Entscheidungsdatum
29.11.2018Norm
AVG §74 Abs2Spruch
I405 1228862-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 28.04.2015, Zl. 231239707, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Das Kostenbegehren des Beschwerdeführers wird gemäß § 17 VwGVG iVm. § 74 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste 2002 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 23.05.2002 einen Asylantrag, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2002, Zl. 02 13.436-BAE, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I 1997/76 sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 AsylG 1997 abgewiesen wurde. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 22.12.2009, Zl. A6 228.862-0/2008/16E, als unbegründet abgewiesen.
2. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX, Zl. XXXX, wegen § 27 Abs. 1 und 2, 1. Fall SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten rechtskräftig verurteilt. Des Weiteren wurde der BF mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX, wegen § 241e/3 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt.
3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 15.02.2010, Zl. III-110159/FrB/10, wurde der BF gemäß § 53 Abs. 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 ausgewiesen. Der dagegen gerichteten Berufung wurde mit Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 04.05.2010, Zl. E1/94.674/2010, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
4. Aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilungen wurde gegen den BF mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 11.05.2010, Zl. III-1.110.159/FrB/10, ein Rückkehrverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen. Der dagegen gerichteten Berufung wurde mit Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 28.09.2010, Zl. E1/206.975/2010, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
5. Mit weiterem Urteil des Landesgerichts XXXX, wurde der BF wegen §§ 146, 148 1. und 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten rechtskräftig verurteilt.
6. Am 16.01.2012 wurde der BF aus der XXXX entlassen, da ihm mit Beschluss des Landesgerichts XXXX ein Strafaufschub bis zum XXXX gewährt wurde, damit er sich der notwendigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen unterzieht.
7. Daraufhin wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 09.02.2012, Zl. III-1.110.159/FRB/12, dem BF eine Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG von 09.02.2012 bis 09.02.2013 ausgestellt, welche auch in der Folge mit Bescheid vom 01.03.2013, Zl. 1.336.353/FRB/13, für ein weiteres Jahr, nämlich von 01.03.2013 bis 16.01.2014 verlängert wurde.
8. Am 14.01.2014 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf neuerliche Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 2 FPG, zumal die gleichen Voraussetzungen vorliegen würden und sich der BF nach wie vor im Gründen Kreis, eine Einrichtung zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Menschen in Therapie befinde.
9. Mit Verständigung von der Beweisaufnahme vom 07.02.2014 wurde der BF vom BFA darüber informiert, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Duldung abzuweisen, da die Gründe, die zur amtswegigen Duldung geführt hätten, bereits weggefallen seien, zumal der Strafaufschub bereits abgelaufen sei und keine tatsächlichen Gründe mehr einer Abschiebung entgegenstehen würden.
10. In der Stellungnahme vom 28.02.2014 wiederholte der BF, dass er weiterhin in Behandlung sei und auf diese angewiesen sei. Auch habe sich sonst nichts wesentlich geändert. Der Stellungnahme wurde ein Schreiben des XXXX beigelegt.
11. Mit angefochtenem Bescheid vom 28.04.2015 wies die belangte Behörde den Antrag auf Stellung einer Karte für Geduldete gemäß gemäß § 46a Abs 1a FPG ab.
12. Der BF erhob mit Schriftsatz vom 18.05.2015 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Als Beschwerdegrund machte der BF mangelhafte Beweiswürdigung, unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend.
13. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.09.2018 in Anwesenheit des BF, seiner Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1. Zum Spruchteil A) I. Abweisung der Beschwerde:
3.2. Für das Bundesverwaltungsgericht ist grundsätzlich die Sach-und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblich, soweit gesetzlich nichts anderes angeordnet ist. Mangels gegenteiliger gesetzlicher Anordnung ist im gegenständlichen Fall jene Rechtslage anzuwenden, wie sie zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht vorliegt, weshalb das ho. Gericht nicht jene Fassung des §46a FPG, wie sie zum Zeitpunkt der Antragstellung, sondern § 46a FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 anzuwenden hat.
Der mit "Duldung" überschriebene § 46a FPG in der hier anzuwendenden Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 (FrÄG 2015), BGBl I Nr. 70/2015, lautet:
"§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange
1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;
2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;
3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder
4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;
es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an.
(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.
(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen jedenfalls vor, wenn er
1. seine Identität verschleiert,
2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder
3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.
(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn
1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;
2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;
3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder
4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.
Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.
(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet."
Gemäß § 126 Abs. 15 FPG in der Fassung des FrÄG 2015 trat § 46a mit 20. Juli 2015 in Kraft.
3.3. In den Erläuternden Bemerkungen (Regierungsvorlage) zu dieser Novelle BGBl. I Nr. 70/2015 (582 der Beilagen XXV. GP) wird zu Z 25 (§ 46a) ausgeführt:
"Die mit Ausnahme der Behördenbezeichnung gleichlautende Bestimmung des § 46a Abs. 1a idF BGBl. I Nr. 38/2011 wurde vom Verfassungsgerichtshof einem Gesetzesprüfverfahren unterzogen und als verfassungskonform bestätigt (vgl. VfGH vom 9. Dezember 2014, G 160-162/2014): Nach der bisher geltenden Rechtslage "wirkt" die Duldung aus tatsächlichen Gründen im Sinne des bisher geltenden Abs. 1a bereits mit Eintreten der Voraussetzungen. Dies führt in der Praxis für Fremde, die Behörden und die Exekutivbeamten zu zahlreichen Problemen: Für den Exekutivbediensteten ist anlässlich einer Personenkontrolle nicht feststellbar, ob der Fremde geduldet ist, wenn dieser noch über keinen entsprechenden Nachweis verfügt. Dies könnte sogar zu einer vorübergehenden Festnahme führen. Für die Verwaltungsstrafbehörde wären umfangreiche Ermittlungen dahingehend erforderlich, ob der Strafbarkeitsausschließungsgrund des § 120 Abs. 5 Z 2 vorliegt, was gerade in Anbetracht des § 5 Abs. 1 VStG die Behörde und den rechtsunkundigen Fremden vor Herausforderungen stellt.
Bisher entstand die Duldung mit dem Zeitpunkt, in dem feststand, dass die Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung auf Dauer gegeben sind; etwa wenn sich die Berufsvertretungsbehörde weigert, ein Ersatzreisedokument auszustellen. Dies war im Regelfall weder dem Exekutivbeamten noch der Verwaltungsstrafbehörde bekannt, sodass dies zu einem Mehraufwand für das Bundesamt im Rahmen der Journaldienste oder Anfragen anderer Behörden führte.
Gerade wenn der Fremde anfänglich nicht mitwirkt und später aber seinen Verpflichtungen nachkommt, ist die Feststellung des Zeitpunktes, ab dem der Fremde geduldet ist, problematisch (im Gegensatz zu den Fällen, bei denen mit Bescheid über die Unzulässigkeit der Abschiebung abgesprochen wird). Dies ist etwa auch für die Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen relevant. Daher sollen nun die Systematik der Duldung grundlegend überarbeitet und Redaktionsversehen beseitigt werden, um ein Mehr an Rechtssicherheit - für den Fremden wie für die verschiedenen Behörden - zu erreichen.
Zu Abs. 1:
Der neugefasste Abs. 1 gibt nun einen Überblick über sämtliche
Formen der Duldung: Die Duldung aus rechtlichen Gründen wegen Unzulässigkeit der Abschiebung gem. §§ 50, 51 und 52 Abs. 9 FPG sowie gem. §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005, die Duldung aus tatsächlichen, von Fremden nicht zu vertretenden Gründen (insbesondere mangels Erlangung eines Ersatzreisedokuments) sowie die Duldung aus rechtlichen Gründen wegen vorübergehender Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung.
Da die Duldung einen Aufenthaltstitel im Sinne des Art. 2 lit. l Dublin-Verordnung darstellt und somit zu einem Zuständigkeitsübergang auf Österreich im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Dublin-Verordnung führen würde, liegt bei aufrechter Anordnung zur Außerlandesbringung (sei es im Asylverfahren, sei es im ausschließlich fremdenrechtlichen Verfahren) keine Duldung vor. Liegt in derartigen Fällen ein Abschiebehindernis von Dauer vor oder kann die Überstellung - aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen - nicht durchgeführt werden, so führt dies jedenfalls zu einem Übergang der Zuständigkeit auf Österreich durch Selbsteintritt oder aufgrund Ablaufs der Überstellungsfrist. Daher erweist sich hier eine Duldung nicht als notwendig und sinnvoll, zumal bereits in § 61 Abs. 3 unter bestimmten Umständen ein vorübergehender Durchführungsaufschub vorgesehen ist. Letztlich wird durch diese Ausnahme von der Duldung keine neue Regelung eingeführt, da diese bereits in der Stammfassung und den früheren Fassungen des § 46a vorgesehen war.
Der bisherige Abs. 1c kann entfallen, da diese Bestimmungen nun bereits in Abs. 1 Z 4 enthalten sind.
Zu Abs. 2:
Die Änderungen des Abs. 2 umfassen nur der neuen Systematik geschuldete und sonstige redaktionelle Änderungen. Auflagen im Sinne des § 56 können bereits während anhängiger Duldungsverfahren auferlegt werden, im abschließenden Bescheid ist auch über deren Fortdauer anzusprechen.
Zu Abs. 3:
Dieser Absatz entspricht dem bisherigen Abs. 1b.
Zu Abs. 4:
In Abs. 4 wird klargestellt, dass die Karte für Geduldete sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen ausgestellt werden kann. Wird die Ausstellung der Karte für Geduldete beantragt, so ist der Grund (Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4) auf welchen sich die Duldung stützt, ausdrücklich zu bezeichnen. Die Behörde hat diesfalls zu prüfen, ob die bezeichneten Voraussetzungen für die Duldung vorliegen und je nach Prüfungsergebnis die Karte auszustellen oder den Antrag ab- bzw. zurückzuweisen.
Zu Abs. 5:
Der neue Abs. 5 dient im Vergleich zur bisherigen Rechtslage der Klarstellung der Gültigkeitsdauer der Karte für Geduldete. Dieser Absatz ist an die Bestimmungen über Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen angepasst, um den Vollzug zu erleichtern.
Zu Abs. 6:
Der neue Abs. 6 regelt den Beginn der Duldung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Ausstellung der Karte für Geduldete. Die Systematik ist den Bestimmungen für die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 58 AsylG 2005) nachgebildet: Grundsätzlich beginnt im Falle der Beantragung die Duldung mit Ausfolgung der Karte, da diese diesfalls an Stelle der Ausfertigung des Bescheides tritt. Wird hingegen vor Ausfolgung der Karte mit einem Bescheid über die Unzulässigkeit oder Unmöglichkeit der Abschiebung oder vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung abgesprochen, so beginnt die Duldung mit Rechtskraft des Bescheids und das Bundesamt hat zusätzlich eine Karte auszufolgen.
Hinsichtlich der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1 ist anzumerken, dass je nach aufenthaltsbeendender Maßnahme bereits über die Zulässigkeit der Abschiebung entschieden wurde (etwa § 52 Abs. 9, § 61 Abs. 3). Ändert sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt, sodass nun die Abschiebung im Lichte des § 50 Abs. 1 oder 2 unzulässig wäre, so hat das Bundesamt neuerlich über die nunmehrige Unzulässigkeit von Amts wegen oder auf Antrag nach Abs. 1 Z 1 abzusprechen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass ein Antrag nach Abs. 1 Z 1 allenfalls ins Leere geht, sofern der Fremde die Unzulässigkeit der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat behauptet. In diesem Fall hat der Fremde derartige Gründe durch einen Antrag auf internationalen Schutz (bzw. nach § 51 Abs. 2) geltend zu machen. Diesfalls ist gemäß den Bestimmungen des AsylG zu verfahren, was gegebenenfalls zur Anwendung des Abs. 1 Z 2 führen kann (siehe VwGH vom 28. August 2014, 2013/21/0218).
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass diese Duldungsformen nur bei Drittstaatsangehörigen in Betracht kommen. Bei der Ausweisung und dem Aufenthaltsverbot, betreffend Unionsbürger, EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige würden die entsprechenden Voraussetzungen ohnehin zu einem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht führen; ein allfälliger Antrag wäre daher als unzulässig zurückzuweisen.
Gerade die Duldung aus tatsächlichen Gründen (Abs. 1 Z 3) wird regelmäßig über Antrag des Fremden erfolgen. Diesfalls kann der Betroffene einen Antrag auf Ausstellung einer Karte gemäß Abs. 4 stellen. Im Rahmen des Verfahrens ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen. Ist dies der Fall, so ist die Karte auszufolgen und es bedarf keines Bescheides. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, so ist der Antrag abzuweisen. Dasselbe gilt, wenn nachträglich die Gründe des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG eintreten, d.h. aufgrund nachträglich entstandener Gründe die Außerlandesbringung im Lichte des Art. 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben) vorübergehend unzulässig ist.
Für die Beendigung der Duldung bei Wegfall der Voraussetzungen bedarf es keiner besonderen Verfahrensvorschriften: Diesfalls ist je nach Umständen neu über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung abzusprechen (§ 52 Abs. 9) oder der Feststellungsbescheid über die Unzulässigkeit der Abschiebung von Amts wegen abzuändern (§ 51 Abs. 5), eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu erlassen (Abs. 1 Z 2 und Z 3) oder bloß die Karte zu entziehen (Abs. 1 Z 1 bei vorläufiger Maßnahme des EGMR, wenn diese wegfällt und kein Konventionsverstoß vorliegt; Abs. 1 Z 3, etwa wenn nunmehr ein Ersatzreisedokument erlangt werden kann). Liegt keine aufrechte aufenthaltsbeendende Maßnahme vor, so ist jedenfalls eine zu erlassen.
Mit dem Bescheid über eine aufenthaltsbeendende Maßnahme oder Zulässigkeit der Abschiebung kann die Entziehung der Karte verbunden werden. Ist lediglich die Karte zu entziehen, so wird dies im Rechtsschutzinteresse des Fremden mit Bescheid erfolgen."
3.4. Vorweg bleibt festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall sich der Antrag des BF auf Feststellung der tatsächlichen von ihm nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 46a Abs. 1a FPG (nunmehr: § 46a Abs. 1 Z 3) sowie auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 2 FPG (nunmehr: § 46a Abs. 4 FPG) richtete. Der Antrag wurde von der belangten Behörde daher rechtsrichtig einer meritorischen Entscheidung zugeführt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Gründe, die zur amtswegigen Duldung geführt hätten, bereits weggefallen seien, zumal der Strafaufschub bereits abgelaufen sei und keine tatsächlichen Gründe mehr einer Abschiebung entgegenstehen würden.
Der BF stützt seinen Antrag im gegenständlichen Fall darauf, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen iS von nunmehr anzuwendenden § 46a Abs. 1 Z 3 FPG unmöglich erscheine, zumal er sich nach wie vor beim XXXX in Behandlung befinde und sich auch sonst nichts geändert hätte.
Die belangte Behörde hatte dagegen argumentiert, dass die Gründe, die zur amtswegigen Duldung geführt hätten, bereits weggefallen seien, zumal der Strafaufschub bereits abgelaufen sei und keine tatsächlichen Gründe mehr einer Abschiebung entgegenstehen würden. Es trifft zwar zu, dass die Frist des gewährten Strafaufschubes abgelaufen war, jedoch befand sich zum damaligen Zeitpunkt der BF nach wie vor im Grünen Kreis in Behandlung, was vom BFA nicht berücksichtigt wurde.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Gerichts ist der BF hingegen beim Grünen Kreis nicht mehr in Behandlung. So gab der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 26.09.2018 vor der erkennenden Richterin an, dass die Behandlung beim Grünen Kreis bereits vor zwei Jahren abgeschlossen sei, er nunmehr drogenfrei sei und ein ausgeprägtes Privat- und Familienleben in Österreich führe, wovon sich auch das erkennende Gericht überzeugen konnte.
Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage sind daher die Gründe, die zur amtswegigen Duldung geführt hatten, bereits weggefallen, weshalb die Beschwerde daher spruchgemäß als unbegründet anzuweisen war.
4. Zum Spruchteil A) II. Zurückweisung des Kostenbegehrens:
Den Ersatz von Verfahrenskosten sieht das VwGVG nur in den besonderen Fällen der Maßnahme- oder Verhaltensbeschwerde vor (§§ 35, 53 VwGVG). Das - in Ermangelung sonstiger Regelungen des VwGVG zum Kostenersatz anzuwendende - AVG (§ 17 VwGVG) normiert als Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 74 Abs. 1 AVG). Dieser Grundsatz gilt für sämtliche Parteienkosten, also etwa Anwaltskosten, Kosten für Privatgutachten etc (VwSlg. 16.636 A/2005 mwN). Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen können in den Verwaltungsvorschriften zwar vorgesehen sein (§ 74 Abs. 2 AVG), sind aber für die im Beschwerdefall strittige Materie nicht vorhanden. Das Kostenersatzbegehren ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
5. Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Geldstrafe, Karte für Geduldete, Kostenersatz, Kostentragung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I405.1228862.2.00Zuletzt aktualisiert am
04.03.2020