TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/2 G313 1247896-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.09.2019
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Entscheidungsdatum

02.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G313 1247896-3/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Kosovo, vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2018, Zahl: XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2018 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene

Bescheid dahingehend abgeändert, dass in Spruchpunkt VI. die Dauer des Einreiseverbotes auf vier (4) Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 06.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) der ihm mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29.07.2004 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 200/2005 (AsylG) idgF, aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde weiters festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Es wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VII.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Beantragt wurde im Wesentlichen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich der Spruchpunkte III. und IV. aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und dem BF ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt wird, in eventu Spruchpunkte V. und VI. ersatzlos zu beheben, in eventu das auf acht Jahre befristete Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen, sowie das auf acht Jahre befristete bzw. auf eine angemessene Dauer herabgesetzte Einreiseverbot nur für Österreich und nicht für alle Mitgliedstaaten, für die die Rückführungsrichtlinie gilt, zu erlassen, sowie die ordentliche Revision zuzulassen.

3. Die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt langte am 05.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgende: BVwG) ein.

4. Am 11.09.2018 langte beim BVwG eine Beschwerdenachreichung ein.

5. Am 22.11.2018 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, mit dem BF, seinem Rechtsvertreter und seinen Eltern als Zeugen eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo und gehört der Volksgruppe der Goraner an. Seine Muttersprache ist Goranisch.

1.2. Er reiste bereits am 05.07.2003 - illegal - in das österreichische Bundesgebiet ein. Seine Mutter stellte am 07.07.2003 für ihn als dessen gesetzlicher Vertreterin einen Asylerstreckungsantrag.

Im Juli 2004 wurde dem BF im Wege der Asylerstreckung Asyl gewährt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 26.07.2004, rechtskräftig mit 29.07.2004, wurde dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes zukommt.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wurde dem BF im Wesentlichen der ihm im Jahr 2004 zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt, der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung in den Kosovo und ein befristetes Einreiseverbot erlassen.

Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten des BF begründete die belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zusammengefasst folgendermaßen:

"In Gesamtbetrachtung aller Ihrer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen lässt sich jedenfalls eine kontinuierlich ansteigende kriminelle Energie sowie Gewaltbereitschaft feststellen."

1.3. Der BF hat in Österreich seine Eltern, einen Bruder, eine Schwester, drei Tanten, einen Onkel, Cousinen und Cousins als familiäre Anknüpfungspunkte. Die Eltern des BF haben im November 2013 die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt.

In seinem Herkunftsstaat hat der BF noch eine Großmutter, zu welcher er den Kontakt über zeitweises Skypen aufrecht hält, und einen Onkel, der seine Großmutter pflegt, ansonsten jedoch keine Verwandten mehr, sind diese doch innerhalb des EU-Raumes verteilt.

1.4. Im Kriminalpolizeilichen Aktenindex des Bundesministeriums für Inneres scheinen insgesamt 20 Eintragungen für den BF auf.

Rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde der BF im Bundesgebiet insgesamt sieben Mal, und zwar mit

* Urteil von April 2008 wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, unter Anordnung der Bewährungshilfe, wobei im Jänner 2010 die Probezeit auf fünf Jahre verlängert, im Juni 2011 die bedingte Nachsicht der Strafe widerrufen und im Jänner 2014 die Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren unter Bestellung eines Bewährungshelfers nachgesehen wurde,

* mit Urteil von Jänner 2010 wegen gefährlicher Drohung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im Juni 2011 die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert und nachträglich die Bewährungshilfe angeordnet und im Juli 2010 die Freiheitstrafe endgültig nachgesehen wurde, mit

* Urteil von Juni 2011 wegen des Vergehens des Suchtgifthandels (nach § 28a Abs. 1, 2. Fall, Abs. 3, erster Fall, SMG) und des teils vollendeten und teils versuchten Verbrechens des Suchtgifthandels (nach § 28a Abs. 1, 5. Fall, Abs. 2 Z. 1, Abs. 3, 2. Fall, SMG, 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, wobei im Jänner 2014 die Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen und ein Bewährungshelfer bestellt wurde, mit

* Urteil von Juni 2013 wegen unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im November 2017 die bedingte Strafnachsicht widerrufen wurde, mit

* Urteil von September 2013 wegen Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, mit

* Urteil von September 2017, rechtskräftig mit Oktober 2017, wegen unbefugten Waffenbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im November 2017 die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert wurde, und mit

* Urteil von November 2017 wegen unbefugten Waffenbesitzes, Beteiligung am Diebstahl und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und gefährlicher Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten.

1.4.1. Den strafrechtlichen Verurteilungen des BF lagen folgende strafbare Handlungen zugrunde:

* Der strafrechtlichen Verurteilung des BF von April 2008 lagen folgende strafbaren Handlungen zugrunde:

Der BF hat

I. in der Zeit von Dezember 2006 bis Mai 2007, gemeinsam mit den abgesondert verfolgten (...), (...), (...) und (...) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§12 erster Fall StGB) auf dem Dachboden des Hauses von (...) in (..) vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut, in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge erzeugt und zwar

1. im Dezember 2006 bis März 2007 durch Ansetzen, Aufzucht und Abernten von 30 Stück Hanfpflanzen 1.800 Gramm Cannabiskraut, dessen reine Wirkstoffmenge THC zumindest 36 Gramm betrug;

2. in der Zeit von März 2007 bis Mai 2007 durch Ansetzen, Aufzucht und Abernten von 30 Stück Hanfpflanzen 1.800 Gramm Cannabiskraut, dessen reine Wirkstoffmenge THC 36 Gramm betrug;

II. anderen in einer die große Menge nach § 28 Abs. 6 SMG nicht überschreitenden Menge Suchtgift überlassen, und zwar

3. gewerbsmäßig im Zeitraum von November 2006 bis Juni 2007 durch gewinnbringenden Verkauf von insgesamt 150 Gramm Cannabiskraut mit reiner Wirkstoffmenge von zumindest 3 Gramm THC, an (...)

4. ohne Gewinn in der Zeit von Jänner 2007 bis Mai 2007 an (..) insgesamt 20 Gramm Cannabiskraut mit einer reinen Wirkstoffmenge von 0,4 Gramm THC,

III. im Zeitraum von Juli 2005 bis Juni 2007 insgesamt zumindest 370 Gramm Cannabiskraut und 10 Gramm Cannabisharz von (...) und unbekannten Lieferanten erworben und bis zur Weitergabe besessen.

Hingegen wurde der BF von weiteren gegen ihn erhobenen Vorwürfen, er habe

I. ohne Gewinn

a. in der Zeit von Dezember 2006 bis April 2007 (..) insgesamt 200 Gramm Cannabiskraut mit einer reinen Wirkstoffmenge von 4 Gramm THC,

b. in der Zeit von Dezember 2006 bis April 2007 (..) 10 Gramm Cannabisharz mit einer reinen Wirkstoffmenge von 0,2 Gramm THC überlassen,

II. im Punkt III. bezeichneten Zeitraum die dort genannten Mengen von (...) erworben und bis zum Eigenkonsum besessen, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

* Der strafrechtlichen Verurteilung des BF von Jänner 2010 lagen folgende strafbaren Handlungen zugrunde:

Der BF hat am 05.09.2009 in (...) (...)

I./ durch die Äußerung, er werde mit 10 Jugos kommen und ihr Haus anzünden, mit einer Brandstiftung gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

II./ durch das Versetzen von Faustschlägen und Tritten gegen den Kopf, den Bauch, die Hüfte und Arme und durch das Verdrehen des rechten Armes vorsätzlich am Körper verletzt, wodurch die Genannte eine Prellung der Stirn mit einem Hämatom, des rechten Oberarmes mit einem Hämatom, des Brustkorbes und des Unterschenkels mit Abschürfungen, sowie eine Bänderzerrung der rechten Schulter, eine Zerrung des rechten Unterarmes, des rechten Mittelhandknochens und des Nackens erlitt.

* Der strafrechtlichen Verurteilung des BF von Juni 2011 lagen folgende strafbarere Handlungen zugrunde:

A. Der BF hat vorschriftswidrig Suchtgift

I. zwischen Herbst und Dezember 2010 in einer die Grenzmenge 8§ 28b SMG) übersteigenden Menge durch den Transport von Suchtgift in PKWs von Tschechien über den Grenzübergang (...) nach Österreich eingeführt, nämlich zumindest 1.250 Cannabiskraut, dessen reine Wirkstoffmenge THC zumindest 140g (11,2 %) betrug, wobei er an Suchtmittel gewöhnt ist und die Straftaten vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen;

II. im Bezirk (..) und anderen Orten gewerbsmäßig die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Mengen nachgenannten Abnehmern teils durch gewinnbringenden Verkauf, teils als Entgelt für die Vermittlung von Suchtgiftabnehmern und teils als Fuhrlohn überlassen bzw. zu überlassen versucht, nämlich zumindest 2244 g Cannabiskraut, dessen reine Wirkstoffmenge THC zumindest 12g betrug und 15g Amphetamine, dessen reine Wirkstoffmenge zumindest 1,5g betrug, wobei er schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs. 1 ..SMG, nämlich (...) verurteilt worden ist, wobei er an Suchtmittel gewöhnt ist und die Straftaten vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen, und zwar

1. zwischen Herbst 2008 und Juli 2010 an (...) 100g Cannabiskraut und 5g Amphetamine,

2. zwischen November 2009 und Mai 2010 an (...) 10 g Cannabiskraut und 10g Amphetamine,

3. zwischen Oktober 2010 und November 2010 an (..) 28g Cannabiskraut,

4. zwischen Juni 2009 und Oktober 2010 an (...) 34g Cannabiskraut,

5. zwischen Juni 2010 und November 2010 an (...)

6. 60g Cannabiskraut,

7. zwischen Jänner 2010 und November 2010 an (...) 80g Cannabiskraut und 8g Cannabisharz,

8. zwischen Juni 2006 und Oktober 2010 an (...) 230g Cannabiskraut und 30g Cannabisharz,

9. zwischen Jänner 2010 und November 2010 an (...) 30g Cannabiskraut,

10. zwischen Jänner 2009 und November 2010 an (...) 150g Cannabiskraut,

11. zwischen Februar 2010 und Dezember 2010 an (...) 65g Cannabiskraut,

12. zwischen Jänner 2010 und November 2010 an (...) 8g Cannabiskraut,

13. zwischen Juni 2010 und Dezember 2010 an (...) 100g Cannabiskraut,

14. zwischen August 2010 und Oktober 2010 an (...) 150g Cannabiskraut,

15. zwischen Jänner 2008 und November 2010 an (...) 576g Cannabiskraut,

16. zwischen Mai 2010 und Oktober 2010 an (...) 50g Cannabiskraut,

17. zwischen September 2009 und September 2010 an (...) 50g Cannabiskraut,

18. zwischen August 2010 und November 2010 an (...) 50g Cannabiskraut,

19. zwischen August 2010 und September 2010 an (...) 20g Cannabiskraut und 5g Cannabisharz,

20. zwischen Juni 2009 und Oktober 2010 an (...) 10g Cannabiskraut,

21. zwischen November 2009 und November 2010 an (...) 20g Cannabiskraut,

22. zwischen August 2010 und Dezember 2010 an (...) 10g Cannabiskraut,

23. im April 2010 an (...) 5g Cannabiskraut,

24. zwischen Jänner 2010 und November 2010 an (..) 5g Cannabiskraut,

25. am 23. November 2010 an (..) 1g Cannabiskraut,

26. im November 2010 an (..) 1g Cannabiskraut,

27. bis 4. November 2010 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit (..) an (..) alias (...) 50g Cannabiskraut, wobei es beim Versuch geblieben ist,

28. zwischen November 2009 und4. November 2010 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit (..) an einen unbekannten "(...)" 200g Cannabiskraut,

29. zwischen Mai 2010 und 4. November 2010 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit (..) an einen unbekannten (...)72g Cannabiskraut,

30. zwischen September 2010 und 4. November 2010 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit (..) an einen unbekannten (...) 36g Cannabiskraut

Das Strafgericht widerrief die mit Urteil von April 2008 ausgesprochene bedingte Strafnachsicht und wertete bei der Strafbemessung

o den Umstand, dass die Fakten teilweise im Verhältnis §§ 31, 40 StGB zum Urteil von Jänner 2010 stehen, das Alter des BF unter 21 Jahren zur Tatbegehung, das überwiegende Geständnis und den Umstand, dass es teilwiese beim Versuch geblieben ist, mildernd, und demgegenüber

o die zwei einschlägigen Vorstrafen des BF, die Tatbegehung in offener Probezeit, sein rascher Rückfall, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen, den Umstand, dass die Grenzmenge zu Faktum A. II. mehrfach überschritten war, und der lange Tatzeitraum erschwerend.

* Der strafrechtlichen Verurteilung des BF von September 2017 lag Folgendes zugrunde:

Der BF hat in (...) am 10.04.2017 vorsätzlich Waffen und Munition, nämlich einen Schreckschussrevolver (...), Modell (...) sowie sieben Stück Munition (...) besessen, indem er den Schreckschussrevolver bei einer Fahrt mit der (...-) bahn eingesteckt hatte, obwohl ihm dies gemäß §12 WaffG verboten war, da gegen ihn bis 02.06.2019 ein durch die BH (..) verhängtes aufrechtes Waffenverbot bestand.

* Der letzten strafrechtlichen Verurteilung des BF von November 2017 lagen folgende strafbare Handlungen zugrunde:

Der BF hat

I./ vor dem 30.06.2016 in (...), wenn auch nur fahrlässig, einen schwarzen Gasrevolver der Marke (...) und ein Springmesser der Marke (...), somit Waffen besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war,

II./ am 27.09.2017 in (..) dadurch, dass er einen bislang unbekannten Täter bei der Tatausführung begleitete und bei der Auswahl der Diebsbeute assistierte, zur Ausführung der strafbaren Handlung des bislang unbekannten Täters beigetragen, der mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigten der Firma (...) ein Paar Sportschuhe im Wert von EUR 99,90, mithin fremde bewegliche Sachen zu einem EUR 5.000,- nicht übersteigenden Gesamtwert wegnahm;

III./ Inspektor (..) und RI (...), die im Begriff standen, den aus Anlass der zu I./ genannten Tathandlungen nach den Vorschriften der StPO festgenommenen Genannten zur Polizeiinspektion zu eskortieren, dadurch, dass er ihnen gegenüber äußerte, dass sie ihn nicht angreifen sollen, er sie andernfalls niederschlagen werde, auf Insp. (...) einzuschlagen und sich aus der anschließenden Fixierung durch heftige Gegenwehr loszureißen suchte, Polizeibeamte mit Gewalt sowie durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung, nämlich der Aufrechterhaltung der Festnahme, zu hindern versucht;

IV./ im Anschluss an die zu III./genannten Tathandlung Inspektor (...) und RI (...) durch die ihnen gegenüber getätigte Äußerung, dass er sie umbringen werde und einen Tschetschenen engagieren werde, der sie um EUR 500,- umbringen werde, gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um die Genannten in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Strafgericht das teilweise Geständnis des BF als mildernd und seine sechs einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, die Begehung der Taten in der Probezeit und die Begehung der Taten trotz eines anhängigen Verfahrens demgegenüber als erschwerend.

1.4.2. Der BF wurde in Strafhaft regelmäßig von seinen Eltern, Geschwistern und seiner ehemaligen Lebensgefährtin, mit welcher laut Vorbringen in mündlicher Beschwerdeverhandlung nach Strafhaftentlassung wieder eine nähere Beziehung führen möchte, besucht.

1.4.3. Mit 31.12.2018 wurde von der strafrechtlichen Verfolgung des BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften, von der am 05.12.2017 vorläufig (für eine Probezeit) zurückgetreten worden war, nach Ablauf der Probezeit und Erfüllung allfälliger Pflichten endgültig zurückgetreten.

1.4.4. Der BF gab in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2018 nach Vorhalt, ganz erfolgreich sei die Therapie nicht gewesen, sonst wäre er nicht rückfällig geworden, an:

"Süchtig bleibe ich ein Leben lang. Ich will jetzt wieder probieren eine Therapie zu machen. Ich glaube auch, dass ich es dieses Mal schaffe, weil mich die Gefängnisaufenthalte schon gebessert haben und ich jetzt auch nicht mehr so jung bin."

Der als Zeuge Vater des BF gab in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG nach Vorhalt, dass sein Sohn schon mehrere Verurteilungen und auch schon mehrere Drogenentzugstherapien hinter sich habe und er ihn von diesen Dingen nicht abhalten habe können, an: "Das war unser Wunsch, aber es ist uns nicht gelungen."

Der Vater des BF gab an, zu hoffen, dass dies zukünftig funktionieren würde.

1.4.5. Am 08.07.2019 wurde der BF von seiner Strafhaft entlassen. Seit 09.07.2019 lebt er bei seinen Eltern und seiner Schwester.

1.5. Der BF wurde nach gerichtlicher Anordnung in Zusammenhang mit seiner Suchtgiftkrankheit einer gesundheitsbezogenen Maßnahme unterzogen und befand sich nachweislich von 17.10.2011 bis 16.04.2012 stationär in einer Einrichtung eines Vereins zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Personen.

In einem Bericht eines Vereins zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Personen vom 14.02.2012 wurde auszugsweise mitgeteilt (Name des BF durch BF ersetzt):

"Der BF war seit dem letzten Bericht rückfällig, hat aber seine Therapie in unserer Einrichtung (...) fortgesetzt.

Unser Klient konnte sich nach Schwierigkeiten in den letzten Wochen, die in einer Krise endeten und letztendlich auch in einen Rückfall mündeten, nun wieder in unserer therapeutischen Gemeinschaft integrieren. (...)

Der BF hat mit 04.12.2014 die psychosoziale Beratung und Betreuung in einer Suchtberatungsstelle begonnen und nachweislich am 03.03.2016, 21.04.2016, 16.06.2016, 30.06.2016, 14.09.2016, 17.11.2016 und 22.12.2016 in Anspruch genommen.

1.6. Der BF hat in Österreich nachweislich die Schule besucht, ist dann einer Lehre als Schlosser nachgegangen, hat diese jedoch nicht abgeschlossen, und hat dann in diversen Berufssparten Hilfsarbeiten geleistet.

Er war im Bundesgebiet im Zeitraum von Juli 2007 bis Ende Juli 2017 bei verschiedenen Dienstgebern - jeweils nur kurzzeitig - beschäftigt und hat von Dezember 2011 bis Ende Juni 2012 bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen.

Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 15.02.2018 gab der BF befragt, ob er zu seinen Eltern, Geschwistern oder sonstigen Verwandten in einer finanziellen Abhängigkeit stehe, glaubhaft an:

"Ja, meine Familie schicken mir in die Justizanstalt schon immerzu Geld. Meine Schwester hat mich letzte Woche besucht. Sie unterstützt mich auch."

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 20.11.2018 gab der Rechtsvertreter des BF glaubhaft an, dass der BF auf Unterstützung durch seine Familie angewiesen ist, er von ihnen in Haft jedenfalls bestmöglich unterstützt wurde.

Der BF ist derzeit im Besitz einer Einstellungszusage vom 03.09.2018.

1.7. Er war in Österreich in einem Fußballverein aktiv, seit seinem Kontakt mit Suchtgift jedoch nicht mehr. Der BF konnte sich - über die Schule und die Arbeit - Deutschkenntnisse aneignen. Die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA im Februar 2018 und die mündliche Beschwerdeverhandlung im November 2018 erfolgten jedenfalls unter Beiziehung eines Dolmetschers für Serbisch, der Muttersprache des BF.

2. Zur Lage in der Republik Kosovo

2.1. Politische Lage

Das politische System hat sich seit der Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 gefestigt. Kosovo ist eine Republik mit parlamentarischer Demokratie. Die Verfassung enthält neben den Grundwerten moderner europäischer Verfassungen und dem Prinzip der Gewaltenteilung umfassenden Schutz, zum Teil Privilegien für die in Kosovo anerkannten Minderheiten (Serben, Türken, Bosniaken, Goranen, Roma, Ashkali, Ägypter). Sie eröffnet ihnen weitgehende Möglichkeiten der politischen Partizipation, so z.B. garantierte Sitze im Parlament. Art. 59 der Verfassung sieht z.B. die Ausübung der eigenen Sprache, Kultur und Religion sowie den Zugang zu Bildungseinrichtungen mit jeweiligem Sprachangebot und die Nutzung eigener Medien vor (AA 9.12.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

2.2. Sicherheitslage

Die interethischen Spannungen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Beziehungen zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo. Zu differenzieren sind dabei die Beziehungen zwischen den im Norden lebenden Serben, die ein zusammenhängendes Gebiet bewohnen und den Serben die im restlichen Kosovo in kleinere versprengten Gemeinden wohnen. Letztere unterhalten relativ gute Beziehungen zu den kosovo-albanischen Autoritäten, und beteiligen sich an der gesellschaftspolitischen Ausgestaltung im Rahmen der kosovarischen Institutionen. Ganz anders ist hingegen die Situation im Nordkosovo. Die hier lebenden Serben weigern sich die Unabhängigkeit des Kosovo sowie die Institutionen des neu geschaffenen Staates anzuerkennen. Die Zusammenarbeit ist minimal. Problematisch in der Diskussion sind speziell die Behandlung der Grenzen zwischen Kosovo und Serbien, die von den im Norden lebenden Serben nicht anerkannt werden.

Mit der Ausnahme Nordkosovo gilt die Sicherheitslage allgemein als entspannt. (GIZ 6.2016).

Quellen:

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/#c37416, Zugriff 29.6.2016

2.3. Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Staatliche Sozialhilfeleistungen werden aus dem Budget des Sozialministeriums finanziert. Sie sind bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung zu beantragen und werden für die Dauer von bis zu sechs Monaten bewilligt. Die Leistungsgewährung für bedürftige Personen erfolgt auf Grundlage des Gesetzes No. 2003/15. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen wird durch Mitarbeiter der Kommunen und des Sozialministeriums überprüft. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Angehörige der Minderheiten werden zusätzlich von den in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (MOCR) betreut. Die Freizügigkeit wird für Sozialhilfebezieher nicht eingeschränkt. Der Wohnortwechsel ist der bisherigen Gemeinde anzuzeigen. Die von der bisherigen Kommune ausgestellte Registrierungsbescheinigung ist innerhalb einer Frist von sieben Tagen bei der Kommune des neuen Wohnsitzes bei der Anmelderegistrierung vorzulegen. Für den weiteren Sozialhilfebezug ist in der Kommune des neuen Wohnortes ein entsprechender Antrag zu stellen. Der Umzug wird durch Mitarbeiter des Sozialministeriums überprüft.

Wohnraum - wenn auch mitunter auf niedrigem Standard - steht ausreichend zur Verfügung (AA 9.12.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

2.3.1. Sozialbeihilfen

Das Gesetz über die soziale Grundsicherung umfasst zwei Kategorien von Leistungsempfängern. Kategorie I definiert Familien als Leistungsempfänger, in denen alle Familienmitglieder temporär oder dauerhaft dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, z.B. Kinder bis 14 Jahre, Jugendliche bis 18 Jahren, insofern diese in das Bildungssystem integriert sind, Alleinerziehende mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren, Personen mit schwerer und dauerhafter Behinderungen über 18 Jahre, ältere Personen über 65 Jahre. Kategorie II umfasst jene Familien, in denen mindestens ein Familienmitglied dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und in denen mindestens ein Kind jünger als 5 Jahre bzw. ein/e Waise jünger als 15 Jahre versorgt wird. Die Leistungen aus beiden Kategorien sind an strenge Bedürftigkeitsprüfungen gebunden. Die Grundrente (EUR 45) wird aus Mitteln des öffentlichen Haushalts finanziert, Rentner, die Beitragszahlungen von mindestens 15 Jahren nachweisen können, erhalten zusätzlich eine erweiterte Grundrente in Höhe von EUR 35. Das durchschnittliche Niveau der Leistungen liegt bei ca. EUR 60 (GIZ 6.2016, vgl. AA 9.12.2015, BIO 6.6.2016).

Das Sozialsystem ist nur rudimentär ausgebaut und bietet keine angemessene Versorgung. Ein Gesetz zum Aufbau einer staatlichen Krankenversicherung wurde verabschiedet, aber noch nicht umgesetzt. Ein Altersversorgungsystem ist eingerichtet, die Renten bewegen sich aber auf niedrigem Niveau. Die Registrierung am Wohnort sowie der Besitz von Personenstandsurkunden sind Voraussetzungen für den Zugang zu vielen Leistungen. Wegen der strengen Anspruchsvoraussetzungen oder mangels Registrierung erhalten nur wenige Familien staatliche Leistungen in Form von Sozialhilfe oder Renten. Mit Stand August 2014 erhielten etwa 30.000 Familien Sozialhilfeleistungen. Die staatlichen Hilfen betragen zwischen EUR 60 bis EUR 110 im Monat. Das wirtschaftliche Überleben dieser Familien sichern in der Regel der Zusammenhalt der Familien und die in Kosovo noch ausgeprägte gesellschaftliche Solidarität. Eine große Rolle spielen dabei die Schattenwirtschaft, Spenden und die Unterstützung durch die Diaspora (BAMF 5.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

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BIO - Belgian Immigration Office (6.6.2016): Accessibility of healthcare - Kosovo, Country Fact Sheet, Zugriff 6.7.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 5.7.2016

2.4. Rückkehr

Von der kosovarischen Regierung wurde im Mai 2010 eine Strategie für Rückkehrer und Reintegration verabschiedet. Im Rahmen der Umsetzung dieser Strategie unterstützt die Regierung seit dem 1. Januar 2011 Rückkehrer aus Drittstaaten - unabhängig von ihrer Ethnie - mit Geld-, Sach- und Beratungsleistungen. Die "National Strategy for Reintegration of Repatriated Persons in Kosovo" (2013 - 2017), die vor allem organisatorische Änderungen der Strategie aus dem Jahre 2010 betrifft, sieht für die Haushaltsjahre 2014 bis 2017 Mittel in Höhe von EUR 3,2 Mio. pro Jahr vor. Damit keine Anreize für eine Ausreise aus Kosovo bestehen, erhalten nur diejenigen Rückkehrer Leistungen aus dem Reintegrationsprogramm, die vor dem 28. Juli 2010 Kosovo verlassen haben. Ausnahmen gelten bei aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung, familiärer oder sozialer Probleme besonders gefährdeten Personen ("vulnerable persons"). Zuständig für die Antragstellung zur Gewährung von Leistungen an Rückkehrer sind die Kommunen, in denen die Rückkehrer registriert werden oder bereits registriert sind. In fast allen Gemeinden Kosovos wurde hierfür ein Büro für Gemeinschaften und Rückkehrer (MOCR) sowie kommunale Ausschüsse für Reintegration (MCR) eingerichtet (AA 9.12.2015, vgl. BAMF 5.2015).

Geleitet wird der gesamte Reintegrationsprozess von der Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern im kosovarischen Innenministerium. Für diese Abteilung arbeiten u.a. sechs sog. Regionalkoordinatoren, die dezentral in den größeren Gemeinden von Kosovo (auch Nord-Mitrovica) tätig sind und als Ansprechpartner für die MOCR fungieren sollen sowie auch Mitglieder der MCR sind. Zu den Aufgaben der Regionalkoordinatoren gehört auch ein Monitoring der MOCR und der MCR. Im Bereich der Wohnraumbeschaffung können sie zudem eigenständig tätig werden. Die erste Kontaktaufnahme zu den Rückkehrern findet bereits unmittelbar nach deren Ankunft in einem eigenen Büro des DRRP im Flughafen Pristina statt. Falls erforderlich, werden Transport in die Heimatgemeinde oder eine befristete Unterkunft in einer Einrichtung in Pristina angeboten sowie Ansprechpartner in den Kommunen benannt. Im Bedarfsfall können individuelle medizinische Versorgungsmöglichkeiten über die Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern in Zusammenarbeit mit dem kosovarischen Gesundheitsministerium organisiert werden (AA 9.12.2015).

Derzeit liegen der Staatendokumentation keine Erkenntnisse vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr in den Kosovo allein wegen deren Beantragung von Asyl im Ausland mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben (Stdok 7.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

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Stdok - BFA-Staatendokumentation (7.2016)

2.5. Ethnische Minderheiten

Es gibt keine Hinweise auf intendierte staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit. Die Einhaltung der im Anti-Diskriminierungsgesetz enthaltenen Diskriminierungsverbote wird durch das Büro des Menschenrechtskoordinators (Office of Good Governance) kontrolliert. Offiziell als Minderheiten anerkannt sind die Roma/Ashkali/Ägypter (RAE), Serben, Bosniaken, Türken und Goranen. Offizielle Sprachen sind Albanisch und Serbisch, auf kommunaler Ebene auch Türkisch, Bosnisch und Romanes. Diese Minderheiten genießen laut Verfassung weitreichende Rechte. Gemäß Art. 78 der Verfassung sind 20 der 120 Parlamentssitze für die nicht-albanischen Minderheiten (Serben 10, Türken 2, Bosniaken 3, Goranen 1 und RAE 4) garantiert. Laut Art. 81 der Verfassung bedarf es bei der Verabschiedung wichtiger Gesetze nicht nur der Mehrheit aller Abgeordneten, sondern getrennt davon auch der Mehrheit der Abgeordneten, die Minderheiten vertreten. Die Bestimmungen des Ahtisaari-Pakets (seit September 2012 Bestandteil der Verfassung) erlauben weitgehende Autonomie auf Kommunalebene, wovon vor allem die Serben und Türken mit "eigenen" Gemeinden profitieren, in denen sie die Mehrheit stellen (AA 9.12.2015).

Die wesentlichen Institutionen zum Schutz und der Förderung von Minderheitenrechten sind das Ministerium für Gemeinwesen und Rückkehr, der beratende Ausschuss für Gemeinwesen und das Amt für Gemeindeangelegenheit beim Amt des Premierministers. Auf lokaler Ebene muss jede Gemeinde mit mehr als einer Gemeinschaft laut Gesetz ein sog. Gemeinschaftskomitee errichten bzw. ist eine Vertretung (Amt) des zuständigen Ministeriums einzurichten, welches als zentrale Anlaufstelle für Minderheitenangelegenheiten dienen soll. In Gemeinden, in denen eine Minderheit zumindest 10% der Bevölkerung ausmacht, besteht die Verpflichtung den Posten eines Deputy Chairperson of the Municipal Assembly for Communities und Deputy Mayor of Communities zu schaffen. Das Gesetz über kostenlose Rechtshilfe bezieht sich auf Zivil-, Verwaltungs,- Straf- und sonstige Verfahren (OSCE 5.2013).

In Orten mit einem hohen Minderheitenanteil werden auch die entsprechenden Minderheitensprachen in den Grundschulen unterrichtet (Serbisch, Türkisch, vereinzelt Romani) (AA 12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

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AA - Auswärtiges Amt (12.2015): Kosovo, Kultur- und Bildungspolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kosovo/Kultur-UndBildungspolitik_node.html, Zugriff 4.7.2016

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OSCE (5.2013): Best Practices for Roma Integration Regional Report on Anti-discrimination and Participation of Roma in Local Decision-Making;

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1370359982_102083.pdf, Zugriff 4.7.2016

2.5.1. Türken, Bosniaken, Gorani, Montenegriner und Kroaten

Türken, Goranen, Bosniaken, Montenegriner und Kroaten gelten als insgesamt gut integrierte Minderheiten (AA 9.12.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Zur Person und den persönlichen Verhältnissen der BF:

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Familienstand und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

2.2.2. Die Feststellungen zu seinen familiären und sozialen Verhältnissen ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

In der niederschriftlichen Einvernahme des BF vor dem BFA am 15.02.2018 gab der BF, befragt, was er im Falle einer Rückkehr in den Kosovo befürchte, an:

"Dass ich mich nicht auskenne und ich nicht wissen würde, was ich machen sollte. Ich würde mich auch alleine fühlen."

(EV-Niederschrift, AS 1313).

Befragt, ob es dem BF möglich wäre, zu seinen Familienangehörigen in den Kosovo zurückzukehren, an:

"Eigentlich nicht." (EV-Niederschrift, AS. 1309).

Weiter befragt, warum nicht, gab der BF an:

"Ich weiß nicht, was ich unten tun sollte. Ich bin hier aufgewachsen." (EV-Niederschrift, AS. 1309).

Der BF brachte somit nicht ausdrücklich vor, dass ihm eine Rückkehr in den Kosovo nicht möglich wäre, sondern konnte mit den voranstehenden Angaben nur eine für ihn bei einer Rückkehr neue, unsichere Situation in seinem Herkunftsstaat glaubhaft machen.

Festgestellt werden konnte aufgrund seines diesbezüglich glaubhaften Vorbringens vor dem BFA jedenfalls, dass er mit seiner Großmutter im Kosovo ab und zu über Skypen in Kontakt stehe. (EV-Niederschrift, AS. 1309). Seine darauffolgende Angabe, nie die Möglichkeit gehabt zu haben, seine Großmutter im Kosovo zu besuchen, zeigt zudem, dass der BF grundsätzlich nicht abgeneigt davon ist, zu seinen Verwandten in den Kosovo zu fahren.

2.2.3. Die Feststellungen zu seinen bisherigen Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet ergaben sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.2.4. Die Feststellung zu den 20 Eintragungen im Kriminalpolizeilichen Aktenindex des Bundesministeriums für Inneres den BF betreffend den BF ergab sich aus einem dies bescheinigenden diesbezüglichen dem Verwaltungsakt einliegenden Auszug (AS 1137f).

Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen des BF beruhen auf einem Auszug aus dem österreichischen Strafregister, die näheren Feststellungen zu den seiner strafrechtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen beruhen auf den dem Verwaltungsakt einliegenden (gekürzten) Urteilsausfertigungen (AS 1245ff betreffend Verurteilung von April 2008, AS 1231 betreffend Verurteilung von Jänner 2010, AS 1281ff betreffend Verurteilung von Juni 2011, AS 1046 betreffend Abwesenheitsurteil von September 2017, AS 1213f betreffend Verurteilung von November 2017).

Dem Vater des BF wurde in der mündlichen Verhandlung vorgehalten:

"Ihr Sohn hat schon mehrere Verurteilungen und auch schon mehrere Drogenentzugstherapien hinter sich. Sie konnten ihn von diesen Dingen nicht abhalten."

Daraufhin gab der Vater des BF an:

"Das war unser Wunsch, aber es ist uns nicht gelungen."

Befragt, warum er glaube, dass es jetzt ändern würde, gab der Vater des BF an:

Wir hoffen, dass es jetzt funktionieren wird." (EV-Niederschrift, S. 12)

Der BF gab in der mündlichen Verhandlung am 20.11.2018 nach Vorhalt, ganz erfolgreich sei die Therapie nicht gewesen, sonst wäre er nicht rückfällig geworden, an:

"Süchtig bleibe ich ein Leben lang. Ich will jetzt wieder probieren eine Therapie zu machen. Ich glaube auch, dass ich es dieses Mal schaffe, weil mich die Gefängnisaufenthalte schon gebessert haben und ich jetzt auch nicht mehr so jung bin."

Dass mit 31.12.2018 von der strafrechtlichen Verfolgung des BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften endgültig zurückgetreten wurde, ergab sich aus einer diesbezüglichen Verständigung des BF durch die Staatsanwaltschaft, die am 09.01.2019 beim BVwG eingelangt ist.

Dass der BF am 08.07.2019 aus seiner Strafhaft entlassen wurde, ergab sich aus dem Akteninhalt und einem aktuellen AJ WEB-Auskunftsverfahrensauszug.

2.2.5. Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des BF in Österreich und seinem Bezug von bedarfsorientierter Mindestsicherung von Dezember 2011 bis Ende Juni 2012 beruhen auf einem aktuellen Auszug aus dem AJ WEB-Auskunftsverfahrensauszug.

Der BF gab in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 15.02.2018, befragt, ob er zu seinen Eltern, Geschwistern oder sonstigen Verwandten in einer finanziellen Abhängigkeit stehe, glaubhaft an:

"Ja, meine Familie schicken mir in die Justizanstalt schon immerzu Geld. Meine Schwester hat mich letzte Wiche besucht. Sie unterstützt mich auch." (EV-Niederschrift, S. 1397).

Dass der BF auf die Unterstützung seiner Familienangehörigen angewiesen ist und diese ihn auch in Strafhaft nach Kräften unterstützt haben, konnte auch der Rechtsvertreter des BF mit seinem diesbezüglichen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2018 glaubhaft machen (VH-Niederschrift, S. 10).

Der BF legte in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2018 zum Beweis einer ihm in Aussicht stehenden Arbeit eine Einstellungszusage vom 03.09.2018 vor.

2.2.6. Die Feststellungen rund um die Suchtmittelabhängigkeit des BF beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

Die auf die Straffälligkeit des BF in Zusammenhang mit Suchtgift folgende Rückfälligkeit des BF und die daraufhin folgende Integration des BF in einer therapeutischen Gemeinschaft in einem Verein zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Personen ergab sich aus einer diesbezüglichen Mitteilung vom 14.02.2014 (AS 1289).

Dass der BF ab 04.12.2014 psychosoziale Beratung und Betreuung in einer Suchtberatungsstelle begonnen und im Zeitraum von März 2016 bis Dezember 2016 diese mehrmals in Anspruch genommen hat, beruht auf einer diesbezüglichen Bestätigung einer Suchtberatungsstelle von September 2018 (AS 51).

2.2.7. Die Feststellungen zu den Integrationsschritten des BF in Österreich - seiner Mitgliedschaft bei einem österreichischen Fußballverein, seinen aufgebauten Sozialkontakten, seinem Schulbesuch und seiner - wenn auch nicht abgeschlossenen - Lehre als Schlosser ergaben sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt und den zuletzt in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 22.11.2018 glaubhaften Angaben des BF.

2.3. Zu den Länderfeststellungen

Die bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, gesamtaktualisiert am 12.07.2016.

2.4. Zum Beschwerdevorbringen

* In gegenständlicher Beschwerde wurde bezogen auf die Zugehörigkeit des BF zur Minderheit der Goraner Folgendes vorgebracht:

"Das Bundesamt hat (...) seine Pflicht, die Sicherheit des Kosovo konkret auf den BF - der einer ethnischen Minderheit angehört und der nie im Kosovo gelebt hat - bezogen zu prüfen, nicht wahrgenommen. Es hat sich daher nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der BF nicht mittlerweile aus anderen Gründen verfolgt werden könnte."

Fest steht, dass der BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor den BFA am 15.02.2018, befragt, was er bei einer Rückkehr in den Kosovo befürchte, angab:

"Dass ich mich nicht auskenne und ich nicht wisse, was ich machen sollte. Ich würde mich auch alleine fühlen."

Dass der BF bei einer Rückkehr im Kosovo Verfolgungshandlungen oder Repressionsmaßnahmen aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit befürchtet, gab er vor dem BFA jedenfalls nicht an. Laut bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen zu ethnischen Minderheiten gibt es keine Hinweise auf intendierte staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit, wird die Einhaltung der im Anti-Diskriminierungsgesetzes enthaltenen Diskriminierungsverbote durch das Büro des Menschenrechtskoordinators kontrolliert, und genießt auch die Minderheit der Goraner laut kosovarischer Verfassung weitreichende Rechte.

* Das Beschwerdevorbringen, wie aus den angeführten Länderberichten hervorgehe, drohe dem BF aufgrund des Umstandes, dass er in Afghanistan kein tragfähiges soziales Netz vorfinde, im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan eine Verletzung von Art. 3 EMRK, war bereits wegen Bezugnahme auf einen vom Herkunftsland des BF unterschiedlichen Herkunftsstaat nicht zu berücksichtigen.

* Das übrige Beschwerdevorbringen wird in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung berücksichtigt.

2.5. Eine berücksichtigungswürdige gesundheitliche Beeinträchtigung des BF konnte nicht festgestellt werden, gab der BF doch in der mündlichen Verhandlung am 20.11.2018 unter Bezugnahme auf seine Suchtmittelkrankheit ausdrücklich an, derzeit "clean" zu sein, und "außer seiner bekannten Suchtgiftabhängigkeit, von der ich jetzt losgekommen bin, keine Leiden oder Gebrechen zu haben."

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzten die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 i.d.F. BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bund

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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