TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/31 G306 2013581-3

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Veröffentlicht am 31.07.2019
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Entscheidungsdatum

31.07.2019

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G306 2013581-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2018, Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 07.10.2014, nach erfolgter illegaler Einreise, einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 13.10.2014 wurde der Antrag für Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) abgewiesen. In Einem wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BvWG) wurde mit Beschluss vom 04.12.2014 stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Neuerlassung eines Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

Mit Bescheid vom 08.09.2016 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz neuerlich ab und erkannte auch keinen subsidiären Schutz zu. Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 2 Wochen eingeräumt. Die dagegen eingebrachte Beschwerde an das BVwG wurde mit Erkenntnis vom 11.01.2017 als unbegründet abgewiesen. Am 24.01.2017 erwuchs diese Entscheidung in Rechtskraft.

Da der BF der freiwilligen Ausreise nicht nachkam, wurde dieser am 02.08.2017 in Schubhaft genommen und am 17.08.2017 außer Landes gebracht. Am 06.09.2018 wurde der BF wieder im Bundesgebiet aufgegriffen. Eine Überprüfung des serbischen Reisepasses ergab, dass der BF sich bereits wieder seit dem 17.05.2018 im Bundesgebiet aufhielt.

Am 03.10.2018 wurde der BF vom BFA niederschriftlich einvernommen.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA - wann dieser dem BF zugestellt wurde ist aus dem Akt nicht ersichtlich - wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Serbien und zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem BF eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde der Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen des BF ein auf die Dauer von 3 Jahren ein befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Mit Eingabe vom 30.10.2018 langte beim BFA - per Mail - die Beschwerde des BF, durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung (RV) ein.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habenden Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 04.11.2018 vom BFA vorgelegt.

Die Beschwerde richtete sich ausdrücklich nur gegen den Spruchpunkt VI. (Einreiseverbot). Der BF beantragte darin die ersatzlose Aufhebung in eventu eine angemessene Reduzierung.

Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Serbien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Die BF ist im Besitz eines am 08.05.2014 ausgestellten und bis 08.05.2024 gültigen Reisepasses von Serbien.

Der BF reiste zuletzt am 17.05.2018 in den Schengen Raum ein. Der BF wurde am 06.09.2018 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Bei dieser Kontrolle wurde die Überschreitung des sichtvermerkfreien Zeitraums - und somit der illegale Aufenthalt - festgestellt.

Die BF ist gesund und erhält eine Pension von € 70,- aus Serbien. Der bisherige Lebensmittelpunkt des BF befand sich in Serbien. Der BF ist ledig und ist kinderlos. Der BF lebt seit dem Jahr 2000 in Serbien als Obdachloser. Der BF war während seines Asylverfahrens im Bundesgebiet an diversen Adressen mit Hauptwohnsitz gemeldet. Vom 24.05.2018 - 23.04.2019 war der BF im Bundesgebiet als Obdachloser gemeldet (Suchthilfe XXXX). Seither scheint keine Meldung mehr im Bundesgebiet auf.

Der BF verfügt im Bundesgebiet über einen Halbbruder, wobei ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu diesem nicht festgestellt werden konnte.

Der BF ist im Bundesgebiet strafrechtlich unbescholten.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Gründe vorlagen, die einer Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegengestanden wären.

Der BF hat zwar zum Zeitpunkt der Beschwerdeeingabe durch die XXXX vertreten. Diese legte ihre Vollmacht mit 10.05.2019 zurück. Ob der BF das österreichische Bundesgebiet bereits freiwillig verlassen hat, konnte nicht festgestellt werden.

Das BVwG schrieb für den 17.05.2019 für die Außenstelle XXXX eine mündliche Verhandlung aus. Da der Aufenthalt des BF nicht bekannt ist, die Rechtsvertretung ihre Vertretung zurücklegte und das BFA an der Teilnahme verzichtete, wurde diese wieder abberaumt.

Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie auf der Kenntnis und Verwendung der serbischen Sprache.

Der BF hat im Verfahren vor der belangten Behörde zum Beleg seiner Identität seinen Reisepass im Original vorgelegt an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des BF in Serbien sowie in Österreich beruhen auf den Angaben des BF bei seiner niederschriftlichen Befragung sowie aus den Angaben in der Beschwerde. Die Annahme einer hinreichenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht, konnten nicht festgestellt werden. Der BF verfügt in Österreich über kein Einkommen, keine eigene Unterkunft.

Die Feststellung betreffend die strafrechtliche Unbescholtenheit in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich).

Der Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien beruht darauf, dass der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 aus von der BF zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß § 53 Abs 1 und 2 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. wenn er den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesen Fällen kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt der betroffenen Fremden potentiell verbundenen Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessenabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache einer allfälligen Verurteilung oder Bestrafung des Fremden an, sondern auf das dieser zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Die belangte Behörde ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 53 des § 53 Abs 2 Z 6 FPG erfüllt ist. Der BF hatte keinerlei Barmittel bei sich und konnte auch sonstige finanzielle Absicherungen nicht substantiiert vorbringen. Der BF bezieht nur eine serbische Pension in der Höhe von € 70,- monatlich. Der BF nahm in einer Obdachloseneinrichtung Unterkunft und wurde von nichtstaatlichen Einrichtungen versorgt. Der BF ist mittellos und gab an, seit 2000 auch in Serbien als Obdachloser zu leben.

Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EG] Nr. 539/2001 ABl. Nr. L81 vom 21.03.2001, S.1, idgF) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Der BF durfte daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gem Art 20 Schengener Durchführungsübereinkommen unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Durchführungsübereinkommen frei bewegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass er den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen kann, über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben, und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt.

Aufgrund des persönlichen Verhaltens des BF, der verschiedene Vorschriften (insbesondere im Bereich des Fremdenrechts) missachtete, gefährdet sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Aufgrund seiner finanziellen Lage ist konkret zu befürchten, dass der BF sich hier ins Bundesgebiet begeben wird - sei es illegal oder legal - hier seinen Aufenthalt auch ohne gültiger Aufenhaltsberechtigung ausdehnt und sich somit illegal im Bundesgebiet aufhalten wird. Dieses Verhalten hat er bisher gezeigt und wird es auch in Zukunft fortsetzten. Der BF gab in seiner niederschriftlichen Befragung selbst an, dass er in Serbien unterkunftslos ist und er aufgrund dessen auch kein Visum für Österreich erhalten würde. Er mittellos sei und hier in Österreich auf Almosen angewiesen wäre. Dem BFA ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass Wiederholungsgefahr besteht und für den BF keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann. Die mit Mittellosigkeit allgemein verbundene Gefahr der Beschaffung finanzieller Mittel aus illegal Quellen ist daher in hohen Maße gegeben.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten, zumal sein Lebensmittelpunkt in Serbien liegt und er keine schützenswerten Bindungen in Österreich oder in anderen vom Einreiseverbot umfassten Staaten hat. Abgesehen von seines illegalen Aufenthaltes liegen keine Integrationsmomente vor.

Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) oder das Unterbleiben eines Einreiseverbotes kommt nur in Betracht, wenn vom betroffenen Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht und sein Fehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit nur geringfügig beeinträchtigt (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Hier sind dem BF aber (neben dem wenig gravierenden Verstoß gegen das MeldeG) und insbesondere der Umstand vorzuwerfen, dass er keine finanzielle Mittel für seinen Aufenthalt und auch nicht für eine etwaige Rückreise in sein Heimatland vorweisen konnte. Der BF konnte keinerlei finanzielle Absicherungen vorlegen und war zum Zeitpunkt seiner Festnahme absolut mittellos. Daher kommt trotz der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF weder der von der Beschwerde angestrebte gänzliche Entfall noch eine Reduktion der Dauer des Einreiseverbots in Betracht. Auch die persönlichen und familiären Verhältnisse des BF, der seinen Lebensmittelpunkt in Serbien hat, wo er sein Privat- und Familienleben gestaltete, stehen dem vom BFA erlassenen dreijährigen Einreiseverbot nicht entgegen. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, konnte eine mündliche Verhandlung gem § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben. Dem angefochtenen Bescheid ging ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren des BFA voran. Das BFA hat die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung offengelegt. Das Gericht teilt die tragenden Erwägungen der behördlichen Beweiswürdigung, zumal keine entscheidungswesentlichen Widersprüche aufgetreten sind. In der Beschwerde wurde kein für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet, der dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegensteht oder darüber hinausgeht.

Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 MRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das VwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Da hier in der Beschwerde keine über den festgestellten Sachverhalt hinausgehenden Tatsachen vorgebracht werden und auch bei einem positiven persönlichen Eindruck vom BF weder ein Entfall noch eine Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbots denkbar ist, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht notwendig. Im Übrigen wurde diese auch nicht beantragt.

Spruchteil B.)

Die im Zusammenhang mit der Erlassung eines Einreiseverbots anzustellende Gefährdungsprognose und die dabei vorzunehmende Interessensabwägung können jeweils nur im Einzelfall erstellt bzw. vorgenommen werden. Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Abschiebung, Einreiseverbot, freiwillige Ausreise,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2013581.3.00

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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