TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/30 98/05/0030

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Veröffentlicht am 30.06.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;
AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ing. Peter Proll in Wien, vertreten durch Dr. Michael Gabler und Mag. Dr. Erich Gibel, Rechtsanwälte in Wien I, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. Dezember 1997, Zl. MD-VfR - B XXIII - 72/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 18. Juli 1997 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 129 Abs. 2, 4 und 10 der Bauordnung für Wien als Eigentümer des Hauses und der Liegenschaft Wien XXIII, Pellmanngasse 15, ein baupolizeilicher Auftrag erteilt. Die Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer an der Adresse 1180 Wien, Eckperggasse 26/7, wurde am 28. Juli 1997 versucht. Aufgrund des erfolglosen Zustellversuches wurde die Verständigung über die Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt. Die Abholfrist für die beim Postamt 1180 Wien hinterlegte Sendung begann am Dienstag, dem 29. Juli 1997. Gegen den vorgenannten erstinstanzlichen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche von ihm persönlich am 1. September 1997 bei der Behörde erster Instanz überreicht worden ist.

Über Aufforderung der belangten Behörde teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. September 1997 mit, daß er den hinterlegten erstinstanzlichen Bescheid unmittelbar nach seiner "Urlaubsrückkehr (Fuschl am See/Salzburg bis Samstag den 16.8.1997) am 18.8.97 bei meinem Postamt abgeholt" habe. Über neuerliche Aufforderung durch die belangte Behörde ergänzte der Beschwerdeführer seine Stellungnahme mit Schreiben vom 3. November 1997 wie folgt:

"Während der Woche fahre ich nach meiner Arbeit zu meiner Frau und Sohn (damals noch Freundin und Sohn - seit 19.9.1997 verheiratet) nach 1020 Wien.

An Wochenenden und freigenommenen Feiertagen oder Montagen renovieren wir die Wohnung in 1180 Wien, wo wir nach der Fertigstellung gemeinsam leben wollen.

Ich bin daher öfters einige Tage in der Woche nicht in meiner Wohnung.

So auch in der Woche der Hinterlegung (29. Juli) - die Hinterlegung habe ich zu spät mitbekommen.

Vom 2.8. bis 16.8.97 war ich dann mit meiner Familie auf Urlaub in Salzburg bei Fuschl im Appartement mit meiner Schwester und Familie. Wie besprochen habe ich keine Unterlagen über Fuschl außer eine Amex-Abrechnung in Salzburg ...

Meine zweite Schwester, welche mir in der Urlaubszeit den Postkasten leert, hat mich in Salzburg angerufen. Darauf habe ich von Salzburg aus in Wien bei der Post nachgefragt - dort wurde mir gesagt, daß ich den Brief bis 18.8.97 abholen kann.

..."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. Dezember 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen. Entscheidungswesentlich wurde in der Begründung dieses Bescheides ausgeführt, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, die Rechtswirksamkeit der am 29. Juli 1997 erfolgten Zustellung durch Hinterlegung in Frage zu stellen. Zum Zeitpunkt der Hinterlegung des erstinstanzlichen Bescheides sei der Beschwerdeführer ortsanwesend gewesen; er habe es jedoch aus persönlichen Gründen unterlassen, den Postkasten zu entleeren. Erst nach Beginn der Abholfrist habe der Beschwerdeführer am 2. August 1997 seinen Urlaub angetreten und sei ab diesem Zeitpunkt ortsabwesend gewesen. Sofern die Abwesenheit von der Abgabestelle erst nach dem Zustellversuch unter Hinterlegung der Sendung sowie der Verständigung hievon beginne, habe der Empfänger rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen können. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme komme es hiebei nicht an. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, in der ihm zur Verfügung stehenden Zeitspanne vom Beginn der Abholfrist (29. Juli 1997) bis zum Urlaubsantritt

(2. August 1997) die einlangende Post zu kontrollieren, um Rechtsnachteile durch Fristversäumnisse zu vermeiden. Da die Berufung somit trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung nicht innerhalb der gesetzlichen und daher unerstreckbaren Berufungsfrist von zwei Wochen erfolgt sei, sei diese als verspätet zurückzuweisen gewesen. Der Beschwerdeführer habe sowohl im erstinstanzlichen als auch im Berufungsverfahren als Abgabestelle die Adresse Wien 18, Eckperggasse 26/7, angegeben und somit auch eine allfällige Änderung seiner Abgabestelle, zu deren Bekanntgabe er gemäß § 8 Abs. 1 Zustellgesetz verpflichtet gewesen wäre, nicht bekannt gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Zufolge des dritten Satzes des § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes gilt eine hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag, an dem sie erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt.

Der Beschwerdeführer trägt in seinen Beschwerdeausführungen vor, die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides durch Hinterlegung hätte nicht erfolgen dürfen, weil er nicht ortsanwesend gewesen sei.

In § 17 Abs. 1 Zustellgesetz wird die Zulässigkeit der Hinterlegung der Sendung nicht von der wirklichen Anwesenheit, sondern davon abhängig gemacht, ob der Zusteller Grund zur Annahme hatte, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde daher zu klären, ob die Zustellung des mit einem Rechtsmittel angefochtenen Bescheides ordnungsgemäß erfolgt ist, im gegenständlichen Fall insbesondere, ob der Zusteller Grund zur Annahme hatte, daß sich der Beschwerdeführer regelmäßig an der Abgabestelle aufhielt, und in der Folge, ob der Beschwerdeführer rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (§ 17 Abs. 3 ZustG). Letzteres hat die belangte Behörde schon deshalb ohne Rechtsirrtum bejaht, weil der Beschwerdeführer selbst in seiner über Aufforderung der belangten Behörde abgegebenen Stellungnahme vom 3. November 1997 nicht ausdrücklich behauptet hat, er habe in der Zeit zwischen der Hinterlegung des Schriftstückes und dem Urlaubsantritt (28. Juli 1997 bis 2. August 1997) die Zustelladresse nicht aufgesucht. Der Hinweis auf seine Lebensgewohnheiten während anderer Zeiträume reicht hiefür nicht aus. Im übrigen hat der Beschwerdeführer verabsäumt, Beweismittel für eine allfällige vorübergehende Abwesenheit von der Zustelladresse, die die Zustellung durch Hinterlegung unzulässig macht, anzubieten. Selbst eine allfällige Verletzung der Manuduktionspflicht über den Beginn des Fristenlaufes bei Zustellung durch Hinterlegung vermag - ungeachtet der Möglichkeit einer Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - die Rechtswirkungen einer solchen Zustellung nicht zu beseitigen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1990, Zl. 89/12/0113). Aufgrund welcher Umstände der Zusteller Grund zur Annahme haben mußte, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zustellung "nicht ortsanwesend war", wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt; der aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sich ergebende Sachverhalt bietet für eine solche Annahme keinen Anhaltpunkt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050030.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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