Entscheidungsdatum
01.08.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W170 2203046-1/30E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Fink Bernhart Haslinglehner Peck Kaltenhauser Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt vom 19.07.2018, Zl. Pers9-S-86, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 2 Abs. 2 lit. e und 10 Abs. 1 Z 1 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, BGBl. Nr. 137/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 44/2019, mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Wortfolge "gemäß § 10 Abs 1 Z 1 SDG" durch die Wortfolge "gemäß §§ 2 Abs. 2 lit. e und 10 Abs. 1 Z 1 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, BGBl. Nr. 137/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 44/2019," ersetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2019, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. XXXX ist seit 17.12.2013 allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige betreffend das Fachgebiet 66.77 IT-Projektplanung, IT-Projektmanagement mit der Spezialisierung:
Software; diese Eigenschaft ist bis zum 31.12.2018 befristet und wurde am 04.04.2018 ein (nicht verfahrensgegenständlicher) Antrag auf Rezertifizierung eingebracht.
1.2. XXXX ist strafrechtlich unbescholten, wurde aber in den letzten fünf Jahren in folgenden Fällen verwaltungsstrafrechtlich rechtskräftig bestraft:
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 29.09.2014, VK9-VST-12220/2014, wegen § 52 lit. a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 18.07.2014, VK9-STR-6967/2014, wegen § 24 Abs. 1 lit. a StVO (Falschparken);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land vom 20.06.2016, KL9-VST-8163/2016, wegen § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land vom 07.07.2015, KL9-VST-8105/2015, wegen § 52 lit. a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg vom 02.08.2017, WO9-STR-3303/2017, wegen § 2 Abs. 1 PassG (Einreise in das BG ohne gültiges Reisedokument);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 14.07.2015, VK9-STR-5890/2015, wegen § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 25.08.2015, VK9-STR-6914/2015, wegen § 84 Abs. 1 Z 2 SPG (Missachten eines Betretungsverbotes);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 26.08.2015, VK9-STR-7034/2015, wegen §§ 8 Abs. 2, 22 Abs. 2 Z 5 MeldeG (Verletzung der Meldepflichten als Unterkunftgeber);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 23.06.2016, VK9-STR-2360/2016, wegen §§ 4 Abs. 1 lit. a und 4 Abs. 5 StVO (Nichtanhalten nach Verkehrsunfall, Fahrerflucht);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 24.08.2016, VK9-STR-5239/2016, wegen § 52 lit. a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 30.09.2016, VK9-STR-5970/2016, wegen § 30 Abs. 1 Z 4 IG-Luft (Missachten eines Fahrverbotes für diesel- und benzinbetriebene KFZ);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 25.07.2018, VStV/918300702540/2018, wegen § 103 Abs. 2 KFG (Nichterteilen der Lenkerauskunft als Zulassungsbesitzerin);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 09.03.2018, VStV/918300318476/2018, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 24.04.2018, VStV/918300144305/2018, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 14.12.2017, VStV/917301836691/2017, § 38 Abs. 5 StVO i.V.m. § 38 Abs. 1 lit. a StVO (Missachten Rotlicht einer aVLSA);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 18.09.2017, VStV/917301407288/2017, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 29.11.2017, VStV/917301338737/2017, § 52 lit a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 02.11.2017, VStV/917301155898/2017, § 52 lit a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 02.11.2017, VStV/917301155878/2017, § 52 lit a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 13.07.2017, VStV/917301077137/2017, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 08.06.2017, VStV/917300874035/2017, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 08.08.2017, VStV/917300773978/2017, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 19.04.2017, VStV/917300549565/2017, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 21.02.2017, VStV/917300198869/2017, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 06.02.2017, VStV/917300159700/2017, § 52 lit a Z 11a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 29.03.2017, VStV/917300159662/2017, § 52 lit a Z 11a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 29.03.2017, VStV/917300159612/2017, § 52 lit a Z 11a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 29.03.2017, VStV/917300159548/2017, § 52 lit a Z 11a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 29.03.2017, VStV/917300159506/2017, § 52 lit a Z 11a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 23.01.2017, VStV/917300062543/2017, § 52 lit a Z 11a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 17.01.2017, VStV/917300062429/2017, § 52 lit a Z 11a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 02.12.2016, VStV/916301571635/2016, § 52 lit a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 23.09.2016, VStV/916301138974/2016, § 52 lit a Z 11a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 21.06.2016, VStV/916300857047/2016, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 23.10.2015, VStV/915301286914/2015, § 2 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 25 Abs. 4 bzw. 4a StVO Kurzparkzonenüberwachungsverordnung;
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 02.02.2016, VStV/915301272441/2015, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 28.09.2015, VStV/915300771890/2015, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 28.07.2015, VStV/915300678565/2015, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 04.09.2015, VStV/915300617237/2015, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung);
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 23.07.2015, VStV/915300549115/2015, § 52 lit a Z 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung) und
• Strafverfügung der LPD Kärnten vom 23.02.2015, VStV/914301275919/2014, § 20 Abs. 2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet um 24 km/h).
Rechtfertigend hat XXXX hiezu angegeben, dass diese Verwaltungsübertretungen im Wesentlichen nicht von ihr, sondern anderen Personen, die ihr Kraftfahrzeug nützen würden, begangen worden seien.
1.3. XXXX ist sozial engagiert und unterstützt nicht nur ihre pflegebedürftige Schwester, sondern ist auch beim Roten Kreutz des Landesverbandes Kärnten Bezirksstelle XXXX tätig. Überdies genießt XXXX in der Gesellschaft bzw. bei der Bevölkerung im Raum Kärnten hohes Ansehen, weil sie seit vielen Jahren ehrenamtliches Mitglied des Vorstandes des Mauthausen-Komitees XXXX und auch als Dolmetscherin in diesem Verein fungiert. Dabei setzt sich XXXX im Rahmen dieser Vereinstätigkeit für die Opfer des Nationalsozialismus ein. Des Weiteren ist XXXX Vorstandsvorsitzende des Vereines "Erinnerungsarbeit in XXXX " der ebenfalls darauf abzielt, Aktivitäten gegen das Vergessen der Gräueltaten des Nationalsozialismus zu setzen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Ermittlungsverfahren, insbesondere aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich insbesondere aus den vorgelegten Verwaltungsakten.
Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich einerseits aus einer im Rahmen der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten Strafregisterauskunft und andererseits aus den von den genannten Verwaltungsbehörden beigeschafften Unterlagen zu den Verwaltungsstrafverfahren; obwohl diese Beweismittel der Beschwerdeführerin bereits mit Schreiben des BVwG vom 04.10.2018, W170 2203046-1/16Z, zugestellt am 10.12.2018, vorgehalten wurden, hat diese auch hinsichtlich der Verfahren, hinsichtlich derer die Verwaltungsbehörden keinen Zustellnachweis vorlegen konnte, weil diese mittels Fensterkuverts zugestellt worden seien, nicht bestritten, dass diese Strafverfügungen erlassen wurden. Viel mehr hat die Beschwerdeführerin angeführt, dass inzwischen alles bezahlt sei und die Erlassung der entsprechenden Strafverfügungen nicht bestritten.
Die Feststellungen zu 1.3. ergeben sich aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei und den von dieser vorgelegten diesbezüglichen Beweismitteln in der mündlichen Verhandlung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, BGBl. Nr. 137/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 44/2019 (in Folge: SDG), ist die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger vom Präsidenten des Landesgerichts durch Bescheid zu entziehen, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der - hier nicht relevanten - nach § 2 Abs. 2 Z 2 SDG, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind.
Gemäß § 2 Abs. 2 lit. e SDG muss für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste für ein bestimmtes Fachgebiet die Voraussetzung der Vertrauenswürdigkeit des Einzutragenden gegeben sein.
Das SDG enthält - wie auch weitere Gesetze, die als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Aufnahme und der weiteren Ausübung einer beruflichen Tätigkeit Vertrauenswürdigkeit normieren - keine nähere Begriffsbestimmung der Vertrauenswürdigkeit (VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0094), die Frage der Vertrauenswürdigkeit eines Sachverständigen im Sinne des SDG betrifft nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seine persönlichen Eigenschaften. Es kommt darauf an, ob jemand in einem solchen Maß vertrauenswürdig ist, wie es die rechtssuchende Bevölkerung von jemandem erwarten darf, der in die Liste der Sachverständigen eingetragen ist. In Ansehung der bedeutsamen Funktion, die dem Sachverständigen bei der Wahrheitsfindung im gerichtlichen und behördlichen Verfahren obliegt, darf daher nicht der leiseste Zweifel an seiner Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke sowie an seinem Pflichtbewusstsein bestehen; bei dieser Beurteilung ist ein strenger Maßstab anzulegen; auch ein einmaliges - gravierendes - Fehlverhalten kann Vertrauensunwürdigkeit begründen (VwGH 23.3.1999, 96/19/1229; VwGH 3.7.2000, 98/10/0368; VwGH 26.7.2008, 2008/06/0033 sowie zuletzt VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0094). Ob Vertrauenswürdigkeit vorliegt, ist - so der Verwaltungsgerichtshof weiters - mittels der aus der Rechtsordnung unter Heranziehung der jeweiligen gesellschaftlichen Vorstellungen abzuleitenden Wertungen auszulegen (VwGH 1.4.1981, 01/0669/80; VwGH 23.03.1999, 96/19/1229). Ausdrücklich betont der Verwaltungsgerichtshof, dass "Vertrauenswürdigkeit" nichts mit der fachlichen Eignung des Sachverständigen zu tun hat, sondern nur die persönliche Eignung einer Person betrifft (VwGH 23.03.1999, 96/19/1229). Auch Handlungen, die nicht zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt haben, können geeignet sein, das Vertrauen in eine korrekte Ausübung der Sachverständigentätigkeit zu erschüttern, sofern sie Zweifel an der Charakterstärke und dem Pflichtbewusstsein des Betreffenden aufzeigen (VwGH 23.03.1999, 96/19/1229).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.06.2017, Ra 2017/03/0066) ist an der Schlussfolgerung des BVwG, es sei an der Gesetzestreue des (dortigen) Sachverständigen und damit an seiner Vertrauenswürdigkeit nach § 2 Abs 2 Z 1 lit. e SDG aufgrund der Vielzahl der diesem innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu zweifeln, jedenfalls nicht unvertretbar.
Die Eigenschaft als Sachverständiger ist zu entziehen, wenn sich herausstellt, dass unter anderem die "Vertrauenswürdigkeit" bei der Eintragung nicht gegeben war oder aber später weggefallen ist (VwGH 26.06.2008, 2008/06/0033); der Behörde kommt hier kein Ermessen zu (arg.: "ist zu entziehen"). Bei Entscheidung der Frage, ob beim Sachverständigen die Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG weggefallen ist, haben subjektive Momente, wie etwa Entschuldigungsgründe, außer Betracht zu bleiben, weil der Entzug der Sachverständigeneigenschaft eine Maßnahme ist, die das klaglose Funktionieren der Rechtspflege sichern soll und nicht eine Bestrafung des Sachverständigen darstellt (VwGH 1.4.1981, 01/0669/80; VwGH 23.03.1999, 96/19/1229).
Das Bundesverwaltungsgericht führt ausdrücklich an, dass die gelegentliche verwaltungsstrafrechtliche Bestrafung eines Sachverständigen nicht grundsätzlich gegen dessen Vertrauenswürdigkeit spricht; etwa werden ein oder zwei Verwaltungsstrafen im Jahr - soweit es sich nicht um schwerwiegende Übertretungen wie das alkoholisierte Lenken eines Fahrzeugs oder Fahrerflucht handelt - keinerlei Auswirkung auf die Verlässlichkeit des jeweiligen Sachverständigen haben.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt auch nicht das soziale Engagement der Beschwerdeführerin beim Roten Kreuz, beim Mauthausen-Komitee XXXX und im Verein "Erinnerungsarbeit in XXXX ", der darauf abzielt, Aktivitäten gegen das Vergessen der Gräueltaten des Nationalsozialismus zu setzen, sowie dass sie ihre pflegebedürftige Schwester unterstützt. Die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit orientiert sich jedoch - nach der genannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs - maßgeblich an der Gesetzestreue bzw. dem rechtskonformen Verhalten der oder des jeweiligen Sachverständigen. Soziales Engagement oder gesellschaftliche Anerkennung können mangelnde Gesetzestreue nicht kompensieren oder rechtskonformes Verhalten ersetzen.
Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin innerhalb der letzten fünf Jahre aber einundvierzig Mal, davon einmal wegen Fahrerflucht und einmal wegen Missachtung eines Betretungsverbotes sowie zweiunddreißig Mal wegen Geschwindigkeitsübertretungen, rechtskräftig bestraft worden; es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den in die behördlichen Vormerkungen aufgenommenen Verfahren um keine mit Anonymverfügung erledigten Verfahren handelt, sondern sie an die Beschwerdeführerin gerichtet waren. Auch ist aus der Rechtfertigung der Beschwerdeführerin, nicht sie, sondern Familienangehörige hätten die Verwaltungsübertretungen begangen, ob der Rechtskraft der gegen die Beschwerdeführerin gerichteten verwaltungsstrafrechtlichen Bescheide nichts zu gewinnen; es kommt auf Grund der Rechtskraftwirkung der Strafverfügungen ("ne bis in idem") nicht (mehr) darauf an, ob die Beschwerdeführerin die Straftaten begangen hat, sondern nur, ob sie deswegen bestraft wurde. Auf Grund der Menge der begangenen Verwaltungsübertretungen sowie - unabhängig davon - auf Grund zweier schwerer Verwaltungsübertretungen (Fahrerflucht und Missachten eines Betretungsverbotes) spielt es auch keine Rolle, dass ein Teil der Übertretungen sich im Bagatellbereich befindet und nur geringfügige Überschreitungen der erlaubten Geschwindigkeit bestraft wurden bzw. seit etwa einem Jahr keine neue Strafe verhängt worden ist.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher nicht umhin, auszusprechen, dass der Beschwerdeführerin die auch und vor allem durch ihre Gesetzestreue definierte Vertrauenswürdigkeit auf Grund der Vielzahl der verwaltungsstrafrechtlichen Bestrafungen (sowie der Schwere einzelner) in einer objektiven Betrachtung nicht mehr zukommt, da von einer Sachverständigen im Lichte des nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzulegenden strengen Maßstabes erwartet werden kann, dass sich diese - mehr noch als der durchschnittliche Rechtsunterworfene - an die Rechtsordnung hält und sich dieser verpflichtet fühlt, sodass aus objektiver Sicht Zweifel an der Gesetzestreue und somit der Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin schon auf Grund dieser Bestrafungen vorliegen und ihr somit zum jetzigen Zeitpunkt die notwendige Vertrauenswürdigkeit nach § 2 Abs. 2 lit. e SDG nicht mehr zukommt.
Es kommt daher auf ihre Rolle bei den beiden in das Verfahren eingeführten gerichtlichen Strafverfahren nicht mehr an, sodass auch entsprechende Feststellungen unterbleiben konnten.
Daher ist spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen den der Beschwerdeführerin die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger entziehenden Bescheid abzuweisen.
Im Hinblick auf die Änderung der Rechtslage ist der Spruch zu korrigieren.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl I Nr. 33/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2019 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt; auch wenn keine explizite Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bedeutung von Verwaltungsübertretungen für die Verlässlichkeit eines Sachverständigen vorzufinden waren, liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil der Verwaltungsgerichtshof in den unter A) zitierten Entscheidungen die Strenge des bei der Verlässlichkeit anzulegenden Maßstabes klar dargestellt hat und im Rahmen dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sich keine offene Rechtsfrage stellte. Daher ist die Revision nicht zulässig.
Schlagworte
Berichtigung von Spruchpunkten, Deliktsmehrheit, persönlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W170.2203046.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.03.2020