TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/16 W168 2219394-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.09.2019
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Entscheidungsdatum

16.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W168 2219394-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.04.2019, Zahl 1146521600/170361191/BMI-BFA_TIROL_RD, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach schlepperunterstützt unberechtigter Einreise am 22.03.2017 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er gehöre der Volksgruppe der Hazara an und sei shiitischer Moslem. Er stamme aus der Provinz Maidan Wardak. Im Herkunftsstaat habe er drei Jahre die Grundschule besucht. Vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat sei der BF arbeitslos gewesen. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass er in seiner Heimat keine Sicherheit und keine Zukunft habe. Aufgrund der prekären Verhältnisse habe sein Dorf eine Gruppe gegründet, um sich gegen die Taliban und andere Gruppen zu verteidigen und er hätte an dieser Teilnehmen sollen. Da er jedoch der älteste Sohn seiner Familie gewesen sei, habe ihm seine Mutter die Ausreise empfohlen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan habe er Angst um sein Leben und seine Sicherheit.

Nach Zulassung des Verfahrens erfolgte am 13.12.2018 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer gab eingangs an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er könne keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage bringen. Im Rahmen der Erstbefragung habe er zwar die Wahrheit angegeben, einzelne Teile des Protokolls seien jedoch falsch übersetzt worden. Befragt, ob seiner Angaben zum Fluchtgrund rückübersetzt und richtig protokolliert worden seien, erklärte der BF, dass die Angaben bezüglich der Taliban nicht stimmen würden und die Fluchtgründe insgesamt nicht vollständig seien. Der BF habe bereits in Belgien einen Asylantrag gestellt, habe das Verfahren jedoch nicht abgewartet und wäre aufgrund des Aufenthalts seines Bruders in Österreich ebenfalls hierhergereist. In Belgien habe der BF seine Fluchtgründe ebenfalls nicht vollständig dargelegt, weil er sich geschämt habe, vergewaltigt worden zu sein.

Zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er der Volksgruppe der Hazara angehöre und aus Maidan Wardak stamme. Neben einem Onkel habe er in Afghanistan keine familiären Anknüpfungspunkte mehr. Seine Mutter sowie ein Bruder und eine Schwester würden im Iran leben, ein Bruder sei in Österreich wohnhaft. Mit seiner im Iran aufhältigen Familie stehe der BF in regelmäßigen telefonischen Kontakt. Im Heimatland habe er drei bis vier Jahre die Koranschule besucht und keinen Militärdienst abgeleistet oder eine Berufsausbildung absolviert. Die Frage, ob er ein gläubiger Moslem gewesen sei, wurde vom BF verneint. Er sei jedoch religiös erzogen worden, da er drei Jahre von einem Mullah unterrichtet worden sei. Die Frage, ob er bei Nichtexistenz des Fluchtgrundes im Heimatland leben könnte, wurde vom BF ebenfalls verneint, da sie das Haus wegen den Kuchis verlassen hätten müssen.

Zu seinem Fluchtweg befragt, erklärte der BF, dass er sich eineinhalb Jahre in Belgien aufgehalten habe und nicht gewusst habe, einen Asylantrag gestellt zu haben. Der BF habe jedenfalls noch keinen Bescheid erhalten.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, verneinte der BF die Fragen, in seiner Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht zu werden oder von Behörden angehalten, festgenommen oder verhaftet worden zu sein. Er habe auch nie Probleme mit den Behörden gehabt und sei kein Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei gewesen. Die Fragen, ob er in seiner Heimat jemals wegen seiner Rasse, Religion oder seiner Nationalität oder Volksgruppe vom Staat verfolgt worden sei, wurden ebenfalls verneint. Der BF habe jedoch aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara und der Religionsgemeinschaft der Schiiten Probleme mit den Kuchi gehabt. Auf Aufforderung, zu schildern, weshalb er seine Heimat verlassen habe, fürhte der BF aus, dass sein Bruder nach der Ermordung des Vaters das Land verlassen habe. Im Zuge einer Dorfversammlung wäre beschlossen worden, sich zur Wehr zu setzen und deshalb wäre beschlossen worden, dass sich jeder Mann aus jeder Familie mit einer Waffe verteidige. Zudem müsse eine Person Wache halten, die ebenfalls aus jeder einzelnen Familie bestimmt werde. Der BF habe eine ungeladene Waffe eines Nachbars erhalten. In einer Nacht sei der BF selbst dazu bestimmt worden, Wache zu halten und sei während seiner Aufsicht von zwei Männern am Hals festgehalten und gefesselt worden. Eine der erwähnten Personen habe den BF anschließend festgehalten und die andere Person hätte diesen vergewaltigt. In weiterer Folge seien die Männer geflüchtet und der BF habe sich die Hand am Lagerfeuer verbrannt. Die Monate vor seiner endgültigen Ausreise habe er sein Elternhaus nicht mehr verlassen. Die Frage, ob er zur Teilnahme an der Miliz gezwungen worden sei, wurde vom BF bejaht. Zur Frage, wie viel Zeit zwischen dem Vorfall und seiner endgültigen Ausreise vergangen sei, erklärte der BF, dass er drei oder dreieinhalb Jahre nach dem geschilderten Ereignis ausgereist sei. Befragt, was zwischen Vergewaltigung und seiner Ausreise geschehen sei, entgegnete der BF, dass er das Haus nicht mehr verlassen habe und ihm deswegen nichts zugestoßen sei. Zur Frage, wieso er sich nach dem Vorfall eingeschlossen habe, erklärte der BF, dass er die Ehre seiner Familie bewahren habe wollen. Wenn jemand gewusst hätte, was vorgefallen sei, hätte seine Familie das Dorf verlassen müssen. Die Fragen, ob er herausgefunden habe, ob jemand über die Vergewaltigung Bescheid gewusst habe oder ob es für den Vorfall Zeugen gegeben habe, wurden verneint. Befragt, ob er irgendwelche Anhaltspunkte habe, dass diese Straftat irgendjemand außer den Tätern bekannt geworden sei, erwiderte der BF, dass er jedenfalls nichts vernommen habe. Er habe nicht einmal seine Mutter über den Vorfall aufgeklärt. Zur Frage, was der konkrete Anlass für seine Ausreise gewesen sei, brachte der BF vor, dass er sich nicht mehr verstecken habe wollen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat wäre der BF aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara einer erhöhten Verfolgung ausgesetzt. Nach dem Anlassfür die Ausreise befragt, führte der BF aus, dass der Grund der gewesen wäre, dass er immer nur zu Hause geween wäre. Dies wäre kein Leben für ihn gewesen. Er habe sich gefragt, war er tun könne, dass er sich nicht immer verstecken müsse. Dann hätte er seine Mutte gefragt, ob auch er mitgehen könne. Dies hätte dies zunächst nicht gewollt, weil diese dann alleine gewesen wäre und (sie nicht wisse) wer sich um sie kümmern würde. Später hätte diese zugestimmt, nachdem er mit ihr geredet hätte. Nochmals nach dem Anlass für die Ausreise seitens des BFA befraft, ergänzte der BF, dass er schon vorher mit seinem Bruder gehen hätte wollen, aber seine Mutter hätte ihm das nicht erlaubt. Die Mutter des BF hätte sich nach dessen Ausreise noch für rund 2 Jahre in Afghanistan aufgehalten.

Auf die Frage des BFA ob er BF religiös erzogen worden wäre, führte dieser aus, dass die Eltern zwar religiös gewesen wären, aber nicht viel. Er selbst wäre religiös erzogen worden, jedoch nicht streng. In der Moschee hätte ihm der Mullah gesagt, dass er glauben solle. Die Eltern hätten den BF manchmal gefragt warum er nicht beten würde und er hätte diesen geantwortet, dass er nicht glauben würde. Damals, als auch auch jetzt, würde er an Gott glauben; er würde jedoch nicht an die Religion glauben. Das was der Mullah sagen würde, wäre für ihn nicht akzeptabel. Er glaube nicht daran, dass nur die Leute die beten in den Himmel kommen würden und alle anderen in die Hölle.

Auf Frage des BFA, ob der BF ohne den oben angegebenen Fluchtgrund in Afghaistan leben könnte, verneinte der BF dies und führte hierzu aus, dass er und die Familie das Haus wegen der Kutchis verlassen hätte müssen. Er hätte dort niemanden mehr und könne dort nicht alleine leben. Er könne auch hier sein Leben nicht alleien bestreiten. Er hätte sich auch hier immer Hilfe von seinem Bruder bzw. den Behörden geholt. Wos sollte dies dort gehen? Er hätte in Afghainstan nichts gelernt und hätte dort auch niemanden. Was würde er dort arbeiten. Zweitens, wenn er dort nicht besten würde, würde er Probleme bekommen.

Befragt warum sich der BF wegen der Vergewaltigung nicht an die Behörden gewandt hat, führte der BF aus, dass er nicht wisse wohin er hätte gehen sollen. In seinem Dort hätte es keine Polizei und keine Behörden gegeben. Die Kutchis würden jedes Jahr kommen.

Weiter durch das BFA danach befragt, warum der BF, bzw. auch mit der ganzen Familie, nicht in einen anderen Landesteil von Afghanistan gezogen ist, antwortete der BF, dass er nicht wisse wohin diese hätten hingehen sollen. Sie hätten sonst niemanden gehabt und das Haus und alles was sich dort befunden hätte, wäre alles gewesen, was sie bessesen hätten. Sie hätten sich nicht vorstellen können, wovon sie hätten leben sollen.

Durch das BFA danach befragt, warum der BF nach Europa gefahren wäre, ohne bevor er nur versucht hätte weiter in seiner Heimat zu leben, führte der BF aus, dass er hierer gekommen wäre, da es hier Menschenrechte geben würde. Er hätte dies im Iran erfahren. Er wäre nicht mit der Absicht aus Afghanistan ausgereist nach Europa zu kommen. Er hätte zunächst nur in den Iran wollen, um dort zu arbeiten. Dort hätte er erfahren, dass es in Europa besser wäre. Er selbst hätte aufgrund seiner persönlichen Betroffenheit entschieden Afghanistan zu verlassen. Seine Mutter hätte ihn Nachbarn übergeben und er wäre in Folge ausgereist.

Befragt welche Befürchtungen der BF auch wegen der angegebenen Vergewaltigung bei einer Rückkehr habe, fürhte dieser aus, dass dass er sich erstens aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgrupper der Hazara ein Leben in Afghanistan nicht vorstellen könne und zweitens könne er in sein Dorf nicht mehr zurückkehren, weil er dort kein Gesicht mehr hätte, keine Ehre.

Durch das BFA darauf hingewiesen, dass der BF angegeben hätte, dass niemand im Dorf von der angegebenen Vergewaltigung wissen würde, führte der BF aus, dass dies schon so sein mag, doch jeder würde wissen, dass er weggewesen wäre. Wenn er wieder zurückkehren würde, dann würde das auffallen und die beiden Personen (die Vergewaltiger) könnten dies mitbekommen, wissen, dass er wieder allein wäre und ihn nochmals vergewaltigen. Bei einer Rückkehr hätte er jedenfalls keine Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden zu erwarten.

Der BF bestätigte am Abschluss der Einvernahme vor dem BFA abschließend explizit, dass er im Zuge dieser Einvernahme vor dem BFA alles erzählt habe und er weitere Gründe nicht mehr vorzubringen habe.

Zu den Lebensumständen in Österreich befragt, gab der Beschwerdeführer an, sich seit 22.03.2017 durchgehend in Österreich aufzuhalten. Er besuche die Berufsschule für Automechaniker und hole den Pflichtschulabschluss nach, in seiner Freizeit musiziere er oder spiele Fußball. Er habe zudem bereits Deutschkurse auf dem Niveau A2 und B1 abgeschlossen und sei Mitglied in einem Fußballverein und einem Eistanzverein. Der BF habe zwar an verschiedenen Vereinsprojekten teilgenommen, beziehe jedoch Leistungen aus der Grundversorgung. In Österreich habe der BF einen familiären Anknüpfungspunkt in Form seines Bruders, lebe jedoch in keiner familienähnlichen Gemeinschaft. Die Fragen, ob er jemals Zeuge oder Opfer von Menschenhandel gewesen sei oder in Österreich jemals Opfer von Gewalt geworden sei, wurden vom BF verneint.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF eine Schulbesuchsbestätigung einer Fachberufsschule vom 28.11.2018, ein Zertifikat vom 28.11.2017 über eine absolvierte ÖSD Deutschprüfung auf dem Niveau B1, ein Zertifikat vom 02.11.2017 über eine absolvierte Prüfung auf dem Niveau A2, eine Besuchsbestätigung über einen absolvierten Vorbereitungskurs zum Pflichtabschluss vom 13.09.2018, ein Zertifikat vom 31.07.2018 über die Teilnahme an dem Projekt "Leben und Arbeiten in Tirol", ein Schreiben über die Absolvierung von berufspraktischen Tagen im Lehrberuf "Elektrobetriebstechniker", mehrere Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung vom 06.12.2018 über die Mitgliedschaft in einem Eislaufverein, eine Teilnahmebestätigung vom 29.11.2018 über die Teilnahme an einem Projekt, ein Nachweis über einen Assistenzeinsatz bei der Fassaden-und Bildmalerei vom 30.10.2018 und eine Bestätigung der freiwilligen Mitarbeit vom 04.12.2018 in Vorlage gebracht.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Die BFA stellte fest, dass der BF als Persön unglaubwürdig wäre, er widersprüchliche und objektiv unrichtige Angaben zu seinem Lebensalter erstattet hätte. Der BF bekenne sich zum schiitischen Islam und es war nicht festzustellen, dass er sich vom schiitischen Islam abewandt habe, bzw. sich nunmehr zu keiner Religion bekennen würde. Dem BF wäre die Glaubwürdigkeit aus seinem in der freien Erzählung zu seinen Fluchtgründen und der sich anschließenden Befragung hierzu erstatteten Vorbringen zu den Gründen seiner Ausreise in den wesentlichen Teilen abzusprechen. Dies ergebe sich einerseits schon aus der oben festgestellten persönlichen Unglaubwürdigkeit und der Tatsache, dass der BF keinerlei verlässliche Beweismittel für die von ihm behaupteten Ereignisse vorlegen habe können. Die Feststellung, wonach der Vater des BF im Jahr 2010 von Kutschi-Nomaden getötet worden sei, beruhe auf den im Wesentlichen gleichlautenden Angaben des BF, welche auch durch das Amtswissen über die Prävalenz derartiger Vorfälle in Afghanistan gestützt werden würden. Nicht glaubhaft sei allerdings gewesen, dass erst in weiterer Folge eine Miliz formiert worden sei, wie er behauptet habe. Des Weiteren habe auch sein Bruder vor dem BFA nichts von der Bildung einer derartigen Miliz erwähnt, obwohl er seinen Angaben zufolge gerade in jenem Zeitraum, in welchem der BF die angeblich fluchtauslösenden Ereignisse behauptet habe, in seinem Heimatdorf anwesend gewesen sei. Vielmehr sei festzuhalten, dass der Bruder des BF, wie bereits dargestellt, in genau diesem Zeitraum in seinem Heimatdorf anwesend gewesen sei und damit das älteste männliche Familienmitglied gewesen sei. Dementsprechend sei, hätte sich zu diesem Zeitpunkt eine solche Miliz formiert, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sein Bruder verpflichtet gewesen, sich dieser anzuschließen, was nach der Amtserfahrung durchaus zum Eintritt fluchtauslösender Umstände hätte führen können, weswegen folglich kein Grund für seinen Bruder bestanden hätte, die Bildung dieser Miliz nicht nur unerwähnt zu lassen, sondern durch sein Fluchtvorbringen konkludent zu verneinen, habe er doch angegeben, in dieser Zeit als Taxifahrer gearbeitet zu haben. Ebenfalls aufgrund seiner Anwesenheit in seinem Heimatdorf sei festzuhalten, dass der BF eben nicht das älteste männliche Familienmitglied gewesen sei, sodass er nicht zur Mitwirkung in dieser Miliz verpflichtet gewesen sei. Seine Angaben zum Fluchtgrund würden insoweit im Widerspruch zu objektiv erwiesenen Tatsachen, als seine Angaben zu seinem Lebensalter, auf welche sich auch die Zeitangaben seiner Fluchtgeschichte beziehen würden, durch das Sachverständigengutachten der Medizinischen Universität Wien widerlegt worden seien. Darüber hinaus erscheine es aber auch implausibel, dass eine derartige Dorfmiliz-so eine bestünde- die Teilnahme eines Zehnjährigen zulassen würde. Auch zum vom BF behaupteten, hauptsächlich fluchtkausalen, Ereignis der Vergewaltigung bei ebendiesem Dienst sei die Behörde zu der Ansicht gelangt, dass dem Vorbringen kein Glauben zu schenken sei, wobei neuerlich auf seine dargestellte persönliche Unglaubwürdigkeit zu verweisen sei. Des Weiteren habe der BF bei der polizeilichen Erstbefragung just diese Vergewaltigung nicht erwähnt, sondern stattdessen angegeben, dass er das Land auf Entscheidung seiner Mutter verlassen habe, um zu vermeiden, dass er sich an dieser Miliz beteiligen müsse. Hierbei handle es sich um einen inhaltlichen Widerspruch, nachdem aus der Erstbefragung hervorgehe, dass er die Heimat zur Vermeidung, also zwingend vor dem Eintritt in die Miliz, verlassen habe, und nicht etwa danach, wie es für ein nunmehriges Vorbringen notwendig wäre. Darüber hinaus stelle das nunmehrige Vorbringen zweifellos eine erhebliche Steigerung dar und es sei festzuhalten, dass der BF vor der Behörde am 25.04.2018 keine Hinweise dafür vorgebracht habe, dass er bei der Erstbefragung nicht in der Lage gewesen sei, diese Ereignisse vorzubringen. Auch seine Behauptung, dass er nicht wisse, wer die Täter gewesen seien, habe nicht nachvollzogen werden können. Wie der BF selbst behauptet habe, habe das Nachbardorf nur aus acht Häusern bestanden, was darauf hindeute, dass er das Nachbardorf relativ gut gekannt habe. Letztlich spreche auch sein äußerlich erkennbares Verhalten bei der Schilderung der angeblichen Vergewaltigung für eine konstruierte Falschbehauptung und nicht für einen Tatsachenbericht. Ebenso gegen die Echtheit der gezeigten Gemütsbewegungen spreche, dass insbesondere keine Gedankensprünge, Unklarheiten, Selbstkorrekturen oder andere Zeichen eines aufgewühlten Zustandes erkennbar gewesen seien. Zudem habe er die Übersetzungspausen des Dolmetschers von sich aus abgewartet, dabei aber keine äußerliche Veränderung gezeigt. Insgesamt stehe das Vorbringen des BF im Widerspruch zu mit Methoden der Naturwissenschaft festgestellten, objektiven Tatsachen, im Widerspruch zu seinen eigenen Angaben im Zuge der Erstbefragung, im Widerspruch zu den Angaben seines Bruders vor der Behörde, im Widerspruch zu den amtlichen Länderfeststellungen und dem Amtswissen des Bundesamtes und sei schließlich auch in sich selbst weder plausibel noch nachvollziehbar. Zusammenfassend sei daher anhand seiner persönlichen Unglaubwürdigkeit und der dargestellten Widersprüche und Unstimmigkeiten zu befinden, dass die Geschichte wohl asylzweckbezogen angelegt, in dieser Form aber weder nachvollziehbar noch glaubwürdig gewesen sei und die vom BF geltend gemachte Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche. Selbst wenn man annehme, dass sein Fluchtvorbringen selbst den Tatsachen entspreche, sei es nicht glaubhaft, dass ein potentieller Verfolger ein nachhaltiges Interesse an seiner Person hätte. Insbesondere seien besondere, risikoerhöhende Merkmale seiner Person nicht festzustellen. Daraus folge, in Zusammenschau mit der amtsbekannten allgemeinen Sicherheits-und Wirtschaftslage, die Feststellung, dass ihm seine Rückkehr in seine Heimatprovinz möglich sei.

3. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 24.05.2019 fristgerecht Beschwerde ein. Begründend wurde vorgebracht, dass dem Vorbringen der erkennenden Behörde, dass der BF dem behördlichen Auftrag, die Tazkira dem Bundesamt vorzulegen, nicht nachgekommen sei. Diesen Ausführungen wäre entgegenzuhalten, dass der BF seine Tazkira bei der Erstbefragung der Polizei gezeigt habe, diese aber die Tazkira nicht zu den Unterlagen gegeben hätten und der BF die Tazkira in der Folge verloren habe. Dem Vorbringen der erkennenden Behörde in der Beweiswürdigung, dass sich der BF bei der Erstbefragung unmittelbar und unzweifelhaft als Schiit identifiziert habe und diese Angabe im Widerspruch zu den diesbezüglichen Angaben beim Bundesamt stehe, sei entgegenzuhalten, dass der BF zu Beginn der Einvernahme beim Bundesamt angegeben habe, dass es aufgrund der Dolmetscherproblematik zu einigen Fehlern bei den Fluchtgründen bei der Erstbefragung gekommen sei. Dem Vorhalt der erkennenden Behörde, dass der BF sein Vorbringen bezüglich seiner Religion gesteigert habe, sei entgegenzuhalten, dass der BF zwar an Gott glaube, jedoch alle mit der schiitischen Glaubensrichtung verbundenen Rituale für sich nicht in Anspruch nehme und sich auch nicht mit dem schiitischen Glauben identifiziere. Sollte der BF nach Afghanistan zurückkehren, würde er mangels familiären Netzwerkes in eine aussichtslose Lage geraten. Der BF stamme aus der Provinz Maidan Wardak, welche zu den volatilen Provinzen Afghanistans zähle, weshalb es ihm aufgrund der derzeitigen Sicherheitslage und seinen bisherigen Erlebnissen nicht zumutbar sei, dorthin zurückzukehren. Aufgrund der Ausführungen im Länderinformationsblatt sei eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Herat oder Mazar-e Sharif nicht zumutbar. Nach wie vor würden sicherheitsrelevante Vorfälle registriert werden und es gebe immer wieder zivile Opfer. Insgesamt seien Rückkehrer auch in den Großstädten in der Regel von der prekären Sicherheitslage, den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen und Missständen betroffen und würden die hohen Lebenserhaltungskosten nicht tragen können. Unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des konkreten Falles könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr Gefahr laufen würde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK unterworfen zu werden. Der BF sei sehr bemüht, sich in Österreich zu integrieren, er spreche schon sehr gut Deutsch und besuche derzeit die Tiroler Fachberufsschule und Vorbereitungskurse für den Pflichtschulabschluss. Er sei Mitglied im Fußballverein und Eistanzverein und mache auch in der Musikschule mit. Der BF habe mittlerweile in Österreich Freunde gefunden und bemühe sich sehr um eine Ausbildung. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. zur Person des Beschwerdeführers und den Beschwerdegründen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist Muslim schiitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Er stammt aus der Provinz Maidan Wardak und besuchte in der Heimatprovinz drei Jahre die Grundschule. Der Beschwerdeführer reiste im März 2017 illegal ins Bundesgebiet ein, wo er am 22.03.2017 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die Mutter, ein Bruder und eine Schwester leben im Iran, der BF steht mit diesen Familienangehörigen in telefonischem Kontakt. Der Vater des BF wurde 2010 durch Kuchi Nomaden ermordet.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in Afghanistan aufgrund seiner ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit oder seiner Minderjährigkeit unmittelbar konkret vor der Ausreise bedroht worden ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell bzw. dass jedem Angehörigen der Volksgruppe der Hazara physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Afghanistan aufgrund einer glaubwürdigen ihn unmittelbar konkret betreffenden Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Der Beschwerdeführer bekennt sich seinen eigenen Ausführungen nach zum moslemischen Glauben schiitischer Ausprägung. Sämtlichen Ausführungen des BF kann nicht entnommen werden, dass sich dieser nachhaltig und bestimmt vom Islam abgewandt hat. Alleine aus den allgemeinen und diesbezüglich nicht weiter durch den BF konkretisierten Angaben wonach dieser nicht beten würde, bzw. seinen Glauben nicht wahrnehme kann eine asylrelevante Gefährdung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit für diesen im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan nicht abgeleitet werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung außerhalb seiner Heimatprovinz, insbesondere in der Stadt Herat oder Mazar-e-Sharif, besteht für den Beschwerdeführer keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation. Es besteht kein maßgebliches Risiko, dass der Beschwerdeführer in Herat oder Mazar-e-Sharif einer asylrelevanten Verfolgung durch eine Gruppierung der Kuchi mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgesetzt ist.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung insbesondere in der Stadt Mazar e-Sharif oder auch Herat besteht für den Beschwerdeführer als alleinstehender, gesunder und leistungsfähiger Mann im berufsfähigen im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung im März 2017 durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer besucht die Fachberufsschule für Kraftfahrzeugtechnik und nimmt seit 10.09.2018 am Vorbereitungskurs zum Pflichtschulabschluss teil. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschprüfungen auf dem Niveau B1 und A2 absolviert, an verschiedenen Ausbildungsmodulen und berufspraktischen Tagen teilgenommen sowie weitere Bestätigungen über ehrenamtliche Tätigkeiten vorgelegt. Er ist Mitglied in einem Eislaufverein und hat in Österreich einen familiären Anknüpfungspunkt in Form seines Bruders.

Das Bestehen einer insgesamt besonderen Integration, bzw. von besonderen Gründen, die für ein Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Sämtliche Feststellungen ergeben sich abschließend vollständig aus den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt. Das BFA hat ein rechtskonformes und vollständiges Ermittlungsverfahren durchgeführt. Dieses hat den BF dokumentiert die Möglichkeit geboten sämtliche relevanten Ausführungen zu erstatten. Der BF bestätigte am Ende der Einvernahme vor dem BFA explizit, dass er im Zuge dieser Einvernahme vor dem BFA alle seine Gründe ausgeführt hat und er weitere Gründe nicht mehr vorzubringen hat.

Der Beschwerdeschrift sind keine substantiell begründet keine wesentlichen weiteren, bzw. ergänzenden Ausführungen zu entnehmen die eine ergänzende mündliche Verhandlung, bzw. eine ergänzende Abklärung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens vor dem BVwG erforderlich erscheinen lassen. Die gegenständliche Entscheidung kann, insbesondere auch aufgrund der unmittelbar zeitlichen Nähe zum angefochtenen Bescheid des BFA, sich vollständig auf die Würdigungen des BFA stützend ohne Vornahme einer gesonderten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vorgenommen werden.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

Quellen:

BFA Staatendokumentation (20.02.2019a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Jänner-Dezember 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

BFA Staatendokumentation (20.02.2019b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q1 bis Q4, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2019): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2019-01-30qr.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.2.2019): Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Annual report 2018,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/afghanistan_protection_of_civilians_annual_report_2018_final_24_feb_2019_v3.pdf, Zugriff 25.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (11.2018):

Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Special report: 2018 elections violence, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/special_report_on_2018_elections_violence_november_2018.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018): Quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 January to 30 September 2018, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (7.12.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General, https://undocs.org/S/2018/1092, Zugriff 20.2.2019

KI vom 31.1.2019, Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.-Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

Quellen:

CNN - Cable News Network (27.1.2019): US-Taliban peace talks in Doha a 'significant step',

https://edition.cnn.com/2019/01/27/asia/us-taliban-afghan-peace-talks-doha-intl/index.html, Zugriff 31.1.2019

DP - Die Presse (28.1.2019): Afghanistan vor dramatischer Wende, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5570225/Afghanistan-vor-dramatischer-Wende, Zugriff 31.1.2019

FP - Foreign Policy (29.1.2019): Will Zalmay Khalilzad Be Known as the Man Who Lost Afghanistan?,

https://foreignpolicy.com/2019/01/29/will-zalmay-khalilzad-be-known-as-the-man-who-lost-afghanistan-envoy-taliban/, Zugriff 31.1.2019

IM - Il Messaggero (28.1.2019): Afghanistan, fonti Difesa: "Entro un anno via truppe italiane". Moavero: "Apprendo ora". Lega: "Nessuna decisione",

https://www.ilfattoquotidiano.it/2019/01/28/afghanistan-entro-un-anno-ritiro-del-contingente-italiano-moavero-lo-apprendo-ora-trenta-non-ne-ha-parlato-con-me/4930395/, Zugriff 31.1.2019

Internazionale (30.1.2019): La trattativa in Afghanistan arriva con 17 anni di ritardo,

https://www.internazionale.it/opinione/gwynne-dyer/2019/01/30/trattativa-afghanistan-ritardo, Zugriff 31.1.2019

NYT - The New York Times (28.1.2019): U.S. and Taliban Agree in Principle to Peace Framework, Envoy Says, https://www.nytimes.com/2019/01/28/world/asia/taliban-peace-deal-afghanistan.html, Zugriff 31.1.2019

Tolonews (28.1.2019): US Peace Envoy Visits Kabul To Consult On Talks With Taliban,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-peace-envoy-visits-kabul-consult-talks-taliban, Zugriff 31.1.2019

WP - The Washington Post (30.1.2019): The real challenge for Afghanistan isn't negotiating with the Taliban, https://www.washingtonpost.com/opinions/global-opinions/the-real-challenge-for-afghanistan-isnt-negotiating-with-the-taliban/2019/01/30/12229732-23ee-11e9-ad53-824486280311_story.html?noredirect=on&utm_term=.b049b43b3c79, Zugriff 31.1.2019

KI vom 22.1.2019, Anschlag auf Ausbildungszentrum des National Directorate of Security (NDS) in der Provinz Wardak und weitere (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.-amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Qatar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019).

Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (20.1.2019): Taliban attack in Afghanistan's Logar kills eight security forces,

https://www.aljazeera.com/news/2019/01/taliban-attack-afghanistan-logar-kills-security-forces-190120093626695.html, Zugriff 22.1.2019

IM - Il Messaggero (22.1.2019): Afghanistan, sangue sul disimpegno Usa: autobomba dei talebani contro scuola militare, 130 vittime, https://www.ilmessaggero.it/pay/edicola/afghanistan_autobomba_morti_talebani-4246561.html, Zugriff 22.1.2019

NYT - The New York Times (21.1.2019): After Deadly Assault on Afghan Base, Taliban Sit for Talks With U.S. Diplomats, https://www.nytimes.com/2019/01/21/world/asia/afghanistan-taliban-attack-intelligence-wardak.html, Zugriff 22.1.2019

Reuters (15.1.2019): Afghan Taliban claim lethal car bomb attack in Kabul,https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-blast-idUSKCN1P909T, Zugriff 22.1.2019

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.1.2019): Four Killed, 90 Wounded In Kabul Car-Bomb Attack, https://www.rferl.org/a/huge-blast-rocks-foreign-compound-in-kabul/29709334.html, Zugriff 22.1.2019

TG - The Guardian (21.1.2019): Taliban kill 'more than 100 people' in attack on Afghan military base, https://www.theguardian.com/world/2019/jan/21/taliban-kill-more-than-100-in-attack-on-afghan-military-base, Zugriff 22.1.2019

TN - The National (15.1.2019): Kabul attack: Taliban claims truck bomb and warns of more to follow, https://www.thenational.ae/world/mena/kabul-attack-taliban-claims-truck-bomb-and-warns-of-more-to-follow-1.813516, Zugriff 22.1.2019

Tolonews (21.1.2019) US, Taliban Hold Talks In Qatar With Peace Still Distant,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-taliban-hold-talks-qatar-peace-still-distant, Zugriff 22.1.2019

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (30.12.2018): Afghan presidential elections postponed until July 20: official, https://www.aljazeera.com/news/2018/12/afghan-presidential-elections-postponed-july-20-official-181230185336213.html, Zugriff 8.1.2019

AJ - Al Jazeera (25.12.2018): Kabul attack: Gunmen storm government building, kill dozens,

https://www.aljazeera.com/news/southasia/2018/12/gunmen-storm-kabul-government-compound-gun-battle-ensues-181224115249492.html, Zugriff 8.1.2019

IEC - Independent Electoral Commission (o.D.): 2018 Afghanistan Wolesi Jirga Elections, http://www.iec.org.af/results/en/home, Zugriff 17.12.2018

NYT - The New York Times (24.12.2018): Militants Storm Afghan Offices in Kabul, Killing Dozens, https://www.nytimes.com/2018/12/24/world/middleeast/kabul-militant-attack.html, Zugriff 8.1.2019

ORF - Österreichischer Rundfunk (24.12.2018): Tote bei Angriff auf Regierungsgebäude in Kabul, https://orf.at/stories/3105448/, Zugriff 8.1.2019, ua.

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018): Afghanistan:

67 morti in 24 ore,

http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018, ua.

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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