TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/17 W168 2185970-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W168 2185970-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX ,

StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2018, Zahl 1094401106/151753867, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.07.2019, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 11.11.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016BF.

2. Bei der mit einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung des Beschwerdeführers am selben Tag führte dieser zu seinem Fluchtgrund befragt zusammenfassend aus, dass sein Heimatort zum größten Teil von den Taliban besetzt worden sei und er Hazara und Schiite sei. Zu Beginn der Besetzung habe er die Möglichkeit gehabt, Schutzgeld zu zahlen, falls man dieses nicht mehr zahlen könne, werde man gezwungen, in den Krieg zu gehen. Da der BF direkt bedroht worden sei, habe er gemeinsam mit seiner Familie noch am selben Tag die Flucht ergriffen. Sein Schwager sei bereits von den Taliban umgebracht worden, seine restlichen Familienmitglieder würden sich weiterhin in Pakistan aufhalten. Bei einer Rückkehr fürchte er die Ermordung. Zu seinen persönlichen Daten befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er Analphabet sei und vor der Ausreise als Landwirt tätig gewesen sei. In Österreich halte sich seine Schwiegermutter als anerkannter Flüchtling auf.

3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA" genannt) am 08.01.2018 gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei und nicht unter ärztlicher Behandlung stehe. Seine bisher getätigten Angaben würden der Wahrheit entsprechen. Die Fragen, ob er jemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei oder strafrechtlich verurteilt worden sei, Probleme mit den Sicherheitsbehörden oder anderen staatlichen Institutionen gehabt habe oder sich in Afghanistan religiös oder politisch betätigt habe, wurden vom BF verneint. Er stamme aus der Provinz Khas Uruzgan und habe dort mit seiner Mutter, seinen drei Schwestern sowie seinem Schwager gelebt. Sein Vater sei bereits verstorben, seine übrigen Familienmitglieder seien nach Pakistan gegangen. Mit seinen Angehörigen stehe der BF wöchentlich in telefonischen Kontakt und es gehe diesen gut. Seine Ehefrau und seine vier Kinder würden ebenfalls in Pakistan bei seiner Mutter leben. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara sowie der Religionszugehörigkeit der Schiiten an und habe im Heimatland in der Landwirtschaft und im Transportwesen gearbeitet. Die Frage, ob er in Afghanistan eine Schule besucht habe, wurde vom BF verneint. Befragt, wohin er sich nach seiner Ausreise aus Afghanistan begeben habe, erklärte der BF, dass er mitsamt seiner Familie nach Pakistan gegangen sei, Pakistan aufgrund der gefährlichen Lage für Hazara jedoch verlassen habe. Seine übrigen Familienmitglieder würden versuchen, sich in Pakistan an einem sicheren Ort aufzuhalten. Für die Schleppung vom Iran nach Österreich habe er insgesamt 2500,- Euro bezahlt. Die Fragen, ob er Kontakt zu Islamisten gehabt habe oder Österreich seit seiner Einreise wieder verlassen habe, wurden vom BF verneint. In Österreich befinde sich seine Schwiegermutter, der BF lebe jedoch mit niemanden in einer Lebensgemeinschaft und lebe von Mitteln aus der Grundversorgung. Er sei kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass die Taliban seinen Schwager verschleppt und umgebracht hätten. Sie hätten verlangt, entweder eine Geldsumme zu zahlen oder für sie zu kämpfen, weswegen er und seine Familie das Land verlassen hätten. Auf Aufforderung, detaillierte Schilderungen wiederzugeben, erwiderte der BF, dass sich die Situation vor etwa drei Jahren aufgrund der Vorherrschaft der Taliban dramatisch verschlechtert habe, da deren Mitglieder von der Familie des BF eine Geldsumme in Höhe von 5.000 Afghanen erpresst hätten. In weiterer Folge hätten sie den Schwager des BF aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara entführt und umgebracht. Anschließend hätten sie seine Leiche vor dem Haus der Familie platziert. Befragt, wieso er wisse, dass die Entführer Taliban gewesen seien, entgegnete der BF, dass sie die Taliban mitgenommen hätten. Auf Nachfrage, wieso sie sich gegen die Entführung nicht zur Wehr gesetzt hätten bzw. zumindest eine Sicherheitsbehörde aufgesucht hätten, brachte der BF vor, dass sie nicht gegen die Taliban kämpfen hätten können und in seinem Bezirk keine offiziellen Sicherheitsbehörden vertreten seien, die nicht den Taliban angehören würden. Zur Frage, woher er wisse, was die Taliban seinem Schwager gesagt hätten, gab der BF an, dass es jemand in seiner unmittelbaren Umgebung von den Taliban erfahren habe. Das genaue Datum des Vorfalls könne der BF jedoch nicht angeben. Auf Vorhalt, dass man ein solch einschneidendes Ereignis in Erinnerung rufen könne, erwiderte der BF, dass es im Sommer gewesen sein müsse. Auf Aufforderung, nähere Details zur Person seines Schwagers wiederzugeben, führte der BF aus, dass er in der Landwirtschaft tätig gewesen sei und nichts mit der Polizei zu tun gehabt habe. Befragt, was mit den Besitztümern geschehen sei, gab der BF zu Protokoll, dass ihnen der gesamte Besitz nach ihrer Flucht von den Taliban abgenommen worden sei. Zum weiteren Vorhalt, woher er diese Information habe, entgegnete der BF, dass sie es durch eine Person, die ebenfalls in ihrem Bezirk wohnhaft gewesen sei, vernommen hätten. Da seine Familie große Grundstücke besessen habe, habe die Taliban von Anfang an Druck ausgeübt. Befragt, ob er selbst persönlich bedroht oder verfolgt worden sei, erwiderte der BF, dass er direkt bedroht worden sei, da er gewusst habe, dass er sich den Taliban anschließen müsse oder andernfalls umgebracht werde. Auf die weitere Aufforderung, konkretere Angaben zu machen, erklärte der BF, dass eines Tages sechs Personen an ihn herangetreten seien und ihm eine davon gedroht habe, dass ihm dasselbe Schicksal wie seinem Schwager widerfahren werde. Zur Frage, wann sich dieser Vorfall ereignet habe, erwiderte der BF, dass er das genaue Datum zwar nicht wisse, dieses Ereignis jedoch etwa fünf Tage nach dem Begräbnis seines Schwagers geschehen sei. Auf Aufforderung, nähere Angaben zu den Taliban zu machen, erklärte der BF, dass die Taliban Paschtunen seien, die mit den Hazara verfeindet seien und bereits ein jahrelanger Kampf vorherrsche. Zum weiteren Vorhalt, konkretere Angaben zu machen, gab der BF an, dass die Taliban aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara ihre Häuser, Schulen und Moscheen zerstören würden. Befragt, wieso sie unter diesen Umständen nicht bereits früher geflüchtet seien, erwiderte der BF, dass sie auf eine Verbesserung der Gesamtsituation gehofft hätten, er jedoch nach der Ermordung seines Schwagers erkannt habe, dass auch er sich in Lebensgefahr befinde. Auf weiteren Vorhalt, dass er zwar den Mord seines Schwagers beschreibe, jedoch nichts über die Taliban wisse, was beweise, dass er sich nie mit dem Thema beschäftigt habe, brachte der BF vor, dass sie zwar versucht hätten, die Taliban zu vermeiden, ihn nach der Ermordung seines Schwagers jedoch anwerben hätten wollen. Da diese jedoch Hazara ermorden würden, habe er es abgelehnt, für diese zu kämpfen. Auf Aufforderung, konkrete Angaben bezüglich des Vorfalls um seine Bedrohung zu schildern, gab der BF zu Protokoll, dass ihn sechs Personen in seinem Haus aufgesucht und ihm deutlich gesagt hätten, dass er mit seinem Leben bezahle, falls er nicht für die Taliban kämpfe. Befragt, wie die Personen ausgesehen hätten, brachte der BF vor, dass sie alle lange Bärte sowie einen Turban gehabt hätten. Neben der Bedrohung durch die Taliban habe es keine weiteren Drohungen gegen ihn gegeben.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF eine Tazkira in Originalsprache, zwei Empfehlungsschreiben, eine Auszeichnung vom 19.05.2017 für die erfolgreiche Absolvierung eines Integrationskurses, eine Teilnahmebestätigung vom 16.02.2017 über die Teilnahme am Info-Modul "Zusammenleben", eine Teilnahmebestätigung vom 11.01.2017 über den Besuch des Workshops "Hilfe im Notfall" sowie eine Teilnahmebestätigung über die Teilnahme an dem Modul "Sicherheit und Polizei" in Vorlage gebracht.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. (Spruchpunkt III.) Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. (Spruchpunkt V.) Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. (Spruchpunkt VI.)

Begründend führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass dem BF im Rahmen des niederschriftlich dokumentierten Ermittlungsverfahrens beim BFA nicht gelungen sei, ein fundiertes und substantiiertes Vorbringen rund um etwaige Fluchtgründe im Herkunftsland darzulegen. Durch seine inhaltsleeren Angaben habe der BF ein vages, abstraktes Vorbringen dargelegt. In der Erstbefragung habe der BF angegeben, dass sein Schwager von den Taliban umgebracht worden sei, in der niederschriftlichen Einvernahme habe der BF sein Fluchtvorbringen gesteigert, indem er nun einmal ausgeführt habe, dass sein Schwager von den Taliban entführt und ermordet worden sei und sie die Leiche vor seinem Haus abgelegt hätten. Es sei seitens der Behörde in keiner Weise schlüssig und plausibel nachvollziehbar, weswegen er einen so gravierenden Grund bei der Erstbefragung in keiner Weise erwähnt habe. Diese Steigerung seines Fluchtvorbringens alleine lasse seine Glaubwürdigkeit anzweifeln. Es sei auch logisch nicht nachvollziehbar, dass er, wenn er Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan gehabt hätte, gerade so einen gravierenden Fluchtgrund wie die Entführung seines Schwagers durch die Taliban nicht bei der Erstbefragung als Hauptfluchtgrund vorgebracht hätte. Zum fluchtauslösenden Ereignis habe der BF lediglich ein vages, blasses, wenig detailliertes und nicht nachvollziehbares Vorbringen im Hinblick auf eine angebliche Verfolgung durch die Taliban erstattet. Trotz mehrfacher Belehrung über die Wichtigkeit ausführlicher und konkreter Angaben, habe er von sich aus keine detaillierten und plastischen Angaben erstattet. Es sei der Behörde nicht plausibel, weshalb er einerseits behauptet habe, dass es in seinem Bezirk keine Sicherheitsbehörden gebe, in weiterer Folge jedoch angegeben habe, dass sein Schwager nie etwas mit einer Sicherheitsbehörde zu tun gehabt habe. Des Weiteren sei auch nicht nachvollziehbar, woher der BF wisse, welche Worte die Taliban zu seinem Schwager vor der Ermordung gesagt hätten. Gegen Ende der Einvernahme habe der BF angegeben, dass die Ermordung seines Schwagers der ausschlaggebende Grund für seine Flucht gewesen sei und er aber nicht in der Lage sei, ein Datum zu nennen. Weiters habe der BF eine einmalige, konkrete Bedrohung durch die Taliban angegeben, seine Schilderung bezüglich der Bedrohung durch die sechs Männer sei jedoch sehr vage und unkonkret gewesen. Es sei seitens der Behörde nicht plausibel und nachvollziehbar, weshalb er zunächst behauptet habe, dass es seiner Familie in Pakistan gut gehe und später behauptet habe, dass es in Pakistan gefährlich sei. Zusammengefasst sei es dem BF daher nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verlassen zu haben, weil er dort verfolgt worden sei bzw. eine Verfolgung drohe. Aus seinem glaubwürdigen Gesamtvorbringen ergebe sich, dass der BF an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leide, arbeitsfähig und arbeitswillig sei. Er verfüge über eine langjährige Berufserfahrung und sei bei einer Transportfirma tätig gewesen, was auf seine Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit schließen lasse. Weiters verfüge er über zahlreiche familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in seinem Heimatstaat. Er spreche Dari, sei mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut gewesen und habe die Möglichkeit, eine berufliche Tätigkeit auszuüben.

5. Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die erhobene Beschwerde, welche fristgerecht beim BFA einlangte. In dieser wird zusammenfassend insbesondere ausgeführt, dass die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und nicht aktuell seien. Sie würden zwar allgemeine Aussagen beinhalten, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des BF befassen und seien dadurch als Begründung zur Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz unzureichend. Ein Vorbringen, wie jenes des BF, das eng mit politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen im Herkunftsstaat in Verbindung stehe, könne nur auf Basis eines entsprechenden Fachwissens unter Heranziehung aktueller Berichte zur Ländersituation beurteilt werden. Es wurde auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender verwiesen, welche die Gefahren verdeutlichen würden, denen der BF in Afghanistan ausgesetzt gewesen sei bzw. im Falle seiner etwaigen Rückkehr erneut ausgesetzt wäre. In den Länderfeststellungen der belangten Behörde würden sich keine Berichte über Zwangsrekrutierungspraktiken der Taliban finden. Die Verfolgung schiitischer Hazara in Afghanistan könne jedenfalls als bekannt vorausgesetzt werden und werde auch anhand von ACCORD-Anfragebeantwortungen bestätigt, auf die hier zum Zwecke der Übersichtlichkeit dieser Stellungnahme nur verwiesen werde. Über die Schutzfähigkeit und die Schutzwilligkeit des afghanischen Staates würden die Länderfeststellungen der belangten Behörde keine ausreichenden Informationen enthalten. Es sei längst bekannt, dass staatliche Schutzmechanismen schwach seien bzw. gänzlich fehlen würden. Die aktuelle Sicherheitslage habe sich, entgegen der Ansicht der belangten Behörde in den letzten Jahren, massiv verschlechtert, da die Sicherheitslage in Kabul selbst für unbeteiligte Zivilisten höchst gefährlich und die Gesamtsituation als äußerst prekär einzustufen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu dem Schluss komme, dass die Tatsache der Entführung des Schwagers vor seiner Ermordung durch die Taliban einen substantiellen Unterschied in Bezug auf die Gewährung von Schutz für den BF in Österreich machen könne und weshalb eine Entführung, die dem Mord zeitlich vorangegangen sei, derart schwer gewichtet werde. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde einen Widerspruch darin sehe, dass er dem Schwager bei seiner Entführung nicht helfen bzw. sich nicht an die Sicherheitsbehörden wenden habe können und der Beschreibung des Schwagers als "einfachen Menschen", der "nichts mit der Polizei zu tun" gehabt habe. Für die belangte Behörde sei es nicht nachvollziehbar, weshalb jemand aus dem Dorf den BF darüber informieren habe können, was die Taliban zu dem Schwager vor seiner Ermordung gesagt hätten sollen bzw. was der Grund für die Ermordung gewesen sei. Dazu sei anzumerken, dass die Behörde den BF nicht näher dazu befragt habe und damit ihre Ermittlungspflicht verletzt habe. Auch für das Unvermögen des BF, konkrete Daten zu nennen, sei anzumerken, dass der BF danach befragt bereits in der Einvernahme erklärend angebe, dass Datum und Wochentage in seiner Heimat nicht üblich seien und er zudem keine Schulbildung genossen habe. Die belangte Behörde werfe dem BF vor, dass er nichts über die Taliban erzählen habe können. Der BF habe jedoch wiederholt angegeben, dass er nie mit den Taliban kooperieren habe wollen bzw. kooperiert habe und es sei ihm offensichtlich nicht klar gewesen, welche Informationen die belangte Behörde noch von ihm erfragen habe wollen. Es sei verständlich und logisch nachvollziehbar, dass es der Familie, die einer solchen Bedrohungssituation entflohen sei, in Pakistan vergleichsweise gut gehe. Entgegen der Feststellungen der belangten Behörde, die sich auf reine Mutmaßungen stützen würden, habe der BF in Afghanistan keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte mehr. Die Beweiswürdigung bestehe im Wesentlichen aus Spekulationen und Vermutungen. Das BFA habe sich nicht mit den Angaben im Detail auseinandergesetzt und diese einer konkreten Würdigung dahingehend unterzogen, ob und aus welchen Gründen sie glaubhaft seien oder nicht. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde, welche dem Vorbringen die Glaubwürdigkeit abspreche, sei nicht nachvollziehbar, da sie keinen logischen Schlüssen zugänglich sei und daher nicht überprüfbar bzw. widerlegbar sei. Die Behörde sei im Ermittlungsverfahren ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung der für die Entscheidung maßgeblichen Angaben und Beweismittel nicht vollständig nachgekommen. Der BF habe glaubhaft gemacht, dass ihm Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention durch die Taliban aufgrund seiner politischen Gesinnung drohe, welche er durch die Weigerung, für die Taliban zu arbeiten und darüber hinaus durch seine Flucht zum Ausdruck gebracht habe. Der Spruchpunkt I sei aufgrund erheblicher Verfahrensfehler und einer unrichtigen Rechtsanwendung erlassen worden und sei daher unzulässig. Aus den Länderfeststellungen gehe hervor, dass afghanische Sicherheitsbehörden nicht in der Lage seien, Zivilisten ausreichend Schutz zu gewähren. Darüber hinaus stünde dem BF auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offen, wie viele Anschläge in Großstädten wie Kabul und einschlägige Länderberichte von anerkannten Organisationen zeigen würden. Es bestehe also jedenfalls das "real risk" einer Verletzung seiner ihm nach der EMRK gewährleisteten Rechte, weshalb die belangte Behörde dem BF zumindest den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen hätte müssen. Der angefochtene Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde verkannt habe, dass der BF durch eine Rückkehrentscheidung in seinen Rechten nach Art. 8 EMRK verletzt werden würde. Der BF befinde sich bereits seit mehr als zwei Jahren in Österreich und sei sehr um seine Integration bemüht. Zudem sei er sehr motiviert, Deutsch zu lernen und könne bereits eine Vielzahl an Bestätigungen von Deutschkursen sowie vom bereits absolvierten Werte-und Orientierungskurs vorlegen. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

6. Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.02.2018, beim BVwG am 13.02.2018 eingelangt, vom BFA vorgelegt.

7. In einer Stellungnahme vom 15.07.2019, am 16.07.2019 beim BVwG eingelangt, wurde vom bevollmächtigten Vertreter des BF ausgeführt, dass der BF von den Taliban zur Zusammenarbeit aufgefordert worden sei und diese durch seine Flucht verweigert habe, weswegen sein Schwager bereits zuvor von den Taliban ermordet worden sei. Der BF müsste aufgrund der starken Taliban-Präsenz in seinem Herkunft Distrikt bzw. seinem Heimatort jedenfalls befürchten, dass er als Person, welcher die Zusammenarbeit mit den Taliban verweigert habe, schweren Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre und keinen effektiven staatlichen Schutz erhalten könnte. Bezüglich der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative wurde auf UNHCR Richtlinien sowie ein Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2018 bzw. 30.11.2018 verwiesen. Nach der Aktualisierung des Länderinformationsblattes vom 26.03.2019 sei die Provinz Herat nach der Dürre auch in besonderem Maße von den jüngsten Überflutungen in Afghanistan betroffen. Abgesehen von der Gefährdung und der mangelnden Sicherheit sei dem BF die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative aufgrund von individuellen Umständen nicht zumutbar. Der BF verfüge in Afghanistan-insbesondere in den Städten Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif über kein tragfähiges familiäres oder soziales Netzwerk, von dem sich der BF Unterstützung erwarten könnte bzw. welches in Afghanistan entscheidend für den Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen, zum Arbeitsmarkt oder für den Schutz sei. Der BF sei Angehöriger einer diskriminierten, religiösen und ethnischen Minderheit, welche immer zur Zielscheibe von gezielten Verfolgungshandlungen geworden sei und werde.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 16.07.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und im Beisein der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Umständen und seinen Fluchtgründen befragt wurde.

Zu Beginn stellte der BF klar, dass der von ihm in den Einvernahmen bezeichnete "Schwager" auch gleichzeitig sein Cousin sei.

Befragt, wieso er gegen den Bescheid des Bundesamtes Beschwerde erhoben habe, brachte der BF vor, dass man ihn als Lügner bezeichnet habe und Afghanistan als sicheres Land erachtet habe, womit er jedoch nicht einverstanden sei. Zur Frage, wo er in Afghanistan konkret gewohnt habe, entgegnete der BF, dass er bis zu seinem 16. oder 17. Lebensjahr in der Provinz Uruzgan gewohnt habe, anschließend in den Iran gegangen sei und sich von dort aus erneut in dieselbe Provinz begeben habe. Befragt, ob sich die Vorfälle, die in Afghanistan geschehen seien, unmittelbar vor seiner Ausreise passiert seien, erwiderte der BF, dass sich diese jedenfalls in keinem großen zeitlichen Abstand zur Flucht ereignet hätten. Auf Vorhalt, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb er sich bei solch tragischen Ereignissen nicht an einen genauen Zeitpunkt erinnern könne, erklärte der BF, dass er wisse, sich bereits seit vier Jahren und fünf Monaten nicht mehr in seinem Heimatland zu befinden. Seine restlichen Familienmitglieder, nämlich seine Mutter, seine Schwester, seine Ehefrau sowie seine vier Kinder würden sich in Pakistan aufhalten und ihnen gehe es nach dem Wissensstand des BF gut. Er stehe mit diesen in telefonischen Kontakt. Zur Frage, weshalb er nach Österreich gekommen sei, obwohl er bei seiner Familie in Pakistan leben könnte, entgegnete der BF, dass es nur vergleichsweise mit Afghanistan besser sei und es für ihn aufgrund seiner Tätigkeit als Straßenverkäufer wesentlich schwieriger als für seine Angehörige gewesen sei, zu überleben. Für Frauen sei es in Pakistan leichter zu überleben als für Männer, da man sie nicht direkt angreife. Im Iran habe er etwa fünf Tage gelebt, da man dort als Afghane jedoch im syrischen Krieg kämpfen müsse, sei er weiter nach Europe gezogen. Befragt, wieso er in mehreren sicheren Länder durchgereist sei, ohne einen Asylantrag zu stellen, erklärte der BF, dass man in der Türkei keine Möglichkeit gehabt habe und er sich in Griechenland nur einen Tag aufgehalten habe. In den weiteren Ländern habe man ihn lediglich durchgewunken.

Zu seinen Lebensumständen in Afghanistan befragt, gab der BF an, dass er in der Landwirtschaft tätig gewesen sei und zudem als Chauffeur für Notfälle gearbeitet habe. Die wirtschaftliche Lage seiner Familie sei insgesamt gut gewesen, weshalb er sich die Geldsumme in Höhe von 2500,- US-Dollar durch seine Beschäftigung für den Schlepper ansparen habe können. Befragt, wieso er nicht vor seiner endgültigen Ausreise versucht habe, in Städten wie Herat oder Kabul zu leben, die stabil unter Regierungskontrolle stehen würden, entgegnete der BF, dass Afghanistan kein sicheres Land sei und es auch in den Großstädten Selbstmordanschläge gebe. Zur Frage, ob es bezüglich der Gründe seiner Asylantragstellung seit Erhalt des angefochtenen Bescheides zu Veränderungen gekommen sei, brachte der BF vor, dass er noch weitere Anmerkungen vorbringen wolle. Auf Aufforderung, seine Fluchtgründe genau und detailliert zu nennen, gab der BF zu Protokoll, dass die Taliban seine Heimatprovinz eingenommen habe und die Bewohner zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme verpflichtet habe. Eines Tages hätten sie seinen Cousin mitgenommen und nach einer Woche seine Leiche retourniert. Nach einiger Zeit hätten sie dem BF befohlen, sich ihnen anzuschließen, um mit ihnen zusammen zu kämpfen. Da er die Werte der Taliban jedoch abgelehnt habe, sei er nach Pakistan geflüchtet. Auf Vorhalt, dass die Gefahr für ihn nicht größer als für andere Familien sei, erklärte der BF, dass es in seinem Heimatort nur 10 Familien gelebt hätten und das Hauptproblem für die Taliban die Volksgruppenzugehörigkeit der Familie des BF als Hazara gewesen sei. Zur Frage, weshalb die Taliban wollen würden, dass jemand für sie kämpfe, der ihre Ansichten nicht teile, erwiderte der BF, dass der Kampfeinsatz nur ein Vorwand sei, jemanden zu entführen und zu töten. Auf Vorhalt, dass in Afghanistan viele Hazara leben und nicht alle Afghanistan verlassen würden, entgegnete der BF, dass seine gesamte Familie vor den Taliban Angst gehabt habe, da man als Hazara allgemein immer in Gefahr sei und er deshalb derselben Gefährdung unterliege. Der BF könne sein Vorbringen nicht durch die Vorlage von Bescheinigungsmitteln belegen. Befragt, ob er irgendwelche Gründe nennen könne, weshalb die Taliban ein besonderes Interesse an einer zukünftigen Bedrohung oder Rekrutierung haben könnten, brachte der BF vor, dass er den Vorschlag der Taliban, für sie zu kämpfen, bereits abgelehnt habe, weshalb für ihn ein höheres Gefährdungspotenzial als für andere Hazara bestehe. Zur Frage, wieso er sich nicht in einen anderen Teil Afghanistans begeben habe, insbesondere in Städte wie Herat oder Mazar-e Sharif, um der Bedrohung zu entgehen, entgegnete der BF, dass es für ihn als Hazara aufgrund verfeindeter Volksgruppen wie Paschtunen oder Tadschiken an jedem Ort Afghanistans gefährlich sei. Da er zudem den Vorschlag der Taliban, für sie zu kämpfen, abgelehnt habe, werde er von diesen auch zukünftig verfolgt. Befragt, ob er konkrete Hinweise dafür habe, dass er von den Taliban bei einer Rückkehr nach Afghanistan unmittelbar persönlich gesucht oder verfolgt werde, gab der BF an, dass die Taliban aus einer Furcht heraus nach dem BF suchen würden. Man könne überdies nicht klar erkennen, welcher Teil Afghanistans unter der Herrschaft der Regierung stehe und welcher Teil unter der Gewalt der Taliban sei. Zum Vorhalt, dass er in Afghanistan aufgewachsen sei und sich in einem anderen Teil des Landes niederlassen hätte können, erklärte der BF, dass es im konkreten Fall um seine Sicherheit gehe und nicht um Geld. Er könne keine Bescheinigungsmittel vorlegen, die seine Behauptungen untermauern könnten und er stehe auch mit niemandem, der in Afghanistan wohnhaft sei, in Kontakt.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er bisher noch kein Einkommen lukriert habe und in einem Heim wohne. Zum Vorhalt, wieso er nach vier bis fünf Jahren in Österreich noch keiner Beschäftigung nachgegangen sei, erklärte der BF, dass er zwar keiner offiziellen Arbeit nachgegangen sei, jedoch in einem Heim freiwillig als Supervisor gearbeitet habe. Auf weiteren Vorhalt, dass er seit 2015 bei der WGKK angemeldet sei, entgegnete der BF, dass dies stimme. Er habe überdies einen Deutschkurs und einen Wertekurs besucht. Neben seiner Schwiegermutter habe er in Österreich zudem noch weitere Freunde und Bekannte.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden vom BF mehrere Kursbesuchsbestätigungen für Fahrtkostenerstattung, ein Unterstützungsschreiben vom 10.07.2019, ein Sozialbericht vom 01.07.2019, ein nicht bestandenes Prüfungsergebnis vom 17.06.2019, eine Teilnahmebestätigung über die Teilnahme an dem Modul "Sicherheit und Polizei" vom 30.08.2017, eine Bestätigung über die erfolgreiche Absolvierung eines Integrationskurses vom 19.05.2017, eine Teilnahmebestätigung über die Teilnahme an einem Workshop vom 09.03.2017, Teilnahmebestätigungen über die Teilnahme an den Info-Modulen "Gesundheit", "Zusammenleben", "Bildung", "Soziales", eine Teilnahmebestätigung über die Absolvierung des Workshops "Hilfe im Notfall" vom 11.01.2017, ein Tätigkeitsnachweis über die freiwillige Mitarbeit beim Projekt "Refugees for Refugees" vom 05.01.2018, ein Unterstützungsschreiben vom 04.01.2018, vom 02.01.2018, eine Teilnahmebestätigung über den Besuch einer A1-Deutschgruppe vom 17.10.2017, vom 18.08.2017, ein Zertifikat über die Teilnahme am Sprachkurs Deutsch vom 13.11.2017 bis zum 22.12.2017, eine Teilnahmebestätigung vom 15.09.2017, Teilbesuchsbestätigungen vom 22.05.2017, vom 07.04.2017, vom 19.04.2017 sowie eine Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 vom 05.04.2017 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. zur Person des Beschwerdeführers:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

• Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle;

• Befragung des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.07.2019;

• Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.

1. Feststellungen:

1.1. zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, schiitischer Moslem und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprache Dari. Der Beschwerdeführer ist in der Provinz Urusgan aufgewachsen und hat dort bis zur Ausreise in einem Eigentumshaus mit seiner Mutter und drei Schwestern gelebt. Der Beschwerdeführer hat im Heimatstaat keine Schulausbildung absolviert und vor der Ausreise in der Landwirtschaft sowie im Transportwesen gearbeitet. Der BF ist verheiratet und hat vier Kinder, seine gesamte Familie befindet sich in Pakistan.

Der Beschwerdeführer hält sich seit November 2015 im Bundesgebiet auf. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen.

1.1. Zu den Beschwerdepunkten:

Es kann nicht festgestellt werden, bzw. hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, dass dieser Afghanistan aufgrund einer unmittelbaren Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zur Volksgruppe der Hazara Verfolgung in Afghanistan droht.

Es kann nicht festgestellt werden und der Beschwerdeführer hat es nicht glaubhaft machen können, dass dieser im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er in Europa gelebt hat, konkret und individuell bzw. dass jedem afghanischen Rückkehrer aus Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung insbesondere in den Städten Mazar - e Sharif oder Herat besteht für den Beschwerdeführer als arbeitsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer hat an mehreren Kursen, auch Deutschkursen, sowie einem Wertekurs teilgenommen, eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 wurde nicht bestanden.

In Österreich hält sich die Schwiegermutter des BF auf. Das Vorliegen eines besonders zu berücksichtigenden Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu Personen im Bundesgebiet ist nicht dargelegt worden. Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Das Bestehen von besonderen Gründen, die für ein Verbleiben des BF im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann in casu nicht festgestellt werden.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

Quellen:

BFA Staatendokumentation (20.02.2019a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Jänner-Dezember 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

BFA Staatendokumentation (20.02.2019b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q1 bis Q4, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2019): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2019-01-30qr.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.2.2019): Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Annual report 2018,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/afghanistan_protection_of_civilians_annual_report_2018_final_24_feb_2019_v3.pdf, Zugriff 25.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (11.2018):

Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Special report: 2018 elections violence, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/special_report_on_2018_elections_violence_november_2018.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018): Quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 January to 30 September 2018, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (7.12.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General, https://undocs.org/S/2018/1092, Zugriff 20.2.2019

KI vom 31.1.2019, Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.-Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

Quellen:

CNN - Cable News Network (27.1.2019): US-Taliban peace talks in Doha a 'significant step',

https://edition.cnn.com/2019/01/27/asia/us-taliban-afghan-peace-talks-doha-intl/index.html, Zugriff 31.1.2019

DP - Die Presse (28.1.2019): Afghanistan vor dramatischer Wende, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5570225/Afghanistan-vor-dramatischer-Wende, Zugriff 31.1.2019

FP - Foreign Policy (29.1.2019): Will Zalmay Khalilzad Be Known as the Man Who Lost Afghanistan?,

https://foreignpolicy.com/2019/01/29/will-zalmay-khalilzad-be-known-as-the-man-who-lost-afghanistan-envoy-taliban/, Zugriff 31.1.2019

IM - Il Messaggero (28.1.2019): Afghanistan, fonti Difesa: "Entro un anno via truppe italiane". Moavero: "Apprendo ora". Lega: "Nessuna decisione",

https://www.ilfattoquotidiano.it/2019/01/28/afghanistan-entro-un-anno-ritiro-del-contingente-italiano-moavero-lo-apprendo-ora-trenta-non-ne-ha-parlato-con-me/4930395/, Zugriff 31.1.2019

Internazionale (30.1.2019): La trattativa in Afghanistan arriva con 17 anni di ritardo,

https://www.internazionale.it/opinione/gwynne-dyer/2019/01/30/trattativa-afghanistan-ritardo, Zugriff 31.1.2019

NYT - The New York Times (28.1.2019): U.S. and Taliban Agree in Principle to Peace Framework, Envoy Says, https://www.nytimes.com/2019/01/28/world/asia/taliban-peace-deal-afghanistan.html, Zugriff 31.1.2019

Tolonews (28.1.2019): US Peace Envoy Visits Kabul To Consult On Talks With Taliban,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-peace-envoy-visits-kabul-consult-talks-taliban, Zugriff 31.1.2019

WP - The Washington Post (30.1.2019): The real challenge for Afghanistan isn't negotiating with the Taliban, https://www.washingtonpost.com/opinions/global-opinions/the-real-challenge-for-afghanistan-isnt-negotiating-with-the-taliban/2019/01/30/12229732-23ee-11e9-ad53-824486280311_story.html?noredirect=on&utm_term=.b049b43b3c79, Zugriff 31.1.2019

Kommentar:

Die Lage vor Ort wird weiterhin beobachtet und gegebenenfalls wird mit weiteren Kurzinformationen reagiert.

KI vom 22.1.2019, Anschlag auf Ausbildungszentrum des National Directorate of Security (NDS) in der Provinz Wardak und weitere (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.-amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Qatar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019).

Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (20.1.2019): Taliban attack in Afghanistan's Logar kills eight security forces,

https://www.aljazeera.com/news/2019/01/taliban-attack-afghanistan-logar-kills-security-forces-190120093626695.html, Zugriff 22.1.2019

IM - Il Messaggero (22.1.2019): Afghanistan, sangue sul disimpegno Usa: autobomba dei talebani contro scuola militare, 130 vittime, https://www.ilmessaggero.it/pay/edicola/afghanistan_autobomba_morti_talebani-4246561.html, Zugriff 22.1.2019

NYT - The New York Times (21.1.2019): After Deadly Assault on Afghan Base, Taliban Sit for Talks With U.S. Diplomats, https://www.nytimes.com/2019/01/21/world/asia/afghanistan-taliban-attack-intelligence-wardak.html, Zugriff 22.1.2019

Reuters (15.1.2019): Afghan Taliban claim lethal car bomb attack in Kabul,https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-blast-idUSKCN1P909T, Zugriff 22.1.2019

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.1.2019): Four Killed, 90 Wounded In Kabul Car-Bomb Attack, https://www.rferl.org/a/huge-blast-rocks-foreign-compound-in-kabul/29709334.html, Zugriff 22.1.2019

TG - The Guardian (21.1.2019): Taliban kill 'more than 100 people' in attack on Afghan military base, https://www.theguardian.com/world/2019/jan/21/taliban-kill-more-than-100-in-attack-on-afghan-military-base, Zugriff 22.1.2019

TN - The National (15.1.2019): Kabul attack: Taliban claims truck bomb and warns of more to follow, https://www.thenational.ae/world/mena/kabul-attack-taliban-claims-truck-bomb-and-warns-of-more-to-follow-1.813516, Zugriff 22.1.2019

Tolonews (21.1.2019) US, Taliban Hold Talks In Qatar With Peace Still Distant,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-taliban-hold-talks-qatar-peace-still-distant, Zugriff 22.1.2019

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten