TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/9 I422 2198454-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2019
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Entscheidungsdatum

09.05.2019

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §55
FPG §57
FPG §57 Abs1
FPG §57 Abs2
FPG §57 Abs6
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §22 Abs1
VwGVG §22 Abs2
VwGVG §22 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I406 1416319-3/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL über die Beschwerde des XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Rechtsanwälte Dellasega & Kapferer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2015, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.05.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt I., erster Satz zu lauten hat:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wird Ihnen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste im Oktober 2010 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 16.10.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2010, Zl. XXXX, wurde sein Antrag auf internationalen Schutz vom 16.10.2010 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 i. V.m. § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Absatz 1 i.V.m. § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Absatz 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bun-desgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die dagegen am 09.11.2010 erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 07.10.2015 zur Zl. 1416319-2/21E als unbegründet ab und verwies die Angelegenheit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 Asylgesetz 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.

Am 04.12.2015 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde.

Mit Bescheid vom 19.12.2015 zur Zl. XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Mit Verfahrensanordnung vom 22.12.2015 stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG den Verein Menschenrechte Österreich amtswegig zur Seite.

Mit Eingabe vom 07.01.2016 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, Beschwerde.

Mit Eingabe vom 04.06.2018 gaben die Rechtsanwälte Dr. Martin DELLASEGA und Dr. Max KAPFERER bekannt, den Beschwerdeführer zu vertreten, und dass das Vollmachtsverhältnis mit RA Edward W. DAIGNEAULT aufgelöst sei.

Mit Eingabe vom 25.08.2018 übermittelte der Rechtsvertreter einen Arbeitsvorvertrag des Beschwerdeführers.

Mit Schreiben vom 17.04.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat zum rechtlichen Gehör, sowie Fragen zu seiner persönlichen Situation.

Am 16.05.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Soweit er namentlich genannt wird, dient dies lediglich seiner Identifizierung als Verfahrenspartei, nicht jedoch einer Vorfragebeurteilung im Sinn des § 38 AVG.

Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsbürgerschaft und Herkunft.

Im Strafregister der Republik scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) XXXX vom 23.02.2011 RK 23.02.2011

PAR 27 ABS 1/1 (8. FALL) U ABS 3 SMG

PAR 15 StGB

PAR 27 ABS 1/1 (1.2. FALL) SMG

Datum der (letzten) Tat 14.01.2011

Freiheitsstrafe 7 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 23.02.2011

zu LG XXXX 23.02.2011

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 23.02.2011

LG XXXX vom 04.03.2011

zu LG XXXX 23.02.2011

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 29.04.2011

zu LG XXXX 23.02.2011

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 23.02.2011

LG XXXX vom 15.09.2016

02) LG XXXX vom 29.04.2011 RK 03.05.2011

PAR 27 ABS 1/1 (8. FALL) 27/3 SMG

Datum der (letzten) Tat 22.03.2011

Freiheitsstrafe 9 Monate

Vollzugsdatum 22.09.2011

zu LG XXXX03.05.2011

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 22.09.2011, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

XXXX.LDS.GERICHT XXXX vom 28.07.2011

zu LG XXXX 03.05.2011

Aus der Freiheitsstrafe entlassen, endgültig

Vollzugsdatum 22.09.2011

LG XXXX vom 21.10.2014

03) BG XXXX vom 20.06.2017 RK 30.01.2018

§ 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 11.03.2017

Geldstrafe von 100 Tags zu je 4,00 EUR (400,00 EUR) im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

Nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragung(en) ...

... ist der Tilgungszeitraum (zur Zeit) nicht errechenbar.

... ist die Auskunftsbeschränkung ausgeschlossen.

Der Beschwerdeführer hat am 31.07.2017 die A2-Prüfung für Deutsch abgelegt und beherrscht die deutsche Sprache auf einfachem Niveau.

Der Beschwerdeführer verfügt über mehrjährige Schulbildung im Herkunftsstaat und war dort als Schweißer berufstätig; er war im Herkunftsstaat verheiratet und trennte sich vor Verlassen des Herkunftsstaates von seiner Ehefrau, zudem hat der Beschwerdeführer einen Sohn in Nigeria.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben.

Der Beschwerdeführer bezieht keine Grundversorgung; er verdient durch den Verkauf von Straßenzeitungen monatlich ca. Euro 500,00 und verfügt über einen Arbeitsvorvertrag.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich keine (Liebes)beziehung, er pflegt jedoch private Bekanntschaften und war im Jahr 2015 mehrere Monate gemeinnützig tätig.

1.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung

Wie aus den aktuellen Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, die ebenfalls dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen, hervorgeht, liegt für den Beschwerdeführer bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr einer Verletzung der Artikel 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr.13 zur Konvention nicht vor, auch ist der Herkunftsstaat weder in einen internationalen noch innerstaatlichen Konflikt verwickelt und für den Beschwerdeführer als Zivilperson im Fall einer Rückkehr keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes zu erwarten oder dass er im Fall einer Rückkehr in eine existenzbedrohende oder medizinische Notlage geriete.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels Vorlage geeigneter Dokumente nicht fest.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Delinquenz des Beschwerdeführers beruht auf dem Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellungen zu Staatsbürgerschaft, Herkunft, Schulbildung, Berufstätigkeit und familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsland und zi den nicht gegebenen familiären Anknüpfungspunkten in Österreich beruhen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen zu den Anknüpfungspunkten sowie zur Erwerbssituation in Österreich beruhen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben sowie den von ihm vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung betreffend die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers beruht auf dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie den von ihm vorgelegten Unterlagen.

2.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in das Verfahren eingebrachten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Dabei wurden Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen auch nicht konkret und substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung

Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz:

Im ersten Spruchteil des Spruchpunktes III des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde (u.a.) aus, dass dem Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt werde.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise.

Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Satz des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides in merito über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Asylgesetz 2005. Jedoch hat der Verwaltungsgerichthof seinem Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2015/21/0174, mwN, klargestellt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 Asylgesetz 2005 abzusprechen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind und über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 von der belangten Behörde angesichts der zugleich getroffenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz nicht abgesprochen werden durfte, war der Spruchpunkt I entsprechend abzuändern.

Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Satz des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides in merito über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Asylgesetz 2005.

Jedoch hat der Verwaltungsgerichthof seinem Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2015/21/0174, mwN, klargestellt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 Asylgesetz 2005 abzusprechen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind und über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 von der belangten Behörde angesichts der zugleich getroffenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz nicht abgesprochen werden durfte, war der Spruchpunkt I entsprechend abzuändern.

Da das Asylverfahren des Beschwerdeführers negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 gestützt.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hält sich seit (spätestens) Oktober 2010 und dies lediglich auf Grundlage eines unbegründeten Asylantrages in Österreich auf.

Er führt in Österreich weder eine Ehe noch eine eheähnliche Beziehung noch hat er Kinder, Verwandte oder sonstige nahe Angehörige in Österreich. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf Schutz des Familienlebens.

Die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich beträgt einerseits rund neuneinhalb Jahre und ist daher in Bezug auf die reine Zeitdauer beachtlich.

Andererseits jedoch ist seine Integration schwach ausgeprägt, besonders ist dabei in Zusammenhang mit den für eine Integration entscheidenden Sprachkenntnissen zu beachten, dass der Beschwerdeführer zwar die A2-Prüfung für Deutsch abgelegt hat, dies jedoch erst am 31.07.2017 und damit erst beinahe nach siebenjährigem Aufenthalt, zudem, wie bereits ausgeführt, lediglich auf dem Niveau A2-Prüfung, dementsprechend beherrscht er die deutsche Sprache auch nur auf einfachem Niveau.

Angesichts seines langen Aufenthaltes sind seine vergleichsweise geringen Sprachkenntnisse somit zu seinen Ungunsten zu werten.

Zugunsten des Beschwerdeführers zu werten sind seine Bemühungen, sich selbst zu erhalten.

Zur Rückehrsituation ist zu beachten:

Der Beschwerdeführer beherrscht nach wie vor sowohl die Sprache, sodass auch seine Resozialisierung und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an keiner Sprachbarriere scheitert und von diesem Gesichtspunkt her möglich ist.

Da erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, dort berufstätig war und er dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zu diesem bestehen. Es kann daher nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden würde.

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

Erheblich zuungunsten des Beschwerdeführers zu werten ist seine strafrechtliche Delinquenz:

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 23.02.2011 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 14.01.2011 gewerbsmäßig anderen durch gewinnbringenden Verkauf Suchtgift überlassen zu haben, weiters, versucht zu haben, Suchtgift zu überlassen sowie vom Dezember 2001 bis zum 14.01.2011 zweimal wöchentlich eine nicht mehr feststellbare Menge Marihuana erworben und besessen zu haben.

Daher wurde er wegen des Vergehens des teils versuchen, teils vollendeten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach den §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, Abs. 3 SMG, 15 StGB, sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, verurteilt.

Als mildernd wertete das Gericht dabei das reumütige Geständnis sowie dass es teilweise beim Versuch blieb.

Bereits am 22.03.2011 überließ der Beschwerdeführer im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mitangeklagten einer dritten Person gewerbsmäßig vorschriftswidrig Suchtgift und wurde deswegen wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Als mildernd wertete das Gericht dabei das umfassende Geständnis sowie die Sicherstellung des Suchtgiftes, als erschwerend die einschlägige Vorstrafe sowie den sofortigen Rückfall in der Probezeit.

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX zur Zahl XXXX vom 20.06.2017 und Berufungsurteil des Landesgerichtes XXXX vom 30.01.2018, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 11.03.2017 ein Handy, welches eine - in der Folge eingeschlafene - Mitreisende auf einer Sitzbank abgelegt hatte, gemeinsam mit in dessen Schutzhülle befindlichen Euro 250,00, an sich genommen zu haben und mit diesem aus dem Zug ausgestiegen zu sein, wobei das Gericht zum Vorsatz des Beschwerdeführers festhielt, es habe diesem auf jeden Fall klar sein müssen, dass dieses Mobiltelefon von einer Person aufgrund eines Versehens am Sitzplatz zurückgelassen worden sein müsse, dies gelte auch für die später geäußerte Verantwortung des Beschwerdeführers, das Handy sei bereits auf den Boden gefallen gewesen.

Aus diesem Grund wurde der Beschwerdeführer gemäß § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu Euro 4,00 verurteilt.

Wenn der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Verurteilung wegen Diebstahl wiederholt ausführt, es habe sich um keinen solchen gehandelt, vielmehr habe er lediglich das Handy vom Boden aufgehoben und vergessen zurückzugeben, gibt er damit - angesichts der Ausführungen des Strafgerichtes sowie des Berufungsgerichtes, wonach ihm jedenfalls bewusst sein habe müssen, dass es sich bei dem Handy um das Eigentum einer anderen Person handle, er somit einen Zueignungsvorsatz gehabt habe - deutlich zu erkennen, dass es ihm an jeglichem Unrechtsbewusstsein betreffend die Tathandlung mangelt, auf Grund derer er vom Strafgericht verurteilt worden war. Daher ist auch im Zuge einer Zukunftsprognose davon auszugehen, dass eine vergleichbare Delinquenz des Beschwerdeführers auch in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden kann.

Den nicht gegebenen familiären und schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen somit das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, an der Verhinderung von Eigentumsdelikten sowie das besonders schwerwiegende öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtmittelkriminalität gegenüber, auch wenn die zwei Verurteilungen wegen Suchtmitteldelikten bereits rund acht Jahre zurückliegen, wobei jedoch andererseits erschwerend hinzukommt, dass der Beschwerdeführer das strafbare Verhalten bereits kurze Zeit nach seiner Einreise setzte; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 2002, Zl. 98/18/0260, vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0365, vom 3. Mai 2005, Zl. 2005/18/0076, vom 17. Jänner 2006, Zl. 2006/18/0001, und vom 9. September 2014, Zl. 2013/22/0246). Angesichts der verheerenden Folgen des Drogenkonsums für die Rechtsgüter Leib und Leben ist im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere das Interesse an der Verhinderung der Suchtmittelkriminalität als äußerst hoch zu bewerten.

Vor diesem Hintergrund und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen ist ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers jedenfalls im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig und die Rückkehrentscheidung darüber hinaus erforderlich.

Daher war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl die oben angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen sind aufgrund der klaren Rechtslage nicht hervorgekommen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Ausreiseverpflichtung, Gefahr im
Verzug, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Privat- und
Familienleben, private Interessen, Unterkunft, Vorschreibung,
Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I422.2198454.3.00

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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