TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/20 W168 2196553-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2019
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Entscheidungsdatum

20.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W168 2196553-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX ,

StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2018, Zahl 1141131003/170101874/BMI-BFA_WIEN_AST_01, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.07.2019, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte nach schlepperunterstützt unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 23.01.2017 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016BF.

2. Bei der mit einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung des Beschwerdeführers am 24.01.2017 führte dieser zu seinem Fluchtgrund befragt zusammenfassend aus, dass sein Bruder für eine Tageszeitung gearbeitet und sich in seinen Artikeln gegen Regierungsgegner kritisch geäußert habe, weswegen er von diesen bedroht und gezwungen worden sei, mit diesen zusammenzuarbeiten. Dies hätte der BF jedoch abgelehnt. In weiterer Folge hätten diese Personen das Reisebüro seines Vaters aufgesucht, das Gebäude verwüste,t sowie den Vater des Beschwerdeführers geschlagen. Er selbst wäre auf dem Weg zu einem Kurs von denselben Personen ebenfalls bedroht worden. Aus diesen Gründen hätte der Vater des BF die Ausreise vorgeschlagen. Zu seinen Familienangehörigen in Österreich befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er in Österreich eine Schwester habe.

3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA" genannt) am 23.03.2018 gab der Beschwerdeführer an, dass er in Kabul geboren und aufgewachsen sei. Er sei gesund, gehöre der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung an. Die Fragen, ob er sich religiös oder politisch betätigt habe, jemals Kontakt zu islamistischen, radikalen oder extremistischen Gruppierungen gehabt habe oder in Afghanistan wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Religionszugehörigkeit verfolgt worden sei, wurden vom BF verneint. Im Herkunftsstaat habe er die Schule bis zur zehnten Klasse besucht, verschiedene Kurse besucht und habe Kinder unterrichtet. Er habe drei Brüder und vier Schwestern, eine Schwester und ein Bruder würden sich in Österreich aufhalten, mit seinen im Heimatland aufhältigen Schwestern stehe der BF nach wie vor in Kontakt. Seine Familienangehörigen hätten dieselben Fluchtgründe, die sich allesamt auf seinen Bruder und seine Tante beziehen würden. Zur Frage, ob sich seine nahen Angehörigen in Afghanistan politisch oder religiös betätigt hätten, erwiderte der BF, dass sein Bruder gegen die Taliban gearbeitet habe, da er als Mitglied einer afghanischen Zeitschrift kritische Berichte veröffentlicht habe. Der BF wisse nicht, wie oft die Zeitschrift erscheine und ob diese am internationalen Markt erhältlich sei. Er könne überdies nicht sagen, ob die Zeitschrift aktuell noch herausgegeben werde oder man diese mit einer ähnlichen im Bundesgebiet vergleichen könne. Die Fragen, ob er im Heimatland je Probleme mit Behörden gehabt habe, jemals eine Straftat begangen habe oder von afghanischen Behörden gesucht werde, wurden vom BF verneint.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass sein Bruder einen kritischen Artikel gegen die Taliban veröffentlicht habe, in dem er die Wahrheit über die Taliban ans Licht bringen hätte wollen. Nachdem die Taliban davon erfahren hätten, sei der BF eines Tages gemeinsam mit seinem anderen Bruder von einem Mann auf dem Motorrad angehalten und mit dem Tod bedroht worden, falls sein Bruder zukünftig die kritische Berichterstattung gegen die Taliban nicht unterlasse. Am Tag davor habe bereits sein Vater erzählt, dass ihm zwei Männer während seiner Arbeitstätigkeit eine Waffe an den Kopf gerichtet und ebenfalls aufgefordert hätten, dem Bruder auszurichten, keine weiteren kritischen Artikel zu publizieren. Nachdem auch seine Mutter Drohungen von zwei Männern erhalten habe, habe sein Vater die Polizei verständigt. Der zweite Grund für seine Ausreise sei gewesen, dass ein General eine Tante des BF gegen ihren Willen und gegen den Willen der Familie heiraten habe wollen, weshalb dieser die gesamte Familie des BF bedroht habe. Seine Tante sei nunmehr ebenfalls in Österreich aufhältig. Befragt, welcher Grund der ausschlaggebende gewesen sei Afghanistan zu verlassen, führte der BF aus, dass die zentralen Ausreisegründe sowohl die Bedrohungen durch die Taliban, als auch jene des Generals gewesen seien. Auf Aufforderung, seine eigenen individuellen Fluchtgründe zu schildern, entgegnete der BF, dass sich die erwähnten Drohungen auch auf ihn erstrecken würden und sich er und sein anderer Bruder vor den Männern gefürchtet hätten, weshalb sie nicht mehr zur Schule gegangen seien. Zur Frage, ob er bzw. seine Familie die Möglichkeit gehabt hätten, in Afghanistan Schutz zu beantragen oder Schutz zu finden, brachte der BF vor, dass sich die Taliban überall aufhalten würden und sie zudem auch der General finden könnte. Auf die weitere Aufforderung, den erwähnten General zu beschreiben, führte der BF aus, dass er ihn insgesamt nur zwei Mal gesehen habe. Nach der ersten Begegnung mit dem General habe die Tante des BF geweint und erklärt, dass sie lieber sterbe als den genannten Mann zu ehelichen und im Rahmen der zweiten Begegnung habe der Vater des BF mit dem General gestritten, woraufhin dieser gedroht habe, die Tante unter Gewaltanwendung zu entführen. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland fürchte der BF, entweder von den Taliban oder vom General getötet zu werden.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er ins Fitnessstudio gehe und auch sonst vielen Hobbies nachgehe und Geld von der Caritas bekomme. Er sei arbeitswillig und wolle im IT Bereich oder als Flugbegleiter arbeiten.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF ein Zertifikat vom 14.02.2017 über die erfolgreiche Absolvierung der Remunerantentätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsprogrammes, ein Zertifikat vom 05.03.2019 über die Absolvierung einer Prüfung auf dem Niveau B1, ein Eröffnungsbrief der Abendschule, Bestätigung vom 07.02.2019 über die Teilnahme am Pflichtschulabschlusskurs, eine Ersatzbestätigung vom 05.02.2019 über die Absolvierung der neunten Schulstufe in Kabul, Rechnung vom 29.03.2019, ein afghanisches Dokument in Originalsprache, eine Teilnahmebestätigung vom 01.03.2018 über einen vom 01.12.2017-01-03.2018 absolvierten Kurs, eine Anmeldebestätigung zu einem Deutschkurs auf dem Niveau B1, eine Kursantrittsbestätigung für einen Kurs vom 25.09.2017 bis zum 28.06.2018 vom 09.10.2017, ein Zertifikat über die Absolvierung eines Deutschkurses auf dem Niveau A2 in der Zeit vom 24.10.2017 bis zum 02.02.2018, ein Zertifikat vom 09.10.2017 über die Absolvierung eines Sprachkurses auf dem Niveau A2 vom 25.07.2017 bis zum 09.10.2017, ein Zertifikat A2 vom 02.11.2017, ein Empfehlungsschreiben vom 23.03.2018, ein Zertifikat vom 24.02.2017 über die erfolgreiche Absolvierung einer Remunerantentätigkeit sowie mehrere Dokumente des Bruders des BF einschließlich der niederschriftlichen Einvernahme in Vorlage gebracht.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. (Spruchpunkt III.) Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. (Spruchpunkt V.) Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. (Spruchpunkt VI.)

Begründend führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass der BF bei der Einvernahme nicht in der Lage gewesen sei, die Rahmenumstände und die Fluchtgründe konkret und detailliert zu schildern. Die Darlegung des BF im Rahmen der Befragung vor dem BFA habe sich lediglich auf seinen Bruder und seine Tante beschränkt, eine höchstpersönliche, konkrete Verfolgung habe der BF nicht glaubhaft machen können. Es müsse festgehalten werden, dass es auch der Familie des BF nicht gelungen sei, den Sachverhalt glaubwürdig darzustellen. Eine Sippenhaft sei aufgrund der detailarmen Angaben rund um die Fluchtgründe sowie die Angaben des Bruders vor dem BFA erst gar nicht anzunehmen. Der BF habe vor dem BFA lediglich oberflächliche Gründe ohne Substanz dargelegt. Seine höchstpersönliche Bedrohungssituation habe der BF auch konkret danach befragt, nicht konkretisieren können und habe diesbezüglich erneut ausschließlich oberflächliche Angaben getätigt, was nahelege, dass es sich um eine gedankliche Konstruktion, wie auch bei etwaigen Drohungen gegenüber anderen Familienangehörigen, handle. Die Vorgehensweise der Taliban in Bezug auf die Schilderung des BF stelle sich als wenig bis gar nicht plausibel dar und widerspreche jeglicher Logik, es sei sohin nicht nachvollziehbar, weshalb Angehörige der Taliban seine Familie eine Woche lang bedrohen würden, ohne weitere Schritte zu setzen. Hätte die Taliban ein tatsächliches Interesse an seiner Familie gehabt, hätten diese sie an der Ausreise gehindert. Zudem sei den Angaben seines Bruders zu entnehmen, dass die Taliban über alles Bescheid gewusst hätten, weshalb ihnen der Hausverkauf ebenfalls aufgefallen wäre. Auch zu den Artikeln des Bruders befragt, habe der BF nur allgemeine Angaben getätigt und habe um die Zeitschrift keine Angaben machen können. Der BF sei nicht in der Lage gewesen, etwaige Fluchtgründe in Bezug auf seine Tante glaubhaft darzulegen und auch sein Vater, der die Gespräche mit dem General und der Tante des BF geführt habe, sei nicht in der Lage gewesen, dies glaubhaft und detailliert darzulegen. Abschließend müsse daher ausgeführt werden, dass bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Bestehen einer asylrelevanten Gefahr für seine Person festgestellt hätte werden können. Auch wenn die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan als instabil bezeichnet werde, erscheine eine Rückkehr nach Afghanistan in Hinblick auf die regional unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen und aufgrund der individuellen Situation insgesamt auch zumutbar.

5. Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die erhobene Beschwerde, welche fristgerecht beim BFA einlangte. In dieser wird zusammenfassend insbesondere ausgeführt, dass der Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts bekämpft werde. Die belangte Behörde spreche dem BF die Glaubhaftigkeit ab, ohne dies schlüssig zu begründen, da ihr Vorbringen einsilbig, wenig detailliert und nicht substantiiert sei. Die belangte Behörde vermeine, es entbehre jeder Logik, dass die Taliban die Familie eine Woche lang bedrohen würden, ohne weitere Schritte zu setzen, verkenne jedoch, dass es den Taliban darum gegangen sei, seinen Bruder zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. Die belangte Behörde werfe die Frage auf, warum die Taliban nicht versucht hätten, den Hausverkauf und die Ausreise zu verhindern. Dem sei zu entgegnen, dass der Vater das Haus ca. 20 oder 25 Tage vor der Ausreise heimlich verkauft habe, ohne dass die Taliban es gemerkt hätten. Im Übrigen sei festzuhalten, dass der Tante des BF mit dem Bescheid des BFA vom 26.04.2018 Asyl gewährt worden sei. Zudem stehe dem BF keine innerstaatliche Fluchtalternative offen, da sich das gesamte Land im Bürgerkrieg befinde und sich die Sicherheitslage auch in den großen Städten verschärfe. Es wurde auf ein aktuelles Gutachten von Friederike Stahlmann vom März 2018 verwiesen. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

6. Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 22.05.2018 vom BFA vorgelegt.

7. In einer Stellungnahme vom 01.07.2019 wurde vom bevollmächtigten Vertreter des BF ausgeführt, dass der BF vorgebracht habe, von einem General verfolgt zu werden. Seine Tante habe in ihrem Asylverfahren dasselbe Vorbringen erstattet und in weiterer Folge Asyl erhalten. Zudem habe der BF zu Protokoll gegeben, aufgrund der Tätigkeit seines Bruders verfolgt zu werden, der Seminare gegen die Taliban abgehalten habe. Der Stellungnahme wurden mehrere Fotos, eine Ersatzbestätigung vom 05.02.2019 über den erfolgreichen Abschluss der Sekundarstufe in Kabul, eine Teilnahmebestätigung über die Teilnahme an einem Kurs vom 01.12.2017-01.03.2018, ein Eröffnungsbrief der Abendschule sowie die niederschriftliche Einvernahme der Tante des BF angeschlossen.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.07.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Umständen und seinen Fluchtgründen befragt wurde.

Befragt, wieso er gegen den Bescheid des Bundesamtes Beschwerde erhoben habe, brachte der BF vor, dass er nicht verstehe, wieso er trotz korrekter Angaben einen negativen Bescheid erhalten habe. Im Rahmen der Beschwerde habe er nicht alle Details vorbringen können. Auf Vorhalt, wieso er nicht sein gesamtes Vorbringen in der Beschwerde erwähnen habe können, entgegnete der BF, dass man ohnehin nicht glaube, was er vorbringe.

Zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, gab der BF an, dass er vor seiner Ausreise in Kabul gewohnt habe. In Afghanistan würden nach wie vor ein Onkel, zwei Tanten und zwei Schwestern leben. Seine Schwestern hätten die Stadt Kabul jedoch vor einem Monat verlassen, zuletzt sei er mit diesen vor eineinhalb Monaten in Kontakt gewesen. Er vermute, dass sie Kabul wegen der schlechten Sicherheitslage verlassen hätten. In Österreich würden sich seine kleine Schwester, sein kleiner Bruder und seine Eltern aufhalten. Befragt, wie seine Schwestern ihren Lebensunterhalt im Heimatland verdient hätten, erwiderte der BF, dass beide vom Einkommen ihrer Ehemänner leben würden. Seine übrigen Familienmitglieder hätten ihren Lebensunterhalt von den Einkünften des Vaters bestritten, der als Schuhverkäufer und in einem Reisebüro tätig gewesen sei. Zur Frage, welcher Erwerbstätigkeit sein Bruder FARHAD nachgegangen sei, erklärte der BF, dass dieser eineinhalb Monate bei einer Zeitschrift gearbeitet habe und sich in seinen Artikeln kritisch gegen die Taliban, die Daesh sowie Gegner der Regierung geäußert habe. Da sein Vorgesetzter die Schreibweise seines Bruders jedoch als gefährlich eingestuft habe, sei dieser gekündigt worden. Auf Vorhalt, wieso sein Bruder mit diesen Artikeln sein Leben riskiere, entgegnete der BF, dass dieser Jus studiert habe und die Bevölkerung über die Verletzung der Menschenrechte durch die Taliban informieren habe wollen. Zum weiteren Vorhalt, dass es Regierungsbeauftragte bzw. Soldaten gebe, die auch über die Missetaten der Taliban aufklären würden, erklärte der BF, dass sich sein Bruder als gebildeter Mann den Menschen verpflichtet gefühlt habe. Der BF könne Unterlagen bezüglich der Bedrohungen in Vorlage bringen.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er mit seinem kleinen Bruder auf dem Schulweg gewesen sei und vor ihnen ein Motorrad gebremst habe. Einer der beiden Männer sei abgestiegen, habe sich ihm zugewandt und zu beiden Brüdern gesagt, dass sie FARHAD ausrichten könnten, die Seite zu wechseln und nunmehr für die Taliban zu arbeiten. Anschließend habe er den Brüdern seine Waffe gezeigt und ihnen die Ermordung angedroht. Der jüngere Bruder des BF habe zu weinen begonnen und nachdem sie die Mutter über den Vorfall informiert hätten, habe sie den Vater verständigt, der ihnen geraten habe, das Haus nicht mehr zu verlassen. Der zweite ausreisekausale Grund sei gewesen, dass die gesamte Familie von einem General bedroht worden sei, der seine Tante heiraten habe wollen. Auf Nachfrage, ob er etwas ergänzen wolle, erklärte der BF, dass der Verlobte seiner Tante bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen sei, woraufhin sie ein General heiraten habe wollen, was seine Tante jedoch abgelehnt habe. Der Vater des BF habe daraufhin erklärt, dass er seine Schwester zu Lebzeiten nicht mit dem General verheiraten werde, woraufhin der General ihnen unter Androhung der Ermordung der gesamten Familie eine Frist von zwei Wochen für eine Heirat gewährt habe. Einen Tag nach der Drohung des Generals habe der jüngere Bruder des BF einen Drohbrief der Taliban erhalten, in welchem er zur Zusammenarbeit aufgefordert worden sei. In weiterer Folge habe der Vater des BF den Drohbrief zerrissen und die Brüder seien mit dem Vater über die Provinz Nimroz in den Iran gereist. Vor der Ausreise in den Iran sei auch seine Mutter bedroht worden. Auf Vorhalt, wieso er diese Information nicht bereits zuvor erwähnt habe, erklärte der BF, dass er vergessen habe, es zu Protokoll zu geben und man zudem nicht explizit nach seiner Mutter gefragt habe. Befragt, wieso er zuvor gerügt habe, nicht alles angeben habe können, obwohl er nunmehr dieselbe Schilderung wiedergebe, entgegnete der BF, dass er im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme einzelne Details verschwiegen habe. Zur Frage, welche konkreten Befürchtungen er bei einer Rückkehr in den Heimatstaat habe, erwiderte der BF, dass in einem Teil Afghanistans die Taliban herrschen würden und in einem anderen Teil des Landes die Regierung vorherrschend sei. In der einer Region des Herkunftsstaates würde ihn der General ermorden, in der anderen Region würden ihn die Taliban umbringen, da sein Bruder in diesen Regionen sehr bekannt sei. Befragt, ob er konkrete Hinweise auf eine konkret betreffende Bedrohung habe bzw. über Bescheinigungsmittel verfüge, die eine ihn unmittelbar betreffende Bedrohung belegen könnte, entgegnete der BF, dass er Fotos vom General vorlegen könne und zudem Informationen über diesen Mann auf Facebook erhalten habe. Zur Frage, ob er selbst persönlich unmittelbar und konkret durch den erwähnten General bedroht worden sei, erwiderte der BF, dass er seiner gesamten Familie gedroht habe und dabei explizit auf den BF gezeigt habe. Auf Nachfrage, weshalb ein General der afghanischen Armee einen Jugendlichen direkt bedrohen sollte, erklärte der BF, dass er die Tante des BF als Eigentum angesehen habe und deswegen der gesamten Familie gedroht habe. Befragt, um wem es sich beim General konkret handle, gab der BF an, dass er im Innenministerium tätig sei und die Botschaften in Kabul in seinen Zuständigkeitsbereich fallen würden. Auf Vorhalt, was der BF selbst als Jugendlicher mit der Verheiratung seiner Tante zu tun habe, brachte der BF vor, dass der General ihn töten würde, falls er seine Eltern nicht auffinden könne und man diese Tat anschließend feiern würde. Zum weiteren Vorhalt, dass er im Herkunftsstaat familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Schwestern habe, jedoch nicht erwähnt habe, dass diese bedroht werden würden, entgegnete der BF, dass sie verheiratet seien und deshalb nicht mehr zu seiner Familie gehören würden. Es könnte sein, dass sie mit dem Vater gesprochen und aus diesem Grund Kabul auch verlassen hätten. Zur Frage, weshalb seine Tante weiterhin bedroht werden sollte, obwohl sie sich mittlerweile als anerkannter Flüchtling in Österreich befinde, gab der BF zu Protokoll, dass der Zeitrahmen für den General keine Rolle spiele. Befragt, wieso die Taliban nach ihm suchen sollte, erklärte der BF, dass diese ihn aufgrund der Tätigkeit seines Bruders als Abschreckung umbringen würden. Auf Vorhalt, dass das Verfahren des BF bereits als unglaubwürdig bewertet worden sei, gab der BF an, dass es sich bei der vorgebrachten Schilderung jedoch dennoch um die Wahrheit handle und sein Bruder zahlreiche Aktionen gegen die Taliban durchgeführt habe. Zum Vorhalt, dass es nicht der Lebenserfahrung entspreche, dass sein Bruder mit den Taliban arbeiten hätte sollen, obwohl er sich explizit gegen die Taliban gestellt habe, brachte der BF vor, dass er Familien über die Vorgangsweise der Taliban informiert habe und in verschiedene Provinzen gefahren sei. Befragt, wieso die Taliban nicht seinem Bruder direkt auflauern und ihn entführen würden, erwiderte der BF, dass sein Bruder zu Beginn der Aktionen gegen die Taliban verdeckt gearbeitet habe und sie erst nach Kenntnis der Vorgänge versucht hätten, ihn an seiner Arbeit zu hindern. Der BF sei sich sicher, dass die Taliban nach ihm suchen würden, könne jedoch keine diesbezüglichen Bescheinigungsmittel in Vorlage bringen. Befragt, wie lange der Hausverkauf gedauert habe und zur Frage, ob seine Familie in diesem Zeitraum auch bedroht worden sei, gab der BF an, dass der Hausverkauf etwa 20 Tage gedauert habe und sich seine Familie in dieser Zeit bei einem Freund des Vaters versteckt habe. Befragt, ob er versucht habe, sich in eine andere Region Afghanistans zu begeben, um den geschilderten Bedrohungen zu entgehen, erklärte der BF, dass seine Feinde in jeder Region gefunden hätten. Zur Frage, was gegen eine Rückkehr sprechen würde, da er mit den kulturellen Gegebenheiten des Landes vertraut und dort soziologisiert worden sei, brachte der BF vor, dass sie bereits vor acht oder neun Jahren den Kontakt zum Onkel verloren hätten. Auf Vorhalt, dass den Würdigungen des BFA im angefochtenen Bescheid zu entnehmen sei, dass die Sicherheitslage in Herat oder Mazar-e Sharif stabil sei und sich Vorfälle in diversen Städten hauptsächlich gegen sogenannte "high profile" Personen richten würden, führte der BF aus, dass andere afghanische Jugendliche nicht bedroht werden würden.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, brachte der BF vor, dass er bereits Kurse absolviert und die Sprache gelernt habe. Zudem besuche er die HTL und habe vor einigen Tagen die B2-Prüfung absolviert. In Österreich habe er einen familiären Anknüpfungspunkt in Form seiner Tante. In seiner Freizeit gehe der BF in die Bücherei, ins Fitnessstudio und treffe Freunde im Kaffeehaus. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden vom BF mehrere Fotos vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, sunnitischer Moslem und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprache Dari, Paschtu, Urdu und Englisch. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan aufgewachsen, bzw. hat zuletzt in der Stadt Kabul gelebt. Der Beschwerdeführer hat im Heimatstaat zehn Schulklassen absolviert und vor der Ausreise als Lehrer gearbeitet. Zwei Schwestern des BF waren bis vor wenigen Monaten in Kabul wohnhaft. Im Herkunftsstaat halten sich nach wie vor ein Onkel und zwei Tanten des BF auf.

Der Beschwerdeführer hält sich seit Jänner 2017 im Bundesgebiet auf. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen.

1.1. Zu den Beschwerdepunkten:

Es kann nicht festgestellt werden, bzw. hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, dass dieser Afghanistan aufgrund unmittelbaren Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tadschiken Verfolgung in Afghanistan droht. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er in Europa gelebt hat, konkret und individuell bzw. dass jedem afghanischen Rückkehrer aus Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung insbesondere in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif, besteht für den Beschwerdeführer als arbeitsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer hat an mehreren Kursen und Ausbildungen teilgenommen und verfügt über Deutschkenntnisse; er hat in Österreich Deutschkurse besucht, bzw. an einem Pflichtabschlusskurs sowie einem Beschäftigungsprogramm teilgenommen, sich für die HTL eingeschrieben und Deutschprüfungen auf A2 und B1 Niveau absolviert.

Neben seiner Tante, die den Status eines anerkannten Flüchtlings hat, halten sich in Österreich noch die Eltern und zwei jüngere Geschwister des BF als Asylwerber auf. Das Vorliegen eines besonders zu berücksichtigenden Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnisses des volljährigen Beschwerdeführers zu Personen im Bundesgebiet ist nicht dargelegt worden.

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und ist insgesamt nicht selbsterhaltungsfähig.

Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann in casu nicht festgestellt werden.

Das Bestehen von besonderen Gründen die für ein Verbleiben der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet sprechen sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

Quellen:

BFA Staatendokumentation (20.02.2019a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Jänner-Dezember 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

BFA Staatendokumentation (20.02.2019b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q1 bis Q4, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2019): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2019-01-30qr.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.2.2019): Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Annual report 2018,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/afghanistan_protection_of_civilians_annual_report_2018_final_24_feb_2019_v3.pdf, Zugriff 25.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (11.2018):

Afghanistan, Protection of civilians in armed conflict, Special report: 2018 elections violence, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/special_report_on_2018_elections_violence_november_2018.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018): Quarterly report on the protection of civilians in armed conflict: 1 January to 30 September 2018, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 20.2.2019

UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (7.12.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General, https://undocs.org/S/2018/1092, Zugriff 20.2.2019

KI vom 31.1.2019, Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.-Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

Quellen:

CNN - Cable News Network (27.1.2019): US-Taliban peace talks in Doha a 'significant step',

https://edition.cnn.com/2019/01/27/asia/us-taliban-afghan-peace-talks-doha-intl/index.html, Zugriff 31.1.2019

DP - Die Presse (28.1.2019): Afghanistan vor dramatischer Wende, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5570225/Afghanistan-vor-dramatischer-Wende, Zugriff 31.1.2019

FP - Foreign Policy (29.1.2019): Will Zalmay Khalilzad Be Known as the Man Who Lost Afghanistan?,

https://foreignpolicy.com/2019/01/29/will-zalmay-khalilzad-be-known-as-the-man-who-lost-afghanistan-envoy-taliban/, Zugriff 31.1.2019

IM - Il Messaggero (28.1.2019): Afghanistan, fonti Difesa: "Entro un anno via truppe italiane". Moavero: "Apprendo ora". Lega: "Nessuna decisione",

https://www.ilfattoquotidiano.it/2019/01/28/afghanistan-entro-un-anno-ritiro-del-contingente-italiano-moavero-lo-apprendo-ora-trenta-non-ne-ha-parlato-con-me/4930395/, Zugriff 31.1.2019

Internazionale (30.1.2019): La trattativa in Afghanistan arriva con 17 anni di ritardo,

https://www.internazionale.it/opinione/gwynne-dyer/2019/01/30/trattativa-afghanistan-ritardo, Zugriff 31.1.2019

NYT - The New York Times (28.1.2019): U.S. and Taliban Agree in Principle to Peace Framework, Envoy Says, https://www.nytimes.com/2019/01/28/world/asia/taliban-peace-deal-afghanistan.html, Zugriff 31.1.2019

Tolonews (28.1.2019): US Peace Envoy Visits Kabul To Consult On Talks With Taliban,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-peace-envoy-visits-kabul-consult-talks-taliban, Zugriff 31.1.2019

WP - The Washington Post (30.1.2019): The real challenge for Afghanistan isn't negotiating with the Taliban, https://www.washingtonpost.com/opinions/global-opinions/the-real-challenge-for-afghanistan-isnt-negotiating-with-the-taliban/2019/01/30/12229732-23ee-11e9-ad53-824486280311_story.html?noredirect=on&utm_term=.b049b43b3c79, Zugriff 31.1.2019

KI vom 22.1.2019, Anschlag auf Ausbildungszentrum des National Directorate of Security (NDS) in der Provinz Wardak und weitere (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.-amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Qatar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019).

Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (20.1.2019): Taliban attack in Afghanistan's Logar kills eight security forces,

https://www.aljazeera.com/news/2019/01/taliban-attack-afghanistan-logar-kills-security-forces-190120093626695.html, Zugriff 22.1.2019

IM - Il Messaggero (22.1.2019): Afghanistan, sangue sul disimpegno Usa: autobomba dei talebani contro scuola militare, 130 vittime, https://www.ilmessaggero.it/pay/edicola/afghanistan_autobomba_morti_talebani-4246561.html, Zugriff 22.1.2019

NYT - The New York Times (21.1.2019): After Deadly Assault on Afghan Base, Taliban Sit for Talks With U.S. Diplomats, https://www.nytimes.com/2019/01/21/world/asia/afghanistan-taliban-attack-intelligence-wardak.html, Zugriff 22.1.2019

Reuters (15.1.2019): Afghan Taliban claim lethal car bomb attack in Kabul,https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-blast-idUSKCN1P909T, Zugriff 22.1.2019

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.1.2019): Four Killed, 90 Wounded In Kabul Car-Bomb Attack, https://www.rferl.org/a/huge-blast-rocks-foreign-compound-in-kabul/29709334.html, Zugriff 22.1.2019

TG - The Guardian (21.1.2019): Taliban kill 'more than 100 people' in attack on Afghan military base, https://www.theguardian.com/world/2019/jan/21/taliban-kill-more-than-100-in-attack-on-afghan-military-base, Zugriff 22.1.2019

TN - The National (15.1.2019): Kabul attack: Taliban claims truck bomb and warns of more to follow, https://www.thenational.ae/world/mena/kabul-attack-taliban-claims-truck-bomb-and-warns-of-more-to-follow-1.813516, Zugriff 22.1.2019

Tolonews (21.1.2019) US, Taliban Hold Talks In Qatar With Peace Still Distant,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-taliban-hold-talks-qatar-peace-still-distant, Zugriff 22.1.2019

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (30.12.2018): Afghan presidential elections postponed until July 20: official, https://www.aljazeera.com/news/2018/12/afghan-presidential-elections-postponed-july-20-official-181230185336213.html, Zugriff 8.1.2019

AJ - Al Jazeera (25.12.2018): Kabul attack: Gunmen storm government building, kill dozens,

https://www.aljazeera.com/news/southasia/2018/12/gunmen-storm-kabul-government-compound-gun-battle-ensues-181224115249492.html, Zugriff 8.1.2019

IEC - Independent Electoral Commission (o.D.): 2018 Afghanistan Wolesi Jirga Elections, http://www.iec.org.af/results/en/home, Zugriff 17.12.2018

NYT - The New York Times (24.12.2018): Militants Storm Afghan Offices in Kabul, Killing Dozens, https://www.nytimes.com/2018/12/24/world/middleeast/kabul-militant-attack.html, Zugriff 8.1.2019

ORF - Österreichischer Rundfunk (24.12.2018): Tote bei Angriff auf Regierungsgebäude in Kabul, https://orf.at/stories/3105448/, Zugriff 8.1.2019, ua.

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018): Afghanistan:

67 morti in 24 ore,

http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018, ua.

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Millionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Millionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss au

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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