TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/22 W186 2220071-7

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Veröffentlicht am 22.11.2019
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Entscheidungsdatum

22.11.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W186 2220071-7/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Putzer als

Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl:

1219886107/190196616/ BMI-BFA_SZB_RD, über die weitere Anhaltung von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA.

Marokko, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 25.02.2019, Regionaldirektion Salzburg, wurde über den Beschwerdeführer

(BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Absatz 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Das BFA führte u. a. Folgendes aus:

"Verfahrensgang

-

Sie reisten am 14.02.2019 um 05:30 Uhr mittels Zug rechtswidrig über den Grenzübergang Brenner in das Bundesgebiet ein. Sie wurden um 05:35 Uhr von Beamten der AGM Steinach kontrolliert. Da Sie sich nicht mit gültigen Reisedokumenten ausweisen konnten, wurden Sie ins AGM Büro Brenner verbracht.

-

Nach nachweislicher Zustellung des Parteiengehörs am 14.02.2019 um 10:20 wurden Sie aus der Anhaltung entlassen.

-

Sie versuchten erneut nach Deutschland zu reisen und wurden am 15.02.2019 um 11:00 Uhr aufgrund einer Einreiseverweigerung seitens der deutschen Bundespolizei von der PI Salzburg Hauptbahnhof rückübernommen. Sie wurden nach den Bestimmungen des § 39 FPG festgenommen und im Anschluss ins PAZ Salzburg eingeliefert.

-

Am 15.02.2019 wurden Sie von der Polizei niederschriftlich einvernommen und wurden Ihnen fürs BFA RD Salzburg schubhaftrelevante Fragen gestellt.

-

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass 1 Eurodac-Treffer aufscheint.

-

Aufgrund des Dublin-Sachverhaltes wechselte die Zuständigkeit um 17:08 Uhr zum BFA RD Salzburg. Ab diesem Zeitpunkt befanden Sie sich gem. § 40 BFA-VG in Anhaltung.

-

Es wurde ein Konsultationsverfahren mit dem für Ihr Asylverfahren zuständigen Mitgliedsstaat eingeleitet.

-

Mit Bescheid vom Bundesamt am 15.02.2019 wurde über Sie die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

-

Mit Schreiben vom 20.02.2019 lehnte die Schweiz am 19.02.2019 aufgrund einer möglichen Zuständigkeit von Deutschland Ihre Überstellung ab und wurde am selben Tag ein Folge-KV an Deutschland versendet. Dieses wurde am 25.02.2019 ebenfalls abgelehnt, da Sie keinen Asylantrag gestellt haben und sich seit 27.01.2015 nicht in Deutschland aufgehalten haben. Somit ist die Zuständigkeit des Mitgliedsstaates gem. Art. 19 (3) Dublin III VO erloschen.

-

Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

(...)

Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht nicht fest.

Sie besitzen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

Sie werden als marokkanischer Staatsbürger geführt.

Sie unterliegen den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes.

Sie gaben an XXXX , geb. XXXX in Casablanca/Marokko, zu sein.

Sie sind als erwachsener und gesunder Mann zu qualifizieren.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Sie befinden sich unrechtmäßig in Österreich.

Im Schengener Informationssystem scheint ein von der Schweiz ausgeschriebenes Einreise-/Aufenthaltsverbot für das Schengener Gebiet auf.

Auf Grund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

Sie haben gegen das Fremdenpolizeigesetz verstoßen.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie haben keine nahen Familienangehörigen in Österreich.

Sie verfügen über kein Abhängigkeitsverhältnis zu einer zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten Person.

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Beweiswürdigung

Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender

Erwägungen:

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 1219886107 sowie der Einvernahme vom 15.02.2019.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen zu Ihrer rechtlichen Position resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes sowie aus der durchgeführten Einvernahme.

Im Schengener Informationssystem scheint ein von der Schweiz ausgeschriebenes Einreise-/Aufenthaltsverbot für das Schengener Gebiet auf.

Eine Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat ist nach dem Amtswissen des Bundesamtes innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes möglich.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem bisherigen Verhalten:

Im Schengener Informationssystem scheint ein von der Schweiz ausgeschriebenes Einreise-/Aufenthaltsverbot für das Schengener Gebiet auf. Hinzukommt, dass Sie im Bundesgebiet nicht gemeldet sind. Ihr Verhalten hat sich als nicht vertrauenswürdig erwiesen und deshalb muss das Bundesamt von einer Fluchtgefahr ausgehen. Sie versuchten erneut trotz aufrechten Einreise-/Aufenthaltsverbot für den gesamten Schengenraum in Deutschland einzureisen und nach Italien zu reisen.

Die weiteren Feststellungen ergeben sich aus den fahndungstechnischen Abfragen und Ihrer niederschriftlichen Einvernahme. (...)"

Mit Bescheid des BFA vom 18.03.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1,2,3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI). Diese Entscheidung erwuchs in weiterer Folge in Rechtkraft.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.06.2019, 12.07.2019, 08.08.2019, 04.09.2019 und 01.10.2019 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 22.10.2019 legte das BFA den Verwaltungsakt zur verfahrensgegenständlichen gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der fortgesetzten Anhaltung in Schubhaft vor. In seiner Stellungnahme wies das BFA im Wesentlichen darauf hin, dass hinsichtlich der Erteilung eines Heimreisezertifikates zuletzt bei der Botschaft Marokkos am 09.10.2019 urgiert worden sei. Es sei bis dato noch keine Identifizierung erfolgt, da der BF diverse Aliasnamen und auch Geburtsdaten bekannt gegeben und somit eine Verfahrensverzögerung durch eigenes Verschulden, ganz offensichtlich mit dem Zweck der Abschiebung zu entgehen, herbeigeführt habe. Im gegenständlichen Fall würden monatlich Urgenzen vorgenommen. Es bestünden gute Aussichten, dass in absehbarer Zeit mit einem Heimreisezertifikat zu rechnen sei, da der Schubhaftfall bevorzugt würde, das Fingerabdruckblatt des BF nachweislich schon in Marokko angekommen sei und eine Identitätsprüfung somit stattfände. Es sei auch im Fall des BF bereits persönlich beim marokkanischen Konsul urgiert worden. Dass die Schubhaft im Fall des BF bereits fast neun Monate andauere, habe sich der BF zum großen Teil selbst zuzuschreiben, da er seine Missachtung für die Rechtsordnung klar durch die unrechtmäßige Einreise, trotz zweier bestehender Einreise-/Aufenthaltsverbote im gesamten Schengenraum, ausdrückte. Angesichts des Gesamtverhaltens des BF müsse jedenfalls von einer erheblichen Ausreiseunwilligkeit und der Bereitschaft unterzutauchen bzw. weiterhin unrechtmäßig durch den Schengenraum reisen zu wollen ausgegangen werden. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates sei nicht aussichtslos und eine weitere Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig. Eine erhebliche Fluchtgefahr sei weiterhin gegeben.

Eine neuerliche Vorlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ist am 15.11.2019 erfolgt.

Die Behörde brachte dabei Folgendes vor:

"Verfahrensgang:

-

Die VP reiste am 14.02.2019 um 05:30 Uhr mittels Zug rechtswidrig über den Grenzübergang Brenner in das Bundesgebiet ein. Die VP wurde um 05:35 Uhr von Beamten der AGM Steinach kontrolliert. Da sich die VP nicht mit gültigen Reisedokumenten ausweisen konnte, wurde sie ins AGM Büro Brenner verbracht.

-

Nach nachweislicher Zustellung des Parteiengehörs vom BFA RD Tirol am 14.02.2019 um 10:20 Uhr wurde die VP aus der Anhaltung entlassen.

-

Die VP versuchte am 15.02.2019 um 11:00 Uhr erneut nach Deutschland zu reisen und wurde aufgrund einer Einreiseverweigerung seitens der deutschen Bundespolizei von der PI Salzburg Hauptbahnhof rückübernommen. Die VP wurde nach den Bestimmungen des § 39 FPG festgenommen und im Anschluss ins PAZ Salzburg verbracht.

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Am 15.02.2019 wurde die VP von der Polizei niederschriftlich einvernommen und wurden ihr fürs BFA RD Salzburg schubhaftrelevante Fragen gestellt.

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Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass 1 Eurodac-Treffer von der Schweiz aufscheint.

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Aufgrund des Dublin-Sachverhaltes wechselte die Zuständigkeit um 17:08 Uhr zum BFA RD Salzburg. Ab diesem Zeitpunkt befand sich die VP gem. § 40 BFA-VG in Anhaltung.

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Es wurde ein Konsultationsverfahren mit dem zuständigen Mitgliedsstaat eingeleitet.

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Mit Bescheid vom Bundesamt am 15.02.2019 wurde über die VP die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

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Mit Schreiben vom 20.02.2019 lehnte die Schweiz am 19.02.2019 aufgrund einer möglichen Zuständigkeit Deutschlands die Überstellung ab und wurde am selben Tag ein Folge-Konsultationsverfahren an Deutschland versendet.

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Dieses wurde am 25.02.2019 ebenfalls abgelehnt, da die VP keinen Asylantrag in Deutschland gestellt hat und sich seit 27.01.2015 nicht in Deutschland aufgehalten hat. Somit war die Zuständigkeit des Mitgliedsstaates gem. Art. 19 (3) Dublin III VO erloschen.

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Am 25.02.2019 wurde über die VP die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

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Am 28.02.2019 wurde die VP der RD Salzburg zwecks einer Einvernahme zur Beschaffung eines Heimreisezertifikates vorgeführt.

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Am 06.03.2019 erfolgte eine schriftliche Beantragung im HRZ-Verfahren.

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Am 06.03.2019 startete die VP einen Fluchtversuch aus dem AHZ Vordernberg.

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Am 07.03.2019 misslang der zweite Fluchtversuch der VP.

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Bei der 1. Schubhaftprüfung am 15.03.2019 konnten keine Umstände ermittelt werden, die gegen eine Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden.

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Am 09.04.2019 erwuchs die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in Rechtskraft.

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Am 11.04.2019 erfolgte eine schriftliche Urgenz im HRZ-Verfahren.

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Bei der 2. Schubhaftprüfung am 12.04.2019 konnten keine Umstände ermittelt werden, die gegen eine Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden.

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Bei der 3. Schubhaftprüfung am 10.05.2019 konnten keine Umstände ermittelt werden, die gegen eine Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden.

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Am 21.05.2019 erfolgte eine schriftliche Urgenz im HRZ-Verfahren.

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Bei der erfolgten 4. Schubhaftprüfung konnten ebenfalls keine Umstände ermittelt werden, die gegen die Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden.

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Am 17.06.2019 erfolgte eine schriftliche Urgenz im HRZ-Verfahren.

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Am 18.06.2019 wurde nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG die Verhängung wie auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft für rechtmäßig empfunden.

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Am 05.07.2019 wurde nach Einsichtnahme in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung festgestellt, dass die VP einen persönlichen Brief, in dem sich ein marokkanisches Dokument befand, ausgehändigt bekam. Es wurde am 05.07.2019 beim AHZ- Vordernberg um Sicherstellung dieses Dokumentes angesucht. Die VP hatte das Dokument jedoch in der Zwischenzeit zerrissen und entsorgt. Die VP gab hingegen an, dass seine Mutter ihm eine Kopie eines Reisepasses zuschicken würde und wird laut AHZ bei Einlangen dieses sichergestellt werden. Dieser Umstand deutet wiederrum auf die Vereitelung der Abschiebung und die Ausreiseunwilligkeit der VP hin.

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Am 12.07.2019 wurde im HRZ-Verfahren die Urgenzliste an das Konsulat gesendet.

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Am 12.07.2019 wurde nach Durchführung der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG die Verhängung wie auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft erneut für rechtmäßig empfunden.

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Am 18.07.2019 wurde persönlich beim marokkanischen Konsul urgiert.

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Am 08.08.2019 wurde nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG die Verhängung wie auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft für rechtmäßig empfunden.

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Am 14.08.2019 wurde eine Urgenzliste an das Konsulat gesendet.

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Am 26.08.2019 verschluckte die VP 4 Schrauben und wollte sich damit selber verletzten.

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Weiters drohte die VP am 03.09.2019 Probleme bei der Verhandlung vor dem BVwG am 04.09.2019 zu machen.

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Am 04.09.2019 wurde nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG die Verhängung wie auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft für rechtmäßig empfunden.

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Die VP wurde am 06.09.2019 wegen ungebührlichem und aggressivem Verhalten in das PAZ Wien - Hernalser Gürtel überstellt.

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Am 11.09.2019 wurde eine Urgenzliste an das Konsulat gesendet.

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Am 14.09.2019 fungierte die VP als Fluchthelfer bei dem Fluchtversuch eines Insassen.

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Mit Erkenntnis des BVwG vom 01.10.2019 wurde die Verhängung wie auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft für rechtmäßig empfunden.

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Am 09.10.2019 wurde die Urgenzliste an das Konsulat gesendet.

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Die VP wurde am 23.10.2019 in das PAZ Wien Roßauer Lände überstellt.

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Mit Erkenntnis des BVwG vom 24.10.2019 wurde erneut die Verhängung wie auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft für rechtmäßig empfunden.

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Die letzte Urgenz bei der marokkanischen Botschaft fand am 08.11.2019 statt. Es ist bis heute noch keine Identifizierung erfolgt, da der Fremde diverse Aliasnamen und auch Geburtsdaten bekannt gegeben hat und somit eine Verfahrensverzögerung durch eigenes Verschulden, ganz offensichtlich mit dem Zweck einer Abschiebung zu entgehen, herbeigeführt hat.

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Bei gegenständlichem Schubhäftling werden monatliche Urgenzen vorgenommen. Es bestehen gute Aussichten, dass in absehbarer Zeit mit einem Heimreisezertifikat zu rechnen ist, da:

1) Schubhaftfälle bevorzugt werden

2) Sein Fingerabdruckblatt nachweislich schon in Marokko angekommen ist und eine Identitätsprüfung somit stattfindet

3) Wöchentlich mit 2- 4 Heimreisezertifikaten zu rechnen ist und das Verfahren bereits fast zehn Monate läuft.

4) Der nächste Termin für eine Urgenz schon vorgemerkt ist

5) Persönlich beim marokkanischen Konsul urgiert wurde

Notwendigkeit der weiteren Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Dass die Schubhaft nunmehr bereits fast 10 Monate andauert, hat sich die VP zum großen Teil selbst zuzuschreiben, da die VP ihre Missachtung für die Rechtsordnung klar durch die unrechtmäßige Einreise, trotz zwei bestehenden Einreise-/Aufenthaltsverboten im gesamten Schengenraum, ausdrückte. Das erste Einreise-/Aufenthaltsverbot für den gesamten Schengenraum wurde am 09.03.2017 von Italien erlassen und ist bis zum 09.03.2020 gültig und das zweite wurde am 12.02.2019 von der Schweiz erlassen und ist bis zum 11.02.2022 gültig.

Angesichts des Gesamtverhaltens der VP sowie der Angaben während der niederschriftlichen Einvernahme vor der Polizei am 15.02.2019 kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass diese an ihrer Abschiebung mitwirkt und muss jedenfalls von einer erheblichen Ausreiseunwilligkeit und der Bereitschaft unterzutauchen bzw. weiterhin unrechtmäßig durch den Schengenraum reisen zu wollen ausgegangen werden.

Die Erlangung eines Heimreisezertifikates ist nicht aussichtlos und eine weitere Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig.

Sollte es zu neuen Ergebnissen im HRZ- Verfahren kommen, erfolgt eine umgehende Information an das BVwG.

Aufgrund des Verhaltens vor und während der Schubhaft, kann von einer erheblichen Fluchtgefahr ausgegangen werden.

Die VP verfügt weiterhin selbst über

• keine familiäre/soziale/berufliche Verankerung,

• keine Barmittel für die Dauer des weiteren Verfahrens,

• keine Sozial- und Krankenversicherung.

Aufgrund obiger Ausführungen liegt nach Ansicht der ho. Behörde nach wie vor ein Sicherungsbedarf sowie Verhältnismäßigkeit vor und wird höflich ersucht, die Schubhaft aufrechtzuerhalten."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang wird zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihrer Stellungnahme anlässlich der Aktenvorlage angeführten Ausführungen hinsichtlich der Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

Der volljährige Beschwerdeführer ist nicht österreichischer Staatsbürger. Seine Identität steht nicht fest, er brachte zu keinem Zeitpunkt Dokumente in Vorlage und macht divergierende Aussagen zu seiner Identität.

Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU.

Der Beschwerdeführer ist nicht rückkehrwillig und würde sich im Falle der Haftentlassung der Effektuierung der gegen ihn bestehenden rechtskräftigen aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch Untertauchen entziehen.

Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere den zitierten Vorkenntnissen, deren Entscheidungsgründe der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind unverändert gegeben.

Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates.

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

Der Grund für die Länge der Anhaltedauer liegt in der vom Beschwerdeführer bewusst herbeigeführten Notwendigkeit der Erlangung eines Heimreisezertifikats. Hätte der Beschwerdeführer von Beginn an seine wahre Identität bekannt gegeben und unverfälschte Dokumente vorgelegt, hätte die Schubhaft auf eine wesentlich kürzere Zeitspanne beschränkt werden können. Diese Umstände sind jedenfalls dem BFA nicht vorzuwerfen und trägt der Beschwerdeführer die Verantwortung dafür. Im Besonderen ist hervorzuheben, dass die Behörde dargetan hat, dass sie sich im vorliegenden Fall stetig um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. - Fortsetzung der Schubhaft

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG idF BGBl I Nr. 145/2017 (zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides) nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder,

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Abs. 2a:

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Gegen die Verfahrenspartei besteht eine gültige Rückkehrentscheidung bzw. ein zehnjähriges Einreiseverbot, eine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und festgestellt, dass eine Abschiebung aus Marokko zulässig ist und keine Frist zu einer freiwilligen Ausreise besteht. Daher ist der Zweck der Schubhaft zur Sicherstellung der Abschiebung gegeben.

§ 76 Abs. 3 FPG lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden, ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

§ 80 FPG lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern si

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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