TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/17 G310 2226558-1

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Veröffentlicht am 17.12.2019
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Entscheidungsdatum

17.12.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1

Spruch

G310 2226558-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Slowenien, vertreten durch Mag. Michael KATHREIN, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids

wird Folge gegeben und wird der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) hält sich seit XXXX.02.2001 mit Unterbrechungen und seit XXXX.11.2003 durchgehend in Österreich auf. Von 13.04.2001 bis 26.03.2019 weist der BF Beschäftigungszeiten im Bundesgebiet auf, wobei er zwischenzeitlich auch Leistungen des Arbeitsmarktservice bezog. Er ist verwitwet und hat einen Sohn, der in Slowenien lebt. Ein Bruder des BF lebt in Österreich.

Der BF wurde einmal strafgerichtlich verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.08.2019, XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, zweiter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Jahren verurteilt. Das errechnete Strafende ist am XXXX.09.2021.

Am 23.08.2019 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mitgeteilt, dass ein Antrag auf Übernahme der Strafvollstreckung EU gem. § 42 EU-JZG beim BMVDRJ eingebracht wurde.

Am 20.09.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA).

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß §67 Abs. 1 und 2 FPG ein sechsjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit einem Verweis auf die zum Aufenthaltsverbot sowie zum nicht gewährten Durchsetzungsaufschub erfolgten Ausführungen begründet.

In der Beschwerde, die sich gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, beantragte der BF die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Hierzu wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF seit über zehn Jahren in Österreich lebe und er im Falle einer Abschiebung das Privat- und Familienleben mit seinem Bruder und seinen zahlreichen in Tirol lebenden Freunden nicht aufrechterhalten könne. Darüber hinaus sei die Abschiebung auch aufgrund des Gesundheitszustandes des BF nicht zulässig, da dieser an einer schweren Form von Diabetes leide.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, wo diese am 16.12.2019 einlangten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-) Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach § 86 Abs. 3 FPG (Dursetzungsaufschub, Rechtslage vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen. Gleiches gilt für enthaltenen Überlegungen zum Ausschluss einer aufschiebenden Wirkung der Berufung, weil die aufschiebende Wirkung einer Berufung und die Gewährung eines einmonatigen Durchsetzungsaufschubes von ihren Zwecken und ihren Wirkungen her nicht vergleichbar sind (VwGH 21.11.2006, 2006/21/0171 mwN).

Zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise genügt es nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die BF zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053).

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dem gesetzlichen Gebot, Bescheide zu begründen, ist als Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens besondere Bedeutung beizumessen. Ein Begründungsmangel kann eine wesentliche Mangelhaftigkeit darstellen (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 417 ff).

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Die kurze, schablonenhafte Begründung der Behörde zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hier nicht fallspezifisch, sondern begnügte sich mit dem Verweis auf die bisherigen Ausführungen und allgemein gehaltenen Textbausteinen, ohne auf den vorliegenden Einzelfall Bezug zu nehmen. Dabei blieb insbesondere unberücksichtigt, dass der BF, welcher an einer schweren Form der Diabetes leidet, bereits mehr als 10 Jahre im Bundesgebiet aufhältig und erwerbstätig ist. Der BF wurde zwar einmal strafgerichtlich verurteilt und verbüßte erstmals eine Strafhaft, aber kommt dem Erstvollzug im Allgemeinen eine erhöhte spezialpräventive Wirksamkeit zu.

Da sohin Anhaltspunkte für gewichtige gesundheitliche, private und familiäre Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet vorliegen und allenfalls aufgrund eines über zehnjährigen Inlandsaufenthalts der erhöhte Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz fünfter Satz FPG (nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den Verbleib im Bundesgebiet) anzuwenden ist, ist im Rahmen der vorzunehmenden Grobprüfung zu befürchten, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit der Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK verbunden ist, weswegen spruchgemäß zu entscheiden war.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2226558.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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