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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
ASVG §111 Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima LL.M., über die Revision des Mag. S G in Z, vertreten durch Mag. Stefan Weiskopf, Dr. Rainer Kappacher, Dr. Michael Kössler, Rechtsanwälte in 6500 Landeck, Malserstraße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 6. Dezember 2018, LVwG-2018/29/0339-3, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Landeck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Bestrafung nach dem ASVG richtet, zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol (LVwG) wurde der Revisionswerber - in Bestätigung bzw. teilweiser Abänderung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. Dezember 2017 - als Mitglied des Vorstands und damit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der V AG gemäß § 33 Abs. 1 und 2 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG bestraft, weil diese Gesellschaft 16 namentlich genannte Personen - alle waren Asylwerber - in näher bezeichneten Zeiträumen zwischen dem 1. Jänner 2016 und dem 22. September 2016 als Dienstnehmer beschäftigt habe, ohne sie rechtzeitig vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Pflichtversicherung angemeldet zu haben. Es wurden 16 Geldstrafen in einer Höhe zwischen EUR 365,-- bis EUR 730,-- (Ersatzfreiheitsstrafen zwischen 56 und 112 Stunden) verhängt. In weiteren acht Fällen hob das Verwaltungsgericht in Stattgebung der Beschwerde des Revisionswerbers das bekämpfte Straferkenntnis auf und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Das LVwG sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 5 Die vorliegende Revision richtet sich gegen dieses Erkenntnis im Umfang der Bestrafung in 16 Fällen. Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des § 7 Abs. 3 des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005 (GVG-B 2005). Der Wortlaut der Bestimmung spreche nicht dagegen, dass die dort genannten gemeinnützigen Hilfstätigkeiten nicht nur direkt für Bund, Land oder Gemeinden zu erbringen seien, sondern auch indirekt für Gesellschaften, welche sich - wie im vorliegenden Fall die V AG zu 96,47 % - im Eigentum der öffentlichen Hand (Gemeinden und Tourismusverband) befänden, erbracht werden könnten. Daher seien keine Dienstverhältnisse zwischen der V AG und den für sie tätigen Asylwerbern zustande gekommen. Zudem fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, dass der Flüchtlingskoordinator des Landes Tirol hinsichtlich der Beschäftigung von Asylwerbern die zuständige Behörde sei. Dies auch deshalb, weil Asylwerber außerhalb von gemeinnützigen Tätigkeiten für Bund, Land oder Gemeinden nach § 7 Abs. 3 GVG-B 2005 nicht rechtmäßig hätten beschäftigt werden können. Der Revisionswerber habe daher auf die Auskünfte des Flüchtlingskoordinators des Landes Tirol vertrauen dürfen.
6 Diese Rechtsfragen wurden in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mittlerweile geklärt. In dem die Bestrafung des Revisionswerbers nach dem AuslBG betreffenden Erkenntnis VwGH 19. November 2019, Ra 2019/09/0017, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof zusammenfassend ausgeführt, es lasse sich bereits dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 Z 2 GVG-B 2005 unzweifelhaft entnehmen, dass die gemeinnützigen Hilfstätigkeiten dem Bund, einem Land oder einer Gemeinde (seit 1. November 2017 auch einem Gemeindeverband) zu erbringen seien; dieses Auslegungsergebnis werde durch die nachfolgend vorgenommene Novellierung des § 7 GVG-B 2005 untermauert, mit der erst die Möglichkeit geschaffen worden sei, durch Verordnung des Innenministers festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Asylwerber auch bei unter dem bestimmenden Einfluss einer Gebietskörperschaft oder eines Gemeindeverbands stehenden Organisationen zu gemeinnützigen Hilfstätigkeiten herangezogen werden könnten. In den hier gegenständlichen Tatzeiträumen stand eine solche Verordnung nicht in Kraft. 7 § 7 Abs. 3 Z 2 GVG-B 2005 kam daher im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil die Asylwerber ihre Tätigkeiten für eine Aktiengesellschaft erbrachten und nicht für eine der in der genannten Bestimmung abschließend aufgezählten Gebietskörperschaften (vgl. den ein anderes Mitglied des Vorstandes der V AG betreffenden Beschluss VwGH 13.12.2019, Ra 2019/08/0024).
8 Soweit der Revisionswerber sich darauf beruft, er habe auf die Auskünfte des Flüchtlingskoordinators des Landes Tirol vertrauen dürfen, sodass ihn kein Verschulden an den unterbliebenen Anmeldungen zur Pflichtversicherung treffe, kann gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Begründung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2019, Ra 2019/08/0024, verwiesen werden, in dem der Verwaltungsgerichtshof einem gleichlautenden Vorbringen eines anderen Vorstandes der V AG entgegengetreten ist.
9 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Februar 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019080023.L00Im RIS seit
12.05.2020Zuletzt aktualisiert am
12.05.2020