Entscheidungsdatum
09.12.2019Norm
AlVG §1 Abs1 litaSpruch
L511 2003989-1/23E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerden der XXXX und des XXXX , beide vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a WINTERHELLER, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 15.10.2012, XXXX zu Recht (mitbeteiligte Parteien wie in Anlage 1 zum Bescheid):
A)
In Erledigung der Beschwerden wird wie folgt festgestellt:
I. XXXX unterlag aufgrund der im Zeitraum 01.02.2006 bis 28.02.2006 und im Zeitraum 09.01.2007 bis 10.03.2007 für die XXXX ausgeübten Tätigkeiten als Dienstnehmer der XXXX der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs.1 lit.a Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG).
II. Die Mitbeteiligten XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX ,
XXXX , XXXX und XXXX unterlagen in den in der Anlage 1 zum zitierten Bescheid gelisteten Zeiträumen, sowie XXXX in den in der Anlage 1 zum zitierten Bescheid gelisteten von Spruchpunkt I nicht umfassten Zeiträumen NICHT der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs.1 lit.a Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) und auch NICHT der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt
1. Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [SGKK]
1.1. Im Betrieb der beschwerdeführenden Partei XXXX [im Folgenden Schischule] wurde im Jahr 2010 hinsichtlich des Prüfzeitraumes 01.01.2006 bis 31.12.2009 eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben [GPLA] durchgeführt. Am 06.12.2011 stellte die Schischule einen Antrag auf Bescheidausstellung für die (über den Versicherungspflichtbescheid hinausgehende) Beitragsabrechnung vom 22.03.2011, sowie auf Ausstellung von Versicherungspflichtbescheiden.
1.2. Im Zuge der GPLA wurden die hauptberuflichen XXXX einvernommen, welche zusammengefasst angaben, dass sie über das schriftlich vereinbarte Entgelt hinaus Zahlungen erhielten. Es habe eine Pauschale in der Höhe von EUR 60 für 4 Stunden gegeben und man sei zumeist halbtags oder ganztags eingeteilt gewesen. Privatstunden seien mit EUR 15 entlohnt worden. Für vollzeitbeschäftigte Schilehrer*innen seien zumindest 24 Stunden Unterricht und ca. 6-8 Stunden Her- und Wegräumarbeiten vorgesehen gewesen. Als einziger Mitbeteiligter wurde XXXX einvernommen, der angab, er sei nur stundenweise, hauptsächlich für Privatstunden beschäftigt gewesen und habe EUR 7,00 bis 8,00 pro Stunde bar erhalten. Die Saisonkarte habe er selber für ca. EUR 300 gekauft.
1.3. Mit verfahrensgegenständlichem Versicherungspflichtbescheid [VPflB] vom 15.10.2012, GZ XXXX , stellte die SGKK fest, dass die Mitbeteiligten XXXX [MA], XXXX [GM], XXXX [KS], XXXX [KD], XXXX [LM], XXXX [PS], XXXX [SG], XXXX [SS], XXXX [WT] und XXXX [WM] zu den in Anlage 1 zum Bescheid angegebenen Beschäftigungszeiten aufgrund der für die Schischule in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit entgeltlich ausgeübten Tätigkeit der Pflichtversicherung in der Vollversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG unterlagen.
Begründend wurde ausgeführt, die Mitbeteiligten seien geringfügig angemeldet gewesen, wären aber einer über dieses Ausmaß hinausgehenden Beschäftigung nachgegangen. Im Zuge der GPLA sei eine Umsatzzuschätzung erfolgt, da Zahlungen außerhalb der Buchhaltung erfolgt seien. Die Mitbeteiligten hätten auch ein höheres Entgelt erhalten, als jenes mit dem sie angemeldet waren. Die Schätzung basiere im Wesentlichen auf der Einvernahme von (nicht verfahrensbeteiligten) Schilehrern bei der Finanzpolizei und der Liftkartenauswertungen gestützt. Es seien nur teilweise Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt worden, weshalb ergänzend eine Auswertung der Schilehrerliftkarten bei den Liftanlagen Obertauern durchgeführt worden sei. Diese stünden im Widerspruch zu den Arbeitsaufzeichnungen und sei bei allen Mitbeteiligten von einem höheren Stundenausmaß auszugehen.
1.4. Mit Schreiben vom 15.11.2012 wurde von der Schischule und von XXXX [ML] gegen den Versicherungspflichtbescheid fristgerecht Beschwerde [Bsw] erhoben.
Die Höherschätzung wurde bestritten. Eine stundenweise Beschäftigung sei üblich für Schilehrer, da auch Kurse etwa nur halbtags für 2 Stunden gebucht würden. Kinderschulschikurse dauerten nur 5 Tage (Sonntag bis Donnerstag); die Schilehrer seien daher freitags und am Wochenende privat schigefahren. Die Wochenberichte stellten ein Eigentum der Schilehrer dar; bei der bP aufliegende Arbeitszeitaufzeichnungen seien vorgelegt worden. Zu einzelnen Positionen wurde vorgebracht, dass etwa von 21.11.2008 bis 22.11.2008 kein Liftbetrieb gewesen und lediglich für 2 Stunden Schneeschuhwandern vorgenommen worden sei. MG sei viel privat schigefahren, SS habe an Weihnachtsfeiertagen nicht gearbeitet und im Jänner 2006 lediglich eine Woche gearbeitet. TW sei hauptberuflich Lehrerin in Wien und daher ausnahmslos in den Ferien beschäftigt gewesen. SK sei ab 21.02.2009 in einer anderen Schischule beschäftigt gewesen. GS habe nur stundenweise gearbeitet, weil er eine Tennisschule in Wien betreibe. ML habe im Zeitraum 14.04. bis 24.04. an einer Schitestung teilgenommen. Zu den Schätzungen wurde ausgeführt, dass diese nicht nachvollziehbar seien, und 100 Arbeitsstunden pro Woche entsprechen würden. Die Zuschätzung des Sachbezuges Wohnung sei ebenfalls nicht korrekt erfolgt, da nicht allen Schilehrern Wohnraum zur Verfügung gestellt worden sei.
Die übrigen Mitbeteiligten erhoben keine Beschwerde.
1.5. Mit Vorlagebericht [VB] vom 30.01.2013 (LH 3) wurde das Beschwerdeverfahren von der SGKK der damalig zuständigen Rechtsmittelbehörde, der Landeshauptfrau von Salzburg [LH], vorgelegt. Im weiteren Ermittlungsverfahren erstattete die bP eine Stellungnahme [StN] zum VB (LH 5).
Im VB wurde eine detailliertere Schätzung nachgereicht, in der StN im Wesentlichen das gleiche vorgebracht wie bereits in der Beschwerde.
2. Mit Beitragsnachverrechnungsbescheid [NVB] vom 15.10.2012, XXXX , (hg. GZ 2003989-2) verpflichtete die SGKK die beschwerdeführende Partei die mit Beitragsvorschreibung vom 22.03.2011 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge samt Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG in einer Gesamthöhe von EUR 84.216,22 zu entrichten.
Der NVB stützt sich auf den VPflB und die Ergebnisse der GPLA.
2.1. Mit Schreiben vom 15.11.2012 wurde von der Schischule gegen diesen Beitragsnachverrechnungsbescheid fristgerecht Beschwerde [Bsw] erhoben.
3. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung der oben bezeichneten zum 31.12.2013 beim Landeshauptmann von Salzburg anhängig gewesenen Verfahren gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht [BVwG] über.
3.1. Das BVwG schickte Fragebögen aus (OZ 7-13) und führte am 20.11.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der keine Partei unentschuldigt nicht teilnahm (OZ 21).
In dieser wurde das Stundenausmaß und Entgelt der Mitbeteiligten mit den Parteien im Detail erörtert.
4. Eine im Jänner 2016 abgeschlossene Anschluss-GPLA die Jahre 2010 bis 2014 betreffend führte zu einem Nachverrechnungsbetrag von EUR 164,00 plus Zinsen, wobei Lohnkonten, Saldenlisten und Buchungsjournale überprüft wurden (OZ 22).
II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. entscheidungswesentliche Feststellungen
Die beschwerdeführende Partei betreibt bereits seit mehreren Jahren eine Schischule. In den verfahrensgegenständlichen Schisaisonen 2006 bis 2009 wurden von ihr dazu etwa 15 bis 20 hauptberufliche Schilehrer*innen angestellt und auch zur Sozialversicherung vollversicherungspflichtig angemeldet. Zusätzlich wurden darüber hinaus Aushilfsschilehrer*innen, darunter die Mitbeteiligten XXXX
[MA], XXXX [GM], XXXX [KS], XXXX [KD], XXXX [LM], XXXX [PS], XXXX
[SG], XXXX [SS], XXXX [WT] und XXXX [WM] beschäftigt, welche jeweils geringfügig zur Sozialversicherung angemeldet wurden. Alle Mitbeteiligten sind ausgebildete Schilehrer*innen, GS darüber hinaus auch Schibikelehrer.
1.1. Die Entlohnung erfolgte nach geleisteten Arbeitsstunden überwiegend in Form einer wöchentlichen Barauszahlung. Für eine Arbeitsstunde betrug das Entgelt dem Kollektivvertrag entsprechend EUR 7,00.
1.1.1. Die Saisonkarte für Schilehrer*innen musste von den Mitbeteiligten, wie auch von den hauptberuflich beschäftigten Schilehrer*innen, selbst gekauft werden. Hauptberufliche Schilehrer*innen erhielten am Saisonende von der Schischule eine Zuzahlung zur Saisonkarte. Der Preis der Saisonkarte für Schilehrer*innen einer im Schigebiet ansässigen Schischule betrug im verfahrensgegenständlichem Zeitraum 2006 bis 2009 lediglich ca. 55% des Normalpreises und war auch günstiger als der (gegenüber dem Normalpreis bereits um ca. 15% verbilligte) Schilehrersaisonkartenpreis.
1.1.2. Den Mitbeteiligten MA, GM, KS, KD, PS, SS, WT und WM, wurde seitens der Schischule eine Wohngelegenheit in einer Wohngemeinschaft im Ort oder im Nachbarort zur Verfügung gestellt; GS wohnte bei Freunden, LM stammt aus der Umgebung.
1.2. Die Mitbeteiligten arbeiteten überwiegend in der Hauptsaison zwischen 1 und 4 Stunden am Tag, und konnten den Rest der Zeit mit privatem Schifahren verbringen. Die Hauptmotivation der Mitbeteiligten für die Tätigkeit war die Möglichkeit, auch privat (zu einem stark verbilligten Preis für die Saisonkarte) Schi fahren gehen zu können. PS hat etwa in einer Saison für die Landesschilehrerprüfung trainiert. KS, SS und WT waren in den Jahren 2006 bis 2009 jeweils bereits hauptberuflich tätig und arbeiteten (nur) in ihrem privaten Urlaub in der Schischule, um im Urlaub möglichst günstig Schi fahren zu können. SG und WM waren beide in Sommerbetrieben (Tennis, Wassersport) selbständig tätig und wollten in den Wintermonaten eine möglichst günstige Form des Schifahrens ausüben, wobei WM zusätzlich für Schirennen trainierte.
1.2.1. Die Motivation der Schischule, in der Hauptsaison mehrere Aushilfsschilehrer*innen parallel auf Abruf zur Verfügung zu haben, lag insbesondere darin, dass Privatstunden von den Schigästen bevorzugt am Vormittag in Anspruch genommen wurden und es daher hier einen besonders hohen zusätzlichen Bedarf an zeitlich parallel verfügbaren Schilehrer*innen gab, wohingegen für die Schikurse und für die Privatstunden am Nachmittag die Auslastung mit den vollbeschäftigten Stammschilehrer*innen gedeckt werden konnte.
1.3. XXXX hat für die Schischule im Jänner und Februar 2006 sowie im Jänner und Februar 2007 Schiguidings, insbesondere im Rahmen von Firmenincentives, durchgeführt. Dabei wurde ein individuelles Programm für die jeweilige Gruppe zusammengestellt, etwa eine geführte Schitour durch das Schigebiet, Firmenrennen,
Schlittenfahren, Eisstockschießen, Winterduathlon, ... Die Gruppen
wurden von der Schischule aquiriert und auch über diese abgerechnet. Die Tätigkiet von WM bestand in der Betreuung dieser Gruppen. Ergänzend dazu hat WM auch die Rennlaufvorbereitungen (Ausstecken, Zeitmessung vorbereiten, ...) für das wöchentliche Schischulrennen durchgeführt.
1.3.1. Die Entlohnung betrug dabei für Jänner 2006 EUR 261,00; für Februar 2006 EUR 921,60; für Jänner 2007 EUR 374,40 und für Februar 2007 EUR 504,00.
1.3.2. Ab der Saison 2007/2008 war WM - wie die übrigen Mitbeteiligten - als Aushilfsschilehrer für die Schischule tätig und wie diese auch geringfügig bei der Sozialversicherung gemeldet.
2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung
2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumente und Unterlagen, sowie durch die mündliche Verhandlung vom 20.11.2019 [VHS] (OZ 21), darunter
im nicht durchnummerierte Verfahrensakt der GKK [SGKK]:
* Gesprächsnotiz vom 17.10.2004
* GPLA Prüfbericht vom 24.03.2011
* Niederschrift über die Schlußbesprechung vom 10.02.2011
* GPLA-Berechnungsunterlagen
* Einvernahmeprotokolle [EV] der Finanzbehörden von XXXX
* Bescheide [VPFLB und NVB]
* Antrag der bP vom 07.12.2011 [A]
* Beschwerden [Bsw] samt Unterlagen, darunter Einvernahmeprotokoll und Arbeitszeitaufzeichnungen von WM (Bsw/G, ./H); Stellungnahmen von GM; SS, WT, (./D-F)
im auf das BVwG übergegangenen Verfahrensakt des LH Salzburg [LH]:
* Vorlagebericht vom 30.01.2013 [VB; LH3]
* Parteiengehör [LH 4] und die Stellungnahme vom 15.03.2013 [StN; LH5].
im hg. Gerichtsakt:
* Parteiengehör und Aufforderung zur Mitwirkung (OZ 3,6,10-11, 16-17, 20)
* Stellungnahmen (OZ 14-15, 18[=19])
* ausgefüllte Fragebögen der Mitbeteiligten (OZ 7, 12, 13, VHS /B)
* Verhandlungsschrift (VHS) samt Beilagen (./A-G)
2.2. Beweiswürdigung
2.2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen, den Liftkartenauswertungen, den Einvernahmeprotokollen der Finanzbehörden den ausgefüllten Fragebögen durch die Mitbeteiligten, sowie den Einvernahmen des Schischulleiters und der Mitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung. Die Aussagen der Mitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung waren übereinstimmend und decken sich auch mit den bereits im Jahr 2012 von einigen Mitbeteiligten verfassten schriftlichen Stellungnahmen. Insbesondere die Motivation der zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt sehr jungen Schilehrer*innen war in der Verhandlung nachvollziehbar und im Einklang mit der Lebensrealität von jungen Menschen. So ist etwa nachvollziehbar, dass Studenten in ihren Ferien bzw. gerade frisch in das Berufsleben eingestiegene junge Erwachsene einer Ferial- bzw. Urlaubsbeschäftigung nachgehen, die ihnen auch freizeittechnische Möglichkeiten erschließt, die sonst schwer leistbar wären, wobei die Möglichkeit eine sehr günstige persönliche Saisonkarte in einem beliebten Schigebiet zu erwerben von allen Beteiligten als besondere Motivation geschildert wurde.
2.2.2. Das Stundenausmaß wie auch die Höhe des Entgelts in kollektivvertraglichem Ausmaß stehen im Einklang mit den vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen aus der Saison 2008/2009. Diese weisen bei den Mitbeteiligten MA, SG, KD, LM, WT und WM jeweils maximal 2 Stunden, großteils jedoch nur eine Stunde, an einem Arbeitstag auf. GM weist mit 3 Stunden an 7 von gesamt 20 Tagen in der Saison, an denen Sie beschäftigt war, den höchsten Stundenanteil pro Tag auf. Die Arbeitszeitaufzeichnungen decken sich darüber hinaus auch mit der bereits im Jahr 2010 erfolgten Einvernahme von WM. Dass die übrigen Einvernahmen im Hinblick auf ausbezahlte Stundensätze abweichen, ergibt sich schlüssig daraus, dass es sich bei den im Jahr 2010 Einvernommenen mit Ausnahme von WM um hauptberufliche Schilehrer*innen gehandelt hat, während die Mitbeteiligten alle Aushilfsschilehrer*innen waren.
2.2.3. Die konkrete Tätigkeit von WM im Jänner und Februar 2006 sowie im Jänner und Februar 2007 ergeben sich aus den Angaben in der Verhandlung, sowie bereits in der Niederschrift aus dem Jahr 2012. Zweifel an den Ausführungen haben sich in der Verhandlung keine ergeben. Die Entlohnung ergibt sich aus den im Akt einliegenden von WM an die Schischule gestellten Rechnungen, an denen kein Grund zu zweifeln bestand.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SGKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
3.1.2. Die Beschwerden sind rechtzeitig und auch sonst zulässig.
3.2. ad Spruchpunkt I - zum Vorliegen eines abhängigen Dienstverhältnisses von WM
3.2.1. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass WM im Jänner und Februar 2006 sowie im Jänner und Februar 2007 Schiguidings und Rennlaufvorbereitungen für die Schischule durchführte; wobei dies seitens der Schischule als selbständige Tätigkeit qualifiziert wurde.
3.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof verweist in ständiger Rechtsprechung (jüngst etwa VwGH 21.08.2017, Ra2016/08/0119) auf das Erkenntnis VwGH 20.05.1980, 2397/79, in dem er sich grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigte. Danach kommt es entscheidend darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liegt ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, ankommt. Dabei unterscheidet sich der freie Dienstvertrag von einem abhängigen Dienstverhältnis durch die persönliche Unabhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind beim Werkvertrag ausschließlich auf das Endprodukt als solches gerichtet (VwGH 23.12.2016, Ra2016/08/0144 mwN; 21.09.2015, Ra2015/08/0045 mwN; 01.10.2015, Ro2015/08/0020 mwN; sowie Zehetner in Sonntag (Hrsg), ASVG8 (2017) §4 Rz87).
3.2.2.1. Bei den durchgeführten Schiguidings und Rennlaufvorbereitungen handelt es sich um eine Organisations- und Betreuungstätigkeit, welche im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - wie auch der Schiunterricht - eine Dienstleistung darstellen, wobei nach Ansicht des BVwG auch kein für den Werkvertrag notwendiger gewährleistungstauglicher Erfolg der Tätigkeit messbar ist. Von einem individualisierbaren "Werk" kann daher nicht die Rede sein, sondern liegt in der Betreuungstätigkeit vielmehr eine Vereinbarung über Dienstleistungen vor (vgl. dazu insbesondere in jüngerer Zeit VwGH 12.10.2016, Ra2016/08/0095 mwN).
3.2.3. Es bleibt somit zu prüfen, ob WM die Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Schischule (Dienstgeber gemäß § 35 ASVG) oder im Rahmen eines freien Dienstvertrags erbracht hat. Der freie Dienstvertrag im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG unterscheidet sich von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG durch das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber (vgl. VwGH 24.01.2006, 2004/08/0101 mwN).
3.2.3.1. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind die Bindung des Beschäftigten an (1) Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden (2) Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (3) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (VwGH 01.10.2015, Ra2015/08/0020, Zehetner in Sonntag (Hrsg), ASVG8, § 4). Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Absatz 2 ASVG gegeben ist, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, etwa aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages - nur beschränkt ist (VwGH 21.09.2015, Ra2015/08/0045 mwN; 31.07.2014, 2013/08/0247 mwN).
3.2.4. Gegenständlich sind die typisch für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien erfüllt. Im Hinblick auf die (1) Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten ergibt sich bei Schiguidings bereits aus der Natur der Sache, dass der Ort vorgegeben ist. Die zeitliche Gebundenheit orientierte sich am Bedarf der Schischule, über die die Guidings gebucht wurden und auf deren Rechnung sie auch durchgeführt wurden. WM verfügte als ausgebildeter Schilehrer zweifellos über die notwendige entsprechende Ausbildung, sodass er die Tätigkeit ohne weitere fachliche Anweisungen durchführen konnte (2). Er erbrachte die Tätigkeit ausschließlich persönlich und ohne weitere eigene Betriebsmittel (3).
Zusammengefasst ergibt sich aus dem Gesamtbild der Beschäftigung nach Abwägung der maßgeblichen Kriterien nach der Methode des beweglichen Systems (VwGH 11.06.2014, 2012/08/0157), dass WM letztlich (nur) über seine eigene Arbeitskraft disponierte, so dass aus Sicht des BVwG die Merkmale persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG somit jedenfalls jene, persönlicher Unabhängigkeit überwiegen (vgl. etwa VwGH 11.7.2012, 2010/08/0204, mwN; VwGH 20.02.2018, Ro2018/08/0003).
3.2.5. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Folglich kann wirtschaftliche Abhängigkeit zwar bei persönlicher Unabhängigkeit bestehen, nicht aber persönliche Abhängigkeit ohne wirtschaftliche Abhängigkeit (VwGH 24.11.2016, Ra2016/08/0011 mHa die ständige Rechtsprechung).
3.2.6. Gegenständlich lag bei WM somit ein abhängiges Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG zur beschwerdeführenden Schischule vor.
3.2.7. Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt im Jahr 2006 von täglich höchstens EUR 25,59, monatlich von höchstens EUR 333,16, im Jahr 2007 von täglich höchstens EUR 26,20, monatlich von höchstens EUR 341,16 gebührt.
Das monatliche Entgelt vom WM im Jänner 2006 betrug EUR 261,00 und lag somit unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze für das Jahr 2006, im Februar 2006 betrug es EUR 921,60 und lag daher über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze. Im Jänner 2007 betrug das monatliche Entgelt EUR 374,40, im Februar 2007 EUR 504,00, und lag somit in beiden Monaten jeweils über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze für das Jahr 2007.
3.2.8. Da das monatliche Entgelt für das abhängige Dienstverhältnis in den Zeiträumen 01.02.2006 bis 28.02.2006 und 09.01.2007 bis 10.03.2007 die jeweils geltende tägliche bzw. monatliche Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG pro Monat überschritt, ist die Vollversicherungspflicht für diese Zeiträume spruchgemäß festzustellen.
3.3. ad Spruchpunkt II
3.3.1. Im gegenständlichen Verfahren ist - mit Ausnahme der Tätigkeiten von WM in den Jahren 2006 und 2007 (siehe dazu unter 3.2) - unstrittig, dass die Mitbeteiligten zeitweilig in einem Dienstverhältnis zur Schischule standen und in diesen Zeiten auch als geringfügig Beschäftigte von der Schischule angemeldet waren. Strittig war im Verfahren lediglich die Frage des Stundenausmaßes der Tätigkeit und der Entgelthöhe, wobei die SGKK auf Grund der Liftkartenauswertungen zum Ergebnis gekommen war, dass ein über die Geringfügigkeit hinausgehendes Beschäftigungsverhältnis gegeben gewesen sei.
3.3.2. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer nach dem ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. [...] Als Dienstnehmer nach dem ASVG gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Gemäß § 5 Abs. 1 Z2 ASVG sind Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen, [...], wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen) von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung - ausgenommen. Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist bzw. für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und im Durchschnitt ein Entgelt gebührt im Jahr 2006 von täglich höchstens EUR 25,59, monatlich von höchstens EUR 333,16, im Jahr 2007 von täglich höchstens EUR 26,20, monatlich von höchstens EUR 341,16; im Jahr 2008 von täglich höchstens EUR 26,80, monatlich von höchstens EUR 349,01; im Jahr 2009 von täglich höchstens EUR 27,47, monatlich von höchstens EUR 357,74. Keine geringfügige Beschäftigung liegt [soweit verfahrensgegenständlich relevant] hingegen vor, wenn das im Kalendermonat gebührende Entgelt den in Z 2 genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit) oder die Beschäftigung im Laufe des betreffenden Kalendermonates begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde.
3.3.3. Die Zuschätzung von Personalstunden erfolgte ausschließlich auf Grund der Abweichung der Liftkartenauswertungen von den Arbeitszeitaufzeichnungen. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die Mitbeteiligten überwiegend privat mit ihrer eigenen Saisonkarte gefahren sind und daher die Liftkartenauswertungen keinen Beleg für die Beschäftigungszeit darstellen. Das BVwG vermag sich daher dem aus den Abweichungen gezogenen Schluss der belangten Behörde, es handle sich bei sämtlichen Abweichungen um "schwarz ausbezahlte Überstunden" nicht anschließen.
3.3.4. Andere Hinweise, dass die jeweiligen Beschäftigungen über das Ausmaß der Geringfügigkeit hinausgegangen wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Im Gegenteil, die vorgelegten Arbeitsaufzeichnungen weisen ein Ausmaß von max. 3 Stunden pro Tag (und dies nur an sieben Saisonarbeitstagen) bei einem kollektivvertraglichen Stundenlohn von EUR 7,00 auf. Das sich aus den geleisteten Stunden ergebende Entgelt der Mitbeteiligten lag in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen somit jedenfalls unter der jeweiligen monatlichen bzw. täglichen Geringfügigkeitsgrenzen (siehe dazu Pkt. 3.3.2).
3.3.5. Die Teilversicherungspflicht ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes im Verhältnis zur Vollversicherungspflicht aber kein Minus, sondern ein Aliud und stellt keine eingeschränkte Vollversicherung, sondern ein eigenes Rechtsinstitut dar. Die Feststellung einer Teilversicherung in einem Beschwerdeverfahren gegen die Feststellung einer Vollversicherungspflicht (oder umgekehrt) wäre daher rechtswidrig, da dies einer Auswechslung des Gegenstandes des Verfahrens entspräche (VwGH 22.12.2010, 2007/08/0243 mwN).
3.3.6. Da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ausschließlich die Vollversicherungspflicht der Dienstverhältnisse war, ist die Vollversicherungspflicht spruchgemäß zu verneinen. Die Teilversicherungspflicht wäre allenfalls in einem neuen Verfahren festzustellen.
III. ad B) Unzulässigkeit der Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebende rechtliche Subsumtion stützt sich auf die umfangreiche jeweils zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 ASVG und weicht bei der Betrachtung des gegenständlichen Einzelfalls von dieser Rechtsprechung auch nicht ab. Zu nicht wesentlich beteiligten Gesellschaftergeschäftsführern insbesondere VwGH 19.12.2012, 2010/08/0240 mwN.
Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
Schlagworte
Arbeitszeit, Dienstnehmereigenschaft, Entgelt, Feststellungen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2003989.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.03.2020