TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/11 G310 2219131-2

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Veröffentlicht am 11.12.2019
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Entscheidungsdatum

11.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G310 2219131-2/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Albanien vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019, Zl. XXXX betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides) zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen

Bescheids wird Folge gegeben und wird der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) beantragte am 18.04.2019 in Österreich internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, dass er aufgrund von Problemen mit Rückzahlung von Kreditschulden Verfolgung in seinem Herkunftsstaat befürchte.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Albanien festgestellt (Spruchpunkt IV. und V.), ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.), keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VII.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt VIII.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung wegen § 28 SMG vom BF eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehe. Im angefochtenen Bescheid wird dazu weiter ausgeführt:

"Für die Behörde steht fest, dass für Sie bei Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben ist. Sie bedürfen daher nicht des Schutzes Österreichs. Es ist in Ihrem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. Da Ihrem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden ist und Ihnen auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat droht, ist es Ihnen zumutbar, den Ausgang Ihres Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Ihr Interesse auf einen Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens tritt hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück."

In der Beschwerde, die sich gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, wurde bezüglich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zusammengefasst ausgeführt, dass ihm im Hinblick auf die von ihm vorgebrachte Verfolgung als Kreditschuldner von mafiösen Kreisen asylrelevante Verfolgung drohe und deswegen in eine Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention widersprechende Lage geraten werde.

Das BFA legte dem BVwG die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, wo diese am 09.12.2019 einlangten. Dies mit der Anmerkung, dass die Ehefrau und die Kinder des BF mittlerweile ebenfalls in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und diese Verfahren beim BFA anhängig sind.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber beispielsweise aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (Z1) oder schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt (Z2).

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-) Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Ablauf dieser einwöchigen Frist steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 6 BFA-VG nicht entgegen.

Eine pauschale Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bei allen Asylwerbern, die aus sicheren Herkunftsstaaten stammen, ist nicht zulässig. Die Aberkennung bedarf vielmehr - auch angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen, insbesondere der Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen vor Rechtskraft der Entscheidung über Anträge auf internationalen Schutz - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung, zumal die Zulässigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in solchen Fällen gerade vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Gnandi vs. Belgien (C-181/16 vom 19.06.2018) generell in Zweifel gezogen wird (vgl z.B. das Teilerkenntnis des BVwG in der Rechtssache W237 2201985-1 ua).

Die Aberkennung bedarf somit einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit der rechtskräftigen Verurteilung, ohne auf den vorliegenden Einzelfall Bezug zu nehmen und ohne auf die konkreten Interessen der BF an einem Verbleib in Österreich einzugehen.

Durch die Einschätzung, seinem Antrag auf internationalen Schutz sei keine Aussicht auf Erfolg beschieden, wird überdies das Ergebnis des Beschwerdeverfahrens in unzulässiger Weise vorweggenommen.

Das von dem BF behauptete reale Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen kann im Hinblick auf die beim BFA anhängigen Verfahren seiner Kernfamilie bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens nicht von vornherein ausgeschlossen werden, weswegen spruchgemäß zu entscheiden war.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C)

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2219131.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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