durchgeführten Abschiebung ergibt sich aus dem Abschiebebericht vom 12.06.2017.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

3.4. Der § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchpunkt A:

3.5. Zu Spruchpunkt I. über das Vorliegen der Voraussetzung für die Fortsetzung der Schubhaft:

3.5.1. Der mit "Haft" übertitelte Art. 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) lautet:

"(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.

(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.

Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.

Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend.

(4) Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, die Artikel 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU."

3.5.2. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.5.3. Der mit "Gelinderes Mittel" titulierte § 77 FPG, idgF, lautet, wie folgt:

"§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen."

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.6. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

3.7. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

3.8. Zum konkreten Einzelfall:

Die Anordnung der Schubhaft ist stets ultima ratio. Im Falle einer geplanten Abschiebung hat das BFA ihre Vorgehensweise so einzurichten, dass die Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt dies das BFA, ist die Schubhaft unverhältnismäßig (vgl. VwGH vom 19.05.2015 Ro 2015/21/0008). Nach den Sachverhaltsfeststellungen wurde die verfahrensgegenständliche Schubhaft am 02.06.2017 nach der niederschriftlichen Einvernahme um 10:25 zur Sicherung einer Direktabschiebung am 05.06.2017 verhängt. Die Abschiebung hätte daher innerhalb eines Zeitraumes von 72-Stunden nach Bescheiderlassung stattfinden sollen. Angesichts dessen wären jedenfalls statt Schubhaft gelindere Mittel in Betracht gekommen. Soweit dies nämlich zur Abschiebung einer geplanten "Direktabschiebung" erforderlich ist, kann dem Betroffenen auch aufgetragen werden, sich für einen insgesamt 72-Stunden nicht übersteigenden Zeitraum an bestimmten Orten aufzuhalten (vgl. VwGH vom 11.06.2012 2012/21/0114). Anhaltspunkte, die konkret gegen ein derartiges Vorgehen nach § 77 Abs. 5 sprächen, sind im Verfahren nicht hinreichend substantiiert hervorgekommen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass selbst wiederholte Weigerungen bei einer Abschiebung mitzuwirken einer Anwendung des § 77 Abs. 5 nicht entgegenstehen (vgl. VwGH vom 11.06.2013 2012/21/0114). Die im Raum stehende unzureichende Integration, ein nicht ordnungsgemäßer Wohnsitz, mangelndes familiäres und soziales Umfeld in Österreich, sowie Strafverurteilungen können allenfalls einen Sicherungsbedarf begründen. Dieser ist aber ebenso für die Anwendung von gelinderen Mitteln gefordert (vgl. VwGH vom 11.06.2013 2012/21/0114). Die Verhängung der Schubhaft zum Zwecke der Direktabschiebung am 05.06.2017 war daher unverhältnismäßig.

Die Behörde führe in der Stellungnahme aus, dass die geplante Abschiebung am 05.06.2017 storniert werden musste, weil Eskorten nach Lettland gebucht werden mussten. Die Abschiebung konnte daher erst am 12.06.2017 stattfinden zu dessen Sicherung die Schubhaft notwendig war. Das BFA mag demnach zwar teilweise die erforderlichen Schritte "ehestmöglich eingeleitet" haben, es ist aber kein Grund ersichtlich, der sie daran gehindert hätte, die tatsächliche vorhersehbare Buchung der Eskorten während der bis zum 02.06.2017 andauernden Strafhaft des Beschwerdeführers vorzunehmen (vgl. VwGH vom 25.04.2014 2013/21/0209). Die Beschwerdeausführungen sind daher nicht geeignet eine Änderung der rechtlichen Beurteilung herbeizuführen.

Nach der Judikatur des VfGH besteht ein an die Vollziehung gerichtetes Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen (vgl. zum Willkürverbot etwa VfSlg. 14.393/1995, VfGH 7.11.2008, U67/08). Ein willkürliches Verhalten der Behörde liegt vor, wenn Parteivorbringen ignoriert oder ein konkreter Sachverhalt außer Acht gelassen wird (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Der BF brachte in der Niederschrift vom 02.06.2017 vor, er müsse unbedingt zum Arzt und benötige Medikamente. Eine Gesundheitsgefährdung ist für die Anordnung von Schubhaft selbst dann relevant, wenn diese auch nicht zur Haftunfähigkeit führt (vgl. VwGH vom 19.04.2012, 2011/21/0123). Dieses verfahrensrelevante Vorbringen wurde ignoriert und fand keinen Niederschlag in der behördlichen Entscheidungsfindung. Der Bescheid ist daher auch bereits deshalb rechtswidrig.

Gem. § 10 Abs. 5 AVG können sich Beteiligte bzw. Parteien eines Rechtsbeistandes bedienen und auch in seiner Begleitung vor der Behörde erscheinen. Wird dem Fremden eine reale Gelegenheit geboten, EINE Person als Rechtsbeistand beizuziehen, hat die Behörde die ihr aus § 10 Abs. 5 zukommende Verpflichtung erfüllt (vgl. VwGH vom 19.03.1997 96/11/0308). Der BF brachte vor, er wünsche eine Beiziehung des von ihm genannten Vertreters. Die Behörde rief zwar an, gab sich aber damit zufrieden, dass die Sekretärin diesem einen Rückruf ausrichte. Die Behörde hat es insbesondere unterlassen zu ermitteln, ob zeitnah mit dem Erscheinen vor der Behörde des gewillkürten Vertreters zu rechnen sei. Sollte eine Beiziehung des gewillkürten Vertreters in Anbetracht des engen Zeitfensters nicht rechtzeitig möglich sein, hätte die Behörde dem BF eine "neue" Chance auf Beiziehung eines Rechtsbeistandes einräumen müssen. Die bloße Beantwortung der behördlichen Fragen, kann nicht als Verzicht auf die Beigabe eines Rechtsbeistandes gewertet werden. Dem BF wurde daher keine zweckdienliche Gelegenheit geboten, Kontakt mit einem Rechtsbeistand aufzunehmen. Der Bescheid ist daher unter der Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen.

Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen muss einem Fremden, der "im Regelfall der deutschen Sprache nicht mächtig ist" ein Verständnis des zur Bescheiderlassung führenden Verfahrens ermöglicht werden; demnach muss ihm die Möglichkeit geboten werden, sich der Hilfe eines fachkundigen Beistandes bedienen zu können. Für den Fremden und dessen Rechtsschutzinteresse ist es aber nicht ausreichend, erst die Verhängung der Schubhaft mit der Begründung bekämpfen zu können, dass ihm keine Vertretung beigegeben wurde. Das Verfahrensergebnis hängt nämlich entscheidend vom Vorbringen des Fremden im Verfahren ab, wofür er den Rechtsbeistand in Anspruch nehmen können muss. Der Bescheid ist daher auch aus diesem Grund rechtswidrig (vgl. VfGH vom 02.10.2010 U 3078, 3079/09-11).

Aus diesem angeführten Gründen ist der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 02.06.2017 und die Anhaltung in Schubhaft vom 02.06.2017 bis 12.06.2017 stattzugeben und sowohl der Bescheid als auch die darauf gestützte Anhaltung für rechtswidrig zu erklären.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

6. Kostenersatz

6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als obsiegende Partei daher Kostenersatz im beantragten Umfang.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Sicherungsbedarf und Ausreichen von gelinderer Mittel sind stets Einzelfragen und somit nicht reversibel (vgl. VwGH vom 5.10.2017 Ra 2016/21/0313. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Anhaltung, gelinderes Mittel, Gesundheitszustand,
Rechtsbeistand, Rechtswidrigkeit, Schubhaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W247.2160505.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten