TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/30 98/11/0099

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Veröffentlicht am 30.06.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §75 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der E in B, vertreten durch Dr. Gertraud Achleitner, Rechtsanwalt in Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 12/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 1. Dezember 1997, Zl. 5/04-17/112/2-1997, betreffend Aufforderung nach § 75 Abs. 2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, sich zur Feststellung "der weiteren geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen" binnen zwei Wochen ab Rechtskraft amtsärztlich untersuchen zu lassen.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat einen - fälschlich als Wiederaufnahmeantrag bezeichneten - weiteren Schriftsatz eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Anlaß für die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Verfügung war ein Vorfall vom 10. August 1997. Dabei wurde im Zuge eines Streites zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter von letzterer die Gendarmerie zu Hilfe gerufen. Laut dem Gendarmeriebericht vom 12. August 1997 habe die Beschwerdeführerin "durchgedreht", ihre Tochter geschlagen, sei beim Eintreffen der Gendarmeriebeamten sehr erregt gewesen und habe sich durch ihren Ehemann und "die Polizei" verfolgt gefühlt. Eine beigezogene Ärztin habe eine massive psychische Störung festgestellt und die Einlieferung der Beschwerdeführerin in die Landesnervenklinik Salzburg gemäß § 8 des Unterbringungsgesetzes veranlaßt. Wegen heftiger Gegenwehr der Beschwerdeführerin sei beim Transport in das Sanitätsfahrzeug Gewalt anzuwenden gewesen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet, daß in Anbetracht dieses Sachverhaltes Bedenken gegen ihre geistige und körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen begründet seien. Streitigkeiten im Familienverband könnten gelegentlich eskalieren, sodaß ein Beteiligter durchaus "durchdrehen" könne. Das Einschreiten unbeteiligter Personen könne zu einer weiteren Eskalation führen. Ein solcher Streit vermöge aber Bedenken an der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht zu begründen.

Vorauszuschicken ist, daß der dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegte Sachverhalt keinen Anlaß gibt, an der körperlichen Eignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu zweifeln. Die Erwähnung dieser Erteilungsvoraussetzung im Spruch des angefochtenen Bescheides ist rechtswidrig, führt aber für sich nicht zur Aufhebung des Bescheides, weil sich die Folgen einer allfälligen Nichtbefolgung der Aufforderung in Ansehung der geistigen und der körperlichen Eignung gleichartig darstellen. Zum Unterschied zur Aufforderung zur Beibringung von fachärztlichen Befunden, die sich in der Regel der Überprüfung der geistigen oder der körperlichen Eignung zuordnen lassen, kann dies von der amtsärztlichen Untersuchung nicht gesagt werden.

Zur Einleitung eines Verfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung und in dessen Verlauf zur Erlassung einer Aufforderung nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 genügt es, daß begründete Bedenken am aufrechten Bestand bestimmter Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkerberechtigung - hier der geistigen Eignung - bestehen. Die Behörde ist in diesem Stadium des Verfahrens nicht gehalten, ein Ermittlungsverfahren mit Aufnahme von Beweisen durchzuführen und konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits das Fehlen einer Voraussetzung für die Erteilung einer Lenkerberechtigung erschlossen werden kann.

Der Vorfall vom 10. August 1997 ist geeignet, relevante Bedenken zu begründen. Es handelte sich entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht bloß um einen verhältnismäßig stark eskalierten Streit im Familienverband. Eine beigezogene Ärztin konstatierte bei der Beschwerdeführerin eine massive psychische Störung und veranlaßte ihre Einweisung in ein Krankenhaus. Dort wurde die Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren 14 Tage lang angehalten und keineswegs bereits nach Ablauf einer kurzen Frist wegen Offenkundigkeit des Nichtvorliegens von krankhaften geistigen Störungen entlassen.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998110099.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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