TE Bvwg Beschluss 2019/12/5 I413 2223205-1

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Veröffentlicht am 05.12.2019
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Entscheidungsdatum

05.12.2019

Norm

AVG §13 Abs3
BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §9

Spruch

I413 2223205-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Vorsitzender und den beisitzenden Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Heike MORODER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch Dr. Walter HEEL, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 27.08.2019, XXXX, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit dem am 13.03.2019 eingelangten Antrag beantragte die Beschwerdeführerin die Neufestsetzung ihres Grades der Behinderung im Behindertenpass.

Die belangte Behörde nahm einen Sachverständigenbeweis durch den amtlichen Sachverständigen Dr XXXX auf, der in seinem Gutachten nach Untersuchung der Beschwerdeführerin einen Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. nach der EVO ermittelte und zum Schluss kam, dass keine der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (200-300m), das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Gehstöcken und Handlauf, nicht zuließen.

Aufgrund des durchgeführten Parteiengehörs erstattete der amtliche Sachverständige Dr. XXXX das Gutachten aufgrund der Aktenlage vom 11.08.2019 der in seinem Gutachten nach Untersuchung der Beschwerdeführerin einen Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. nach der EVO ermittelte und zum Schluss kam, dass keine der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (200-300m), das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Gehstöcken und Handlauf, nicht zuließen.

Mit Bescheid vom 27.08.2019, XXXX, stellte die belangte Behörde fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht mehr vorliegen und die Zusatzeintragung im Behindertenpass zu entfernen ist und schrieb der Beschwerdeführerin die unverzügliche Vorlage des Behindertenpasses vor.

Mit Schreiben vom 29.08.2019, XXXX, übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den Behindertenpass, der mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellt worden ist.

Gegen den Bescheid vom 27.08.2019 richtet sich die als "Bescheidbeschwerde" titulierte Eingabe der Beschwerdeführerin mit dem Betreff: "Behindertenpass Aberkennung - Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel", in der die Beschwerdeführerin ausführt (Orthographie gemäß Original): "Auf Grund meiner erhobenen Einwände wurde eine abermalige Überprüfung durchgeführt und trotz Fachärztlicher Atteste keine Änderung in der Beurteilung vorgenommen. Deshalb strebe ich eine Bescheidbeschwerde an. Ich befinde mich bis 24.09.2019 in Reha und kann erst anschließend erforderlich Schriftstücke durch meinen Rechtsbeistand einbringen."

Am 09.09.2019 legte die belangte Behörde einen Schriftsatz der für die Beschwerdeführerin einschreitenden Rechtsanwälte mit der Bezeichnung "Bescheidbeschwerde" vor, in dem mitgeteilt wurde, dass die einschreitenden Rechtsanwälte mit der Vertretung der Beschwerdeführerin beauftragt und bevollmächtigt worden seien und die von der Beschwerdeführerin selbst eingebrachte Beschwerde aufrechterhalten werde. Die Beschwerdeführerin sei der Überzeugung, "dass das Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage des Dr. XXXX vom 11.08.2019 zu Lasten von XXXX unrichtig ist. Demnach ist es für sie unzumutbar öffentliche Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund der Behinderung zu benützen. Wie XXXX bereits mitgeteilt hat, befindet sie sich derzeit bis 24.09.2019 auf einer Reha. Sie wird sodann anschließend die neu vorzubringenden Umstände und Beweise zur Vorlage bringen." Sodann wurde der Antrag gestellt, den Bescheid vom 27.08.2019 aufzuheben und den früheren Behindertenpass wiederherzustellen. Für die Einbringung der weiteren Beweise möge der Rechtsvertretung eine Frist bis 31.10.2019 gewährt und bewilligt werden. Zudem wurde eine Stellungnahme von Dr. XXXX vom 31.07.2019 zur Vorlage gebracht.

Mit Schreiben vom 10.09.2019 trug das Bundesverwaltungsgericht der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin auf, die Beschwerde um den Mindestinhalt einer Beschwerde gemäß § 9 VwGVG binnen einer Frist von einer Woche zu verbessern und verwies darauf, dass nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist die Beschwerde gemäß § 13 Abs 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen wird.

Mit E-Mail vom 13.09.2019, 12:23, übermittelte der einschreitende Rechtsanwalt ein Schreiben mit der Bezeichnung "Mängelverbesserung" samt Beilage.

Mit E-Mail vom 04.10.2019, 11:16, übermittelte der einschreitende Rechtsanwalt ein Schreiben mit der Bezeichnung "Schriftsatz, Urkundenvorlage" samt Beilage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang gemäß Punkt I. wird festgestellt.

Auf den Verbesserungsauftrag vom 10.09.2019 übermittelte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin die E-Mail vom 13.09.2019 samt Schriftsatz und Beilage. Dieser Schriftsatz wurde auf keine andere Weise als per E-Mail beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht.

Mit weiterer E-Mail vom 04.10.2019 übermittelte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin einen weiteren Schriftsatz samt Beilage. Dieser Schriftsatz wurde auf keine andere Weise als per E-Mail beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungsakt und in den Gerichtsakt.

Dass auf den Verbesserungsauftrag vom 10.09.2019 der einschreitende Rechtsanwalt für die Beschwerdeführerin die E-Mail vom 13.09.2019 samt Schriftsatz und Beilage eingebracht hatte, ergibt sich aus dem Sendeprotokoll dieser E-Mail. Aus dem Eingangsprotokoll zu Zl. XXXX ergibt sich, dass dieser Schriftsatz auf keine andere Weise als per E-Mail beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde.

Dass der für die Beschwerdeführerin einschreitende Rechtsanwalt mit weiterer E-Mail vom 04.10.2019 einen weiteren Schriftsatz samt Beilage übermittelt hatte, ergibt sich aus dem Sendeprotokoll dieser E-Mail. Aus dem Eingangsprotokoll zu Zl. XXXX ergibt sich, dass dieser Schriftsatz auf keine andere Weise als per E-Mail beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. In verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung durch den Senat zu erfolgen (§ 45 Abs 3 BBG). Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung (Z 1), die Bezeichnung der belangten Behörde (Z 2), die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Z 3), das Begehren (Z 4) und die Angaben zu enthalten, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist (Z 5).

Dem Beschwerdeschriftsatz der Beschwerdeführerin vom 03.09.2019 und dem Schriftsatz "Bescheidbeschwerde" vom 09.09.2019 sind die Inhalte der Beschwerde gemäß § 9 Abs 1 VwGVG nicht zu entnehmen. Es handelt sich um eine "leere Beschwerde".

Mangelt es der Beschwerde an den in § 9 Abs 1 VwGVG genannten Inhaltserfordernissen, so sind diese Mängel gemäß der - nach § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwendenden - Bestimmung des § 13 Abs 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen (vgl VwGH 17.02.2015, Ro 2014/01/0036, mwN, auf die Rsp zu § 13 Abs 3 AVG, etwa VwGH 03.11.2004, 2004/18/0200, mwN, 06.07.2011, 2011/08/0062, jeweils zum Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrags).

Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Dem Verbesserungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.09.2019 ist die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin nicht nachgekommen. Nach § 1 Abs 1 letzter Satz BVwG-elektronischer-Verkehr-Verordnung (BVwG-EVV), BGBl II Nr 515/2013 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl II Nr 222/2016, ist E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung. Ein mittels E-Mail beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachter Schriftsatz vermag daher keine Rechtswirkungen zu entfalten (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061; 15.03.2018, Ra 2017/21/0155). Im vorliegenden Fall ist der vom einschreitenden Rechtsanwalt per E-Mail vom 13.09.2019, 12:23 Uhr, übermittelte Schriftsatz "Mängelverbesserung" daher als nicht eingebracht anzusehen (VwGH 26.03.2019, Ra 2019/19/0014). Gleiches gilt für die E-Mail vom 04.10.2019.

Damit ist die Beschwerdeführerin ihrer Pflicht, die Beschwerde um die Mindestinhalte nach § 9 VwGVG zu ergänzen - was im Übrigen durch den Schriftsatz "Mängelverbesserung" nicht erfolgt wäre, da er wesentliche Mindestinhalte, insbesondere die Bezeichnung des bekämpften Bescheides, ein begründetes Vorbringen der Gründe zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides oder Angaben zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde nicht enthält - nicht nachgekommen.

Das Anbringen der Beschwerdeführerin vom 03.09.2019 war daher nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs 3 AVG zurückzuwiesen

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich bei der einen Einzelfall betreffenden Entscheidung auf die nicht als uneinheitlich zu beurteilende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auf die in Pkt. A) zitierte Rechtsprechung. Eine Rechtsfrage von Bedeutung liegt nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Schlagworte

E - Mail, Einbringung, Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I413.2223205.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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